7. Divinatorische und therapeutische Praktiken im koreanischen Schamanismus und Daoismus Flashcards

1
Q
  1. Musog 巫俗 – schamanistische Praxis in Korea
A

Schamanistische Praxis heute in Korea idurch Modernisierung eher als nationales Brauchtum gepflegt.
Etischer Begriff: „Schamanenlehre“.

Musog ist Jahrhunderte alte Tradition ritueller und divinatorischer Praxis der Behandlung von Geistern und Gottheiten.

Auf dem Land spielt musog nach wie vor eine große Rolle im religiösen Lebensalltag der Menschen, ist also nicht auf Folklore/Brauchtum reduzierbar.

Als prägende Einflüsse auf die heutige Praxis:
- Die Kampagnen gegen „Aberglauben“ im frühen 20. Jh.
- Unterdrückung von musog während der jap. Besatzung (1905–45) als ein Element koreanischer nationalen Kultur.
- In der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Studentenproteste der 1970er und 1980er Jahre wird musog als erhaltungswürdiges nationales Erbe neu bewertet.

Der Traditionsbezug der aktuellen Praxis steht daher in einem politisch-historischen Kontext der Unterdrückung.
- hängt historisch mit den Clanstrukturen der vormodernen Agrargesellschaft: Deutung von Naturphänomenen, Bitte um Ernte und Erntedank,
- außerdem: Riten zu periodischen oder spezifischen Anlässen, wie Einweihung von Gebäuden, Beschwichtigung von Geistern, Unterstützung des Geistes eines

Vor allem die starke Verwurzelung der Schamanen (mudang) hat den Fortbestand der Tradition gesichert als schicht-spezifische Religionspraxis der
Landbevölkerung. Schamanen sind i.d.R. Frauen (= mudang), selten Männer

Zentrales Element der mudang-Praxis sind exorzistische, divinatorische und Opferrituale (gut). Diese Rituale verbinden drei Parteien:
- als Medium die mudang
- eine Gemeinschaft, oft Dorfgemeinschaft,
- die Geister, die eingeladen werden und sich ggf. durch das Medium äußern (Trance)

Es können grob drei Grundtypen unterschieden werden.
1. Naerim-gut
„Initiationsritual“ für das Medium: Anerkennung des Mediums durch einen Geist, der dazu vom Himmel beauftragt ist.
2. Dodang-gut
„Gemeinschaftsritual“: findet jährlich oder zyklisch statt und dient der Stärkung des Wohlergehens einer meist dörflichen Gemeinschaft.
3. Ssitgim-gut
„Reinigungsritual“: dient der Reinigung des Geistes einer verstorbenen Person vor dem Eintritt in die Totenwelt.

Musik stellt kein geschlossenes religiöses Sinnsystem dar. Vielmehr setzt es sich zusammen aus:
- lokalen Bräuchen,
- buddhistischen, ab dem 20. Jh. christlichen Einflüssen (hier u.a. Aneignung der Idee
des „heiligen Geistes“),
- Familientraditionen mit entsprechenden Spezialisierungen,
- seit spätem 20. Jh. Teilnahme an rituellen und politischen Aktivitäten von
Schamanen und Schamaninnen aus anderen Traditionen (global).
Mudang arbeiten oft mit Tänzerinnen und Musikern aus der eigenen Familie zusammen.

Traditionspflege und Überlieferung technischen Wissens (Rituale, Trancetechnik usw.) erfolgen nicht institutionell, sondern innerhalb der einzelnen Familien (die damit Prominenz erlangen können).

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2
Q
  1. Therapeutische Aspekte der daoistischen Praxis in China
A

Daoistische Ritualpraxis entwickelt sich in China als Prozess der „Emanzipierung“ vom Einfluss schamanistischer Vorstellungen seit dem 3. Jh. n. Chr. (These Michel Strickmann)
Daoistische Doktrin und Praxis bestehen zunächst in Form von lokalen Kulten. Ein gemeinsames Merkmal ist die rituelle Behandlung der Relation zwischen der Geisterwelt und den Lebenden, welche oft mit einem therapeutischen Anspruch verbunden ist:
- Daoistische Priester sind „Experten“ mit privilegiertem Zugang zu Gottheiten und Geistern, die als Schicksalsmächte auf die Lebenden Einfluss ausüben (vgl. Funktion der wu 巫 als Medien).
- Priester traten damit in Konkurrenz zu den Schamanen, führten jedoch im Unterschied zu schamanistischen Medien eine stärker formalisierte, ritualsymbolische Behandlung ein (was jedoch die Einbindung von Trancetechniken u.ä. nicht ausschließt).
Die Entwicklung von Ritualpraxis und Doktrin zeitigt auch buddhistische Einflüsse:
- eine „therapeutische“ Ablösung der Lebenden vom (schädlichen) Einfluss der Geister (und damit vom Einflussbereich der Medien).
- eine Positionierung gegen den konfuzianischen Ahnenkult (Einschränkung und Ablehnung der Ahnenopfer)

Allgemein kann der neue Idealtypus des daoistischen Priesters so charakterisiert werden:
- Er ist „Sachwalter des Dao“, schriftkundig, ausgebildet in der Medizin und daran anschließenden therapeutischen Verfahren,
- statt (schamanistischer) Trancetechnik eher Betonung der Meditation und Textgelehrsamkeit: Einsicht in die universale Ordnung (dao 道 und fa 法, vgl. buddh. dharma) und deren systematische Beschreibung in der Doktrin sowie Behandlung im Ritual.
- Himmel und Unterwelt schließen an die kaiserliche Administration an: Wie im Rechtssystem, kann ein Geständnis von Vergehen Strafminderung oder Straferlass seitens der Unterweltadministration bewirken (vgl. jur. Mediation).
- In diesem Sinn fungieren daoistische Priester weniger als Medien (d.h. schamanisch) sondern eher als Mediatoren (d.h. Vermittler, „Rechtsgelehrte“) zwischen Menschen und Geistern.

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