materielles Zivilrecht Flashcards
Was ist der Grundsatz der Totalreparation?
- Totalreparation bedeutet: Wenn (!) ein deliktischer Haftungsgrund besteht, müssen die dadurch entstandenen Schäden ausnahmslos ausgeglichen werden
- Einschränkungen:
– Gesetzliche Grenzen, z.B. Haftungshöchstbetrag nach § 10 Abs. 1ProdHaftG (85 Mio. €)
– Schutzzweck der Norm bzw. der verletzten Pflichten
– § 242 BGB, insb. bei Minderjährigen und ruinösen Folgen für den Schädiger, str.
Was ist das positive bzw. das negative Interesse?
Schadensrecht
Positives Interesse
* Ersatz des Erfüllungsschadens
* Opfer wird so gestellt, als hätte der Schädiger einen Vertrag korrekt erfüllt
Negatives Interesse
* Ersatz des Vertrauens- bzw. Kontaktschadens
* Opfer wird so gestellt, als hätte der Schädiger das Rechtsgut nicht verletzt
Das Deliktsrecht schützt die Integrität von Rechtsgütern, daher ist der Schadensersatz auf das negative Interesse beschränkt.
Was bedeutet Geldzahlung für Naturalrestitution?
- Wegen des Vorrangs der Naturalrestitution darf der Geschädigte im Grundsatz nicht ohne Weiteres eine monetäre Kompensation fordern
- Ausnahme nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Der Geschädigte darf bei Sachbeschädigung oder Personenverletzung sofort Geldersatz wählen
– Ratio: Der Geschädigte soll das verletzte Rechtsgut nicht dem Schädiger anvertrauen müssen
– Geschädigter darf bei Sachschäden auf die Restitution verzichten, dann ist allerdings keine USt geschuldet, § 249 Abs. 2 S. 2 BGB - Keine Geldzahlung für Naturalrestitution, wenn Restitution unmöglich
Was bedeutet Geldersatz statt Naturalrestitution?
- § 250 BGB: Frist für die Naturalrestitution ergebnislos verstrichen
– Die Frist ist entbehrlich, wenn der Schuldner jeden Schadensersatz verweigert - § 251 Abs. 1 BGB: Naturalrestitution unzureichend oder rechtlich oder tatsächlich unmöglich
– Beispiel: Fehlerhafte Anwaltsberatung zum Versorgungsausgleich - § 251 Abs. 2 BGB: Naturalrestitution wäre mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden
– Beispiel: Wiederherstellung einer ausgewachsenen Thujenhecke
Was ist die Differenzhypothese? Welche Korrekturen gibt es?
- Vergleich der Vermögenslage des Opfers mit und ohne die haftungsbegründende Rechtsgutsverletzung
- Korrektur der Differenzhypothese:
– Normative Schäden bei entgangener Nutzungsmöglichkeit, z.B. Pauschalen für Kfz-Nutzung oder
Entschädigung für vertane Urlaubszeit nach § 651f Abs. 2 BGB
– Kommerzialisierungsgedanke: Bei kommerzialisierbaren Gütern mit zentraler Bedeutung für die Lebensführung sollen fühlbare und in Geld bemessbare Nachteile ersatzfähig sein (PKW, Wohnung…Kosten für Anmietung eines Ersatzes)
– Frustrierte Aufwendungen: Nach h.M. ersatzfähig nur bei Vertrauensschutz, z.B. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB
(“Rentabilitätsvermutung” = es hätte sich rentiert…)
– Lizenzanalogie bei der Anmaßung von Urheberrechten - BGH heute: Nicht-Vermögensschäden nur noch im Einzelfall abhängig von einer Abwägung
Was ist entgangener Gewinn?
