Differenzierungsformen der modernen Gesellschaft Flashcards
Die Differenzierung moderner Gesellschaften – zwei Zugangsweisen
► Stratifikatorische oder „vertikale“ Differenzierung: Klassen oder Schichten (engl. „class“)
► Funktionale oder „horizontale“ Differenzierung der Gesellschaft in Felder oder Teilsysteme
Das Klassenmodell von Marx als ein Ansatz stratifikatorischer Differenzierung
Klassengesellschaft bei Karl Marx (1818-1883):
ökonomische Ordnung als gesellschaftliche „Basis“
Zwei Einwände gegen Marx
1. Überbewertung der Produktions- und Unterbewertung der Konsumtionssphäre für Klassengliederung
► P. Bourdieus (1930-2002) Thema: Unterschiede zwischen Produktionsklassen und Konsumklassen
- Ökonomischer Reduktionismus
► Marx‘ Vernachlässigung des „Eigengewichts“ gesellschaftlicher Teilbereiche
Funktionale gesellschaftliche Differenzierung
These von E. Durkheim, T. Parsons und N. Luhmann:
Die moderne Gesellschaft als funktional differenzierte Gesellschaft: Gliederungsprinzip sind nicht Klassen oder Schichten, sondern arbeits- teilige gesellschaftliche Teilbereiche
Zentrale Merkmale funktionaler gesellschaftlicher Differenzierung:
► Aufgabenspezialisierung der einzelnen Teilbereiche/Teilsysteme
► Gesellschaftliche Funktionssysteme sind nicht geplant, sondern historisch gewachsen
► Differenzierung in verschiedene und hinreichend unabhängige Berufs- und Publikumsrollen
Drei Unterschiede zwischen stratifikatorischer und funktionaler Differenzierung
- Exklusivität der Klassen ▬ Inklusivität der Funktionssysteme
- Totaleinschluss der Person in Klassen ▬ rollenförmige Teilbeanspruchung durch Funk- tionssysteme
- Gesellschaft als Hierarchie von Feldern oder Klassen ▬ Gesellschaft ohne Zentrum
Konzepte sozialer Ungleichheit
- „Stand“: besonderer Lebensstil, rechtlich festgelegte Privilegien, „Geburtsprinzip“
- Soziale „Klasse“ der frühindustriellen Gesellschaft: Polarisierung nach Besitz/Besitzlosigkeit an Produktionsmitteln
- Soziale „Schicht“ der entwickelten Industriegesellschaft: Beruf, Einkom- men, Prestige, Bildung, Durchlässigkeit für individuelle Auf- & Abstiege
- „Funktionseliten“: beruflich einflussreiche Individuen, die Funk- tionärsämter in unterschiedlichen gesellschaftlichen Teilbereichen einnehmen
► keine einzelne Funktionselite kann einen gesamtgesellschaftlichen Führungsanspruch erheben
► Funktionsstellen werden nicht durch Geburt („askriptiv“) zugewiesen, sondern durch individuelle Leistung „erworben“
► keine intergenerationale Übertragbarkeit der Funktionsstellen
Lesarten von Gleichheit und Ungleichheit
Zwei Auffassungen von Gleichheit:
1) Gleichheit der Lebenschancen (z.B. eine Führungs- position zu erreichen)
2) Neutralisierung von Entscheidungen (z.B. über Leistung oder Schuld) gegen soziale Herkunft
► Thomas H. Marshall (1893-1981)
Talcott Parsons:
► universalistische Einstellung: sachlich, neutral, von Personen unabhängig („ohne Ansehen der Person“)
► partikularistische Einstellung: parteilich, solidarisch, gemeinschaftsgebunden
► Formen sachlich bzw. funktional begründeter Ungleichheit (z.B. Ungleichheiten aufgrund von Asymmetrien zwischen Leistungs- und Publikumsrollen)
Die Rücksichtslosigkeit der Funktionssysteme
Niklas Luhmanns (1927-1998) These: Die Trennung der gesellschaftlichen Teilsysteme impli- ziert, dass gegenüber anderen Teilsystemen grund- sätzlich rücksichtslos entschieden wird
„Im Verhältnis der Funktionssysteme zueinander kann es Destruktion geben, je nachdem, wie sehr sie aufeinander angewiesen sind, nicht aber Instruktion.“