7-Tics und Tourette im Kindes- und Jugendalter Flashcards
Was sind Tics?
= Unwillkürliche, rasche, wiederholte, nicht-rhythmische, stereotype Bewegung oder Lautproduktion ohne Funktion
Wovon sollten Tics abgegrenzt werden?
Stereotypien, Zwangshandlungen, katatonen Symptomen, Hyperkinetik, neurologischen Erkrankungen
Nenne Beispiele für einfache Tics
Augenblinzeln
Augenzwinkern
Gesichtsgrimassen
Mundöffnen
Augenöffnen
Stirnrunzeln
Kopfschütteln
Kopfnicken
Schulterzucken
Zwerchfelltics
Bauchtics
Rumpftics
Nenne Beispiele für komplexe tics
Hüpfen
Treten
Springen
Stampfen
Klopfen
Kreisen
Kratzen
Beißen
Schlagen
Echopraxie
Kopropraxie
Wie lauten die icd-10 Diagnosekriterien für eine vorübergehende ticstörung?
Vorübergehende Ticstörung (F 95.0)
Einzelner oder multiple motorische/vokale Tics
max. 1 Jahr
Wie lauten die icd-10 Diagnosekriterien für eine chronische motorische/vokale ticstörung?
Chronische motorische / vokale Ticstörung (F95.1)
Einzelne oder multiple motorische oder vokale Tics
länger als 1 Jahr auftreten
Wie lauten die icd-10 Diagnosekriterien für das Tourette-syndrom?
Multiple motorische und mind. ein vokaler Tic
länger als 1 Jahr auftreten
was ist eine Besonderheit bzgl der Diagnose von tics und Tourette?
Alle Tics beginnen vor dem 18.LJ !
was sind Besonderheiten bei der icd-11 Diagnose von tics?
Nicht klassifiziert im Kapitel 06 „Psychische Störungen, Verhaltensstörungen oder neuronale Entwicklungsstörungen“ sondern in Kapitel 08 „Krankheiten des Nervensystems, dort unter „Bewegungsstörungen“
Primäre Ticstörungen: Gleiche Untergruppen und Zeitkriterien wie in der ICD-10
Sekundäre Ticstörungen als direkte Folge einer Infektion, eines Medikaments oder einer anderen Krankheit
was weißt du zum sensomotorischen Vorgefühl?
(„premonitory urge“)
- Bei etwa 90% der Pat. im späteren Verlauf
- Kitzeln
- Stechen
- Jucken
- Muskelverspannung
- Dies häufig an: Schulter, Kehlkopf, Magenbereich, Handflächen, Fußrücken
Was sind häufige Komorbiditäten von Tics?
- ADHS (mindestens 50%)
- Störungen des Sozialverhaltens
- Zwangsstörungen
- Affektive und Angststörungen (auch disruptive Affektregulationsstörung)
- Autismusspektrumsstörungen
- Umschriebene Entwicklungsstörungen
Wie hoch ist die Prävalnez von Tics?
Beginn meist schleichend im Alter von 6 -8 Jahren (motorisch früher als vokal), Gipfel dann bei 10-12 Jahren
- Grundschulalter: 4-12 % vorübergehend
- Chronische Tics: 3-4 %
- Gilles-de-la-Tourette: unter 1%
- Im Verlauf stets spontane Fluktuationen hinsichtlich Lokalisation, Anzahl, Häufigkeit, Komplexität, Art und Schwere der Tics
- Hohe RemissionsrateKinder und Jugendliche 10fach häufiger als Erwachsene betroffen
- M : W = ca. 4 : 1
Nenne einige Differentialdiagnosen von Tics!
- Stereotypien
- Manierismen
- Spätdyskinesien
- Konversionsstörungen
- Zwangsstörungen
- Sekundäre Tics
bei Erkrankungen (z.B. Morbus Wilson, Fragiles X-Syndrom, Chorea Sydenham, Morbus Huntington) oder medikamentös induziert (z.B. Carbamazepin, Phenytoin, Lamotrigin, dopaminerg wirksame Substanzen)
was sind unterschiede von tics- und Zwangsstörungen?
während tics häufig plötzlich auftreten, nicht mit angst verbunden sind und auch während des Schlafes auftreten sind zwänge ritualisiert, meist mit angst/ekel verbunden und sind ne während des Schlafes
was gehört zur Diagnostik von Tics?
- Anamnese
- Klinische Beobachtung
- Protokollierung
- Yale-Tourette-Syndrome Scale, FBB-TIC
- Somatische Ausschlussdiagnostik inkl EEG
- Screening auf Komorbidität
Was gilt allgemein bzgl. der Ätiologie von tics?
- Konkordanz bei EZ bei 90% (ZZ: 20%) (Eineiige vs. Zweieiige Zwillinge)
- Polygenetische Transmission
- Nichtgenetische biologische Faktoren (unspezifische prä-, peri- und postnatale Risiken; Streptokokkeninfektion?)
- Neurobiologisches Substrat: Inhibitionsstörung in Regelkreisen (Kortex- Striatum-Pallidum-Thalamus-Kortex)
was für ätiologisch Einflüsse werden bei Tics unterschieden?
