Entwicklungspsychologie Flashcards
Was ist: Individualentwicklung (oder einzelner Lebensabschnitte davon)
Ontogenese
Was ist: Entwicklung des Psychischen im Rahmen der Stammesentwicklung
Phylogenese
Was ist: Entwicklung des psychischen im Rahmen der Herausbildung der Gattung Mensch bis zu ihrem heutigen Entwicklungsstand
(Anthropogenese als Ausschnitt der Phylogenese)
Wie kann man psychische Entwicklung definieren?
Unter psychischer Entwicklung versteht man zeitlich relativ überdauernde Veränderungen im Erleben und Verhalten einer Person über die gesamte Lebensspanne.
Was sind Aufgaben der Entwicklungspsychologie?
Zu den Aufgaben der Entwicklungspsychologie gehört die Beschreibung und Erklärung sowie die Vorhersage und Modifikation menschlichen Erlebens und Verhaltens unter dem Aspekt der Veränderung über die gesamte Lebensspanne.
Welche Einflussfaktoren wirken auf die Entwicklung?
Die Entwicklung wird durch die Interaktion von biologischen und ökologischen Einflüssen geprägt, die gemeinsam auf das Individuum einwirken.
Biologische Einflüsse, die auf Reifeprozesse zurückgehen, sind altersbezogen.
Neben biologisch bedingten bzw. altersbezogenen Reifeprozessen wird Entwicklung aber auch durch nicht-normative Einflüsse bedingt.
Schließlich beeinflussen auch historische bzw. kulturwandelbezogene Einflüsse die Entwicklung entscheidend. (wenn z. B. aufgrund eines Krieges wie dem in Syrien einer ganzen Generation von Kindern der Besuch einer Schule unmöglich gemacht wird.)
Wie verändert sich die Bedeutung von Einflussfaktoren der Entwicklung über die
Lebensspanne?
Über den Lebenslauf hinweg betrachtet, nimmt der Einfluss nicht-normativer Ereignisse zu, während Alters- und lebenszeitgebundene Einflüsse in der Kindheit höher sind, dann abnehmen und erst im höheren Erwachsenenalter im Zusammenhang mit natürlichen Alterungsprozessen wieder bedeutsamer werden.
Der Einfluss historischer Einflüsse auf die Entwicklung ist dabei im Jugendalter am höchsten, weil in dieser Phase, die in besonderem Maße der schulischen und beruflichen Ausbildung sowie der Identitätsfindung gewidmet ist, entscheidende Weichen für die Entwicklung im Erwachsenenalter gelegt werden.
Wie konnte es zu dem Fallbeispiel Genie (Wolfskind) kommen?
Unter Reifung versteht man biologisch (genetisch) bedingte Entwicklungsprozesse, wie das Auftauchen oder Verschwinden verschiedener Reflexe, die frühe Entwicklung der Wahrnehmung oder Motorik oder die fortschreitende Entwicklung des Gehirns. Es lassen sich dabei mitunter bestimmte Zeitfenster, sogenannte sensible Phasen, in der Entwicklung ausmachen, welche die menschliche Entwicklung entscheidend prägen. Während einer meist kurzen, genetisch festgelegten Zeitspanne (sensible Phase) lösen gewisse Reize aus der Umwelt so starke Verhaltensänderungen aus, dass diese durch neue Erfahrungen nicht mehr korrigierbar sind. Man spricht von Prägung. Können innerhalb solcher sensibler Erfahrungen die vorbestimmten Lernprozesse aufgrund widriger Umstände nicht durchlaufen werden, kann es zu Entwicklungsdefiziten kommen, die im Nachhinein nicht mehr oder nur teilweise kompensierbar sind.
Beschreiben Sie das Bio-Psycho-Soziale Modell
Betrachtet man die entscheidenden Einflusssysteme auf die Entwicklung genauer, stellen sie sich als Geflecht aus biologischen, psychologischen und sozialen Einflussfaktoren heraus, die wechselseitig miteinander verbunden und aufeinander bezogen sind.
Welche Systeme beschreibt das ökologische Entwicklungsmodell von
Bronfenbrenner?
- Mikrosystem: unmittelbare Umwelten, in denen das Individuum aufwächst (Familie, Kindergarten, Schule, Arbeitsplatz)
- Mesosystem:WechselwirkungvonMikrosystemen
- Exosystem: Umwelten, denen das Individuum nicht angehört, die es aber indirekt beeinflussen, vermittelt über Personen, die dem Exosystem und Mikrosystem des Individuums angehören (z. B. Stress am Arbeitsplatz der Eltern kann Eltern-Kind- Beziehung beeinträchtigen)
- Makrosystem: Gesamtkultur einer Gesellschaft oder Subkultur, beeinflusst Entwicklung indirekt, über zuvor genannte Systeme
- Chronosystem: Gesamtheit der ökologischen Systeme, denen ein Individuum im Laufe seines Lebens angehört.
