7. Kognitive Therapie & Interventionen Flashcards

1
Q

Typische Denkmuster bei der Zwangsstörung (6)

A
  • Überschätzung der Bedeutsamkeit von Gedanken (thought-action-fusion)
  • Notwendigkeit, die Gedanken zu kontrollieren
  • Perfektionismus
  • Überhöhte subjektive Verantwortlichkeit
  • Gefahrenüberschätzung
  • Unsicherheitsintoleranz
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2
Q

Kognitive Techniken

A

• Disputation der Interpretation (als gefährlich, bedrohlich) und nicht der Intrusion
• Formen der Disputation
o Empirische Disputation: Inkompatibilität zwischen Denken und Realität aufdecken
o Hedonistische Disputation: Kosten-Nutzen-Analyse (Zielführung)
o Logische Disputation: Irrationalität aufzeigen
o Normative Disputation: entsprechen Handlungen den ethisch-moralischen Werten
• Vor der Exposition zur Motivierung bzw. um Distanz aufzubauen
• Gefahr: kognitive Auseinandersetzung kann als neues Ritual eingesetzt werden
• Bisher keine klaren Belege für die Wirksamkeit kognitiver Interventionen bei Zwang

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3
Q

Verhaltensexperimente - 4 Arten

A
  • Infragestellung von dysfunktionalen Annahmen durch systematische Realitätstestung in konkreten Situationen
  • Ermöglicht erfahrungsorientiertes, emotionales Lernen
  • Modifikation verhaltensleitender Annahmen und Befürchtungen

Hypothesenprüfende Experimente
• „Stimmt eigentlich, dass …?“
• Klare Vorstellungen/ Befürchtungen über Konsequenzen eines bestimmten Verhaltens
• Überprüfung von Annahmen und Verstärkung von Alternativannahmen

Explorative Experimente
• „Was passiert eigentlich, wenn …?“
• Ohne Vorannahmen, Konsequenzen beobachten
• psychoedukativ einsetzbar

Aktive Verhaltensexperimente
• Patient testet in simulierter, realer Situation
• direkter

Beobachtungsexperimente
• Patient als Datensammler
• Patient hat zu viel Angst oder Durchführung beeinträchtigt die Beobachtung

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4
Q

Gedankenkontrolle

A

• Gedankenkontrolle
o Kontrolle durch Gedankenunterdrückung  erhöht die Bedeutsamkeit von Gedanken und erhöht die Auftretenswahrscheinlichkeit
• Gedankenunterdrückungsexperiment
o 3 min ein neutrales Bild vorstellen (weißen Elefanten, rosa Flamingo)
o 3 min nicht an das Bild denken, während einer Unterhaltung und Patient soll dokumentieren, wie oft das Bild aufgetreten ist  evtl. wiederholen für einen relevanten Gedanken
o Ziel: verdeutlichen, wie schwer es ist nicht an etwas zu denken
• Verhaltensexperiment / Exposition
o Ungewollte Gedanken / Intrusionen denken bzw. bewusst provozieren

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5
Q

Überschätzung von Gedanken (thought-action-fusion)

A
  • Sorge, dass Gedanken zu Taten werden können oder etwas über die Person aussagen
  • Ziel: Gedanken sind keine Taten

• Wise Mind = rational + emotional thinking
o Emotionale Beweisführung: „ich weiß, dass es unlogisch ist, aber es fühlt sich real an“
o V.a. bei hoher Bedeutsamkeit von Gedanken

• Verhalten-s / Gedankenexperiment
o Etwas positives herbei denken (z.B. im Lotto gewinnen): warum ist das unwahrscheinlich?
o Ein (kleines) Unglück heraufbeschwören, genau das tun, was zum Unglück führt (magisches Denken) (z.B. Haushaltsgerät, Erkrankung, Tod des Therapeuten)
o Patient soll die Gedanken neutral beobachten und lernen sich zu distanzieren, z.B. den Gedanken neutral beobachten, vorbeiziehen lassen wie ein Zug, der nach eigenem Fahrplan fährt; lediglich registrieren, „das ist ein Zwangsgedanke“

