CH Institutionen im Wandel der Zeit Flashcards

1
Q

Welche zwei Idealtypen von Demokratien gibt es nach Lijphart?

A

Mehrheitsdemokratie und Konsensdemokratie

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2
Q

Wie werden die zwei Idealtypen nach Lijphart definiert?

A

Durch zwei Dimensionen der Machtkonzentration bzw. -teilung und je 5 Merkmale/Variablen:

1) Eher horizontale Dimension: Executives-Parties
2) Eher vertikale Dimension: federal-unitary

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3
Q

Welches sind die 5 Merkmale der executive-parties Dimension?

A

REGIERUNGSKABINETT: Single-party majority cabinets ODER Broad multiparty coalitions
VERHÄLTNIS EXEKUTIVE-LEGISLATIVE: Executive-legislative relationship with dominant executive ODER Executive-legislative balance of power
PARTEIEN SYSTEM: Two-party system ODER Multiparty system
WAHLSYSTEM: Majoritarian & disproportional electoral system ODER proportional representation
INTERESSENGRUPPEN: Pluralist interest group system with free-for-all competition ODER Coordinated and “corporatist” interest group system

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4
Q

Welches sind die 5 Merkmale der federal-unitary Dimension?

A

ZENTRALSTAAT-GLIEDSTAATEN: Unitary & centralized ODER federal & decentralized
PARLAMENTSKAMMERN: Unicameral legislature ODER 2 equally strong but differently constituted houses
VERFASSUNGSÄNDERUNGEN: Flexible constitution amendable by a simple majority ODER Rigid constitution amendable only by an extraordinary majority
GESETZGEBUNGSSUPREMATIE: Legislature has final word on constitutionality of their own legislation ODER Laws subject to judicial review of constitutionality by supreme or constitutional court
ZENTRALBANK: Central bank dependent on executive ODER independent central

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5
Q

Wo steht die Schweiz im internationalen Vergleich anhand der Variablen von Lijphart?

A

Die Schweiz ist auf der horizontal dimension (executives-parties) die am meisten dezentrale (consensus democracy). Auf der vertical Dimension (Federal-Unitary) sind Länder wie DE, USA und CAN mehr federal. (alles im Durchschnitt 1945-2010).

Im Detailvergleich ist die Schweiz meistens nah am “dezentralen” Maximalwert - nur bei der Judiciary nicht.
(1981-2010)

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6
Q

Was war die Ausgangslage in 1848?

A

Horizontal:
REGIERUNGSKABINETT: 84.6% Einparteienregierungen
VERHÄLTNIS EXEKUTIVE-LEGISLATIVE: 1.00 Stärke der Regierung (1-10)
PARTEIEN SYSTEM: 2.16 effektive Parteien
WAHLSYSTEM: 11.85 Disproportionalität (Wert bis über 20)
INTERESSENGRUPPEN: 2.25 Pluralismusgrad (0-3)

Vertikal:
ZENTRALSTAAT-GLIEDSTAATEN: 5.00 Föderalismus (maximalwert 5?)
PARLAMENTSKAMMERN: 4.00 Bikameralismus (maximalwert 5.00?)
VERFASSUNGSÄNDERUNGEN: 4.00 Verfassungsrigidität (maximalwert 5.00?)
GESETZGEBUNGSSUPREMATIE: 1.00 Verfassungsgerichtbarkeit (maximalwert 5.00?)
ZENTRALBANK: - Unabhängigkeitsmass (gab es nicht!)

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7
Q

Was hat sich die Lage in der Schweiz entwickelt auf den 5 Executive-Parties Variablen (1848-2015)?

A

Die Anzahl effektiver Partien ist stetig gestiegen und hat sich bei etwas über 5 stabilisiert.
Die % Einparteienregierung hat sich stetig reduziert bis 1919 bei unter 15%, kurz wieder gestiegen 1920-1945 (etwas unter 25%) und dann auf 0 ging 1946-1992 und da bleib.
Die Disproportionalität ist erst nach 1919 gesunken (Einführung des Proporzwahlsystems).
Die Regierung wurde stärker bis 1920-1945 und nahm ab dann wieder stetig ab.
Der Pluralismusgrad (0-3) ist von über 2 bis 1946-1992 auf 1 gesunken und dann wieder gestiegen.

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8
Q

Was hat sich die Lage in der Schweiz entwickelt auf den 5 Federal-Unitary Variablen (1848-2015)?

A

Föderalismus blieb bei 5 konstant. Der Bikameralismus und die Verfassungsrigidität blieb bei 4 konstant. Die Verfassungsgerichtbarkeit war bei 1 bis 19946-1992 und steig dann bis 1993-2015 zu 2.
Die unabhängige Zentralback gab es erst gar nicht (Gründung 1906) und der Wert blieb dann auf etwas unter 1.

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9
Q

Overall, mit allen Variablen der zwei Dimensionen, wie hat es sich entwickelt?

