Die Revolutionen von 1848/49 Flashcards

1
Q

Kontext: Entwicklung der Staatsgewalt

Lektüretext Reinhard zu Staatsgewalt und Verfassungsgeschichte

A
  • -> Französische Revolution ‐> moderner Staat tritt endgültig ins Leben, „mit Einheitlichkeit von Territorium, Staatsvolk und Staatsgewalt, mit Souveränität nach innen und außen“ „Staat“ wurde im 19. Jh. endgültig Teil des politischen Diskurses
  • -> Entwicklungsprozess der Staatsgewalt: Untertanen werden zu einheitlichen Staatsbürgern, „Immediatsverhältnis zwischen Individuum und Staat“
  • -> „Staatsunmittelbarkeit des Individuums hieß […] unmittelbarer Zugriff der Staatsgewalt auf den Einzelmenschen konkret die Ersetzung aller autonomen Zwischengewalten durch eine staatliche Verwaltung, die bis zum letzten Untertan reichte.’’
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2
Q

Revolution von 1848/49

A

Grundlegende Bedeutung: Historiker sprachen von ,,Epochenschwelle zur Moderne’’ oder ,,Strukturkrise des europäischen Staatensystems’’

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3
Q

Thematische Aspekte der Revolutionen

A
  1. Modernisierung der politischen Verfassung
    - Mehr Partizipation auf versch. Entscheidungsebenen von Gemeinde bis Gesamtstaat
    - Parlamentarisierung
  2. Modernisierung der wirtschaftlichen und sozialen Verfassung
    - ,,Bauernbefreiung’’ und Gewerbefreiheit
    - Vereine, politisch und sozial –> ,,Zivilgesellschaft’’
    - soziale Frage/Arbeiterfrage
  3. Nationale Selbstbestimmung
    - Deutschland und Italien: aus einer Mehrzahl kleinerer Staatsgebilde sollten größere Einheiten entstehen
    - Sprengkraft der Nationalbewegungen im Vielvölkerstaat Habsburgermonarchie
  4. Regionale und lokale Anliegen und Konflikte
    - Ringen um Nutzungsrechte in Wald und Feld
    - Abwehr gegen Ausweitung staatlicher Ansprüche (Steuern, Militärdienst) und Kontrollen
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4
Q

Restauration und das Jahr 1830:

Politische Hintergründe in Europa

A
  • seit 1815 ,,Heilige Allianz’’: Monarchen- bzw. Staatenbündnis von zunächst Russland, Preußen und Österreich, dem sich beinahe alle Staaten des Kontinents anschlossen
    —» ein Vertrag, der die Monarchen Europas in einem
    Bündnis auf der Grundlage der christlichen
    Religion verband
  • christlich Moralprinzipien
  • Allianz wurde unter der Führung des österreichischen Politikers von Metternich ein Bollwerk der konservativen, reaktionären Staaten gegen nationale und liberale Tendenzen
  • Ziel: durch gemeinsame Politik Revolution und Entstehung freiheitlicher Institutionen verhindern
  • Epoche der Restauration
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5
Q

Deutscher Bund in der Phase der Restauration

A
  • Vor 1830 entstanden 15 Verfassungen, in der Regel nach Vorbild der französischen Charte constitutionelle von 1814 „oktroyierte, einseitig vom Herrscher erlassene Verfassungen“: enthielten Grundrechtskataloge, gesamte Staatsgewalt aber beim Fürsten
  • Charte constitutionelle: vom König erlassen, starke monarchische Spitze, recht schwaches Zweikammernparlamen
  • Karlsbader Beschlüsse von 1819, vom Deutschen Bund bestätigt: Zensur der Presse, Verbot der Burschenschaften, öffentliche schriftliche Meinungsfreiheit stark eingeschränkt, ,,Turnsperre’’ (Turnplätze verboten) u.a.
    • -» Hintergrund: Angst vor Revolutionen in den Regierungen
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6
Q

1830 im Deutschen Bund

A
  • Opposition gegen die restaurative Politik Wurzeln der Bewegung u.a. in frühen studentischen Burschenschaften
  • Hambacher Fest 1832, Reaktion de Bundes: verstärkte Repression
  • Schwarz‐Rot‐Gold:
    Symbol der nationalen Einheit Deutschlands unter demokratischen Vorzeichen
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7
Q

Julirevolution 1830 in Frankreich

A
  • Auslöser: durch die ,,Juli-Ordonnanzen’’ des regierenden Bourbonen Königs Karl X–> mit welchen er die Abgeordentenkammer auflöste, das Wahlrecht zum Nachteil der einfachen Bürger veränderte und die Zensur der Presse einführte
  • 27-29. Juli: die Glorreichen Tage - Erhebung in Paris, König dankt ab und flieht nach England
  • Gegen ,,Jakobiner’’ und Unruhen der Unterschichten setzt sich gemäßigte Partei, großbürgerlich durch
  • Neuer König: Louis Phillipe von Orléans, der ,,Bürgerkönig’’
    —» in Frankreich setze die Julirevolution die Dynastie
    der Borbounen ab, auf die Monarchie wurde nicht
    verzichtet
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8
Q

