9-Nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten, Suizidalität, Borderline Persönlichkeitsstörung und die Dialektisch Behaviorale Therapie Flashcards

1
Q

Was sind die BPS-Diagnosekriterien nach DSM-5?

A
  • Bemühen, Alleinsein zu verhindern
  • instabile und intensive Beziehungen, Wechsel zwischen Idealisierung und Abwertung
  • Instabilität des Selbstbildes oder Gefühls für sich selbst
  • Impulsivität in mind. 2 potentiell selbstschädigenden Bereichen (nicht NSSV oder Suizidalität)
  • wiederkehrende Suiziddrohungen, -andeutungen oder -versuche oder NSSV
  • Instabilität des Affekts, ausgeprägte Orientierung an der aktuellen Stimmung
  • chronisches Gefühl der inneren Leere
  • unangemessene, starke Wut oder Schwierigkeiten, Wut zu kontrollieren
  • vorübergehende, stressabhängige paranoide Vorstellungen oder dissoziative Symptome
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2
Q

Wie häufig ist die BPS (auch in unterschiedlichen Settings) und wie ist das Geschlechterverhältnis?

A
  • ca. 1,5% Prävalenz
  • bis zu 3,1% im Verlauf der Adoleszenz
    m:w = 1:1
  • in Praxen 15% und in Kliniken 20% (bei Jugendlichen bis zu 50%!) der PatientInnen
  • Großteil befindet sich in Behandlung
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3
Q

Wie hoch ist die Suizidalität?

A
  • 60% unternehmen Suizidversuch(e)
  • 7% suizidieren sich
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3
Q

Wie hoch ist die Suizidalität?

A
  • 60% unternehmen Suizidversuch(e)
  • 7% suizidieren sich
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4
Q

Wo liegt das durchschnittliche Erkrankungsalter?

A
  • 19,4 Jahre
  • starker Anstieg ab ca. 15 Jahren
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5
Q

Wie kann die Gefühlswelt von Betroffenen beschrieben werden?

A

Affektregulation ist gestört:
Affekte sind
- prompter: niedrigere Reizschwelle
- extremer: stärkere Erregungszustände
- langanhaltender: erhöhte Sensitivität für nachfolgende emotionale Stimuli
als bei Anderen
Folge: starke, plötzliche, lang anhaltende Spannungszustände, die als äußert aversiv erlebt werden und keiner klaren, handlungsweisenden Emotion zugeordnet werden können -> an der Tagesordnung

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6
Q

Was ist nicht suizidales selbstverletzendes Verhalten und wie häufig ist es?

A
  • freiwillige und direkte Zerstörung von Körpergewebe, z.B. durch Schneiden, Kratzen, Schlagen, Ausreißen von Haaren, Beißen…
  • ohne suizidale Absicht, führt aber zu kleinen bis moderaten Schädigungen
  • in der Jugend (14.-16.Lj.) am häufigsten: 25-35%, bei 12,25% mind. 5 Mal im Jahr
  • Erwachsenenalter: 3,1%
  • in Population, die klinische Hilfe in Anspruch nimmt, ca. 50%
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7
Q

Welche Motive gibt es für NSSV?

A
  • Spannungsreduktion (ca. 40%)
  • Bestrafung (ca. 15%)
  • Reduktion unangenehmer Gefühle (ca. 12%)
  • Kontrolle wiedererlangen (ca. 10%)
  • Körper wieder spüren / Realitätsgefühl wiedererlangen (ca. 7%)

–> Klinische Fall-Kontroll-Studie mit Ecological Momentary Assessment zeigte, dass Jugendliche mit NSSV signifikant höhere emotionale Instabilität (stark wechselnder Affekt im Tagesverlauf) aufweisen als Jugendliche ohne NSSV

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8
Q

Wie wirkt NSSV?

A

Lerntheoretische Modelle:
- sozial vermittelte positive Verstärkung: Zuwendung
- automatische Verstärkung (?)
- Modell der Erfahrungsvermeidung: negative Verstärkung

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9
Q

Wie hängen NSSV und Suizidalität zusammen?

