Festigkeitsnachweis Flashcards
Definition: Festigkeitsnachweis
Bewertung des mehrachsigen Spannungszustands durch
rechnerisches Überführen in einen einachsigen Vergleichsspannungszustand mit äquivalenter Werkstoffanstrengung
Definition: Hauptspannungen
Üblicherweise wird das Bezugs-Koordinatensystem so gedreht, dass die Schubspannungen verschwinden (Hauptspannungszustand)
So kann jeder Spannungszustand als ein Punkt in einem 3D-Plot dargestellt werden
Idee: Die Gesamtheit aller Punkte, die zum Versagen führen, ergibt eine (oft geschlossene) Fläche im Raum, die mit einem Ansatz (Versagenshypothese) beschrieben werden kann
Festigkeitshypothesen
Normalspannungshypothese bzw “Rankine”-Hypothese
Gestaltänderungsenergie-Hypothese bzw “von Mises”-Hypothese
Schubspannungshypothese bzw “Tresca”-Hypothese
Anwendungsfall: Rankine-Hypothese
Für spröde Werkstoffe. Leitgedanke:
Werkstoff verformt sich linear-elastisch bis zum Bruch durch zug-/druckinduzierte Überwindung von innerwerkstofflichen Bindungskräften
Anwendungsfall: Von-Mises-Hypothese
Für duktile Werkstoffe. Leitgedanke: Das Versagen erfolgt durch schubinduziertes Abgleiten (Schubdeformation) von Atomen/Molekülketten
Anwendungsfall: Tresca-Hypothese
konservative Alternative zu Gestaltänderungsenergiehypothese
3D Visualisierungen: Festigkeitshypothesen
Rankine-Hypothese: Würfel
Von-Mises-Hypothese: Offener Zylinder entlang Raumdiagonalen
Tresca-Hypothese: Offener Sechseck entlang raumdiagonalen
Siehe Folie 23, Vorlesung 04
2D Visualisierungen: Festigkeitshypothesen
Rankine-Hypothese: Rechteck
Von-Mises-Hypothese: 45° geneigter Ellipse
Tresca-Hypothese: 45° geneigter Sechseck
Siehe Folie 24, Vorlesung 04
Kritische Punkte: Gestaltänderungsenergiehypothese
keine Unterscheidung von Zug und Druck möglich
→ Zugspannungen i.A. kritischer als Druckspannungen
→ immer anhand der Hauptspannungen separat prüfen, ob Zug oder Druck vorliegt
unendlich hohe Belastbarkeit bei isostatischer Spannung (𝜎I = 𝜎II = 𝜎III = 𝜎iso)
Für isostatischen Druck werkstofflich einigermaßen plausibel
→ Druckspannungen schließen Risse und verzögern den Bruch
→ Experimentelle Druckfestigkeiten ca. 30% höher als Zugfestigkeit
Unendlicher hoher ertragbarer isostatischer Zug unplausibel
Gefahr der Unterschätzung von Spannungszuständen
mit ausgeprägter Mehrachsigkeit (Kerben!) → Sprödbruchgefahr
Maximalspannungshypothese ggf. besser geeignet
Zug-Druck-Festigkeitsasymmetrie Festigkeitshypothesen
Kegelkriterium
und
Paraboloidkriterium
Vergleiche mit Experimenten zeigen gute Übereinstimmung, v.a. für duktile Werkstoffe
Aber:
Erhöhter Charakterisierungsaufwand:
Zwei Versuche nötig für die Bruchfunktion 𝐹 (Zug- und Druckversuch)
Druckversuche sind allgemein aufwändiger (Ausbauchen, Knicken,…)
Kriterien sind i.A. nicht direkt in Simulationsprogrammen vorimplementiert und müssen nachimplementiert werden
Definition: Dehnungsbasierte Festigkeitshypothesen
Anstelle von Spannungen können auch Materialdehnungen zur Festigkeitsbewertung genutzt werden
Merkmale: Dehnungsbasierte Festigkeitshypothesen
Werkstofftheoretisch etwas plausibler…
- Dehnungen messen Abstandszunahme benachbarter Atome/Moleküle
- Spannungen sind „nur“ ein (sehr hilfreiches) technisches Konzept
… Experimente zeigen aber keine bessere Genauigkeit
Dehnungsbasierte Festigkeitshypothesen: Liste
Maximaldehnung, Oktaeder-Scherdehnung, etc.
Kritische Stellen: Dehnungsbasierte Festigkeitshypothesen
Im Vergleich zu spannungsbasierten Festigkeitshypothesen zeigen sie keine größere Verlässlichkeit
Experimentelle Charakterisierung schwieriger
- uniaxialer Dehnungszustand experimentell aufwändiger einzustellen (Behinderung der Querkontraktion nötig!)
- Zugversuch liefert einachsige Spannung, aber wegen Querkontraktion keine einachsige Dehnung!
- Alternative: Umrechnung von Zugversuchsergebnissen auf Vergleichsdehnung, aber Wahl der Vergleichsdehnung führt wieder eine gewisse Willkür ein
In der Praxis hat sich die spannungsbasierte Bewertung als praktikabler erwiesen
Ermittlungsmethoden für Spannungen
Analytische Modelle:
- erfordern i.d.R. vereinfachende Annahmen zur Lösung
Spannungsermittlung mit numerischen Methoden
- Sind analytische Modelle nicht mehr ausreichend, können Simulationen eingesetzt werden, z.B. bei
- komplexen Randbedingungen, die sich analytisch nicht ausdrücken lassen
- komplexe, nichtlineare Materialien
- gekoppelte Probleme, etwa Thermomechanik
-> Finite-Elemente-Methode (FEM) üblich