Welche Theorien von Kontinuität und Wandel finden sich in der Entwicklungspsychologie?
- Entwicklung als Abfolge von Stufen
- Entwicklung als Durchlaufen von Krisen
- Entwicklung durch Lösen von Entwicklungsaufgaben
- Entwicklung als Durchlaufen von Wendepunkten
Womit beschäftigte sich Lew Wygotski im Rahmen seiner Theorie der soziokulturellen Entwicklung?
Er beschäftigte sich vor allem damit, wie die Kultur die kognitive Entwicklung eines Kindes durch Wissensstände und Überzeugungssysteme prägt. Sprache betrachtet er z. B. als Werkzeug einer Kultur, die maßgeblich für die Entwicklung des Denkens ist („Denken ist ohne Sprache nicht möglich“). Er forscht auch dazu, wie sich Kinder eine Kultur im Austausch mit anderen Menschen aneignen, z .B. in Spiel oder Lehrsituationen mit anderen. Sein Ziel war es, unterschiedliche Entwicklungsverläufe bei Menschen aus verschiedenen Kulturen erklären zu können.
Warum werden stufen- und Phasentheorien heute recht kritisch betrachtet?
Die meisten dieser Theorien wurden historisch früh entwickelt und halten einer strengen methodischen Bewertung nach heutigen Maßstäben nicht stand. Ihre empirische Basis ist mitunter schwach, da die Theorie nur auf Basis kleiner Stichproben entwickelt wurden. Schwerwiegender ist jedoch, dass die „Vorstellung einer festen und für alle Personen zutreffenden Stufenfolge […] der Multidirektionalität und Plastizität der menschlichen Entwicklung nicht gerecht wird“
Zudem überschätzen die Theorien die Homogenität des Verhaltens von Personen innerhalb der Stufen, dieses verhalten kann in Abhängigkeit von der Situation stark variieren. Außerdem gehen die Theorien nicht auf kulturelle und historische Unterschiede zwischen Geburtskohorten ein und können dahingehend missverstanden werden, dass pro Altersbereich nur ein Entwicklungsthema als wesentlich angesehen wird, während andere in den Hintergrund treten.
Erklären Sie kurz die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Theorien von Erikson und Havinghurst
„Die von Erikson postulierten Themen der psychosozialen Krisen finden sich sinngemäß auch in einigen Entwicklungsaufgaben von Havighurst wieder. Im Gegensatz zu Stufentheorien und der Theorie der psychosozialen Krisen von Erikson nahm aber Havighurst nicht an, dass in jedem Altersbereich nur ein Thema im Mittelpunkt der Entwicklung stehen würde, sondern er formulierte jeweils eine größere Zahl zu lösender Aufgaben. … Diese Entwicklungsaufgaben finden sich oft in den Lebenszielen der Erwachsenen wieder“
Was sind zentrale Grundannahmen der Entwicklungspsychologie über die
Lebensspanne?
- Entwicklung vollzieht sich während der gesamten Lebensspanne.
- Entwicklung beinhaltet über die gesamte Lebensspanne Wachstum und Verluste.
- Entwicklung ist multidimensional und multidirektional.
- Entwicklung ist plastisch
- Entwicklung ist eingebettet in vielfältige Kontexte und abhängig von historisch- kulturellen Bedingungen
- Entwicklung ist ein intentionaler, selbstreferenzieller Prozess (Mensch ist aktiver Gestalter seiner Entwicklung)
Was unterscheidet das Konzept der “Wendepunkte” von den anderen Konzepten der Entwicklung (Stufen, Krisen, Entwicklungsaufgaben)?
Das Konzept der Wendepunkte wird stärker als die drei anderen vorgestellten Konzepte der Multidirektionalität, Multidimensionalität und Plastizität der Entwicklung über die Lebensspanne gerecht.
Allerdings geht es nicht über eine Beschreibung von relevanten Entwicklungsereignissen hinaus und erlaubt keine Generalisierung, so dass es damit dem Anspruch eine Entwicklungstheorie nicht genügt.
Das Konzept kann zwar sehr gut bereits abgelaufene Entwicklungsprozesse im Nachhinein beschreiben oder erklären, aber eine Vorhersage von Entwicklungsprozessen ist nicht möglich.
Was sind Vor- und Nachteile von Querschnittdesigns?
- Bei einer Querschnittuntersuchung wird eine empirische Befragung einmalig durchgeführt
- Personen unterschiedlicher Altersgruppen werden zum gleichen Zeitpunkt untersucht und miteinander verglichen
Vorteile:
Ökonomie
Effizient, schnell
Mit wenig Zeit-, Personal –und Kostenaufwand durchführbar
Bereitschaft zur Teilnahme
Einfachere Gewinnung von Teilnehmern (größere Stichproben)
Kein Dropout oder Übungseffekte
Nachteile:
Konstruierte Entwicklungsverläufe
Es werden nur Entwicklungszustände abgebildet
Konfundierung von Alter und Kohorte
Unklar auf was Unterschiede zurückgehen
Statistische Ineffizienz
Vorhersagen sind unpräziser
Selektive Stichproben
Stichprobe von 80-jährigen stellt bereits Ergebnis einer gewissen Selektion dar
Fragliche Generalisierbarkeit
Andere Messzeitpunkte
Was sind Vor- und Nachteile von Längsschnittdesigns?
