6- Autismus Flashcards

1
Q

Wie werden Störungen aus diesem Bereich diagnostisch eingeordnet und unterteilt?

A

in DMS-5 und ICD-11: Autismus-Spektrum-Störung
in ICD -10: tiefgreifende Entwicklungsstörung, mit den Unterformen Frühkindlicher Autismus (F84.0), Atypischer Autismus (heißt nur, dass nicht alle Kernsymptome vorliegen) (F84.1) und Asperger-Syndrom (F84.5)

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2
Q

Wie hoch sind Prävalenz und Geschlechterverhältnis?

A

1% bei einem Geschlechterverhältnis von 3m:1w, das im Intelligenzminderungsbereich geringer ausfällt

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3
Q

Welchen 2 Bereichen lassen sich die Kernsymptome zuordnen?

A
  • Kommunikations- und Interaktionsstörung
  • Stereotype und repetitive Verhaltensweisen und Interessen
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4
Q

Welche Defizite treten in sozialer Kommunikation und Interaktion auf?

A
  • Defizite der sozial-emotionalen Reziprozität: von ungewöhnlicher soziale Annäherung und ungewöhnlicher Konversation über fehlendes Teilen von Interessen, Emotionen und Affekt bis hin zu völligem Fehlen der Initiierung oder Erwiderung sozialer Interaktion
  • Defizite des nonverbalen kommunikativen Verhaltens: von schlecht integrierter verbaler und non-verbaler Kommunikation über Abweichungen in Blickkontakt und Körpersprache oder Einschränkungen bei deren Verständnis und Einsatz bis hin zu völligem Fehlen von Gesichtsausdruck und non-verbaler Kommunikation
  • Defizite, soziale Beziehungen in einer Weise zu entwickeln und aufrechtzuerhalten, die dem Entwicklungsstand entspricht: Von Schwierigkeiten, das Verhalten an den sozialen Rahmen anzupassen über Schwierigkeiten, sich in Rollenspiele hineinzuversetzen oder Freundschaften zu schließen bis hin zu einem offensichtlich fehlenden Interesse an Menschen
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5
Q

Welche Defizite treten bezüglich Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten auf?

A

Mind. 2 Kriterien:
- Stereotype oder repetitive Sprache (z.B. Echolalie, idiosynkratische Phrasen –> fernliegende Bedeutung, eigensinnige Interpretation), Bewegungen oder Verwendung von Gegenständen

  • übermäßiges Einhalten von Routinen, ritualisierte Muster an verbalem und non-verbalem Verhalten, oder übermäßiger Widerstand gegen Veränderungen
  • Fixierung auf sehr eingeschränkte Interessen, die in Intensität oder Thema ungewöhnlich sind
  • Über- oder Unterempfindlichkeit auf sensorische Reize oder ungewöhnliches Interesse an sensorischen Aspekten der Umgebung (z.B. gegenüber Schmerz, Kälte oder Hitze, bestimmten Geräuschen und Texturen, übermäßiges Riechen oder Berühren, Faszination mit Licht oder sich drehenden Gegenständen)
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6
Q

Was sind die speziellen Merkmale des frühkindlichen Autismus?

A
  • Manifestation vor dem 3. Lebensjahr
  • verzögerte oder ausbleibende Sprachentwicklung
  • Auffälligkeiten in allen Kernbereichen
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7
Q

Was sind die speziellen Merkmale des Asperger-Autismus?

A
  • lebenspraktische Fähigkeiten und Neugierde zunächst unauffällig
  • keine Verzögerung der Sprach- und Kognitionsentwicklung (Sprachbesonderheit: pedantische & formelle Sprache)
  • soziale Interaktion und Interessensbildung auffällig (z.B. Sonderinteressen), motorische Unbeholfenheit
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8
Q

Welche Rolle spielt die Genetik bei der Entstehung von Autismus?

