8-Behandlung von dissoziativen und somatoformen Störungen Flashcards
Was ist Dissoziieren?
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Je mehr Stress, desto weniger/mehr Dissoziation?
mehr
Dissoziative Störung
- Teilweiser/völliger Verlust der Integration von ?
- Erinnerung an Vergangenheit
- Identitätsbewusstsein
- Unmittelbarer Empfindungen
- Kontrolle von Körperbewegungen
Nenne zentrale Kennzeichen dissoziativer Störungen
- Plötzlicher Beginn/Ende
- Kein Nachweis einer körperlichen Krankheit, welche Symptomatik erklären könnte
- Meist zeitlicher Zusammenhang zwischen Symptomatik und belastenden Ereignissen/Problemen/Bedürfnissen
- Unwillentliche/unbewusste Generierung der Symptomatik
Dissoziativer Störungen werden in 2 Kategorien aufgeteilt, welche?
- Dissoziative Bewusstseinsstörung „Bewusstseinstypus“
- Konversionsstörung „Konversionstypus“
Nenne die Bausteine von: Dissoziative Bewusstseinsstörung „Bewusstseinstypus“
Amnesie
o Plötzlich auftretend, unvollständiger retrograder Erinnerungsverlust (Personen, Zeit etc.)
o Gedächtnislücken bzgl. autobiographische Erinnerungen
o Selten eigenständig (oft mit anderen dissoziativen Störungen zusammen, wie Fugue)
Fugue
o Plötzliche, unerwartete Entfernung von zuhause/Arbeitsplatz/Aktivität
o Keine psychopathologischen Auffälligkeiten/kognitive Defizite
o Verlust der Identität/Annehmen neuer Identität, teilweise/ vollständige Amnesie für Zustand
Stupor
o Bewegungs- und reaktionsloser Zustand
o Liegend/sitzend
o Mutistisch
o Erhaltener Muskeltonus, Körperhaltung, Atmung, Öffnen der Augen, koordinierte Augenbewegungen keine Bewusstseinsstörung
Identitätsstörung
o Multiple Persönlichkeitsstörung
o Gemeinsames vorkommen (nicht gleichzeitig) mehrerer Persönlichkeiten
o Einzelne Identitäten können in Biografie unterscheiden (Alter, kognitivem Niveau, Interessenbildung etc.)
o Persönlichkeiten sind sich ihrer Existenz oft nicht bewusst
Depersonalisation-/Derealisationssyndrom
o Eigene Körperteile, Umwelt werden seltsam/verfremdet/künstlich erlebt
o Derealisation = Entfremdungserleben bzgl. Umwelt
o Depersonalisation = Entfremdungserleben bzgl. Sich selbst
o Realitätsprüfung in Takt (Als-ob-Erleben)
o Symptomatik erzeugt Angst („werde verrückt“)
Nenne die Bausteine von: Konversionsstörung „Konversionstypus“
Störung der motorischen und sensorischen Funktionen
Bewegungsstörung
o Vollständiger/partieller Verlust der Bewegungsfähigkeit
o Meistens untere, aber auch obere Extremitäten
o Oft partielle Schwäche der Extremitäten, zittern/schütteln
o Dysarthrie (Sprechstörung) und Aphonie (Stimmverlust)
Krampfanfälle
o Epilepsieähnliche Anfallereignisse
o Bandbreite: Ohnmacht (swoons) und tonisch-klonischer Symptomatik
o Dramatische Ausdrucksformen (Arc de cercle)
o Einnässen, Verletzungen beim Sturz, Zungenbiss in der Regel nicht
o Teilweise ansprechbar
Sensibilitäts- und Empfindungsstörung
o Störung der Sinneswahrnehmung verschiedener Modalitäten
o Teilweiser/vollständiger Verlust Hautempfindungen am Körper
o Seh- (Tunnelblick, Verlust Sehstärke), Hör-, Riechverlust
Was sind Psychopathologische Auffälligkeiten dissoziativer Störungen?