A

Personen, die sich selbst verletzen, haben in 26% der Fälle auch Suizidgedanken und unternehmen in 15% der Fälle einen Suizidversuch

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10
Q

Wie hängen NSSV und BPS zusammen?

A

Personen mit BPS fangen früher damit an, verletzen sich insgesamt über einen längeren Zeitraum (und verletzen sich öfter) als Personen ohne BPS

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11
Q

Wie ist die Prognose für Betroffene einer BPS?

A

Studie zu Langzeitverläufen zeigte Abnahme an Personen mit DSM-4-Vollbild im Laufe der Zeit -> nach 4 Jahren noch die Hälfte, nach 6 Jahren noch ein Viertel, nach 10 Jahren ein Achtel
Einteilung in 3 Verläufe:
- Rapid and Recovered (83,1%)
- Slow and Recovered (8,4%)
- Rapid and Relapsed (8,5%) -> Non-Responder?

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12
Q

Welchen Verlauf zeigen die einzelnen Borderline-Kriterien im Erwachsenenalter?

A
  • generell tritt jedes Kriterium mit der Zeit seltener auf
  • am häufigsten vorhanden ist die affektive Instabilität > Impulsivität, instabile Beziehungen, starke Wut, chronisches Gefühl der Leere > instabile Identität, paranoide Vorstellungen, Angst vor dem Verlasseneren, NSSV, Suizidalität
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13
Q

Wie können gängige Fehlannahmen über die Diagnose im Jugendalter entkräftet werden?

A
  • Stigma aufgrund der “Unheilbarkeit” –> Abnahme der Symptomschwere und partielle Remission häufig!
  • unzureichende Stabilität von Persönlichkeitsmerkmalen im Jugendalter –> Persönlichkeit ist nie “stabil”, unterschiedliche Gewichtung der Domänen je nach Lebensspanne, im Jugendalter nicht instabiler als in den anderen Lebensspannen
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14
Q

Welche Probleme zeigen sich in der klinischen Praxis?

A
  • Früherkennung extrem wichtig, um die Prognose zu verbessern –> wie realistisch?
  • oft nur Pharmakotherapie, um gegen NSSV und Suizidalität vorzugehen
  • keine Weiterleitung an spezialisierte Behandlungssettings
  • viele Patienten brechen Behandlung ab
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15
Q

Welche Behandlungsform wird für Adoleszente mit BPS empfohlen und was macht sie aus?

A

Dialektisch Behaviorale Therapie für Adoleszente (DBT-A):
- verkürzte Behandlungsdauer
- Integration des Umfelds
- zusätzliches Modul “walking the middle path”

16
Q

Was sind Charakteristika der DBT?

A
  • stammt aus der 3. Welle der KVT
  • hierarchiebasiert und modular -> klare Struktur & Fokus
  • dialektisch: Akzeptanz (Achtsamkeit, Stresstoleranz) vs. Veränderung (Emotionsregulation stärken, zwischenmenschliche Skills stärken)
  • Therapeutische Grundhaltung: radikale Akzeptanz der PatientInnen
  • Flexibilität in der Therapie
  • Demut gegenüber Komplexität der Natur der Dinge
  • Konsultationsteam aus TherapeutInnen
    Ziel: sinnerfülltes & lebenswertes Leben führen
17
Q

Was ist “At R!sk”?

A

Ein mehrstufiges Interventionskonzept nach DBT-A für Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren mit selbstschädigendem und riskantem Verhalten

18
Q

Nenne 3 Beispiele für selbstschädigende und riskante Verhaltensweisen im Jugendalter.

A
  • Alkohol- und Substanzmissbrauch
  • riskantes Sexualverhalten
  • selbstverletzendes Verhalten
  • suizidales Verhalten
  • Schulschwänzen
  • Aggression und Delinquenz
  • exzessive Medien- und Internetnutzung
19
Q

Wie kommen PatientInnen in die At R!sk-Institutsambulanz?

