9. Suizidalität Flashcards
Risikofaktoren (7)
o Menschen mit psychischen Erkrankungen (Depressive, Suchtkranke, Schizophren Erkrankte, Persönlichkeitsstörungen)
o Menschen, mit bereits vorliegender Suizidalität (Ankündigungen, nach Suizidversuch (10% Rezidiv mit Suizid))
o Alte Menschen (Vereinsamung, schmerzhafte, chronische, einschränkende Erkrankungen; nach Verwitwung)
o Junge Erwachsene, Jugendliche (mit Entwicklungskrisen, Beziehungskrisen, Drogenproblemen, familiären Problemen, Ausbildungsproblemen)
o Menschen in traumatischen Krisen und Veränderungskrisen (Beziehungskrisen, Partnerverlust, Kränkungen; Verlust des sozialen, kulturellen, politischen Lebensraumes, Identitätskrisen, chronische Arbeitslosigkeit, Kriminalität)
o Körperlich kranke Menschen (schmerzhafte, chronische, einschränkende, verstümmelnde körperliche Erkrankungen, insbes. des ZNS und Bewegungsapparat, terminale Erkrankungen
o + verschiedene Berufe (hier Ärzte – GPs, internal medicine, psychiatrists) weisen ein höheres Risiko auf (Dutheil et al., 2019)
o Religion, soziale Gruppenbindung, Jahreszeiten, Suizidkultur Ehrenkodex, Medien - Werther Effekt, Ethnie beeinflussen Zahlen ebenfalls
Dauer von suizidalen Krisen
Houston Studie (Simon et al., 2001):
24% weniger als 5 Minuten
24% 5-19 Minuten
23% 20 Minuten bis zu einer Stunde
16% 2-8 Stunden
13% 1 oder mehr Tage
Fragenkatalog zur Abschätzung der Suizidalität (Möller et al., 2002) (16)
- Haben Sie in letzter Zeit daran denken müssen, sich das Leben zu nehmen?
- Häufig?
- Haben Sie auch daran denken müssen, ohne es zu wollen?
- Haben Sie konkrete Ideen, wie Sie es machen würden?
- Haben Sie Vorbereitungen getroffen?
- Haben Sie schon mit jemandem über Ihre Selbsttötungsabsichten gesprochen?
- Haben Sie einmal einen Selbsttötungsversuch unternommen?
- Hat sich in Ihrer Familie oder in Ihrem sozialen Umfeld schon jemand das Leben genommen?
- Halten Sie Ihre Situation für aussichts- und hoffnungslos?
- Fällt es Ihnen schwer, an etwas anderes als an Ihre Probleme zu denken?
- Haben Sie in letzter Zeit weniger Kontakte zu Familie, Freunden und Bekannten?
- Haben Sie noch Interesse daran, was in Ihrem Beruf und in Ihrer Umgebung vorgeht? Interessieren Sie sich noch für Ihre Hobbies?
- Haben Sie jemanden, mit dem Sie offen und vertraulich über Ihre Probleme sprechen können?
- Wohnen Sie in Ihrer Wohnung in einer WG mit Familienmitgliedern oder Bekannten?
- Fühlen Sie sich unter starken familiären oder beruflichen Verpflichtungen stehend?
- Fühlen Sie sich in einer religiösen/weltanschaulichen bzw. Interessensgemeinschaft verwurzelt?
Was können wir tun, wenn der Patient Suizidabsichten äußert oder in einer suizidalen Krise ist?
o Wichtig: Erkennen – wenn erkannt – sofort handeln!
Bei Krisen handelt es sich meist um kurzdauernde und vorübergehende Zuspitzungen – kurze Interventionen sind wirksam
o Am wichtigsten: Persönliche, kontinuierliche und empathische Zuwendung! → Rasche Herstellung einer tragfähigen und hilfreichen Beziehung
o Signalisieren, dass es Hilfe gibt (für die Krisensituation) – so konkret wie möglich (suizidale Pat. sehen diese oft nicht)
o z.B. Erläuterung der Möglichkeiten einer wirkungsvollen Schmerztherapie bei Patienten mit großer Angst vor Schmerzen
o Palliativmedizin oder am Lebensende: Organisation einer häuslichen Betreuung, wenn der Patient Angst davor hat, im Krankenhaus sterben zu müssen
o Besprechung der Möglichkeit, dass Familienangehörige und Freunde rund um die Uhr beim Patienten sein können, wenn dieser befürchtet, bei Beschwerden oder auch während der Behandlung allein zu sein
o Handlungsdruck abschätzen (kann der Patient diesen aufschieben, wenn ihm
Hilfe angeboten wird – Zukunftsperspektive) – hierfür ggf. Hilfe durch Psychiater/Psychologen
o Wenn Handlung nicht aufschiebbar, ggf. Einweisung notwendig,
Pharmakotherapie (Lorazepam), AD, NL?
Wichtigster Aspekt: wertefreies Annehmen
o Gesprächs- und Beziehungsangebot
o „Zulassen“ und „Aushalten“
o Vorbehaltlose Annahme /Freiheit von vorgefassten Meinungen Echtheit o Hinhören und einfühlendes Verstehen
o Stehenbleiben, bei dem was traurig macht
o emotionale Wärme und Nähe geben ohne „Überzustülpen“
Vermeiden
o Nichtansprechen von Suizidgedanken/Plänen o Hinweis auf Zeitmangel
o Belehrungen
o Bagatellisieren geäußerter Belastungen
o Nichterkennen von Dissimulation, Bagatellsierungen
o Diskussion der suizidalen Problematik mit Angehörigen ohne Einbeziehung
des Betroffenen
o Unverbindliche Therapieempfehlungen
Spektrum
passive Todeswünsche, aktive Suizidgedanken, suizidale Einengung, Vorbereitungshandlungen, akute Suizidalität, Suizidversuch, parasuizidale Handlungen
→ es werden nicht zwingend alle Stadien auf dem Weg zur Suizidhandlung durchlaufen; raptusartig umgesetzte Suizidimpulse sind durchaus häufig