4. Neurobiologische Grundlagen Flashcards

1
Q

Genetische Faktoren

A

o 4-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko für Angehörige von Patienten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (8% vs. 2%, Hettema et al., 2001)

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2
Q

Zwillingsstudien

A

• Zwillingsstudien: eineiige Zwillinge sind häufiger konkordant für ZW-St. als zweieiige
o Carey & Gottesman (1981): Konkordanzen EE: 87%, ZE 47%
o Hudziak et al. (2004): Heritabilität CBCL-OCS: 55%
o Selbstberichtete Zwangssymptome (OCI-R): EE: 52 %, ZE 21%  Erblichkeit 48% (Monzani et al., 2014)
• Bisher keine Adoptionsstudien
• Kandidatengene in über 100 Studien untersucht: einzelne Befunde zu serotonergen, glutamatergen und dopaminergen Neurotransmission (Pauls, 2010)

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3
Q

Ätiologie – Neurotransmitter

A

• Genetische Befunde
o Glutamat Transporter Polymorphismus (SCL1A1) (Arnold et al., 2006; u.a.)
o Veränderungen am Glutamatrezeptor (Striatum und PFC) (Arnold et al., ‘04)
• Glutamat Konzentration (Magnetresonanzspektroskopie)
o Erhöhte striatale Glutamat (+Glutamin, Glx) Konzentrationen, die sich durch SSRI Gabe normalisierte (Rosenberg et al., 2000), aber nicht durch kognitive Verhaltenstherapie (Benazon et al., 2003)
o Reduzierte Glx Konzentration im ACC (Yücel et al., 2008) und erhöhte Konzentration im OFC (Whiteside et al., 2006)
• Ansprechen auf medikamentöse Therapie
o SSRI: positive Effekte in 40-60% der Patienten
o (Riluzole (Behandlung von ALS): glutamatantagonistische Wirkung)

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4
Q

Hirnfunktionelle Veränderungen

A

• Rauch et al. (1998): erhöhter Metabolismus im orbitofrontalen Cortex und im Nucleus caudatus (PET)
• Kang et al. (2003): nach vs. vor Therapie in OCD Patienten: Reduktion der metabolischen Aktivität in lateraler und medialer OFC, rechter Hippocampus, lateral und mediales Cerebellum, rechtes Putamen (PET Glucose Metabolismus)
• Saxena & Rauch (2000): recht konsistent erhöhte OFC und ACC Aktivierungen; anfänglich erhöhte Aktivität im Nucleus Caudate, aber andere Studien zeigen eher reduzierte Aktivität in Basalganglien und Striatum
• Kühn et al. (2013): reduzierte kortikale Dicke im subgenialen und dorsalen ACC
• Radua et al. (2010): Meta-Analyse von 26 Studien:
o OCD & Angststörungen: Reduktion der grauen Substanz in ACC
o Nur OCD: Zunahme der grauen Substanz im Nucleus caudate

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5
Q

Konnektivität

A

• Veränderte Netzwerkaktivität bei OCD in cortical-striatal loops
o OCD > Con: stärkere Konnektivität von ventralem Caudate zu OFC, ACC
o OCD < Con: verminderte Konnektivität von ventralem Caudate zur Insula

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6
Q

Frontostriatales Modell

A

• Bildgebungsbefunde für frontale und striatale Hirnregion
o Erhöhte Aktivität während Ruhebedingung
o Symptomprovokation verstärkt die Aktivität
o Erfolgreiche Behandlung normalisiert die Aktivität
o Erhöhte OFC Konnektivität in Ruhe
• Cortico-striato-thalamo-cortical (CSTC) pathways
o Überaktivität direkter im Vergleich zu indirekten Verbindungen führt zu einer Überaktivierung der orbitofrontal-subkortikalen Verbindungen
o Verstärkte Fokussierung und Automatisierung und weniger Flexibilität für alternative Handlungspläne
o Sorge über potentielle Gefahren entsteht durch diese Überaktivität (v.a. in frontalen Hirnregionen) (dorsaler kognitiver Loop)
o Dies führt zu einer erhöhten Aufmerksamkeit für Gefahren (ventral-limbischer Loop)