- Symptomatik erscheint zweckgerichtet, nicht für Patienten sichtbar
- Symptomatik hat Ausdrucksgehalt, kann man auslösender Situation zusammenhängen
- Symptomatik hat demonstrativen Charakter
- Belle indifference = Gleichgültigkeit trotz der Schwere der Symptomatik
Nenne DD dissoziativer Störungen
Primäre organische Verursachungen (Epilepsie)
Simulation
Artifizielle Störung (Münchhausen-Syndrom)
Psychische Erkrankungen
- Somatoforme Störungen
- Schizophrenie
- Emotional-instabile PS
- Depressiver, katatoner Stupor
- Bipolare Störung
- PTBS
- Substanzbezogene Störungen
Nenne Komorbiditäten dissoziativer Störungen
Angststörungen
Somatisierungsstörungen
Persönlichkeitsstörungen
PTBS
Selbstverletzendes Verhalten
Depression
Erzähl mir was zur Epidemiologie dissoziativer Störungen
Lebenszeitprävalenz 0,6%
1-2% bei Aufnahme in KJP
Erstmanifestation meist im Jugendalter
Mehr Frauen als Männer
Häufiger bei Migranten
Prognose
- 82,6% psychiatrische Erkrankung
* Davon 50% Persönlichkeitsstörungen
- 26,1% Konversionsstörung
Erzähl mir was zur Ätiologie dissoziativer Störungen
Diathesis-Stress-Modell
- Neurobiologische Mechanismen
- Disponierende Persönlichkeitsstruktur
Ätiologische Bedeutung für traumatischer Lebenserfahrungen umstritten
Bedeutung umschriebener/chronisch sexueller Traumatisierung überschätzt
Allgemein
- Familiäre Häufung
- Modelllernen
- Symptomwahl bestimmende Verletzungen/Erkrankungen in Vorgeschichte
- Aktuelle/aktualisierende Konflikt- oder Überforderungssituation
* Schule (Überforderung, Lern-, Leistungsstörungen)
* Familie (Konflikte, Todesfälle)
* Soziales Umfeld (Übergriffe)
* Kritische Lebensereignisse (Umzug)
* Organische Erkrankungen
* Psychische Dauerbelastungen
* Schwellensituationen
- Positive/negative Verstärkung (sekundärer Krankheitsgewinn)
Was kann man für den Beziehungsaufbau bei der Therapie dissoziativer Störungen tun?
- Symptomatik ernstnehmen
- Simulations- und Manipulationsvorwurf vermeiden
- Erkrankungsmodell akzeptieren, Alternative anbieten
- Austausch mit Ärzten
- Realistische Behandlungsziele
Nenne mir die Bausteine bei der Therapie des Bewusstseinstypus
- Verbesserung der Gefühls- und Spannungsregulation
o Spannungskurve
o Aufbau funktionaler Emotionsregulationsstrategien
o Notfallkoffer - Steigerung der Veränderungsmotivation
o 4-Felder-Tafel (Pro/Contra für früher/aktuell) - Kontingenzmanagement
o Unterbrechung Symptomverstärkung durch Angehörige mittels Aufklärung etc. - Reduktion emotionaler Verwundbarkeit
o Auf Ernährung, Trinken, Bewegung, Schlaf achten - Symptomtagebücher/Verhaltensanalysen
o Erarbeitung von Auslösern, Frühwarnzeichen, Konsequenzen - Auslösesituation beenden
o Beendigung gewaltvoller Beziehungen
Nenne Antidissoziative Fertigkeiten
- Erhöhung der Kontrolle über dissoziative Zustände
- Präventiv oder zur Unterbrechung dissoziativer Zustände
- Grounding-Techniken (körperlicher Kontakt zur Umgebung fokussieren)
- Realitätsprüfung
- Starke Sinnesreize
o Geschmack, Geruch, Geräusche, Haptisch
Nenne mir die Bausteine bei der Therapie des Konversionstypus
Aufklärung
o Vermittlung psychosomatischer Zusammenhänge
o Beschwerden ohne Krankheit (Schwindel, Übelkeit, Herzklopfen, blass)
o Menschen unterscheiden in ihren Reaktionen auf Stress
o „nervöse Blockaden“ können umgelernt werden
Entlastung (von akuten Anforderungen)
