Kapitel 6-10 Flashcards
Auf Antrag können EU/EWR Staatsangehörige, die im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthaltsort haben, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werde, wenn sie inländische Einkünfte iSd §98 EStG erzielen:
- Einkünfte im Kalenderjahr müssen mindestens zu 90% der österreichischen ESt unterliegen oder die nicht der österreichischen ESt unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11.000€ betragen
- Diese Steuerpflichtigen können dann auch die sonst unbeschränkt Steuerpflichtigen vorbehaltenen Absetzbeträge in Anspruch nehmen (§33 Abs 2 EStG)
- §1 Abs 4 EStG setzt das zur Arbeitnehmerfreizügigkeit ergangene Schumacker-Urteil um
Steuerlich maßgebende Definition für Begriff des Wohnsitzes
- §26 Abs 1 BAO
- Wohnung – Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein und dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten. Zweitwohnsitz, Untermietzimmer und bei Dauermiete können sogar Hotelzimmer einen Wohnsitz begründen → ein Steuerpflichtiger kann also mehrere Wohnsitze haben
- Innehabung für Wohnsitzbegriff – über eine Wohnung tatsächlich verfügen; sie jederzeit für den eigenen Wohnbedarf nutzen zu können. Rechtliche Verfügungsmöglichkeit ist nicht relevant
- Ununterbrochene tatsächliche Nutzung einer Wohnung ist für steuerliche Begründung eines Wohnsitzes nicht notwendig. Es genügt sich jährlich einige Wochen in der Wohnung aufzuhalten, solange man sonst auch die Möglichkeit hätte, sie selbst zu nutzen
- Mitbenutzung fremder Wohnung begründet nur bei selbstständiger Nutzungsmöglichkeit einen Wohnsitz
- Es muss sich aus den objektiven Umständen ergeben, dass Steuerpflichtiger die Wohnung beibehalten und benutzen wird
Zweitwohnsitzverordnung des BMF:
- Gibt Möglichkeit, die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich durch Begründung eines Wohnsitzes zu vermeiden
- Bei Steuerpflichtigen, deren Mittelpunkt der Lebensinteressen sich länger als fünf Jahre im Ausland befindet, begründet eine Wohnung in Österreich in jenen Jahren keinen Wohnsitz, in denen diese Wohnung alleine oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen weniger als 70 Tage benutzt wird und wenn zusätzlich ein Verhältnis über die inländische Wohnungsbenutzung geführt wird
Arbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit dienen dem freien Personenverkehr in der EU:
-) Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV)
➢ Recht der Angehörigen der S, in anderem MS eine selbstständige Erwerbstätigkeit in Form einer Niederlassung aufzunehmen und auszuüben → behandelt wie Inländer (Inländerbehandlung)
➢ Erstreckt sich auch auf juristische Personen, sofern sie nach dem Recht eines MS gegründet wurden und ihren Sitz oder Ort der Geschäftsleistung in der Union haben
➢ Ist auf Inbounding-Situationen und Outbounding-Situationen anwendbar
➢ Inbounding-Situation – liegt aus Sicht des MS im Falle eines Zuzugs, einer Begründung einer Niederlassung und/oder einer Direktinvestition aus anderem MS
➢ Outbounding-Situation – betrifft den Fall eines Wegzugs oder einer Direktinvestition in einen und/oder die Gründung einer Niederlassung in einem anderen MS
➢ → Verboten ist Schlechterstellung im Vergleich zu rein innerstaatlichen Situationen
-) Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 45 AEUV)
➢ Recht für Unionsbürger, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit in einem anderen MS unter den gleichen Bedingungen, wie sie auch für Inländer gelten auszuüben
Konzeption und Ausgestaltung von Ertragssteuersystem so dass es mit den Grundfreiheiten im Einklang stehen, diese sind:
-) Arbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit, dienen dem freien Personenverkehr in der EU
-) Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV)
-) Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (Art 63 AEUV)
Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (Art 63 AEUV)
- Soll freien Kapitalverkehr innerhalb der EU schützen
- Kapitalverkehr – umfasst Direktinvestitionen, Gewährung von Krediten und Bürgschaften, Unternehmensbeteiligungen (Portfolioinvestments), Erwerb von Immobilien, Wertpapieranlagen und Emissionen von Anleihen
- Zahlungsverkehr – umfasst Zahlungen, die unmittelbar mit Warentausch, Erbringung von DL und sonstigen Leistungen im Personenverkehr verbunden sind
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – völkerrechtliche Verträge, die zwischen zwei Staaten (bilateral) abgeschlossen werden:
- In Österreich vom Bundespräsidenten abgeschlossen und vom Nationalrat gemäß §505 B-VG – werden dadurch zum Bestandteil des österreichischen Rechts
- Sind einfachen Bundesgesetzen gleichgeordnet und unmittelbar anwendbar
- Allgemeiner Vorrang des DBA-Rechts gegenüber dem innerstaatlichen Steuerrecht
- Ö hat auf dem Gebiet der Einkommenssteuer DBA mit rund 90 Staaten abgeschlossen
- DBA begrenzen das inländische Steuerrecht, können aber i.d.R. kein Besteuerungsrechte begründen (bloße Schrankenwirkung der DBA)
- Vermeidung der Doppelbesteuerung als Abkommenszweck (vorwiegend juristische Doppelbesteuerung)
Verteilungsnormen
-) Kommen zur Anwendung, wenn das Abkommen in persönlicher und sachlicher Wirkung anwendbar ist.