- Bei marktgängigen Waren liegt der Gewinn i.d.R. im Kaufpreis
– Beispiel: Eingehungsbetrug beim Heizöl - Bei Selbständigen und Freiberuflern wird der entgangene Gewinn in der Regel nach § 252 S. 2 BGB i.V.m. § 287 ZPO geschätzt ( = Beweiserleichterung für den Anspruchsteller)
- Der Anspruchsteller muss die zur Schätzung des Gewinns nötigen Anknüpfungstatsachen vortragen; Umsatzangaben reichen hierfür nicht
– Beispiel: Verunfallter „Berater im Bereich der Telekommunikation“ - Prognose des Einkommens bei Kindern, Jugendlichen und Arbeitslosen – Beispiel: Schwerstverletzung einer 10-jährigen Gymnasialkandidatin
Wann bekommt man Schmerzensgeld?
- Gemäß § 253 Abs. 2 BGB kann insb. bei Körperverletzungen auch für einen Nichtvermögensschaden eine Entschädigung verlangt werden
- Die vielfältige Rechtsprechung hat zu Schmerzensgeldtabellen geführt
Für was bekommt man Schadensersatz bei einer Körperverletzung (Beispiele)?
- Zahnersatz für Kassenpatienten
- Krankengymnastik jenseits der gesetzlichen KV
- Kuraufenthalt nur bei nachgewiesener Erforderlichkeit
- Fahrtkosten Angehöriger nicht bei Reha-Aufenthalt
- Behindertengerechter Anbau am Haus der Familie für 157.000 DM
Wann bekommt man keinen Schadensersatz bei einer Körperverletzung?
- Ein Schadensersatzanspruch scheidet aus, wenn die Körperverletzung nicht sicher feststeht
– Beispiel: Wahrgenommene Beschwerden ohne medizinischen Befund nach Verkehrsunfall - Ein Schadensersatzanspruch kann im Einzelfall unter einem Angemessenheitsvorbehalt stehen
Geht die Versicherung des Verletzten in Vorleistung, geht der Schadensersatzanspruch nach § 116 SGB X auf sie über.
Welche weiteren Ansprüche ergeben sich nach einer Körperverletzung?
Anspruchsgrundlagen
- Nach § 842 BGB sind auch Nachteile für den Erwerb oder dasFortkommen des Geschädigten auszugleichen
- Nach § 843 BGB ist bei Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit eine Geldrente zu entrichten
- Nach § 844 BGB sind bei Tötung eines Menschen Beerdigungskosten zu übernehmen und Unterhaltsausfälle zu kompensieren
Wann hat man einen Anspruch auf “Beseitigung” (Beispiele)?
- Die Rechtsprechung gewährt dem Inhaber des verletzten Rechtsguts mit Blick auf den Rechtsgedanken des § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB auch einen Anspruch auf Beseitigung der Rechtsgutsverletzung
– Beispiel: Anspruch auf Entfernung wildparkender Autos
– Beispiel: Anspruch auf Löschung intimer Filmaufnahmen
– Beispiel: Anspruch auf Löschung unwahrer Tatsachenbehauptungen einer Anwaltskanzlei über eine Aktiengesellschaft im Internet - Besondere Ausprägung des Beseitigungsanspruchs ist der Anspruch auf Berichtigung bzw. Gegendarstellung
– Beispiel: Nachträgl. Mitteilung bei Verdachtsberichterstattung
In welchen Fällen wird ein Unterlassungsanspruch bejaht?
- Parallel zum Beseitigungsanspruch existiert nach dem Rechtsgedanken des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB auch ein Unterlassungsanspruch
– Beispiel: Alte Online(!)-Berichterstattung über einen K.O.-Tropfen- Verdacht bei einem Fußballprofi
– Beispiel: Werbung durch automatisch generierte Bestätigungs- E-Mails
– Beispiel: Namensnennung eines hochbegabten/unreifen Kindes - Die erforderliche Wiederholungsgefahr wird (nur) bei Rechtswidrigkeit der Erstbegehung vermutet
– Beispiel: Verdachtsberichterstattung über Organentnahme
Wann kann man keinen Ersatz für Vermögensschäden verlangen?
