Brandstiftung 306ff Flashcards
Schema § 306 I StGB
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a. Tatobjekt: fremdes Objekt Nr. 1-6
aa. Inbrandsetzen oder
bb. durch eine Brandlegung ganz oder teilweise Zerstören
2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz
b. Wenn nein: § 306d I Var. 1
II. RW (Einwilligung möglich)
III. Schuld
IV. Tätige Reue ( § 306e)
(P) Kann der Eigentümer einer Sache in eine Inbrandtsetzung nach § 306 wirksam einwilligen?
h.M.: Ja, eine Einwilligung des Eigentümers in die Inbrandsetzung eines Tatobjektes nach § 306 I ist möglich.
Dafür: Brandstiftung nach § 306 ist lediglich Spezialfall der Sachbeschädigung (spezielle Begehungsweise), vgl. das Merkmal der Fremdheit in § 306 I. Bzgl. §
303 ist der Eigentümer unstr. dispositionsbefugt.
aA: Nein. Auch § 306 haftet ein Element der wenigstens abstrakten Gemeingefährlichkeit an, was die Dispositionsbefugnis des Eigentümers ausschließt.
Dafür: Systematik: Überschrift des 28. Abschnitts, zu dem auch § 306 gehört.
Dagegen: Dann lässt sich nicht erklären, warum § 306 gerade an die Fremdheit der Sache anknüpft; die Gemeingefährlichkeit liegt grundsätzlich bei der Brandstiftung an eigenen Sachen in ebenso großem Ausmaß vor.
Wie wirkt die Einwilligung bei § 306 StGB
Ob die Zustimmung des Rechtsgutsträgers bei Tatbeständen, die nicht aus-
drücklich ein Handeln gegen den Willen des Berechtigten verlangen, rechtfertigend wirkt (so die hM) oder bereits den Tatbestand ausschließt (so etwa Roxin, AT I, § 13 Rn. 12 ff.) ist umstritten. Dieser Streit wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht aus und muss daher auch in einer Klausurlösung nicht zwingend
angesprochen werden (auf alle Fälle genügt der Hinweis, dass beide Ansichten zum gleichen Ergebnis kommen und eine Entscheidung deshalb nicht erforderlich ist).
Schema § 306a I
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a. Tatobjekt (Eigentumsverhältnisse unerheblich)
aa. Nr. 1: insbesondere ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient
bb. Nr. 2: insbesondere eine Kirche oder
cc. Nr. 3: eine zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dienende Räumlichkeit während der typischen Aufenthaltszeit
b. Tathandlung
aa. Inbrandsetzen oder
bb. durch eine Brandlegung ganz oder teilweise Zerstören
2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz
b. WEnn nein: § 306d I Var. 2
II. Rechtswidrigkeit (Einwilligung unbeachtlich)
III. Schuld
IV. Tätige Reue
Wie ist das Verhältnis von § 306 zu § 306a?
- Str., nach hM verdrängt § 306a den § 306 aufgrund Konsumtion. Diese
Argumentation überzeugt insbesondere, wenn man bei § 306 auch das Element der Gemeingefahr miterfasst sieht. - Wer § 306 ausschließlich als Eigentumsdelikt ansieht, muss wohl Tateinheit annehmen, um die Verletzung der beiden verschiedenen Rechtsgüter zum Ausdruck zu bringen.
Worauf kommt es bei der Wohnung an?
Die aufgezählten Räumlichkeiten müssen als Wohnung von Menschen dienen. Entscheidend: tatsächliche Nutzung, nicht schon Beschaffenheit des Gebäudes.
Was ist Entwidmung?
Abzustellen ist auf den Willen der Nutzer – der Wille des Eigen-
tümers ist also bspw. ggü. demjenigen der Mieter irrelevant. Dies gilt selbst bei unberechtigten Bewohnern
Wann ist die Wohnung entwidmet?
- Wille, Wohnung im Fall des Fehlschlages weiter zu benutzen,
steht Entwidmung nicht entgegen - Es müssen alle Nutzer die Bewohnung aufgeben
- Entwidmung ist auch konkludent möglich
- Wenn Brand eines Gebäudeteils intendiert, Ausbreitung auf an-
dere Teile aber in Kauf genommen wird, ist Wohnzweck des Ge-
samtgebäudes aufgehoben - Minderjährige Bewohner: Wille des Sorgeberechtigten entschei-
dend – bei gemeinsamem Sorgerecht getrennt lebender Erzie-
hungsberechtigter kommt es nur auf Willen desjenigen Sorgebe-
rechtigten an, bei dem die Kinder wohnen
Muss die Entwidmung nach außen erkennbar sein?
Erkennbarkeit war in den entschiedenen Fällen regelmäßig gegeben (Hausrat entfernen, anschließender Versuch der Selbsttötung o.Ä.), in BGH NStZ 2008, 99 aber fraglich: Bewohner haben Haus im oberen Stockwerk angezündet, sich anschließend aus-
gezogen und ins Bett gelegt, um den Eindruck zu erwecken, vomFeuer im Schlaf überrascht worden zu sein -> BGH: Entwidmung
(+); wäre aber (-), wenn man Erkennbarkeit nach außen verlangt
(hier soll nach außen gerade nicht die Aufgabe des Wohnzwecks
vermittelt werden).