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7
Q

Handlungsüberwachung

A

• Pitman (1987): the core problem in OCDis the persistence of high error signals, or mismatch, that cannot be reducd to zero through behavioural output

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8
Q

Ätiologie: Fehlerverarbeitung
• Zwangsgedanken (z.B. an Krankheiten und Keime)  Zwangshandlung (12x Hände waschen)
• Error related negativity (ERN), error positivity (PE)

A

Fehlerverarbeitung:
o Überaktive Überwachung von Handlungen (internen Prozessen)
o Rumination und Zwangsgedanken (Riesel et al., 2014)

Feedbackverarbeitung:
o	Reduzierte Verarbeitung von Feedback (externer Information)
o	Zwangshandlungen (Endrass et al., 2013)
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9
Q

Handlungsüberwachung als Endophänotyp

A

• Endophänotypen sind messbare Phänotypen zwischen Erkrankung und genetischer Grundlage (Gottesman & Gould, 2003)
o Neurophysiologische, biochemische, endokrine, neuroanatomische, kognitive oder neuropsychologische Maße
o Vermittelnder Phänotyp („intermediate phenotype“), Biomarker, Vulnerabilitätsmaker
o Chamberlain & Menzies, 2009

• Erhöhte ERN ist assoziiert mit der Erkrankung (Endrass & Ullsperger, 2014)
• 40-60% Erblichkeit für die ERN (Anokhin et al., 2008)
• Endophänotypen Kritieren
o Assoziiert mit der Störung > yes
o Erblich > yes
o Unabhängig vom Erkrankungsstadium > yes
o Kosegregation: Übertragung mit der Störung in Familien
o Biologische Verwandte > yes

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10
Q

Läsionseingriffe

A

• Freeman „der Mann mit dem Eispickel“
• Durchtrennen anatomisch eng umschriebener Faserbindungen
• Einsatz nur unter bestimmten Voraussetzungen: z.B. Y-BOCS-Score >30 trotz Behandlung, extensive Behandlung im Vorfeld mit SSRIs, keine Suizidalität, Bipolare Störung, …
• Heutige Ziele der Eingriffe
o Frontolimbische Verbindungen (Subcaudate Traktotomie und Kapsulotomie)
o Papez Kreis (anteriore Cingulotomie)
o Oder beide Regionen (limbische Leikotomie)
• Läsionsneurochirurgie kann Funktionsniveau und Symptomschwere in 40-70% aller behandelten Fälle verbessern (Greenberg et al., 2003)
• Nebenwirkungen: u.a. Anfälle, Müdigkeit, Desorientierung, Ödeme, anhaltende Lethargie, Suizidversuche
• Irreversibel!

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11
Q

Tiefenhirnstimulation

A
  • Elektroden in bestimmten Arealen plaziert (hochfrequente Stimulation durch elektrische Impulse)
  • Impulsgeber (Neurostimulator) wird Patienten unter die Haut auf den Brustmuskel implantiert
  • THS im Gegensatz zu Läsionen reversibel und adjustierbar
  • Erfolgsquote: bei OCD bis zu 70% Ansprechrate nach Anpassung der Implantation (Greenberg et al., 2008)
  • Nebenwirkungen: u.a. Batterieentladung  Verschlimmerung von Depression und OCD
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12
Q

Tiefenhirnstimulation - Metaanalyse

A

o Ansprechrate: 60%, Y-BOCS Reduktion insgesamt: 45.1%
o Veränderung in Lebensqualität (nur für 3 Studien verfügbar): überall signifikante Verbesserung, bei einer Studie sogar 90%-ige Verbesserung
o Klinische Prädiktoren für besseres Ansprechen auf Behandlung
 Höheres Alter bei Krankheitsbeginn der OCD
 Tendenz einer positiven Korrelation des Alters bei Krankheitsbeginn mit Reduktion des Y-BOCS Scores
 Sexueller oder religiöser Inhalt
o Kein Prädiktor: OCD-Dauer vor THS, Geschlecht, Alter, THS-Target