Julimonarchie 1830-1848

A
  • Monarch wird vor dem Parlament auf die Charte verteidigt
  • Trikolore statt Lilienbanner der Bourbonen
  • Verfassungsänderung: Parlament das Recht zu Gesetzesinitiative sicherte, königliche Notstandsgesetze Verbot und die Pressefreiheit einführte
  • -» Wahlrechtsreform
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9
Q

Belgien 1830/31: die Vorbildverfassung

A
  • Unabhängigkeit von den Niederlanden mit zentralistischer konstitutioneller Monarchie
  • Verfassung von 18481 als europaweites Vorbild einer liberalen Monarchie, mit Volkssouveränität, Grundrechten, Gewaltenteilung, gemeinsame Legislative durch König und Zweikammerparlament
    ‐> beeinflusste u.a. die Verfassung der Niederlande von 1848 und die Preußens von 1850
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10
Q

Fazit

A
  • ->Nationale und liberale Strömungen in Deutschland unterdrückt, „Monarchiediskurs“ (Reinhard) verbreitet
  • -> Schwarz‐Rot‐Gold als Symbol Revolutionen von 1830/31 (Frankreich, Belgien) ‐> „Parlamentarisierungsschub“ (Reinhard)
  • -> Nationale Komponente: Schwärmerei bei Liberalen für „Freiheitskampf“ der Polen, die 1831 nach gescheitertem Aufstand durch Deutschland ziehen
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11
Q

1848/49 in Frankreich:

Februarrevolution 1848

A
  • -> Zunehmende Unzufriedenheit in Bürgertum und Arbeiterschaft wegen Eintritt in Heilige Allianz, Zensuswahlrecht, Agrar‐ und Handelskrise 1847
  • -> 23./24.02.1848 Zusammenschluss von Oppositionsgruppen, Republik ausgerufen
  • -> Provisorische Regierung aus gemäßigten und entschiedenen Republikanern
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12
Q

Zwei große Lager der Revolutionäre

A
  1. gemäßigte Republikaner, überwiegend bürgerlicher Herkunft, „Ordnungspartei“ – wollten Demokratie auf politischen Bereich beschränken
  2. Befürworter einer sozialen, gar sozialistischen Republik, Bedeutung der sozialen Frage, Vertreter der „Straßendemokratie“

Im April Wahlen zur Verfassungsgebenden Nationalversammlung: 600 von 900 Mandaten gingen an die „Ordnungspartei

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13
Q

,,Juniaufstand’’ und ,,Junischlacht’’ 1848

A

nach weiterer politischer Polarisierung und Auflösung der Nationalwerkstätten (Einfluss des Frühsozialisten Louis Blanc):
- Im Juni Revolte und Barrikadenbau
kurzer, aber sehr blutiger Bürgerkrieg in Paris, General L.‐E. Cavaignac befehligt Straßenkämpfe gegen Volkstruppen
- Tausende Tote, Vorgehen gegen Sozialisten damit Ende des Traums von sozialer Republik
- Auswirkungen in ganz Europa, Lähmung des Elans des Bürgertums
- Im Dezember 1848 Präsidentenwahl: Neffe Napoleons I. wird gewählt
- Im Dezember 1851 Staatsstreich, 1852 lässt sich Napoléon zum Kaiser ausrufen: Ende der Zweiten Französischen Republik

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14
Q

Fazit

A

Frankreich als „revolutionärer Modernisierungsmotor Europas“ (Hippel/Stier)

vom Königreich zur Republik zum Königreich

zwei politische Lager, die sich z.T. entgegenstehen, Frühsozialisten mit Louis Blanc

erstmals allgemeines Wahlrecht für Männer eingeführt

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15
Q

Märzforderungen 1848

A

Ausgangspunkt 1848 „Märzforderungen“ vor allem des liberalen Bürgertums

Anstöße aus Großherzogtum Baden, wegen Grenzlage, Gustav Struve aus Mannheim mit „Forderungen des Volkes“, man zielte auf demokratischen Nationalstaat, hinzu kamen soziale Forderungen

Verfassungsordnung nun auch in Preußen und Österreich

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16
Q

Die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche

A

zunächst ‚Vorparlament‘, dann Wahlen zur Nationalversammlung

  1. Mai Einzug der Abgeordneten in die Frankfurter Paulskirche

dadurch gewählte nationale Volksvertretung, sehr bildungsbürgerlich, 75% Akademiker