Wo kommt die faktische Nutzung noch in Betracht
Da es nur auf faktische Nutzung zu Wohnzwecken ankommt, kommt
Nr. 1 bspw. auch in Betracht bei ausrangierten Eisenbahnwaggons oder Omnibussen, Wohnwagen, größeren Zelten, Schlafkojen in Lastwagen usw., soweit diese tatsächlich dem Wohnen dienen
Reicht die zeitweise Benutzung aus?
Ausreichend ist, dass die Räumlichkeit nur zeitweise (für bestimmte Zeiträume) bewohnt wird; eine Person muss sie aber zumindest vorübergehend zu einem räumlichen Mittelpunkt ihrer privaten Lebensführung gemacht haben. Halten sich Personen nur unregelmäßig in den betreffenden Räumlichkeiten auf, so erfolgte eine Entwidmung zu Wohnzwecken
(P) Fallen auch gemischt genutzte Gebäude in den Anwendungsbereich des § 306a I Nr. 1?
BGH: § 306a I Nr. 1 ist auch dann erfüllt, wenn die eigentliche Brandlegung nicht in einem Wohnbereich erfolgt, aber ein anderer wesentlicher Teil des Gebäudes in Brand gesetzt wird. Voraussetzung ist, dass ein (baulich) einheitliches Gebäude (z.B. gemeinsames Treppenhaus) besteht und ein Übergreifen des Feuers auf den Wohnbereich nicht auszuschließen ist.
Dafür: hohes Gefährdungspotential, sobald einheitliches Gebäude brennt Auslegung entspricht also Rechtsnatur als abstraktem Gefährdungsdelikt
aA: § 306a I Nr. 1 ist nach Wortlaut erst dann vollendet, wenn die dem Wohnen dienende Räumlichkeit tatsächlich vom Feuer ergriffen worden ist. Bis dahin kann allerdings ein Versuch einer Tat nach § 306a I Nr. 1 gegeben sein.
Was fällt unter die Räumlichkeiten nach § 306a I Nr. 3
Hierunter fällt jeder abgeschlossene
Raum beweglicher oder unbeweglicher Art, der tatsächlich dem Aufenthalt von Menschen dient.
(P) Wird der § 306 a I bei Ausschluss einer konkreten Gefährdung teleologisch reduziert?
eA: Stets teleologische Reduktion
Dafür:
- hohe Strafdrohung – Schuldprinzip wäre verletzt, wenn in solchen Fällen eine Bestrafung erfolgen würde.
- vgl. § 326 VI; dem Gesetz ist der Gedanke der tel. Reduktion also nicht fremd.
Dagegen:
- Weite Ausdehnung des Rechtsgüterschutzes ist typisch für abstrakte Ge-
fährdungsdelikte; die Güter, deren Schutz § 306a intendiert (Leben, Gesund-
heit), verdienen auch einen so weitgehenden Schutz.
- Schuldprinzip ist bei abstrakten Gefährdungen wegen der besonders schutz-
würdigen Güter nicht schon per se verletzt.
- § 306a I knüpft allein an Natur des Tatobjektes an – damit wäre eine weitrei-
chende Reduktion nicht vereinbar (sonst Annäherung an konkretes Gefähr-
dungsdelikt).
BGH (BGHSt 26, 121, 124 f.): Nur ausnahmsweise Reduktion des § 306a
Reduktion grds. möglich, aber nur bei sicherem Ausschluss einer konkreten
Gefahr, d.h. wenn Täter durch absolut zuverlässige lückenlose Maßnahmen die
Gefährdung von Menschenleben mit Sicherheit ausschließen kann. Regelmä-
ßig daher nur bei kleinen, leicht überschaubaren – v.a. einräumigen – Gebäu-
den anzunehmen (BGHSt 26, 121, sog. Hütten-Rechtsprechung).
Dafür:
- Ein sicherer Ausschluss einer konkreten Gefahr kommt nur dort in Betracht,
wo sich der Täter mit einem Blick ins Gebäude von der Abwesenheit seiner
Bewohner oder sonstiger Personen überzeugen kann.
- Kann eine solche Gefahr aber ex ante betrachtet sicher ausgeschlossen wer-
den, verliert das abstrakte Gefährdungsdelikt seine (auch verfassungsrecht-
liche!) Legitimation, da dann das Verbot und die anschließende Sanktionie-
rung keinen sinnvollen Zweck erfüllen. Man kann BGHSt 26, 121 daher auch
als verfassungskonforme Auslegung des § 306a StGB auffassen.
Was bedeutet teilweise Zerstörung nach § 306a Abs. 1?
Rspr: Es muss zumindest ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes, d.h. eine zum Wohnen bestimmte Untereinheit, durch die Brandlegung für eine beträchtliche Zeit nicht mehr zu Wohnzwecken benutzbar sein
Ausreichend für das teilweise Zerstören eines mehreren Menschen zur Wohnung dienenden Gebäudes (zB eine Geflüchtetenunterkunft) ist daher, wenn das einem Bewohner zur Verfügung gestellte einzelne Zimmer brandbedingt für beträchtliche Zeit unbrauchbar wird