Fydrich (2013) Zwangsstörungen Flashcards
Gewohnheiten, Rituale, Zwänge
• Gewohnheiten reduzieren in der Gestaltung des Alltags die Komplexität der Anforderungen routinierte Situationen erfordern nicht fortlaufend neue Entscheidungen
• Drängende Gedankeninhalte treten in abgeschwächter Form bei fast allen Menschen auf
• ZG und ZH haben Ähnlichkeiten mit alltäglichen Befürchtungen und Ritualen Unterscheidung zw. normal, subklinisch und klinisch bedeutsamen ZG und ZH nicht immer leicht
o Quantitative Merkmale und damit einhergehende Beeinträchtigung erkunden
• ZH ohne ZG sehr selten
Differentialdiagnose
- Gilles-de-la-Tourette-Syndrom: stereotype motorische Abfolgen ohne Intentionalität des Verhaltens Unterschied zu ZH
- Schizophrenie: Zwangsstörung zeigt keinen parathymen Affekt
- Hirnorganisch: z.B. Beeinträchtigung der Basalganglien wie bei Parkinson oder Huntington-Chorea der Fall; mit neuropsychologischen Untersuchungen abklären, vor allem wenn Zwangsstörung erst im höheren Alter auftritt
Beginn und Verlauf
• Verschwindet im Altersverlauf selten völlig und verläuft unbehandelt meist chronisch
Ätiologie
- Zweifaktorenmodell nach Mowrer kann aufdringliche Gedanken nicht erklären
- Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Modell
o Bsp. von Mutter, die Neugeborenes im Arm Treppe herunterträgt und plötzlich bildliche Vorstellung hat, wie ihr das Kind aus dem Arm rutscht
Wird dieser Intrusion wenig oder keine Beachtung geschenkt, mündet dies nicht in die dysfunktionalen Mechanismen der Zwangsstörung
„Sagt dieser Gedanke etwas über mein Unbewusstes aus?“ vs. „Dieses kleine Geschöpf ist mir wichtig; ich werde gut auf es aufpassen.“
o Zentral bei Zwangsstörung: Überschätzung der Bedeutsamkeit der Gedanken metakognitives Modell von Wells
S3-Leitlinienempfehlungen
• Psychotherapeutische Behandlungen
o Empfehlungsgrad 0: Acceptance and Commitment Therapy (ACT) kann in Erwägung gezogen werden
o KVT kann auch im Gruppensetting wirksam sein
o Therapie soll auf Überführung in Selbstmanagement abzielen (KKP)
o Übungen sollen im häuslichen Umfeld durchgeführt werden (KKP)
o Enge Bezugsperson soll in Therapie einbezogen werden (KKP)
o Keine RCT Evidenz für psychoanalytische und TP
Soll erwogen werden, wenn Zwangssymptome im Zusammenhang mit psychodynamisch erklärbaren inneren Konflikten stehen
• Pharmakologische Behandlung
o Nur als Monotherapie, wenn …
kVT wird abgelehnt oder ist wegen Schwere der Symptomatik nicht durchführbar
kVT wegen langer Wartezeit oder fehlenden Ressourcen nicht zur Verfügung
um Therapiebereitschaft zu erhöhen
o soll eigentlich stets mit PT kombiniert werden (A Empfehlung)
• Stationäre Psychotherapie empfohlen bei …
o Lebensgefahr
o Schwerwiegende Vernachlässigung oder Verwahrlosung
o Symptomatik so schwer, dass normaler Tagesablauf und ambulante Therapie nicht mehr möglich sind
o Starker Leidensdruck
o Wenn ambulante Therapie versagt hat
o Ambulante Therapie durch psychische oder somatische Komorbidität erschwert wird
Praktisches Vorgehen der kVT
- Konkrete Exploration der Details hilft Patienten meist, starke Scham zu überwinden
- Zwangsspezifische Ängste können Patienten an Beschreibung ihrer Intrusionen hindern
- Durch geleitetes Entdecken individuelles, an kVT angelehntes Störungsmodell erarbeiten
- Vermeidungsmotivation in Annäherungsmotivation umwandeln
- Exposition sollte massiert durchgeführt werden: in zeitlich engem Rahmen möglichst viele Auslösersituationen unterstützt physiologische und kognitive Habituation
- Selbstmanagement einführen: Pat. soll Expos zunehmend in Eigenregie planen und durchführen, z.B. Zwangsgedanken aufnehmen und on repeat selber anhören