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6
Q

Verhaltensexperimente Bsp. 1

A

• Situation: Herr A. leidet unter Intrusionen, scharfe oder spitze Gegenstände in seine Freundin oder andere nahe Menschen zu stechen; er hält es kaum mit anderen in der Küche aus, kann kein Messer o.ä. in Gegenwart anderer benutzen etc.
• Vorhersage:
o „Wenn ich solche Gedanken habe, dann muss ich das tun wollen.“
o „Wenn ich solche Gedanken habe, bin ich gefährdet, sie in die Tat umzusetzen.“
o „Wenn ich lange genug mit einem Messer in der Hand mit jemandem zusammen bin, werde ich das Messer in ihn hineinstechen.“
• Geplantes Experiment: Die Therapeutin eine Stunde lang alleine in ihrem Büro treffen mit einem großen Brotmesser in der Hand.
• Ergebnis: Herr A. war zunächst sehr ängstlich und schwitze sehr. Im Laufe der Zeit (ca. 20 Min.) beruhigte er sich, und die Einschätzung der Angst fiel von 85 auf 20. Die Therapeutin wurde nicht attackiert.
• Hilfreichere Kognitionen wurden erarbeitet:
o „Diese Gedanken drängen sich mir auf, weil ich sie so abstoßend finde.“
o „Dass ich diese Gedanken habe, bedeutet nicht, dass ich eine Gefahr darstelle.“

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7
Q

Verhaltensexperimente Bsp. 2

A

• Situation: Frau B. leidet unter aufdringlichen Gedanken und Bildern, die sich darum drehen, dass ihre Tochter eines Tages an Krebs erkranken könnte. Sie ist stark in kognitive Rituale verstrickt. Sie kann sich häufig auf nichts anderes konzentrieren, ist kaum noch leistungsfähig, kann Freundschaften nicht mehr pflegen etc..
• Vorhersage:
o „Gedanken an etwas können die Wahrscheinlichkeit, dass das so eintreten wird, erhöhen.“
o „Wenn ich daran denke, wie meine Tochter an Krebs erkrankt oder ich Bilder im Kopf habe, wie sie da todkrank liegt, dann wird ihr das vielleicht wirklich eines Tages so geschehen.“
• Verhaltensexperiment?
o Problem:
 Befürchtung weit in die Zukunft gerichtet
 Ziel im Sinne der Therapie wäre es, Irreversibilität herzustellen; dabei trat aber bei Frau B. großer Widerstand auf
 Welche Möglichkeit bietet hier die Technik des Verhaltensexperiments?
o Lösungsmöglichkeit:
 Das VE soll sich auf den Prozess, nicht das konkrete Ergebnis beziehen
 Welcher Prozess steckt hinter der Angst und dem Zwang von Frau B.?
 „Wenn ich an etwas denke, dann wird das mit großer Wahrscheinlichkeit eintreten.“

• Frau B. war zur Testung folgender Vorhersagen bereit:
o „Wenn ich Lotto spiele und eine Woche lang daran denke, dass ich gewinne, werde ich gewinnen.“
o „Wenn ich eine Woche lang daran denke, dass die Therapeutin Schnupfen bekommen wird, wird sie beim nächsten Treffen erkaltet sein.“
• Experiment:
o Frau B. sprach sich die Gedanken auf ein Endlosband, dass sie vier Stunden täglich per Walkman hörte Auch zwischendurch versuchte sie, jede Minute zu nutzen, die Gedanken absichtlich herbeizuführen
• Ergebnis
o Frau B. gewann nicht im Lotto & Die Therapeutin erkrankte nicht
• Vorhersage:
o „Wenn eine Woche lang daran denke, dass die Therapeutin sich ein Bein bricht, wird sie sich ein Bein brechen.“
o „Wenn ich eine Woche lang daran denke, dass die Therapeutin einen Herzinfarkt bekommen wird, wird das vor dem nächsten Treffen eintreten.“
 Ausdehnung auf liebe Menschen und wiederum Steigerung der Negativität der Vorhersage.
o Frau B. war zunehmend bereit zu versuchen, Irreversibilität herzustellen
• Alternativkognitionen
o „Diese Bilder und Gedanken drängen sich mir auf, weil ich sie schlimm finde.“
o Solche Gedanken oder Bilder zu haben, beeinflussen die Realität nicht.“

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8
Q

Gefahrenüberschätzung

A
  • Wahrscheinlichkeit für Gefahren und Katastrophen wird überschätzt
  • Ziel: realistischere Gefahreneinschätzung