Funktionstraining (Steigerung Alltagsanforderungen)
o Symptome ohne Gesichtsverlust aufgeben Brücke bauen
o Symptomatik kontrollieren/vermindern
–> Aktive Maßnahmen (Bewegungsübungen)
–> Passive Maßnahmen (Massage, Reizstimulation)
–> Operante Verfahren/Kontingenzmanagement (weitere medizinische Untersuchungen verhindern)
–> Steigerung der Alltagsanforderungen
Psychotherapeutische Interventionen (konflikt- und einsichtsorientierter Charakter)
o Unterstützend, angstreduzierend, konfliktaufarbeitend, sekundären Krankheitsgewinn reduzieren
–> Bewältigung von Entwicklungsaufgaben (Introspektionsfähigkeit, soziale Kompetenz)
–> Vermeidung von Affektüberschwemmung, Steigerung Affekttoleranz
–> Verbesserung Selbstwahrnehmung
Was ist obsolet bei der Therapie des Konversionstypus
Behandlungsansätze, die Aufdeckungsarbeit/Traumabearbeitung fordern, sind obsolet
Wann nutzt man Pharmakotherapie bei dissoziativen Störungen?
Bei ausgeprägter Komorbidität
Was sind somatoforme Störungen
- Wiederholende körperliche Beschwerden, die jedoch nicht hinreichend pathophysiologisch erklärt werden können
- Jedes Organsystem kann betroffen sein
- Häufigste Einzelbeschwerden: Schmerzsymptome
- Typische Verhaltensweisen
- Körperliches Schonverhalten
- Einnahme von Medikamenten ohne Verordnung
- Starke Inanspruchnahme medizinischer Ärzte (Ärzte-Shopping)
- Kennzeichen
- KuJ
o Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen
o Kopfschmerzen, Blässe, Müdigkeit
o Variiert in Frequenz, Dauer – ABER keine Symptomfluktuation - Adoleszenz
o Nähern sich denen des Erwachsenen an, vereinzelt typisch
Was weist du zur Somatisierungsstörung?
- Klagen über multiple anhaltende wechselnde körperliche Symptome (keine Erkrankung feststellbar)
- Ständige Sorgen um Symptome
- Hartnäckige Weigerung Zustand zu akzeptieren
- Gastrointestinale, kardiovaskuläre, urogenitale Symptome oder Haut- und Schmerzsymptome
- Mind. 2 Jahre
- Undifferenzierte Somatisierungsstörung nur mind. 6 Monate
- Zeitkriterien bei KuJ oft nicht erfüllt
Was weist du zur Hypochondrischen Störung?
- Überzeugung an höchstens 2 schweren Erkrankungen zu leiden
- Ständiges Sorgen
- Hartnäckige Weigerung Zustand zu akzeptieren
- Mind. 6 Monate
- Im KuJ selten
Was weist du zur Somatoformen und autonomen Funktionsstörung?
- Schilderung von Symptomen, die gastrointestinal/kardiovaskulär/urogenital oder respiratorisch sein könnten
- Vegetative Symptome (Erröten etc.)
- Weitere Symptome (Brustschmerzen, häufiger Stuhlgang etc.)
Was kennzeichnet eine Anhaltende somatoforme Schmerzstörung?
- Schwere Schmerzen in einem Körperteil, ohne ausreichenden somatischen Indiz
Nenne Gemeinsamkeiten Somatoformer und dissoziativer Symptomatiken
- Organisch/körperlich nicht erklärbar
- Mit Belastungsmomenten in Zusammenhang
- Betroffene/Angehörige organisches Krankheitskonzept
- Ähnliche Komorbiditäten + treten oft gemeinsam auf
Nenne Unterschiede Somatoformer und dissoziativer Symptomatiken
Somatoform
* Über autonomes NS vermittelt, betreffen innere Organe
* Gehen mit multiplen, teils wechselnden Beschwerden einher
* Typisch: exzessive Sorge wegen der Symptome
Dissoziativ
* Betreffen quergesteifte Muskulatur, Sinnesorgane
* Rein psychische Manifestation
* Überraschende Unbekümmertheit
was weist du alles zur Epidemiologie von somatoformen Störungen?
