Der Forschungsprozess Flashcards

1
Q

Phasen im Forschungsprozess (idealtypisch)

A
  1. Wahl des Forschungsproblems
  2. Theoriebildung
  3. Konzeptspezifikation/Operationalisierung, zusammen mit
  4. Auswahl Forschungsdesign
  5. Auswahl Untersuchungseinheiten
  6. Datenerhebung
  7. Datenerfassung
  8. Datenanalyse
  9. Publikation
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2
Q
  1. Wahl des Forschungsproblems
A

• Auftragsforschung versus selbst initiierte Forschung
• Formulierung des Forschungsproblems und Definition des
Forschungsziels (Exploration, Deskription, Hypothesenprüfung)

Wissenschaftliche Fragen sollen (nach Kerlinger 1975) …
• in Frageform formuliert
• einfach und präzise gestellt
• die Beziehung zwischen Variablen explizieren
• potentiell empirisch überprüfbar sein
• Forschungsstand berücksichtigen
• praktische Durchführbarkeit berücksichtigen

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3
Q
  1. Theoriebildung
A

bei existierender Theorie: Nutzung dieser Theorie, eventuell
Ergänzung/Abwandlung

bei nicht existierender Theorie:
• Adaption von Theorien aus verwandten Gegenstandsbereichen
• Anlehnung an soziologische/sozialwissenschaftliche Großtheorien

Ziel: Ableitung empirisch überprüfbarer Hypothesen (setzt unter
anderem Definition von Begriffen voraus)

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4
Q
  1. Konzeptspezifikation/Operationalisierung
A

a) Konzeptspezifikation
• Präzisierung der verwendeten Konzepte und Begriffe

b) Operationalisierung
• Zuordnung von Indikatoren zu theoretischen Konzepten und Begriffen
• genaue Messvorschriften

c) Entwicklung von Messinstrumenten
• Validität und Reliabilität
• Rückgriff auf „Skalen“
• Eichstichproben, Voruntersuchungen

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5
Q
  1. Auswahl Forschungsdesign
A
  • Untersuchungsebene: individuell, kollektiv, Mehrebenenuntersuchung
  • Querschnitt- vs. Längsschnittdesign (Trend, Panel, Kohorten)
  • Experimentelles vs. nicht- oder quasi-experimentelles Design
  • finanzielle und andere Restriktionen berücksichtigen
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6
Q
  1. Auswahl der Untersuchungsobjekte
A

• Definition der Grundgesamtheit
• Vollerhebung versus Stichprobe
• Zufallsauswahl (z.B. mehrfach geschichtet) versus bewusste
Auswahl (Quota-Verfahren)

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7
Q
  1. Datenerhebung
A
  • bei Befragung: in der Regel Fragebogenkonstruktion
  • Beobachtung
  • Inhaltsanalysen
  • nicht-reaktive Messverfahren
  • vorher: Pretest
  • finanzielle und andere Restriktionen beachten
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8
Q
  1. Datenaufbereitung
A
  • Datenerfassung (Übertragung der Daten auf Computer)
  • Codeschemata, Codesheets
  • Vercodung von offenen Antworten
  • Fehlerkontrolle und –bereinigung
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9
Q
  1. Datenanalyse
A
  • Anwendung statistischer Verfahren bzw. qualitativer Techniken
  • Rückkoppelung an Theorie
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10
Q
  1. Publikation
A
  • bei Auftrags- oder anderer „Drittmittel“-Forschung: Endbericht
  • Publikation als Buch- oder Zeitschriftenbeitrag
  • Stellenwert von Systemen mit „peer review“-Verfahren
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11
Q

Forschungsprozess in den Methodenrichtungen

Standardisierte Sozialforschung

A

• klare Abfolge forschungslogischer Schritte
• dafür: relativ starr bezüglich des Ablaufs und unflexibel für
unerwartete Erkenntnisse
• klare Trennung von Datenerhebung und Auswertung möglich

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12
Q

Forschungsprozess in den Methodenrichtungen

Nicht-standardisierte Sozialforschung

A

• zirkuläre Schleifen und flexible Abänderung der Untersuchung
• dafür: keine Vergleichbarkeit und Verallgemeinerbarkeit der
Ergebnisse
• keine klare Trennung von Datenerhebung und Auswertung möglich