- Form der Datenerhebung, bei der dieselben Personen wiederholt zu mehreren Zeitpunkten untersucht werden
- Teilnehmer werden wiederholt untersucht, es wird festgehalten, wie sie sich verändern, während sie älter werden
Vorteile:
Messung von Entwicklungsverläufen
Feststellung der Stabilität von Entwicklungsmerkmalen
Statistische Effizienz: durch Wiederholungsmessung werden systematische Unterschiede zwischen Personen erfasst und Fehlervarianz reduziert (weniger VP notwendig)
Nachteile:
Konfundierung von Alter und Messzeitpunkt
Testungseffekte (Übungseffekte, Gewöhnungseffekte, Sättigungseffekte)
Hoher Aufwand
Fragwürdige Generalisierbarkeit auf andere Kohorten
Dropout / selektive Stichproben
Alterung der Messinstrumente
Was sind Kohortensequenzstudien? Und was sind die Vor- und Nachteile?
• Kombination aus Längs- und Querschnittstudien
Zunächst Untersuchung mehrerer Altersgruppen mit gleichem Messinstrument zu einem Messzeitpunkt (Querschnitt)
Dann weitere Untersuchung derselben Gruppe zu wiederholten Zeitpunkten mit gleichen oder vergleichbaren Messinstrumenten (Längsschnitt)
Vorteile:
Aufdeckung von Alters-, Kohorten-, Messzeiteffekten
Möglichkeit quer- und längsschnittlicher Altersvergleiche
Effektiver als pure längsschnittliche Designs
Flexibilität: In Abhängigkeit von der Problemstellung können jeweils zwei der drei Faktoren für den Versuchsplan ausgewählt werden
Zeiteffektivität: Veränderungen über 6 Jahre können z.B. in einem Zeitraum von nur 4 Jahren untersucht werden
Nachteile:
Dropout (Motivation, Tod, Umzug)
Probleme der Stichprobengewinnung
Sehr aufwendig (Zeit, Geld)
Was ist die Grundannahme Piagets?
• Kind als Wissenschaftler
Wissen und Denken wird durch ständige aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt konstruiert (aktiver Wissenserwerb)
Kindliche Förderung
Kinder müssen aktiv, durch eigene Erfahrungen, Wissen erwerben
Müssen selber sogenannten Aha-Prozess durchlaufen, der durch bloße Wissensübermittlung nur selten ausgelöst werden kann
• kindliches Denken entwickelt sich durch Ausbildung immer adäquaterer Denkschemata
= geistige Systeme (wie Muster von Gedanken oder Handlungen), die als überdauernde Wissensbasis angesehen werden können
ermöglicht Kindern Einordnung von Umweltwelteindrücken + Systematisieren von Erfahrungen
damit können Kinder Umwelt interpretieren
Piaget: Was sind die zwei angeborenen kognitive Prozesse?
Organisation
Zusammenfügen verschiedener, schon existierender Schemata zu größeren, sogenannten kognitiven Strukturen
In S1: nach Gegenständen greifen, in S2: aus angereichter Tasse trinken –> O: Tasse ergreifen und aus ihr trinken
Adaption
intrinsisches Bedürfnis, sich so an die Umwelt anzupassen, dass Kinder mit ihr in kognitivem Gleichgewicht (Äquilibrium) stehen
= Passung zwischen eigenen Schemata und Vorkommnissen der Umwelt
(kann durch Assimilation + Akkommodation (Äquilibrationsprozess) erreicht werden)
Assimilation
Prozess, mit dem Kinder probieren, die Umwelt im Sinne ihrer vorhandenen Schemata zu interpretieren
Anpassung der Umwelt an bereits bestehende Schemata
Z.B. Kind könnte Löwe aufgrund der 4 Beine das erste Mal als Hund interpretieren
Akkommodation
Anpassung von Schemata an neue Umweltgegebenheiten
Z.B. merkt Kind schnell, dass vermeintliche Löwe gar nicht bellt, viel größer ist und anderes Fell hat und erfindet vielleicht neuen Namen für unbekanntes Tier
Piaget: 4 Stadien der Entwicklung
- beinhalten charakteristische Weise, wie Kinder Schemata organisieren und anpassen
- Stadien bauen aufeinander auf
- können nicht übersprungen werden
Sensomotorisches Stadium (0-2 Jahre)
Präoperationales Stadium (2-7 Jahre)
Konkret-operationales Stadium (7-12 Jahre)
Formal-operationales Stadium (ab 12 Jahre)