A

Auf der Federal-unitary (vertical) dimension war die Schweiz schon immer klar eine Konsensdemokratie (≠Mehrheitsdemokratie) und es wurde ab 1920-1945 noch mehr so.
Auf der Executives-parties (horizontal) dimension war die Schweiz anfangs eine Mehrheitsdemokratie, und sie entwickelte sich dann stetig in Richtung einer Konsensdemokratie. Jetzt ist auch in dieser Dimension die Schweiz eine klare Konsensdemokratie.

In einer Grafik abgebildet ist also die Schweiz eher nach rechts und nach unten gerutscht (näher zu der -2.0 Werten auf beiden Dimensionen).
Als Vergleich, GB blieb bei beiden Dimensionen eine Mehrheitsdemokratie, US auf der vertikal axis sehr Konsens (mehr als CH) aber auf der horizontalaxis eher Mehrheits. DE auch eher Konsendemokratie, aber mehr federal als die CH und weniger parties.

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10
Q

Welche Gründe gibt es für diese Entwicklung?

A
  • Kulturelle Vielfalt, Bürgerkrieg & Geschichte -> Föderalismus
  • Industrialisierung -> Parteiproliferation
    (SPS 1888, FDP 1894, Konservative Volkspartei 1912, BGB 1936)
  • Allianz zwischen welschen Föderalisten & Katholisch-Konservativen -> gescheiterte BV-Revision 1872 -> fakultatives Referendum 1874 Direkte Demokratie in den Kantonen à 1891 Volksinitiative auf
    Partialrevision der BVàEinführung Proporzwahlen 1918/19 Direkte Demokratie & Föderalismus à Konkordanz
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11
Q

Was passierte 1872 und 1874?

A

In den 1860er Jahren erstarkte die Demokratische Bewegung, die in Opposition zur liberalen Elite, den sog. Bundesbaronen, einen weiteren Ausbau der direktdemokrat. Institutionen verlangte. Nachdem sie die Erneuerung vieler kant. Verfassungen durchgesetzt hatte, strebte sie auch eine Revision der BV an. Der Entwurf, den die Revisionskommission der beiden Räte ausarbeitete, enthielt viele Neuerungen.

Diesen Entwurf wurde 1872 abgelehnt. Im 1874 wurde einen zweiten Entwurf angenommen.

Die neue BV brachte eine Konsolidierung des Bundesstaats. Die erweiterte Gesetzgebungskompetenz des Bundes schuf die Grundlage für eine einheitl. Rechtsanwendung, die durch das jetzt ständige Bundesgericht gesichert werden sollte. Die BV gewährte allen Glaubensgemeinschaften die Kultusfreiheit und nicht nur den beiden grossen christl. Konfessionen.
-> Übergang von einer repräsentativen zu einer halbdirekten Demokratie und damit auch das Ende der liberalen Alleinherrschaft
Da die Kantone eine Reihe von Kompetenzen verloren hatten, wurden Bundesgesetze und allgemeinverbindl. Bundesbeschlüsse als Kompensation dem fakultativen Referendum unterstellt.
iese Neuerung machte den Einbezug jener Kräfte, die nicht nur in Bezug auf einen speziellen Themenkreis, sondern auf ein breites Spektrum politischer Fragen referendumsfähig waren, über kurz oder lang zu einer Notwendigkeit und leitete damit einen langen soziopolit. Prozess ein, in dessen Verlauf die schweiz. Konkordanzdemokratie entstehen sollte.

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12
Q

Wandel bzw. Niedergang ab 1992?

A

• Institutionen (Regeln) auch heute noch die gleichen wie Mitte 20. Jh. • Parteienzahl, «Zauberformel», Proporzwahlen für NR, Föderalismus
• Sogar stärkeres Parlament und Bundesgerichtàmehr Konkordanz
• ABER: Was sich geändert hat ist konkordantes Verhalten • Mehr Wettbewerb zwischen ParteienàßPolarisierung
• Europafrage/Globalisierung als neuer Cleavage
• Nur bedingt erfasst durch Lijpharts (2012) Indikatoren – Anzeichen:
- Starke Reduzierung der Einheitlichen Parolen bei Volksabstimmungen
- Einheitlichere Parteien, weniger kantonale Abweichung
- Balance unter der drei Blöcken: NR-Sitze
- Immer mehr Erfolgreiche Volksinitiativen

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13
Q

Welche andere Trends gibt es?

A
  1. Mediatisierung
  2. Personalisierung
  3. Zentralisierung
  4. Professionalisierung 5. Europäisierung
  5. Digitalisierung
  6. Individualisierung
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14
Q

Schlussfolgerungen?

A

• Machtteilung/Konkordanz besteht aus Institutionen und Verhalten
• Regeln beeinflussen politisches Verhalten, aber Verhalten beeinflusst
auch Regeln (z.B. Einführung Proporzwahlen)
• Die Schweiz als Extrem- oder Normalfall der Konkordanzdemokratie? • Extremfall falls direkte Demokratie miteinbezogen
• Normalfall falls «nur» die beiden klassischen Dimensionen Lijpharts
• Entwicklung: von föderal-machtkonzentrierend 1848 über föderal- machtteilend 1959–1991 zu föderal-zentrifugal ab 1992…
• …zu was ab 2019?!

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