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13
Q

Aufgabe der Konzeptspezifikation

A

• nach Formulierung des Forschungsproblems sowie nach
Theoriebildung: verwendete theoretische Begriffe noch relativ
unpräzise im Sinne einer empirischen Messbarkeit
Beispiel I: Hypothese: „Je höher die formale Bildung einer Person ist,
desto geringer ist ihr Armutsrisiko.“
Was genau bedeuten die Begriffe/Konzepte „formale Bildung“ und
„Armutsrisiko“? Wie kann man diese Konzepte messen?
Beispiel II: „Die soziale Herkunft beeinflusst sowohl direkt als auch
indirekt (über die ermöglichte Bildung) den beruflichen Erfolg von
Menschen“.
Was genau bedeuten die Konzepte „soziale Herkunft“, „Bildung“ und
„beruflicher Erfolg“. Wie kann man diese Konzepte messen?

→ Problempräzisierung und Strukturierung des Untersuchungsgegenstandes
nötig
• dies erfolgt durch Exploration des Vorstellungsfeldes mit dem Ziel
der modellhaften Strukturierung des Objektbereichs
• Konzeptspezifikation: Übersetzung theoretischer Konzepte (Begriffe)
in Dimensionen (dimensionale Analyse, Zetterberg 1973)
• Klärung der (Teil-)Aspekte der Realität des Gegenstandsbereichs
(Dimensionen), die durch einen theoretischen Begriff bezeichnet
werden

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14
Q

Aufgabe der Konzeptspezifikation

• Dimensionen

A

• Dimensionen können sich zunächst jedoch auch auf mehrere
Aspekte der Realität beziehen, d.h. sie können noch
mehrdimensional sein

→ weitere Zerlegung in Unterdimensionen notwendig
Beispiel: Dimensionen und Unterdimensionen des Konzepts „Soziale Herkunft“
(vgl. Kromrey 2009, S. 116):

A) engere soziale Umwelt des Individuums
- sozialer Status der Familie (sozialer Status des Elternhauses, sozialer Status
der Verwandten, Reputation der Familie etc.)
- soziales Netzwerk der Familie (Beziehungen, Mitgliedschaften in
Organisationen etc.)
- Verhaltensstiele der Familie (Erziehungsstiele, Leistungsorientierung etc.)
- demografische Merkmale der Familie (Haushaltsgröße, Altersstruktur etc.)

B) weiteres soziales Umfeld

  • Wohngebiet (Nachbarschaft, „Adresse“)
  • Stadt/Land
  • Homogenität der sozialen Umwelt

C) Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Gruppen

  • ethnische Gruppen
  • Randgruppen
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15
Q

Aufgabe der Konzeptspezifikation

A

• meist auch Auswahl untersuchungsrelevanter Aspekte (Selektion)
notwendig
• Selektion sollte begründet sein und anhand intersubjektiv nachprüfbarer
Kriterien erfolgen
• wichtig: diejenigen (Teil)Dimensionen, die bei der Konzeptspezifikation
ausgeblendet werden (bewusst oder unbewusst), können in späterer
Analyse mehr nicht berücksichtigt werden

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16
Q

Aufgabe der Konzeptspezifikation
Beispiel: Dimensionen und Unterdimensionen des Konzepts „Soziale Herkunft“
(vgl. Kromrey 2009, S. 117):
- Konzentration auf sozialen Status des Elternhauses

A

A) Beruf
- Berufsbezeichnung
- Berufsprestige
- Einfluss (Macht) aufgrund der Berufsposition
- berufliche Stellung (Arbeiter/in, Angestellte/r, Beamter/in, Selbständiger/in etc.)
- berufliche Belastungen (Monotonie der Arbeit, Lage und Länge der
Arbeitszeiten, physische Belastungen etc.)

B) Einkommen

  • Erwerbseinkommen
  • Transfereinkommen (Kindergeld, ALG I oder II etc.)
  • Einkommen aus Vermögen (Einkommen aus Vermögensanlagen etc.)