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13
Q

Tiefenhirnstimulation - häufige NW

A

o Verschlimmerung der Angst 21.6%
o Hypomane Symptome 19.8%, v.a. Stimmungsenthemmung
o Herzklopfen 10.5%
o Vergesslichkeit/Wortfindungsprobleme/Gedächtnisbeschwerden 7.8%
o Desinhibition 6 %
o Kopfschmerzen 6 %
o Weitere NW: depressive Stimmung, Impulsivität und Panikattacken, Suizidgedanken 3.4 %

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14
Q

Tiefenhirnstimulation - Fazit

A

o THS in Wirkung vergleichbar mit anderen Behandlungsmethoden wie Kapsulotomie und Cingulotomie, ablative Techniken bis 64 % Verbesserung
o Starke NW scheinen weniger häufig zu sein als bei Läsionseingriffen und fast alle NW vorübergehend, mild und reversibel
o Therapiemethode für Fälle von schwerer, behandlungsresistenter OCD
o Nachteile: hohe ökonomische Kosten, schnelle Intervention bei schweren NW, Gerätausfälle/-probleme, Batterieversagen, körperliche und psychische Belastung

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15
Q

Medikamentöse Therapie (S3 Leitlinie)

A

• Monotherapie nur indiziert wenn:
o KVT abgelehnt wird oder wegen der Schwere der Symptomatik nicht durchgeführt werden kann
o KVT nicht zur Verfügung steht
o Um die Bereitschaft für andere Therapien zu erhöhen
• Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) sollten eingesetzt werden:
o Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin
o Citalopram ist in D zur Behandlung von Zwangsstörungen nicht zugelassen (off label use)
o SSRI sollten bis zur maximal zugelassenen therapeutischen Dosis eingesetzt werden

• Clomipramin (trizyklisches Antidepressivum) sollte aufgrund der Nebenwirkungen nicht als erste Wahl zum Einsatz kommen
• Venlafaxin (SNRI) sollte nicht als erste Wahl zum Einsatz kommen, da RCT Studien fehlen
• Anxiolytika und Benzodiazepine sind nicht wirksam und sollten nicht eingesetzt werden
• Antipsychotika
o Monotherapie ist nicht indiziert, aber können zur Augmentation (Risperidon, Haloperidol oder mit Einschränkung Quetiapin) bei ausbleibendem oder unzureichendem Ansprechen (v.a. bei komorbider Tic-Störung) eingesetzt werden (aber bei Nicht-Ansprechen nach 6 Wochen wieder abgesetzt werden)
• KVT mit Exposition und Reaktionsverhinderung kann mit SSRI/Clomipramin kombiniert werden
• Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) sind etablierter Standard in der Behandlung
• Dosierung in der Regel höher als bei anderen Störungen
• Wirklatenz 10-12 Wochen

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16
Q

Eigene Notizen

A

• Kulturunabhängig, Waschzwänge nicht nur in westl. Industrienationen
• Auftreten gleichmäßig zw. Geschlechtern verteilt
• PS Komorbidität – unsichere Datenlage, deshalb unverlässliche Zahlen und große Range (9-88%)
• Zwangsstörung häufig nicht die erste. Diagnose, sondern vorhergehende Diagnose
• OAD (Slide 17) = Angststörungen
• Striatum ist wichtig für Verhaltenssteuerung
• Bei Zwangsstörung: direkter Pfad (zu GPI und SNr) stärker aktiviert (verminderte Hemmung) als indirekter Pfad (über GPe und NSt)  Inbalance und doppelte Inhibition Richtung Thalamus
o OFC for value-based decision making passt zu großem Unsicherheitserleben, Entscheidungsprobleme, Abwägen über potentielle Gefahren in ZW-Störung
o Indirekter Pfad für flexible Handlungspläne
• Abgleich zw. intendierter und tatsächlicher Handlung und Outcome
• Error-related negativity erhöht bei ZW, aber nicht spezifisch bei ZW sondern auch bei Angststörungen
• ERN steht vllt. eher in Verbindung mit ACC Veränderung (auch bei Angststörung vorhanden)  transdiagnostische Vulnerabilität?