Kapitel 14 - Wahrnehmung - Leitfragen Flashcards
Wie kommt es, dass Menschen nicht wie Fledermäuse ein Echolot haben?
Es handelt sich hier um eine entwicklungsgeschichtliche Anpassung an unseren Lebensraum. Wir haben nur für solche Umwelteinflüsse Sinnesorgane entwickelt, die für unser Überleben besonders nützlich sind. Einige Tierarten haben sich an sehr verschiedene Lebensräume durch eine andere Begrenzung der Leistungsfähigkeit ihrer Sinnesorgane angepasst. So z.B. die Fledermäuse, welche sich in absoluter Dunkelheit durch eine Radarortung orientieren oder Fische, die in trüben Gewässern sich durch empfindliche Sinnesorgane , die elektrische Feldstärkeänderungen registrieren können, orientieren.
Was ist der Sinn und Zweck der meisten Wahrnehmungsorgane des
Menschen?
Durch Sinnesorgane erfahren wir unsere Umwelt und die Vorgänge in unserem Organismus und können so auf einen gewissen Bereich an Umwelteinflüssen reagieren und entsprechende Informationen an das ZNS weitergeben.
Was sind die wichtigsten Sinnesorgane beim Menschen?
Die wichtigsten Sinnesorgane sind:
* das Auge
* das Ohr
* das Geschmacksorgan der Zunge
* das Riechorgan der Nase
* das Tast- und das Temperaturorgan der Haut
* und das nozizeptive System (das »Schmerzorgan«).
Was ist der Unterschied zwischen Objektiver Sinnesphysiologie und Wahrnehmungspsychologie laut Birbaumer/Schmidt?
Objektive Sinnesphysiologie:
* Untersuchung welche der Umwelteinflüsse ein Sinnesorgan als Reiz beeinflussen können, welche Veränderungen ein Reiz in den speziellen Rezeptorzellen (Sensoren) der Sinnesorgane auslöst, wie diese Veränderungen in ein neuronales Impulsmuster umgesetzt werden und wie schließlich die Verarbeitung dieser Impulsmuster in den sensorischen Anteilen des Gehirns vor sich
geht.
Wenn alle Menschen subjektiv die Welt anders empfinden, ist Wahrnehmung beim Menschen dann überhaupt ähnlich oder immer individuell?
Wahrnehmungen sind sich bei aller Subjektivität unserer persönlichen Erfahrung von Mensch zu Mensch viel ähnlicher, als wir es im Allgemeinen einzuräumen geneigt sind,
=> eben weil der für die Aufnahme und Verarbeitung von Sinnesreizen notwendige neuronale Apparat bei allen Individuen nach denselben Spielregeln arbeitet.
Schauen wir auf das Leib-Seele Problem aus Kapitel 1, der Wesensgleichheit oder Wesensverschiedenheit von Leib und Seele: Hängen die subjektiv erlebten Sinnesempfindungen (Erleben von Phänomenen der Umwelt über Verbindung mit Erfahrung, Gedächtnis, Emotion, siehe Abb. 14.1) mit den materiellen Phänomenen der objektiven Sinnesphysiologie dann überhaupt (kausal oder korrelativ?) zusammen (z.B. Erregung sensorischer Gehirnzentren, Integration im ZNS)?
Es lassen sich keine Experimente angeben, die Kausalzusammenhänge zwischen den Inhalten der physischen und der psychischen Vorgänge nachzuweisen gestatten. Aber es können feste, d.h. voraussagbare und mathematisch beschreibbare Korrelationen (Beziehungen, Abbildungen) zwischen den Phänomenen der beiden Bereiche postuliert und anschließend experimentell überprüft werden.
Mithilfe der transkutanen Mikroneurographie können die vom Sensor nach zentral gesandten Impulse (Aktionspotenziale) aufgezeichnet werden. So konnte gezeigt werden, dass die Frequenz dieser Impulse in einem festen, mathematisch beschreibbaren Zusammenhang steht mit der Stärke eines Druckreizes einerseits und mit der Stärke der subjektiven Druckempfindung andererseits.
Damit lassen sich aus der Kenntnis der Impulsentladungen eindeutige Voraussagen sowohl über den auslösenden Reiz als auch über die dabei auftretenden Empfindungen machen, ganz unabhängig davon, ob die Impulse in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Empfindung stehen oder ob die physiologischen Vorgänge nur Begleitphänomene der physiologischen sind (Epiphänomenalismus).
Wir erfahren unsere Umwelt nicht vollständig, sondern ausschnittshaft über spezialisierte Sinnesorgane oder Sinne. Jedes dieser Sinnesorgane (z.B. Augen oder Ohren) vermittelt jeweils gleichartige Sinneseindrücke, im Beispiel also Licht oder Schall. Diese werden als Modalitäten oder Sinnesmodalitäten zusammengafasst
Welche 4 Grunddimensionen (Sinnesmodalitäten) der Sinnesempfindungen über die Sinnesorgane gibt es?