Vermögensschäden sind nur über die §§ 823 Abs. 2 und 826 BGB auszugleichen
– Ratio: Die rechtswidrige Vermögensminderung wird insbesondere durch das Vertragsrecht ausreichend ausgeglichen
– Typische volkswirtschaftlich sehr bedeutsame, aber nicht ersatzfähige Schäden sind Zeitschäden, z.B. Wartezeit im Stau
Was sind die Voraussetzungen des Rücktritts vom Kaufvertrag?
AGL: §§ 346 I, 433 I, 434, 437 Nr.2, 323 I BGB
1. Kaufvertrag
2. Rücktrittserklärung § 349 BGB
3. Sachmangel bei Gefahrübergang
4. Erfolglose Nachfristsetzung (konkrete Fristsetzung nicht notwendig)
5. nicht unwirksam aus sonstigen Gründen, z.B. Verjährung
Wie prüft man eine AGB Klausel?
- Vorliegen von AGB § 305 I 1 BGB, § 305 II Hinweis und Kenntnisnahme
(evtl. Regelung verschieden zur gesetzlichen Regelung § 307 III ?) - Keine Unwirksamkeit wegen Verbrauchsgüterkaufrecht §§ 474 ff BGB
- Kein Verstoß gegen § 305c
- Keine Unwirksamkeit nach §§ 307 ff BGB
- kein Verstoß gegen § 309 oder § 308
- kein Verstoß gegen Transparenzgebot § 307 I 2
- keine unangemessene Benachteiligung § 307 II
- keine unangemessene Benachteiligung § 307 I 1
RF: § 306 -> Vertrag bleibt im übrigen wirksam
Welche Besonderheiten gelten bei Pferden iVm Gewährleistungsrecht?
- Rittigkeitsprobleme sind kein Sachmangel iSd § 434
- eine Normabweichung (Dornfortsätze) ist noch kein Sachmangel, erst wenn Krankheitszustand vorliegt (Kissing Spines)
- auch ungerittenes junges Pferd (27 Monate) ist “gebraucht”
Was ist die Rentabilitätsvermutung?
- Geltendmachung nutzloser Aufwendungen, die sich im Falle pflichtgemäßer Leistungserbringung rentiert hätten
- greif nur bei Aufwendungen, die eigenwirtschaftlichen Zwecken dienen
- unabhängig vom Zweck ist § 284 BGB anwendbar
- Aufwendungen müssen im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Leistung getätig worden sein
- Vertrauen ist erst ab Vertragsschluss schutzwürdig
-z.B. über § 284 BGB: Maklerprovision, Beurkundungsgebühren
Schäden sind unfreiwillige Vermögensopfer, Aufwendungen sind freiwillig!
Was ist ein Haftungsschaden?
Gegenstand des Geschädigten wird beschädigt, den dieser bereits vor der Schädigungshandlung an einen Dritten verkauft hat (noch ist der Geschädigte aber Eigentümer)
⇨ der Geschädigte ist den Ansprüchen des Dritten ausgesetzt ⇨ Haftungsschaden
✔︎ Über § 249 I BGB kann Freistellung verlangt werden
Was ist die gestörte Gesamtschuld?
- bei mehreren Schädigern, hat einer (oder mehrere) ein Haftungsprivileg (§§ 1359, 1664 BGB..) und haftet daher nicht
- Auflösung idR zu Lasten des Geschädigten
- im Kommentar § 426 Rn 18 Grüneberg
Welche Funktionen hat Schmerzensgeld?
Doppelfunktion des Schmerzensgeldes
Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion
§ 253 II BGB ist Rechtsfolgenbestimmung, keine AGL
Ansprüche sind abtretbar
Welche Schadenspositionen spielen - besonders bei Verkehrsunfällen - eine Rolle?
