Der Forschungsprozess Flashcards
Phasen im Forschungsprozess (idealtypisch)
- Wahl des Forschungsproblems
- Theoriebildung
- Konzeptspezifikation/Operationalisierung, zusammen mit
- Auswahl Forschungsdesign
- Auswahl Untersuchungseinheiten
- Datenerhebung
- Datenerfassung
- Datenanalyse
- Publikation
- Wahl des Forschungsproblems
• Auftragsforschung versus selbst initiierte Forschung
• Formulierung des Forschungsproblems und Definition des
Forschungsziels (Exploration, Deskription, Hypothesenprüfung)
Wissenschaftliche Fragen sollen (nach Kerlinger 1975) …
• in Frageform formuliert
• einfach und präzise gestellt
• die Beziehung zwischen Variablen explizieren
• potentiell empirisch überprüfbar sein
• Forschungsstand berücksichtigen
• praktische Durchführbarkeit berücksichtigen
- Theoriebildung
bei existierender Theorie: Nutzung dieser Theorie, eventuell
Ergänzung/Abwandlung
bei nicht existierender Theorie:
• Adaption von Theorien aus verwandten Gegenstandsbereichen
• Anlehnung an soziologische/sozialwissenschaftliche Großtheorien
Ziel: Ableitung empirisch überprüfbarer Hypothesen (setzt unter
anderem Definition von Begriffen voraus)
- Konzeptspezifikation/Operationalisierung
a) Konzeptspezifikation
• Präzisierung der verwendeten Konzepte und Begriffe
b) Operationalisierung
• Zuordnung von Indikatoren zu theoretischen Konzepten und Begriffen
• genaue Messvorschriften
c) Entwicklung von Messinstrumenten
• Validität und Reliabilität
• Rückgriff auf „Skalen“
• Eichstichproben, Voruntersuchungen
- Auswahl Forschungsdesign
- Untersuchungsebene: individuell, kollektiv, Mehrebenenuntersuchung
- Querschnitt- vs. Längsschnittdesign (Trend, Panel, Kohorten)
- Experimentelles vs. nicht- oder quasi-experimentelles Design
- finanzielle und andere Restriktionen berücksichtigen
- Auswahl der Untersuchungsobjekte
• Definition der Grundgesamtheit
• Vollerhebung versus Stichprobe
• Zufallsauswahl (z.B. mehrfach geschichtet) versus bewusste
Auswahl (Quota-Verfahren)
- Datenerhebung
- bei Befragung: in der Regel Fragebogenkonstruktion
- Beobachtung
- Inhaltsanalysen
- nicht-reaktive Messverfahren
- vorher: Pretest
- finanzielle und andere Restriktionen beachten
- Datenaufbereitung
- Datenerfassung (Übertragung der Daten auf Computer)
- Codeschemata, Codesheets
- Vercodung von offenen Antworten
- Fehlerkontrolle und –bereinigung
- Datenanalyse
- Anwendung statistischer Verfahren bzw. qualitativer Techniken
- Rückkoppelung an Theorie
- Publikation
- bei Auftrags- oder anderer „Drittmittel“-Forschung: Endbericht
- Publikation als Buch- oder Zeitschriftenbeitrag
- Stellenwert von Systemen mit „peer review“-Verfahren
Forschungsprozess in den Methodenrichtungen
Standardisierte Sozialforschung
• klare Abfolge forschungslogischer Schritte
• dafür: relativ starr bezüglich des Ablaufs und unflexibel für
unerwartete Erkenntnisse
• klare Trennung von Datenerhebung und Auswertung möglich
Forschungsprozess in den Methodenrichtungen
Nicht-standardisierte Sozialforschung
• zirkuläre Schleifen und flexible Abänderung der Untersuchung
• dafür: keine Vergleichbarkeit und Verallgemeinerbarkeit der
Ergebnisse
• keine klare Trennung von Datenerhebung und Auswertung möglich
Aufgabe der Konzeptspezifikation
• nach Formulierung des Forschungsproblems sowie nach
Theoriebildung: verwendete theoretische Begriffe noch relativ
unpräzise im Sinne einer empirischen Messbarkeit
Beispiel I: Hypothese: „Je höher die formale Bildung einer Person ist,
desto geringer ist ihr Armutsrisiko.“
Was genau bedeuten die Begriffe/Konzepte „formale Bildung“ und
„Armutsrisiko“? Wie kann man diese Konzepte messen?
Beispiel II: „Die soziale Herkunft beeinflusst sowohl direkt als auch
indirekt (über die ermöglichte Bildung) den beruflichen Erfolg von
Menschen“.
Was genau bedeuten die Konzepte „soziale Herkunft“, „Bildung“ und
„beruflicher Erfolg“. Wie kann man diese Konzepte messen?
→ Problempräzisierung und Strukturierung des Untersuchungsgegenstandes
nötig
• dies erfolgt durch Exploration des Vorstellungsfeldes mit dem Ziel
der modellhaften Strukturierung des Objektbereichs
• Konzeptspezifikation: Übersetzung theoretischer Konzepte (Begriffe)
in Dimensionen (dimensionale Analyse, Zetterberg 1973)
• Klärung der (Teil-)Aspekte der Realität des Gegenstandsbereichs
(Dimensionen), die durch einen theoretischen Begriff bezeichnet
werden
Aufgabe der Konzeptspezifikation
• Dimensionen
• Dimensionen können sich zunächst jedoch auch auf mehrere
Aspekte der Realität beziehen, d.h. sie können noch
mehrdimensional sein
→ weitere Zerlegung in Unterdimensionen notwendig
Beispiel: Dimensionen und Unterdimensionen des Konzepts „Soziale Herkunft“
(vgl. Kromrey 2009, S. 116):
A) engere soziale Umwelt des Individuums
- sozialer Status der Familie (sozialer Status des Elternhauses, sozialer Status
der Verwandten, Reputation der Familie etc.)
- soziales Netzwerk der Familie (Beziehungen, Mitgliedschaften in
Organisationen etc.)
- Verhaltensstiele der Familie (Erziehungsstiele, Leistungsorientierung etc.)
- demografische Merkmale der Familie (Haushaltsgröße, Altersstruktur etc.)
B) weiteres soziales Umfeld
- Wohngebiet (Nachbarschaft, „Adresse“)
- Stadt/Land
- Homogenität der sozialen Umwelt
C) Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Gruppen
- ethnische Gruppen
- Randgruppen
Aufgabe der Konzeptspezifikation
• meist auch Auswahl untersuchungsrelevanter Aspekte (Selektion)
notwendig
• Selektion sollte begründet sein und anhand intersubjektiv nachprüfbarer
Kriterien erfolgen
• wichtig: diejenigen (Teil)Dimensionen, die bei der Konzeptspezifikation
ausgeblendet werden (bewusst oder unbewusst), können in späterer
Analyse mehr nicht berücksichtigt werden