C) Vermögen

  • Geldvermögen (Barbestände, Aktienbesitz etc.)
  • Wertsachen (Schmuck, Kunst etc.)
  • Grund- und Immobilienbesitz (Wohneigentum etc.)
  • Produktivvermögen (Maschinen, Anlagen etc.)
  • Schulden

D) Bildung

  • Schulbildung (formale Schulbildung)
  • Berufsbildung (berufliche Ausbildung etc.)
  • berufliche Weiterbildung (Zusatzqualifikationen etc.)
  • nicht berufsbezogene Weiterbildung (allgemeine Weiterbildung, Eigenstudium etc.)
17
Q

Arbeitsschritte bei einer Konzeptspezifikation

A
  1. Ideen- und Materialsammlung
    - brain storming, Aufarbeitung Forschungsstand, Expertenbefragung,
    explorative Vorstudien
  2. Systematisierung
    - realitäts- und themenadäquate Ordnung der gesammelten Ideen
  3. Auswahl der untersuchungsrelevanten Aspekte
    - Selektion sollte begründet sein und anhand intersubjektiv nachprüfbarer
    Kriterien erfolgen
  4. Entwicklung eines untersuchungsleitenden Modells
    - als Grafik und/oder in Form von ausformulierten Hypothesen

Beispiel: Folie 23, Grafik

18
Q

Aufgabe der Operationalisierung

A

• nach Konzeptspezifikation: theoretische Konzepte/Begriffe zerlegt
in Dimensionen, exakte Definition aller verwendeten Begriffe

• weiterhin unklar: Wie können Dimensionen gemessen werden?

• Aufgabe der Operationalisierung:
- Angabe von Anweisungen (Korrespondenzregeln), wie Dimensionen
zu messen sind
- oder anders ausgedrückt: Übersetzung von verwendeten Begriffen in
empirisch erfassbare Indikatoren und messbare Sachverhalte

19
Q

Indikatoren, Definition

A

Indikatoren = beobachtbare (manifeste) Sachverhalte, die auf die
Ausprägung/Stärke des eigentlich interessierenden theoretischen
(latenten) Sachverhalts schließen lassen

20
Q

Wann sind Indikatoren notwendig?

A

• für direkt beobachtbare Begriffe (Beobachtungsbegriffe) sind keine
Indikatoren notwendig (z.B. für Geschlecht, Alter), da sie manifeste
Sachverhalte darstellen

• für theoretische Begriffe sind (neben Dimensionen) Indikatoren
notwendig, da sie latente Sachverhalte darstellen

21
Q

Wie werden Indikatoren auch bezeichnet?

A

Indikatoren werden auch als manifeste (d.h. beobachtbare) Variablen
bezeichnet

22
Q

Variablen (siehe Sitzung 3)

Beispiele

A

Namen für die Menge von Merkmalsausprägungen, die Objekten
zugeschrieben werden

Beispiele:
Variable „Geschlecht“ hat Merkmalsausprägungen „männlich“ und „weiblich“
(Typ: diskret und dichotom)
Variable „Parteipräferenz“ hat mehrere Merkmalsausprägung („CDU“, „SPD“…)
(Typ: diskret und polytom)
Variable „Einkommen“ hat theoretisch unendlich viele Ausprägungen
(Typ: kontinuierlich)

23
Q

Unterscheidung latente und manifeste Variablen

A

latente Variablen: Merkmalsausprägungen sind nicht direkt
beobachtbar (z.B. sozialer Status)

manifeste Variablen: Merkmalsausprägungen sind direkt beobachtbar
(z.B. berufliche Stellung)

24
Q

Indikatoren

A

Übersetzung von verwendeten Begriffen in empirisch erfassbare
Indikatoren erfolgt über Angabe von Korrespondenzregeln
(Zuweisungsregeln)

Siehe Tabelle Folie 28 und Schema Folie 29

25
Q

Indikatoren und das Korrespondenzproblem

A

• Korrespondenzproblem: Korrespondenzregeln sind Annahmen über
die Zuordnung konkreter empirischer Beobachtungen zu
theoretischen Konstrukten bzw. deren Dimensionen