Innerhalb einer Sinnesmodalität lassen sich Qualitäten (1. Grunddimension) unterscheiden.
- Gesichtssinn (sehen) unterteilt man in die Qualitäten Helligkeit (oder Grauwert) und Farben
- Beim Gehörsinn (hören) differentiert man qualitativ die Töne verschiedener Höhen
=> Den Modalitäten entsprechen die verschiedenen Sinnesorgane. Die Qualitäten werden über die verschiedenen Sensortypen (Rezeptortypen) innerhalb eines Sinnesorgans vermittelt.
Räumlichkeit und Zeitlichkeit (2. & 3. Grunddimension)
- Ordnen die Empfindungen in die Raum- und Zeitstruktur unseres Körpers und unserer Umwelt ein
- Räumlichkeit und Zeitlichkeit der Reize sind Dimensionen eines jeden materiellen Phänomens und gelten so auch für die objektive Sinnesphysiologie
Intensität/Quantität (4. Grunddimension)
- Gesichtssinn: Die Stärke der Helligkeitsempfindung
- Gehörsinn: Lautheit eines Tones
- Das organische Korrelat der Quantität eines Sinneseindrucks ist die Amplitude des Sensorpotenzials (Rezeptorpotenzials) bzw. die Frequenz der Aktionspotenziale im sensorischen Nerv
Beschreiben Sie mit je einem Beispiel für ein Sinnesorgan, was das jeweils ist: Exterozeptoren, Propiozeptoren, Enterozeptoren.
Die Sinnesorgane unseres Körpers lassen sich anhand der jeweils verwendeten Sensoren (synonym: Sinnesfühler, Sinnesrezeptoren) drei große Gruppen Klassifizieren: Exterozeptoren, Propiozeptoren und Enterozeptoren
Exterozeptoren:
- Sensoren, die Reize aus der Umwelt aufnehmen
- Beispiele: Augen und Ohren
Propriozeptoren:
- Sensoren, die Lage und Bewegung unseres Körpers registrieren
- Beispiele: Muskelspindeln, Sehnenorgane, Gleichgewichtsorgan
Enterozeptoren:
- Sensoren, die Informationen über mechanische und chemische Ereignisse aus den Eingeweiden vermitteln
- Beispiele: Barozeptoren und Chemorezeptoren aus dem Karotissinus (registrieren den Blutdruck bzw. die Kohlensäure- und Sauerstoffspannung und nehmen an der Regulierung des Kreislaufs und der Atmung teil)
Wa sind Adäquate und Nicht-Adäquate Reize eines Sinnesorgans?
Adäquate Reize:
- Die Sensoren (Sinnesrezeptoren) in den Sinnesorganen sind darauf spezialisiert, auf bestimmte, für sie spezifische Reize optimal zu reagieren
- Meist ist das der Reiz, der eine minimale Energie benötigt, um das betreffende Sinnesorgan zu erregen
- Diejenigen Reizformen, auf die ein Sinnesorgan optimal reagiert, werden adäquate Reize genannt.
- Für das Auge: Elektromagnetische Schwingungen mit Wellenlängen zwischen 400 und 700 nm
- Für das Ohr: Schall(druck)wellen mit einer Frequenz zwischen 20 und 16.000 Hz
Nichtadäquate Reize:
- Unphysiologische Reize auf die trotz Einschränkungen der Spezifität, Reaktionen des Sensors beobachtet werden können
- Alle Sinnesorgane können z.B. unspezifisch durch elektrischen Strom erregt werden
- Auf die meisten Sensoren wirken außerdem
=> starke Druckänderungen (Schlag aufs Auge: “Sterne sehen”)
=> Änderungen der chemischen Milieus (z.B. Sauerstoffmangel)
- Weiteres Beispiel: Grün-Sensor der Augennetzhaut spricht auch auf starkes rotes oder blaues Licht an, seine Empfindlichkeit ist aber für grünes Licht am höchsten
Wie nennt man die Umwandlung eines Reizes in ein lokales Sensorpotenzial?
Die Umwandlung eines Reizes in ein lokales Sensorpotenzial wird Transduktion genannt.
Die Sensorpotenziale sind in der Regel reizabbildend, d. h. sie kodieren die Dauer und die Intensität eines Reizes. Auch sehr schwache, aber überschwellige Reize können deutliche Sensorpotenziale auslösen.
Die anhaltende Depolarisation des Sensorpotenzials durch einen Reiz wird in eine rhythmische Serie von Aktionspotenzialen umgewandelt. Dieser Prozess wird Transformation genannt.