A
  • in ca. 10% der Fälle klare genetische Ursache –> syndromale Formen des Autismus wie z.B. Prader-Willi-Syndrom oder Trisomie-21
  • in ca. 90% der Fälle keine klare genetische Ursache, aber klare Erblichkeit –> multiple Kandidatengene mit kleinen Effekten beteiligt, die z.B. neuroyale Migration oder synaptische Struktur beeinflussen
    –> in 20% dieser Fälle weisen auch die Eltern Einzelmerkmale aus dem Spektrum auf
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9
Q

Welche hirnstrukturellen Defizite konnten bei Autismus nachgewiesen werden?

A
  • Makrozephalie: vergrößertes Gehirn in den ersten 2 Lebensjahren
  • weniger funktionelle Verknüpfungen über “lange Strecken”
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10
Q

Welche funktionellen Defizite konnten bei Autismus nachgewiesen werden?

A
  • Gehirnregionen sind bei Gesichts- und Objektwahrnehmung unterschiedlich aktiv als bei gesunden Personen
  • Visuelle Fixierungsmuster sind in sozialen Situationen auf Körperteile unterhalb des Gesichts bzw. auf den Mund gerichtet anstatt auf die Augen
  • Defizite bei Theory of Mind (= Fähigkeit, eigene und fremde gedankliche Vorgänge, Gefühle und Verhaltensweisen zu erkennen, zu verstehen, zu erklären und vorherzusagen)
  • Defizite in der zentralen Kohärenz (das “große Ganze” zusammengesetzt aus vielen Details wahrzunehmen)
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11
Q

Welche funktionellen Stärken sind mit ASS assoziiert?

A
  • detailorientierte Wahrnehmung
    –> Einstellungskriterium für z.B. Softwaretester, um Fehler in Quellcodes zu erkennen
  • Inselbegabungen
    –> z.B. sehr früh lesen können, Klaviertalent
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12
Q

Welche Komorbiditäten können vorliegen?

A
  • psychiatrisch: Fütter- oder Essprobleme, Schlafstörungen, (Auto-)Aggression, ADHS, Tips, Ängste/Zwänge, Somatoforme Störungen, Depression, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen
  • somatisch: Epilepsie, Intelligenzminderung, tuberöse Sklerose, fragiles X-Syndrom (gleichzeitig Auslöser und Komorbidität von Autismus?)
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13
Q

Welche diagnostischen Methoden werden eingesetzt?

A

Psychodiagnostik:
- Exploration, freie Verhaltensbeobachtung
- (Fremd-)Anamnese
- Leistungsdiagnostik

somatische Abklärung: EEG, Bildgebung des Gehirns, Seh- und Hörvermögen, Stoffwechsel- und genetische Untersuchungen

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14
Q

Welcher Test eignet sich zur Psychodiagnostik?

A

Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS-2): erfasst soziale Interaktion, Kommunikation und Spielverhalten, altersentsprechende Module

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15
Q

Welche Bestandteile machen Therapie und Beratung bei ASS aus?

A
  • Psychoedukation
  • Einbezug von Familie, LehrerInnen und PädagogInnen
  • Verbesserung der Alltagsfertigkeiten und soziale Integration
  • Alltagsstrukturierung
  • Frühförderung und verhaltenstherapeutische und pädagogische Interventionen
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16
Q

Welche Intervention gibt es zur Alltagsstrukturierung und welche Ebenen enthält diese?

A

TEACCH
- Raum (z.B. lerngerechte Sitzplätze in der Schule, Reizabschirmung)
- Zeit (Zeitplan für den Tag, feste Routine etablieren)
- Aktivitäten (zur Förderung maximaler Selbstständigkeit)

17
Q

Wie sieht ein typisches Therapiesetting und die Struktur einer Therapiestunde aus?