- Psychosoziale Einflüsse
- Neurobiologie
o Auffälligkeiten in motorischen und somatosensorischen Anteilen der corticostriatalen- thalamocorticalen Schaltkreise, aber auch in limbischen Arealen
o Funktionelle, phasisch auftretende Dysfunktion der dopaminergen Transmission; serotonerge Unterfunktion - Genetische Faktoren:
o Konkordanz bei EZ bei 90% (ZZ: 20%)
o Familiäre Häufung (1.-gradig Verwandte: Risiko von 5-15% für TS)
o Polygenetische Transmission - Umweltfaktoren: Prä-, peri- und postpartale Risiken
Umweltfaktoren:
Pränatal: z.b. nikotin in der Schwangerschaft
Perinatal: z.B. Frühgeburt
Postnatal: z.B. Infektionen
Was ist eine Besonderheit bzgl der Behandlung von Tics?
es gibt keine aktuelle Leitlinie!
Wann ist pharmakotherapie bei tics indiziert?
- bei hohem Schweregrad und psychosozialer Belastung
- mind. 12 Monate
- Dopamin-2- Rezeptorblockr (Antipsychotika)
- Guanfacin (statt Clonidin) bei begleitender ADHS
Wie hat sich das verhaltenstherapeutische Verständnis von Tics im Laufe der Zeit gewandelt?
Anfänge der Verhaltenstherapie: Tics sind gelernt und können auch wieder verlernt werden
heutiges Verständnis: neurobiologisch begründet, Tics können durch vorausgehende und nachfolgende Bedingungen verstärkt/ aufrechterhalten und abgemildert werden
was sind typische Konstellationen im Zusammenhang mit der Behandlung von Ticstörungen?
- Nachlassen des Ticdranges durch den Tic (neg. Verstärkung)
alternative Reaktion einüben - Anforderungen / „Stress“: erhöhtes Arousal und erhöhte Ticfrequenz
vorausgehende Bedingungen verändern - Zuwendung / Entlastung
(pos. und neg. Verstärkung)
nachfolgende Bedingungen verändern
Nenne einige psychotherapeutische Strategien bei Tics!
- Psychoedukation von Patient und Umfeld
- Training der Reaktionsumkehr
- Kontingenzmanagement / Elterntraining
- (Entspannungsverfahren)
- ((Massierte Übung))
Beschreibe das Therapieprogramm von Ticstörungen!
- Psychoedukation & Störungsmodell, Behandlungsplanung
- Verminderung symptomaufrechterhaltender Belastungen
- Ressourcenaktivierung und Stärkung der therapeutischen Beziehung
- Bewältigung negativer Reaktionen des Umfeldes
- Selbstwahrnehmungstraining
- Entspannungsverfahren: Atemübung und Progressive Muskelrelaxation
- Training der Gegenbewegung
- Bewältigung residualer Tic-Symptome, Medikamentöse Therapie
- Einbeziehung der Lehre
welche Bedeutung hat der Ticdrang in der Therapie?
Vorgefühl, „premonitory urge“)
* Einfache Tics – häufig kein Vorgefühl, direkter Expression neurobiologischer Aktivität
* Wahrnehmung eines Vorgefühls („Ticdrangs“) um das 8. Lebensjahr
* Ausführung des Tics führt zu einem Nachlassen des Ticdranges
* Tic wird durch das Nachlassen des Ticdrangs negativ verstärkt
* Kindgerechte Einführung: z.B. „Tickiller, Ticfresser“ werden eingeübt
Was ist das Training der Reaktionsumkehr?
(habit reversal training“)
- Wahrnehmungs-Training (“awareness training”)
Steigern der Wahrnehmungsfähigkeit für das Vorgefühl von Tics (Ticdrang) und des eigentlichen Tics
- Training der Gegenbewegung (“competing response training”) Einsetzen inkompatibler Reaktionen (Training antagonistischer Muskelkontraktionen) bei wahrgenommenen Ticimpulsen
- Entspannungstraining (scheint verzichtbar zu sein) Verminderung des Arousals bei wahrgenommenen Ticimpulsen
- Soziale Unterstützung / Motivierung Hilfe von von Familie / Eltern / Freunden
Was ist das Wahrnehmungstraining?
- Selbstbeobachtung / Protokollführung
- Beschreibung der Ticreaktion
- Training der Reaktionserkennung
- Training der Wahrnehmung früher Zeichen der Ticreaktion („Ticdrang“)
- Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse
Welche Aspekte beinhaltet das Training der Reaktionsumkehr?
- Begonnen wird mit einem relativ “großen” und gut wahrnehmbaren Tic
- Die konkurrierende Reaktion ist entgegen gesetzt zur Ticbewegung / wird für 1 Minute oder länger gehalten
- Einfache Blinzeltics: meist kein Training der Reaktionsumkehr
- Langsames, rhythmisches Atmen für vokale Tics
- Kombination mit Selbstmanagement
- Strategien zur Generalisierung
welche Rolle spielt Selbstmanagement bei der Therapie von Tics?
- Bevor der Ticimpuls kommt (in kritischen Situationen)
- Wenn der Impuls wahrgenommen wird
- Wenn der Impuls nicht zu unterdrücken ist
- vorbereitende Selbstinstruktion - Selbstveränderung (Skills einsetzen: Kurz- entspannung, Gegenbewegung) - Selbstverstärkung
- evt. Protokollierung