Wie unterscheiden sich primäre und sekundäre Sensoren bei der Transformation?
Primäre Sensoren:
- Die Transformation des Sensorpotenzials in eine Serie von Aktionspotenzialen findet im Anfangsabschnitt des Axons der Sensorzelle statt
Sekundäre Sensoren:
- Die Transformation des Sensorpotenzials in eine Serie von Aktionspotenzialen findet nicht schon in der Sinneszelle statt, sondern in der Endigung einer afferenten Nervenzelle, die mit der Sensorzelle synaptisch Kontakt hat
- Wichtige Typen von sekundären Sensoren sind: Die Hörzellen im Innenohr, die Schmeckzellen auf der Zunge und die Sehzellen in der Natzhaut
Was meint Adaption an einen Reiz?
Die Abnahme der Erregung des Sensors bei gleichbleibendem Reiz bezeichnet man als Adaption.
Die Abbildung der Reizes in der afferenten Impulssalve ist nicht absolut reizgetreu, denn das Sensorpotenzial wird auch bei konstantem Reiz im Laufe der Zeit kleiner.
Der Zeitverlauf der Adaption ist von den Eigenschaften des Sensors abhängig.
- Berührungssensor der Haut: Rasche Adaption
- Nozizeptoren: Nur sehr langsamn, wenn überhaupt
- => Der Zeitverlauf der subjektiven Adaption ist daher schon durch die Abbildungsvorgänge im Sensor vorbestimmt.
Nozizeptor: Freie Nervenendigung, die Schmerz und damit drohende oder erfolgte Gewebsschädigung registriert.
Was meint der Fachbegriff “Absolutschwelle” bei der sensorischen Schwellenmessung? Was ist ein Alternativbegriff dafür?
Absolutschwelle:
* Die kleinste Reizstärke, der gerade eine bestimmte Empfindung hervorruft, ist ein Maß für die Absolutschwelle
* Alternativbegrif dafür ist die Bezeichnung Reizlimen, abgekürzt RL
* Die Grenzwertmethode oder Konstanzreizmethode können zur Bestimmung des RL herangezogen werden
Unterschiedsschwelle:
- Der Betrag, um den ein Reiz größer oder kleiner sein muss als ein Vergleichsreiz, damit er gerade eben merklich als stärker bzw. schwächer empfunden wird
- Ein Alternativbegriff ist die Bezeichnung Differenzlimen (DL) (“just noticable difference”, jnd)
- Der Reiz muss sich dabei nicht um einen absoluten Betrag, sondern um einen bestimmten Anteil (Prozentsatz) des Ausgangsreizes verändert werden
=> Nach der Weber-Regel ist dieser Reizzuwachs ein konstanter Bruchteil des Ausgangsreizes
Wie kann man im Tierversuch die Dunkeladaption messen?
Dunkeladaption: Die langsame Zunahme der Empfindlichkeit des Gesichtssinnes bei Abnahme der Beleuchtungsstärke
Mit Hilfe einer operanten Konditionierung konnte in einem Tierversuch die Sehschwelle und die Dunkeladaption bei einer Taube quantitativ bestimmt werden
- Bei einer Taube wurden zwei instrumentelle Reaktionen konditioniert:
- Ist ein Lichtreiz an, schaltet picken der Taste A den Lichtreiz aus und zur Belohnung öffnet sich eine Futterklappe
- Ist Lichtreiz aus, schaltet picken der Taste B den Lichtreis an und zur Belohnung öffnet sich Futterklappe
=> Taube pickt auf Taste A, wenn sie den Lichtreiz sieht
=> Taube pickt auf Taste B, wenn sie keinen Lichtreiz sieht
- Über einen automatisierten Schaltkreis reduziert sich die Helligkeit des Lichtreizes nach jedem Picken von Taste A, während sich nach jedem Picken von Taste B die Helligkeit des Lichtreizes erhöht
- Auf diese Weise oszilliert die Helligkeit des Lichtreizes um die jeweilige Sehschwelle der Taube
- Nach Abschalten einer hellen Raumbeleuchtung fällt die Schwellenreizstärke innerhalb von 1 Stunde bei der Taube von 1 Mikrolumen auf 0,01 Mikrolumen herab
=> Die Empfindlichkeit des Sehorgans hat etwa um den Faktor 100 zugenommen
- Dunkeladaptionskurve der Taube ist der subjektiv bestimmten Kurve des Menschen in Zeitverlauf und Amplitude sehr ähnlich
Wie kann man eine “eben merkliche Veränderung” zwischen zwei Sinnesempfindungen, z.B. über die Helligkeit zweier Lichtreize, die Frequenz zweier Töne, die Konzentration zweier Zuckerlösungen, messbar machen?