• Wahrscheinlichkeit einer Katastrophe
o Einschätzung der Wahrscheinlichkeit für eine Katastrophe (z.B. das Haus brennt ab)
o Identifikation aller Ereignisse, die eintreten müssen, damit es zum Ereignis kommt (z.B. der Lampenschirm ist zu nah an der Glühbirne, der Lampenschirm fängt Feuer, andere Gegenstände fangen Feuer, …)
o Einschätzung aller einzelnen Wahrscheinlichkeiten und Multiplikation, um die tatsächliche Wahrscheinlichkeit zu ermitteln & Kontrastieren mit der initialen Einschätzung  Unterschied entspricht dem Ausmaß der Gefahrenüberschätzung
o Entdecken von Handlungsmöglichkeiten (vgl. Konfrontation in sensu)
• Geld wetten
o Würden Sie eine große Summe Geld auf das befürchtete Ergebnis wetten? (z.B. würden Sie 1000 EUR daraufsetzen, dass das Haus abbrennt?) Wenn nein, warum nicht?
o Würden Sie eher dafür oder dagegen wetten?
• Verhaltensexperimente / Exposition: Kontrolle, Reinigung nicht durchführen und überprüfen, ob die Konsequenzen eintreten

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9
Q

Kumulative Wahrscheinlichkeit

A
  1. „Was ist Ihre schlimmste Befürchtung?“
    „Mein Mitbewohner stirbt, wenn ich den Herd nicht nochmal kontrolliere“
  2. „Wie wahrscheinlich ist das?“
    „10 Prozent“
    „Also, wenn Sie zehn mal so aus dem Haus gehen, wird es einmal brennen?“
  3. „Was muss alles passieren, dass die schlimmste Befürchtung eintritt?“
    a. „vorher vergessen, den Herd auszumachen“ 5%
    b. „es steht noch ein Topf auf der Platte“ 5%
    c. „der Topf wird so heiß, dass er glüht/brennt“ 50%
    d. „der Schrank darüber fängt Feuer“ 70%
    e. „mein Mitbewohner bemerkt den Rauch nicht.“ 20%
    f. „Feuer breitet sich so schnell aus, dass Löschen / Fliehen unmöglich“ 20%
  4. Wahrscheinlichkeitsrechnung: Multiplikation 0,05 * 0,05 * 0,5 * 0,7 * 0,2 * 0,2 = 0,000035
     Je mehr Voraussetzungen für die Katastrophe genannt werden, desto geringer am Ende die Wahrscheinlichkeit!
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10
Q

Überschätzung der Verantwortlichkeit

A

• eigene Verantwortung für (negative) Ereignisse wird überschätzt und hält die Bedeutung der aufdringlichen Gedanken aufrecht
• Ziel: realistischere Einschätzung der Verantwortlichkeit
• Tortentechnik
o Erfragen des eigenen Anteils/der eigenen Verantwortung für ein Ereignis
o Erfragen weiterer möglicher Einflussfaktoren
o Erstellen eines Tortendiagramms, in das zunächst die anderen Faktoren eingetragen werden und das letzte Tortenstück die eigene Verantwortung repräsentiert  führt zu einer geringeren Einschätzung der eigenen Verantwortung
• Experten befragen
o v.a. bei Gefahrenüberschätzung bei religiösen, sexuellen, aggressiven Gedanken
o Sammeln von tatsächlichen Informationen über Gefahren (z.B. Ansteckungsgefahr, Einbrüche)
• Bsp. Verantwortung für möglichen Selbstmord des Freundes
mein Einfluß 10%
sein Alkoholkonsum 20%
finanziellen Probleme 20%
Probleme mit den Eltern 25%
Schwierigkeiten mit dem Studium 25%

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11
Q

Perfektionismus

A

• Bestreben, Fehler zu vermeiden und alles genau und richtig zu machen
• Ziel: flexible Standards
• Rollenspiel und Perspektivübernahme
o Wenn ich die Patientin wäre und Sie die Therapeutin, was würden Sie mir über die Notwendigkeit sagen, alles genau und richtig zu machen?
o Patient argumentiert hier gegen den eigenen Perfektionismus
• Double-Standard Technik (auch bei übertriebener Verantwortlichkeit)
o Anwendung der Überzeugungen auf andere Personen, z.B. die eigenen Kinder, Geschwister, Freunde
o z.B. Würden Sie annehmen, dass ihre Schwester eine unverantwortliche Person wäre, wenn sie mal einen Fehler machen würde? Wenn nein, warum?
• Extremvergleiche (auch bei hohem Sicherheitsbedürfnis)
o z.B. Für welche Bereiche ist es wichtig Sicherheit zu haben/ keine Fehler zu machen und für welche ist es weniger wichtig? Worin besteht der Unterschied?