-) Regeln, welcher Vertragsstaat das Besteuerungsrecht für eine bestimmte Art von Einkünften hat. IdR Besteuerung im Ansässigkeitsstaat, außer wenn Einkünfte gewissen Bezug zum Quellstaat haben.
-) Wenn nach Anwendung der Verteilungsnormen beiden Vertragsstaaten ein Besteuerungsrecht verbleibt, entscheidet der Methodenartikel, wie die DBA durch den Ansässigkeitsstaat zu vermeiden ist.
Einkünfte sind immer genau einer Verteilungsnorm zuzuordnen. Vorrangregeln bei Überschneidungen:
-) Art 7 OECD-MA - Subsidiär anzuwenden
-) Art 10, 11, 12 OECD-MA: Regelungen über Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren kommen nicht zur Anwendung, wenn Steuerpflichtiger über eine Betriebsstätte im Quellstaat verfügt (Betriebsstättenvorbehalt) – Konsequenz ist, dass der Quellenstaat diese Einkünfte ohne Begrenzung der Höhe nach besteuern darf
-) Art 21 OECD-MA - Kommt zur Anwendung, wenn keine andere Verteilungsnorm anwendbar ist
Befreiungsmethode
- Art 23A OECD-MA
- Einkünfte, für die der Quellstaat das Besteuerungsrecht hat, werden aus der Bemessungsgrundlage des Ansässigkeitsstaates ausgeschieden
- Ansässigkeitsstaat darf diese Einkünfte nur bei Berechnung des Steuersatzes berücksichtigen
- Bedeutet, dass Ansässigkeitsstaat den durchschnittlichen Steuersatz, der auf die verbleibenden Einkünfte entfällt, so ermittelt, dass er auch die befreiten Einkünfte einbezieht (Progressionsvorbehalt)
- CIN-Ansatz (Capital Import Neutrality)
- ACHTUNG: bei Dividenden sowie Zinsen (sowie ggf. bei Lizenzgebühren) wird dennoch angerechnet statt befreit
Anrechnungsmethode
- Art 23B OECD-MA
- Lässt Besteuerung in beiden Vertragsstaaten zu
- Doppelbesteuerung wird beseitigt, indem der Ansässigkeitsstatt die im Quellenstaat in zulässiger Weise erhobene Steuer anrechnet
- Steueranrechnung ist im Ansässigkeitsstaat durch den Anrechnungshöchstbetrag begrenzt - Im Ansässigkeitsstaat darf nicht mehr an Steuern des Quellenstaates angerechnet werden, als auf die der Anrechnung unterliegende Einkünfte an Steuer im Ansässigkeitsstaat entfällt
- CEN-Ansatz (Capital Export Neutrality)
- z.B.: Italien, Großbritannien, Irland, Finnland, Schweden, Japan, USA, Kanada, Belize
Sonstige Abkommensvorschriften
- Diskriminierungsverbote (zB Betriebsstättendiskriminierungsverbot, Art. 24)
- Verständigungsverfahren (Art. 25)
- Amtshilfe (Informationsaustausch, Art. 26)
- Vollstreckungshilfe (Art. 27)
- Leistungsanspruch (Verhinderung von Abkommensmissbrauch) (Art. 29)
Verständigungsverfahren (eine sonstige Abkommensvorschrift)
Unterstreicht, dass die obersten Abgabenbehörden (in Ö der Bundesminister für Finanzen) zur gemeinsamen Lösung von Zweifelsfragen der Auslegung und Anwendung der DBA miteinander in Kontakt treten können und sollen- Ergänzt durch Regelungen über das Schiedsverfahren.
§48 Abs 5 BAO samt Verordnung (BGBl II 2002/474) - was besagt diese?
- Sogenannte „Doppelbesteuerungsverordnung“
- Vermeidung der Doppelbesteuerung bei Fehlen eines DBA im Fall der unbeschränkt Steuerpflichtigen
- Befreiungsmethode bei „Katalogeinkünften“, wenn die ausländische Steuer mehr als 15% beträgt
- Anrechnungsmethode in allen übrigen Fällen
Welcher Tatbestand wird als Wegzugsbesteuerung bezeichnet?
Einkünfte aus realisierbaren Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und Derivativen unterliegen der Besteuerung. Als Veräußerungen gelten solche Umstände, die zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs im Verhältnis zu anderen Staaten führen
Bei Einschränkungen des Besteuerungsrechts sieht welcher Paragraph die sofortige Besteuerung des Differenzenbetrages zwischen dem gemeinen Wert der Anteile und den Anschaffungskosten abzüglich etwaiger Werbekosten vor? Wie funktioniert das?