17
Q

Vorläufer von Parteien in den deutschen Staaten

A
  • Seit 1832 Parteienverbot
  • Doch ,,Vereinsleidenschaft’’ führte zu politischen Organisationen, ,,die sich zunächst als lose Gesinnungsgemeinschaften um Presseorgane gruppierten’’ (Reinahrd
  • In Frankfurt fünf Gruppen:
  • -> Konservative
  • -> politischer Katholiszismus
  • -> (Rechts–) Liberake
  • -> (links-) Liberale Demokraten
  • -> sozialistische Arbeiterbewegung
  • Daraus entwickelten sich in den 1860er Jahren Parteien
18
Q

Niederschlagung der Aufstände und Zugeständnisse

A

Heckers Aufstand niedergeschlagen, ebenso „Struveputsch“ von der Schweiz/Lörrach aus

Diese Aufstände und die „Reichsverfassungskampagne“ im Mai bis Juli 1849 erschreckten das liberale Bürgertum

Ende Juli bis Ende Oktober 1849 Standgerichte in Baden: 27 Todesurteile vollzogen, Hecker konnte emigrieren

Mehrheit der Demokraten waren für parlamentarische Aktionen, lehnten Gewalt ab

An sie wichtige Zugeständnisse wie allgemeines gleiches Wahlrecht und Ausbau der Reichskompetenzen

19
Q

Reichsverfassung der Paulskirche und ihr Scheitern

A
  • Ausbalancierte Machtverteilung
  • Zweikammersystem des Reichstags mit Staatenhaus, das von den Regierungen und den Landtagen der Einzelstaaten jeweils hälftig beschickt wurde, und einem direkt gewählten ,,Volkshaus’’
  • umfassende Grunderechte der Bürger
  • Jedoch keine Zustimmung bei Fürsten wegen Machtverschiebung in Richtung Volkssouveranität und Zentralgewalt
  • Auch preußischer König lehnte diese Verfassunng schließlich ab, oktryierte andere Verfassung
  • -> Scheitern der Paulskirche
20
Q

Wahlrecht nach 1848

A

Preußische Verfassung ab 1850 bis 1918 mit Dreiklassenwahlrecht

Durch prinzipielle Gleichheit der Staatsbürger nicht automatisch gleiche Partizipationsmöglichkeiten für alle! (Reinhard)

Für Wahlen zu den zweiten Kammern meist Steueroder Einkommens‐ oder Vermögenszensus, zudem Bildungsprivilegien

Hohes Wahlalter von 25 Jahren ‐> Wähleranteil der Unterschichten weiter reduziert

21
Q

1848/49 im Habsburgereich (Ungarn)

–> 1848

A

Ungarn mit weitgehenden nationalstaatlichen Autonomieansprüchen

der Kaiser musste Mitte März die staatliche Selbständigkeit im Wesentlichen zugestehen und am 11.4. die „Aprilgesetze“ bewilligen

Wien konnte aber ethnische Konflikte zwischen Ungarn und anderen nutzen, militärische Auseinandersetzungen In Wien „Oktoberrevolution“, erst Meuterei, dann Volksbewegung und Revolution, Versuch der radikaldemokratischen Kräfte, den Staat umzugestalten. Hof und Regierung mussten fliehen

Blutige Niederschlagung durch Fürst Windischgrätz am 28.-31.10: war entscheidener Sieg der Gegenrevolution in Mitteleuropa

Im Dezember junger Kaiser Franz Joseph inthronisiert

22
Q

1848/49 im Habsburgerreich (Ungarn)

–> 1849

A
  • Staatsstreich durch den Kaiser: Auflösung des Reichstags und oktroyierte Verfassung
  • Budapester Reichstag verweigerte sich diesen Ansprüchen und erklärte am 14.04.1849 die Unabhängigkeit Ungarns, junge Republik unter Lajos Kossuth, Führer der ungar. Nationalbewegung und mit diktatorischen Befugnissen ausgestatteter Reichsverweser.
  • blutiger Krieg, in dem die ungarische Seite durch polnische Freiwillige unterstützt wurde, Wien ließ sich
    von Russland unterstützen.
  • Mitte August kapitulierten ungarische Truppen vor der russischen Übermacht; letztlich hatte Wien die Herrschaft in allen Teilen der Monarchie zurückgewonnen, die Revolution war besiegt.
23
Q

Deutungen von 1848/49 in der Historiographie

A
  • gescheiterte Revolutionen“ – nationale Hoffnungen enttäuscht, sozialistische ebenfalls, liberale/bürgerliche teilweise
  • Modernisierungskrise Europas
  • Anfänge: der Arbeiterbewegung, der Parteien, der europäischen Nationalbewegungen, erste Versuche der Nationalstaatsgründungen in Deutschland, Italien und Ungarn ‐> Vorspiel der nationalstaatlichen Einigungen der 1860er/1870er Jahre oder der sozialistischen Revolution von 1917
  • „alte Revolution in neuer Zeit“ (J. Sperber)