A
  • Therapeut sitzt Kind am Tisch gegenüber, neben Kind sitzt Co-Therapeut
  • Stunde ist durch bildhaften Stundenplan strukturiert
  • Aktivitäten sind räumlich und zeitlich strukturiert (“Jetzt”-Box vs. “Fertig”-Box)
18
Q

Was kann bei frühkindlichem Autismus zur Kommunikation in der Therapie eingesetzt werden?

A

Bildkarten

19
Q

Welche Intervention gibt es zur Frühforderung?

A

A-FFIP = Autismusspezifische Therapie im Vorschulalter (2-5,5 Jahre)

20
Q

Welche Intervention gibt es zum Aufbau sozialer Kompetenzen?

A

Gruppentraining sozialer Kompetenzen

21
Q

Was wird in Stufe 1 des Gruppentrainings vermittelt?

A
  • Psychoedukation
  • Vermittlung einfacher Kommunikationsregeln: nonverbale Kommunikation (Mimik, Gestik, Blickkontakt, Körperhaltung) und verbale Kommunikation (Lautstärke, Tempo, Stimmlage, Gesprächspausen)
    –> Rollenspiele zur Missachtung sozialer Regeln (soziale Fehler erkennen und einstufen)
  • Emotionen erkennen
22
Q

Was wird in Stufe 2 des Gruppentrainings vermittelt?

A
  • Impulskontrolle & Selbstregulation
    –> Verstehen der Entstehung von Wutausbrüchen (Vulkan-Metapher)
    –> Erarbeitung individueller Aussteigerstrategien
  • Soziale Interaktion & Problemlöser
23
Q

Was wird in Stufe 3 des Gruppentrainings vermittelt?

A
  • Selbst- und Fremdwahrnehmung
24
Q

Was könnte den Therapieerfolg eines sozialen Kompetenztrainings bei Kindern und Jugendlichen mit ASS beeinflussen?

A

Oxytocingabe vor dem Training –> Durchführung eines RCT –> Wirksamkeit im Vergleich zum Placebo?

25
Q

Welche Verhaltensweisen im Rahmen von ASS sind herausfordernd und wodurch werden sie begünstigt?

A
  • Autoaggression
  • Fremdaggression
  • Sachaggression
  • Verweigern
  • Lautieren/Schreien

intraindividuelle Risikofaktoren: Kommunikationsdefizite, Anspannung, Schmerzen und Krankheit
externe Risikofaktoren: mangelnde Struktur, Gruppensituationen, Lebensbedingungen

26
Q

Welche Intervention dient dem Verständnis und Vorbeugen von Problemverhalten?

A

ProVIA (Bayerisches Staatsministerium)
8-wöchige Intervention in Form einer App zur Analyse von Problemverhalten
Ablauf der Pilotstudie:
Baseline-Messung
–> Profilangaben zu Kind und Betreuungsperson, psychoedukative Inhalte in der App, Häufigkeitsangaben zu Problemverhalten und Ursachenfaktoren –> Post-Messung
–> Follow-Up-Messung

27
Q

Welche weiteren Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?

A
  • zu Hause: Schwerbehindertenausweis, familienunterstützender Dienst, Kurzzeitpflege, Krankengeld, Gesetzliche Betreuung
  • in Kindergarten und Schule: Schulbegleitung, Nachteilsausgleich, mobiler sonderpädagogischer Dienst (MSD), bedürfnisgerechte Arbeitsplatzgestaltung
  • am Arbeitsplatz: Integrationsfachdienst, Arbeitsassistenz
28
Q

Wie geht man mit Komorbiditäten um?

A
  • Psychotherapie
  • ggf. medikamentöse Behandlung von z.B. Schlafstörungen (Melatonin), Selbstverletzung (Neuroleptika), ADHS, Zwänge, Ängste, Depression
    –> höheres Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen!
29
Q

Welche Anlaufstellen gibt es für Betroffene, Angehörige oder Fachkräfte?

A
  • Autismus Kompetenzzentren
  • Spezialambulanzen für Autismus