Lebenszeitprävalenz 12%
>33% der P. in pädiatrischer Praxis zeigen medizinisch =/ausreichend erklärte Beschwerden
Kindesalter w=m, Jugendalter w>m
In Schweden Anstieg somatoformer Beschwerden (59% m, 1725%w)
Was sind prädisponierende Faktoren somatoformer Störungen?
- Genetisch, biologisch
- Erhöhte Sensitivität
- Persönlichkeit
- Perfektionismus, Ängstlichkeit
- Geringe intellektuelle und/oder soziale Fertigkeiten sowie geringe Emotionsregulationsstrategien UND hohe Erwartungen
- Biografie
- Trauma, Gewalt
- Familienklima
- Häufiger Konflikte höhere Belastung
- Interozeptiver Wahrnehmungsstil
- Körperliche Empfindungen werden schädlich erlebt
- Soziodemograph. Bedingungen
- Geschlecht, sozioökonomischer Status
Was sind auslösende Faktoren somatoformer Störungen?
- Überforderung, hohe Erwartungen
- Kritische Lebensereignisse
- Organische Erkrankungen
- Psychische Dauerbelastungen
Was sind aufrechterhaltende Faktoren somatoformer Störungen?
- Inadäquate Coping-Strategien
- Familiäre Interaktion und Verstärkungsbedingungen (entlastend etc.)
- Soziale Vorteile durch Krankheit
- wiederholte unnötige ärztliche Untersuchungen
Nenne mir Therapiebausteine bei der Behandlung somatoformer Störungen
- Reduktion Symptome und Toleranzentwicklung für körperliche Symptome
- Erarbeitung Erklärungsmodelle
- Anregung zu adäquatem Krankheitsverhalten
- Verbesserung von Komorbiditäten
Therapie somatoformer Störungen:
Gemeinsame Festlegung von Therapiezielen, dabei Fokus auf Verbesserung der (3 Stück)
- Lebensqualität
- Selbstwirksamkeit
- Körperwahrnehmung
Nenne mir die konkreten Inhalte bei der Therapie somatoformer Störungen
Motivierung für PT
* Realistische Zielvorstellungen
o Besserer Umgang mit Beschwerden, anstatt völlig beschwerdefrei
* Ziel
o Alternative Erklärung
o Strategien zum Umgang
Vermittlung psychophysiologischer Grundlagen
* Funktion von Stress (Überlebensfunktion)
* Aufbau vegetatives NS (Stresshormone)
* Tools erlernen (Symptomtagebuch, Entspannung)
Aufmerksamkeit
* Mentaler Scheinwerfer aufrechterhaltender Faktor
* Achtsamkeitsübungen
* Ziele
o Zusammenhang Aufmerksamkeit und Wahrnehmung körperlicher Prozesse
o Abbau selbstverstärkender Beobachtung
o Förderung der Wahrnehmung positiver Außenreize (Genuss)
Bewertungsprozesse
* Zusammenhang Gedanken, körperliche Beschwerden
* Veränderung dysfunktionaler Gedanken kognitive Umstrukturierung
* Abbau ungünstiger Gesundheitsbegriffe (stets beschwerdefrei sein)
Krankheitsverhalten
* Abbau von Schonverhalten und Rückversicherung (Konsequenzen besprechen, Teufelskreislauf)
* Aufbautraining (Aktivitätenplan, Bewegung)
* Erkennen von Belastungsgrenzen, Krankheitsgewinn (Vorteile der Symptome)
* Elternarbeit: Angemessenheit beurteilen
Stress- und Bewältigung
Rückfallprophylaxe