A
  • reguläre Erstvorstellung
  • über Station
  • über stationäre Jugendhilfe
  • über sonstige Institutionen, wie den Borderline-Trialog
20
Q

Aus welchen Bausteinen besteht die DBT-A?

A
  • Einzeltherapie
  • Skillstraining in der Gruppe
  • Telefonkontakte
  • Konsultationsteam
  • Supervision
  • Elterntraining in der Gruppe
  • Familiengespräche
21
Q

Aus welchen Stufen besteht das Konzept At R!sk?

A

–> Screening: Liegt Gefährdung durch SRV vor? –> bei generell niedriger Gefährdung Überweisung an Ausbildungsinstitute, bei starker Gefährdung kommt es evtl. direkt zur Eskalation
–> Diagnostik: Was liegt der Gefährdung zugrunde?
–> Therapie je nach Ergebnissen der Diagnostik: bei Persönlichkeitspathologie Behandlung mit DBT-A, bei Achse-1-Störung Überweisung zur weiteren Behandlung, bei SRV ohne Pathologie Kurzzeittherapie

22
Q

Welche Phasen machen die Hierarchie in der DBT aus?

A

Vorbereitungsphase: Sprechstunde, Screening, Diagnostik

Stage 0: Orientierung und Krisenintervention –> Grundlagen herstellen

Stage 1: Verbesserung der Verhaltenskontrolle –> Sicherung des Überlebens und einem eigenverantwortlichen Umgang mit krisengenerierendem Verhalten

Stage 2: Verbesserung der
Emotionsregulation –> Umgang mit emotionalen Schlüsselproblemen im Alltag

Stage 3: Gestaltung eines sinnerfüllten Lebens und Abschluss der Therapie –> Reintegration ins Leben und Ablösung vom psychiatrischen Setting

23
Q

Was macht die Stage 0 aus?

A
  • Herstellung von Commitment
  • Klärung von funktionalen Lebensumständen bzw. Einleitung sozialpsychiatrischer Maßnahmen
  • Empfehlung spezifischer Hilfemaßnahmen (z.B. stationärer Aufenthalt, Drogenentzug)
  • max. 8 Wochen
  • Methoden: stützende Gespräche, Elternarbeit, Zusammenarbeit eines Case Management Teams zur Einleitung von Maßnahmen
24
Q

Was macht die Stage 1 aus?

A
  • validierender Beziehungsaufbau und Zielklärung
  • Aufbau von Verhaltenskontrolle zur Verhinderung lebensbedrohlicher Krisen (Suizidalität, Selbstverletzung, therapiestörendes Verhalten)
  • max. 20 Stunden –> Effektivität nimmt dann nicht mehr zu
  • Methoden: Einzeltherapie + Telefonkontakte, Skillsgruppe “Beginners”, Eltern-Skillstraining, Austausch im CT-Team

Kritik an dieser Stage: eher Reduktion von Symptomen als Aufbau von Lebensqualität
–> mehr Vernetzung zwischen Forschung und Praxis notwendig

25
Q

Was macht die Stage 2 aus?

A
  • Exposition mit emotionalen Schlüsselproblemen
  • Training des Umgangs mit primären Gefühlen im Alltag
  • max. 20-25 Stunden
  • Methoden: Einzeltherapie + Telefonkontakte, Skillsgruppe “Basis”, Planung Eltern-Skillstraining bzw. Family-Skillstraining, Austausch im CT-Team
26
Q

Was macht die Stage 3 aus?

A
  • Aufbau von Selbstvalidierung, Selbstwirksamkeit und Selbstwert
  • Compassion-Focused-Therapy, Mindfulness
  • max. 20-25 Stunden
  • Methoden: Einzeltherapie + Telefonkontakte, Skillsgruppe “Advanced”, Eltern-Skillstraining bzw. Familien-Skillstraining zum Thema Achtsamkeit, Austausch im CT-Team
27
Q

Was kann an der DBT kritisiert werden?

A
  • lediglich Veränderung auf Symptomebene?
  • RCT von Mehlum et al. (2014) zeigte keine Veränderung der BPS-Kriterien durch DBT-A