- Reperaturkosten oder Wertersatz auf Wiederbeschaffungsbasis
- Merkantiler Minderwert (§ 251)
- Mietwagenkosten
- Nutzungsausfallentschädigung - wenn man kein Mietwagen nimmt
- Gutachterkosten - nicht bei Bagatellschäden
- Rechtsanwaltskosten
- Kostenpauschale 25 EUR
- Abschleppkosten
- Krankenhausbesuchskosten naher Angehöriger
- Schmerzensgeld
- Schockschäden
- Stornokosten
- §§ 842, 843 BGB
- bei mittelbar Geschädigten: §§ 844, 845 BGB
NICHT:
- Arbeitsaufwand zur Schadensabwicklung
- Verlust an Freizeit
Wie prüft man den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises bei Rücktritt (Zug- um Zug gegen Rückübereignung)?
AGL: §§ 346 I, 437 Nr.2 Alt 2, 323 I, 433 BGB
1. KV
2. § 349 BGB
3. Mangel iSd § 434 BGB bei Gefahrübergang
4. Frist zur NE
5. RF: § 346 BGB
Wie prüft man den SE Anspruch aus §§ 989, 990 I 1 BGB?
Was ist hinsichtlich der Zinsen zu beachten?
Nach diesen Vorschriften ist u.a. der rechtsgrundlose Besitzer, der beim Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war, dem Eigentümer zum SE verpflichtet, wenn er dessen Sache nicht mehr herausgeben kann.
- Kläger war Eigentümer
Prüfung, dass keine Weiterveräußerung stattgefunden hat
Verlust des Eigentums durch Rechtsgeschäft prüfen?
An Genehmigung § 185 II BGB denken
Gutgläubiger Erwerb § 932 BGB prüfen - Beklagter zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung Besitzer
- kein Recht zum Besitz
an Besitzrecht/abgeleitetes Besitzrecht denken - schuldhafte Verletzung des Eigentums durch z.B. willentliche Veräußerung
Achtung: in diesem ZP hat der Kläger Eigentum verloren, daher hat er ja jetzt einen SE Anspruch
RF:
Schaden §§ 249 ff BGB
ggf an Mitverschulden denken
ggf Anrechnung Kaufpreis
Zinsen: §§ 849, 246 BGB in Höhe von 4 % ab dem Tag der Entziehung
Der Kläger tätigt in der Klageschrift beleidigende Äußerungen. Daraufhin erhebt der Beklagte widerklagend Unterlassungsklage. Ist diese zulässig und begründet?
Zulässigkeit:
P Rechtsschutzbedürfnis
In einem RS kann man sich nicht dagegen wehren, dass zur Rechtsverteidigung erforderliche ggf auch ehrenrührige Tatsachen vorgetragen werden. Allerdings besteht das Rechtsschutzbedürfnis dann, wenn die Verleumdung wieder besseren Wissen erfolgt. Der schlüssige Vortrag einer bewusst wahrheitswidrigen Anschuldigung genügt
Begründetheit
P Wiederholungsgefahr
Erstbegehungstheorie genügt vor Gericht nicht
Es muss vorgetragen und bewiesen werden, dass der Kläger die Äußerungen außerhalb des Verfahrens wiederholt
Welche Haftungsmodelle kenn § 833 BGB?
§ 833 BGB enthält zwei verschiedene Haftungsmodelle, nämlich für Nutztiere eine Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr (S. 1 und 2) und für andere Tiere (Luxustiere) eine strenge Gefährdungshaftung (S. 1).
Wie prüft man den Anspruch aus § 833 S.1 BGB?
- Rechtsgutsverletzung
Leib, Leben, Eigentum - Tier iSv § 833 BGB
Tiere, über die der Mensch Kontrolle ausüben kann - Durch ein Tier und typische Tiergefahr
- Anspruchsgegner ist Tierhalter Halter ist, wer das Tier im eigenen Interesse besitzt, auf das Eigentum kommt es nicht an
- Rechtswidrigkeit
- RF: §§ 249 ff (Mitverschulden?)