• methodologischer Status von Korrespondenzregeln:
Korrespondenzregeln ebenfalls Hypothesen (Instrumententheorien),
die zusätzlich zu den inhaltlich interessierende Hypothesen
empirisch überprüft werden sollten

• Korrespondenzproblem ergänzt damit das Basissatzproblem

26
Q

Rechtfertigung für Korrespondenzregeln

A
  1. operationalistische Rechtfertigung
    • definitorische Gleichsetzung des Indikators mit dem theoretischen
    Konstrukt/der Dimension (z.B. „Intelligenz ist das, was der
    Intelligenztest XY misst.“)
    • Problem: mangelnde Vergleichbarkeit verschiedener Studien
  2. kausal-analytische Rechtfertigung
    • Annahme: latente Variable beeinflusst kausal manifeste Variable
    • Indikatoren dann beobachtbare Folge der latenten Variablen
    • Hypothesen über die Beziehung von latenter Variable und Indikatoren
    (Instrumententheorie)
27
Q

Auswahl von Indikatoren

methodologische Prinzipien der Indikatorenauswahl

A
  1. Indikatoren sollten austauschbar sein
  2. wenn möglich, sollten multiple Indikatoren verwendet werden
    • beide Prinzipien beziehen sich auf das Konzept des Indikatorenuniversums
    (Louis Guttman)
    - endliche und angebbare Menge an Indikatoren für einen Begriff
    - Indikatoren sind unabhängige Messungen desselben Begriffs
    (Homogenität des Indikatorenuniversums)
28
Q

methodologische Prinzipien der Indikatorenauswahl

1. Indikatoren sollten austauschbar sein

A

• inhaltliche Ergebnisse hängen nicht von der konkreten Auswahl von
Indikatoren ab (d.h. ähnliche Ergebnisse bei Verwendung
unterschiedlicher Indikatorensets)

• wenn dies nicht der Fall ist:
- kein homogenes Indikatorenuniversum
- Unklarheit darüber, inwieweit sich Ergebnisse tatsächlich auf latente
Variable und nicht nur auf die Indikatoren selbst beziehen

29
Q

methodologische Prinzipien der Indikatorenauswahl

2. Verwendung multipler Indikatoren

A

• Ausgleich unsystematischer Messfehler, zusammengefasste
Messung sind genauer als Einzelmessungen (Unter- und
Überschätzungen gleich sich aus)

• allerdings: bei systematischen Messfehlern sind zusammengefasste
Messungen ungenauer als Einzelmessungen (Kumulation von
Messfehlern, z.B. bei Indikatoren für Vermögen)

• liegen systematische Messfehler vor, sollte Messfehlertheorie
spezifiziert werden

30
Q

Interpretationsprobleme - wodurch entstehen sie?

A

• sozialwissenschaftliche Messungen verbinden drei unterschiedliche
Ebenen: Konzepte/Dimensionen, Indikatoren und empirische Realität
• werden diese Ebenen vermengt, entstehen Interpretationsprobleme

31
Q

Welche Arten von Interpretationsproblemen kommen vor?

A
  1. Operationalisierung durch Globalvariablen:
    • zunächst naheliegend: Korrespondenzregeln mithilfe leicht
    zugänglicher Beobachtungsgrößen (wie z.B. Alter, Geschlecht)
    • solche Globalvariablen hängen jedoch oft nur sehr indirekt mit
    theoretischem Begriff zusammen
    • Rückschluss auf theoretischen Begriff dann oft problematisch
    • besser: Verwendung von Indikatoren, die direktere Messung erlauben
  2. Reifizierungsproblem:
    • operationalisierbare sozialwissenschaftliche Konzepte werden für real
    existierende Phänomene gehalten, obwohl sie rein abstrakttheoretische
    Konstruktionen darstellen
    • Beispiel: Offenheit als Persönlichkeitsmerkmal
32
Q

Längsschnittuntersuchungen Definition nach SchnellHillEsser2018 : 2013

A

“In der Praxis werden Panel-, Trend- und Kohortenanalyse zusammenfassend auch häufig “Längsschnittuntersuchungen” genannt und sind meist an die Befragung als Erhebungstechnik gekoppelt.”