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12
Q

Hohes Bedürfnis nach Sicherheit

A
  • Die Welt wird als gefährlich eingeschätzt. Während die meisten Menschen die Abwesenheit von Anzeichen von Gefahr als Indiz für Sicherheit wertet, suchen Zwangspatienten nach Gewissheit für Sicherheit.
  • Ziel: Kosten für Sicherheit erarbeiten, Unsicherheit testen

• Vor- und Nachteile / Kosten-Nutzen Analyse von Verhaltensweisen/ Überzeugungen
• Kontinuum: Kann 100%-ige Sicherheit erreicht werden?
• Verhaltensexperimente:
o Spontanitätüben
o Absichtlich einen (kleinen) Fehler machen und Reaktion beobachten

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13
Q

Narrative Rollenspiele

A
  • Indikation: geringe Ich-Dystonie
  • Therapeut = Advovatus Diaboli (versucht als Zwang den Patienten zu Zwangshandlungen zu überreden, z.B. „Du bist doch mein bester Freund. Dann wasch Dir bitte die Hände.“)
  • Patient soll dagegenhalten
  • Ev. Rollentausch, um zu demonstrieren, wie dem Zwang entgegnet werden kann (Modelllernen)
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14
Q

Kognitive Defusion

A
  • Ziel: Aufhebung von Zusammenhang Intrusionen und metakognitive Bedeutung
  • Schritt 1: Attribute sammeln zu neutralem Begriff, z.B. Milch - 1 Minute schnell und laut Wort wiederholen
  • Schritt 2: Attribute sammeln zu Intrusion, z.B. Schmutz, Tod, Sex mit Papa, Messer - 1 Minute schnell und laut Wort wiederholen
  • Ähnlichkeit zu kognitiver Exposition
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15
Q

Abschluss der Therapie

A

• gegen Ende der Therapie die Sitzungstermine weiter auseinander legen
dem Patienten anbieten, noch einige Telefonate zu führen, um Übergang aus der Intensivphase zu erleichtern
• Inhalt der Telefonate/Sitzungen: Anwendung und Ergebnisse der besprochenen Techniken / Absolvieren von schwierigen Situationen
• Rückfallprophylaxe
- ein Rückfall / ein erneuter Anstieg der Symptomintensität gehört zum Verlauf der Erkrankung
- Auslöser sind oft stressreiche Ereignisse
- erneute Exposition ist sinnvoll
- Techniken zur Stressbewältigung
- veränderte Lebensführung

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16
Q

Wirksamkeit von Exposition

A

• Öst et al. (2015):
o CBT ist besser als keine Behandlung und Placebo (g = 1.3)
o ERP/CBT sind besser als Medikation (g = 0.55)
o ERP und CBT unterscheiden sich nicht (g = 0.07)
o 40 - 50 % erreichen eine klinisch signifikante Verbesserung
o 60 - 80 % erreichen eine Reduktion der Symptome
o Kaum Placeboeffekte
o Antidepressive Medikation weißt geringere Responsraten auf als ERP/CT
o Response:
 Reduktion des Y-BOCS Score
 Clinically significant change: Y-BOCS Score 25-50%
 Reduktion bzw. 7-16 Punkte Reduktion (variable Kriterien)

17
Q

• S3 Leitlinie Zwangsstörung: Empfehlung A

A

o hohe Effektstärken für Verhaltenstherapie, Kognitive Therapie und KVT
o keine Unterschiede zwischen den Verfahren, aber Verhaltensexperimente in KT
o etwa 80 % erreichen einer Symptomreduktion (ca. 40 - 60 %) durch Expositionstherapie (Abramowitz 2006) aber 20 % Therapieabbrecher
 ca. 40 % profitieren nicht und viele verbessern sich nur wenig
o Dauer und Intensität: keine klaren Befunde
 Abramowitz et al. (2003):
• VT jeden Tag über drei Wochen (N=20) vs.
• VT zweimal pro Woche für acht Wochen (N=20)
 keine Unterschiede bezüglich der Symptome

18
Q

• Therapeutenbegleitung

A

o besseres Ergebnis bei begleiteter Exposition vs. unbegleiteter Exposition (Abramowitz 1996)
o Expositionen in Therapeutenbegleitung sollten angeboten werden und auf eine Überführung in das Selbstmanagement des Patienten abzielen
o Expositionen sollten von Therapeuten im häuslichen Umfeld oder in zwangsauslösenden Situationen (außerhalb der Praxis / Klinik) durchgeführt werden, falls die Zwangssymptome im Praxis- bzw. Klinik-Setting nicht reproduzierbar sind.