- §27 Abs 6 Z 1 EStG
- bei Betriebsvermögen: §6 Z 6 EStG
- Besteuert werden somit die unter der österreichischen Besteuerungshoheit angewachsenen stillen Reserven
- Bei Wegzug in EU/EWR-MS kann sofortige Besteuerung der stillen Reserven vermieden werden, indem Steuerpflichtiger Antrag auf Nichtfestsetzung der Steuerschuld stellt
- Gilt auch, wenn Wirtschaftsgüter oder Derivative unentgeltlich an in anderem EU/EWR-MS ansässige natürliche Personen transferiert werden
Wann geht das Besteuerungsrecht verloren?
-) Besteuerungsrecht geht verloren, wenn Österreich aufgrund innerstaatlicher oder abkommensrechtlicher Vorschriften die Veräußerung der unter §27 Abs 6 Z 1 lit b EStG fallende Beteiligungen und Derivative nicht mehr besteuern kann.
-) Auch andere Umstände, wie die unentgeltliche Übertragung der Beteiligungen oder der Tod des Steuerpflichtigen, können zum Verlust des Besteuerungsrecht führen.
-) Bei Anteilen an ausländischen Körperschaften und ausländischen Derivativen geht das Besteuerungsrecht Österreichs durch eine Wechsel in die beschränkte Steuerpflicht immer verloren.
-) Bei Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften bleibt das innerstaatliche Besteuerungsrecht aufrecht, kann aber durch DBA verloren gehen.
Was ist unerheblich bei der unbeschränkten Steuerpflicht in Bezug auf das Ausland?
- ob die Einkünfte im Ausland besteuert worden sind
- wie die positiven und negativen Einkünfte nach ausländischem Recht zu ermitteln sind (Einkünfteermittlung immer nach österreichischem Recht: §2 Abs. 8 Z 1 EStG)
- ob die Einkünfte nach Österreich überwiesen werden (keine bloße „Remittance-Besteuerung“ wie z.B. in England oder Singapur)
Inländischer gewöhnlicher Aufenthalt
i.S.d. §26 Abs. 2 BAO
▪ nur ein gewöhnlicher Aufenthalt ist denkbar
▪ 6-Monatsfrist (bloße Hemmung bei Zwischendurch Auslandsaufenthalten)
▪ bei länger als 6 Monate dauernder Auslandsentsendung endet der inländische gewöhnliche Aufenthalt (VwGH 9.2.1973, 1025/71 und EAS 1681)
Körperschaftsteuer - Statutarischer Sitz und Ort der Geschäftsleitung
Statutarischer Sitz - §27 Abs. 1 BAO:
* Nach österreichischem Recht errichtete AGs, GmbHs, Genossenschaften, Vereine, Stiftungen, Betriebe gewerblicher Art von KöRs= „Inländische Körperschaften“
Ort der Geschäftsleitung - §27 Abs. 2 BAO:
* „Doppelt ansässige Körperschaften“, wenn der statutarische Sitz und die Geschäftsleitung (~ tatsächlicher Verwaltungssitz) in verschiedenen Staaten
* „Ausländische Körperschaften“ (insb. auch Steueroasengesellschaften) mit inländischer Geschäftsleitung sind unbeschränkt steuerpflichtig
Anwendung und Anwendungsvorrang des Unionsrechts
- Nichtanwendung des entgegenstehenden nationalen Rechts bei Eindeutigkeit des Verstoßes
- EU-Grundfreiheiten verdrängen daher entgegenstehendes nationales Recht; keine „Aufhebung“ (wohl aber Gesetzesänderung) nötig
- Unionsrechtskonforme Interpretation
Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof:
▪ Zweifel bei Auslegung des Unionsrechts als Voraussetzung
▪ Vorlage-RECHT des Bundesfinanzgerichtes (BFG) (vormals Unabhängiger Finanzsenat = UFS)
▪ Vorlage-PFLICHT der Höchstgerichte (OGH, VwGH, VfGH)
Aufbau der Doppelbesteuerungsabkommen
▪ Persönlicher Anwendungsbereich (Art. 1 i.V.m. Art. 4)
▪ Sachlicher Anwendungsbereich (Art. 2)
▪ Definitionen - Diverse Begriffe (Art. 3), Ansässigkeit (Art. 4), Betriebstätte (Art. 5)
▪ Verteilungsnormen (Art. 6–8 und 10–22)
▪ Methodenartikel (Art. 23) - Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt (Art. 23A) - Anrechnungsmethode mit Höchstbetrag (Art. 23B)
Was passiert wen der Quellenstaat besteuern darf? (Doppelbesteuerung noch NICHT beseitigt)
Beseitigung der Doppelbesteuerung erfolgt erst durch den Methodenartikel = Ansässigkeitsstaat wendet die Befreiungs- oder Anrechnungsmethode an)