11. Reformen, Widerstand und religiöse Erneuerungsbewegungen im späten 19. und frühen 20. Jh. Flashcards

1
Q
  1. Historische Voraussetzungen
A

Die politische Situation der letzten Jahre Kaiserzeit:
- inneren Konflikten und Rebellionen (politisch, ökonomisch, religiös und ethnisch motiviert, vgl. Taiping),
- militärische Konfrontation mit Kolonial- und ausländischen Mächten (bspw. Opiumkriege, 1. Sino-japanischer Krieg 1894/95),
- Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Autorität der Eliten, Erosion der Qing- zeitlichen sozialen und politischen Ordnung,
- im Jahr 1905 Einstellung des Beamtenprüfungssystems, damit auch Beendigung der traditionellen Elitenreproduktion,
Reformbedarf deutlich gesehen, jedoch scheitert die Umsetzung durch:
- der o.g. Krisensituation,
- zunehmende Komplexität der politischen Zusammenhänge und Überforderung der
staatlichen Institutionen,
- Zwänge im Rahmen der „Ungleichen Verträge“ der Kolonialmächte,
- des konservativen Bemühens der Verwaltung, das bestehende System nach
Möglichkeit zu bewahren.

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2
Q
  1. Hundert-Tage-Reform
A

1898 Versuch einer Reform nach dem Vorbild der japanischen Meiji- Reformen begonnen, u.a. mit dem Ziel, eine moderne konstitutionelle Monarchie zu errichten:
- Verwaltungsreform,
- Reduktion des Beamtenapparats,
- Reform des Beamtenprüfungssystems bzw. der Selektion und Reproduktion der
akademischen Eliten,
- Reform des Erziehungssystems unter Betonung westlicher Wissenschaft und
Technologie,
- Modernisierung des Militärs nach japanischem bzw. westlichem Vorbild.

Die religionspolitischen Aspekte der Reformvorhabens betreffen vor allem die institutionelle und rechtliche Trennung von „Religion“ zongjiaound „Aberglaube“ mixin; damit wird die Absicht verbunden, nach westlichem Vorbild eine landesspezifische bzw. „nationale“ Doktrin oder „Religion“ zu bestimmen und institutionell zu stärken.

Die „Hundert-Tage-Reform“ scheitert 1898 schon im Ansatz an konservativen Kreisen in der kaiserlichen Verwaltung und im Militär, welche der Modernisierung ihrer Institutionen ablehnend gegenüberstehen und eigene Privilegien gefährdet sehen. Die Kaiserinwitwe Cixi entmachtet u.a. wegen der Reformvorhaben ihren reformorientierten Adoptivsohn, Kaiser Guangxu, im Jahr 1898 und erlangt anschließend die faktische Herrschaftsmacht. Die Reformkräfte werden in der Folge politisch verfolgt, Kang Youwei und Liang Qichao fliehen 1898 nach Japan, andere Reformunterstützer werden verhaftet und einige von ihnen hingerichtet.

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3
Q
  1. „Boxer“-Krieg und Widerstand gegen imperiale Mächte
A

1899–1901: „Bewegung der Verbände für Rechtschaffenheit“. Die im Westen übliche Bezeichnung „Boxer-Rebellion“ bezieht sich abwertend auf die Selbstbezeichnung der Bewegung: „Fäuste für Rechtschaffenheit“ abgeleitet von den traditionellen Kampfkünsten. Die Bewegung war v.a. im Nordosten und Beijing aktiv und rekrutierte sich vor allem aus der ländlichen Bevölkerung.

Die „Boxer“-Bewegung richtet sich militant gegen den westlichen und japanischen Imperialismus, die politisch erzwungene Sonderstellung von Ausländern in China und die vom Ausland geschützten Privilegien der christlichen Mission.
Sie verübt Anschläge
- auf chinesische Christen und Ausländer
- auf ausländische Gesandtschaften und Handelsvertretungen
- christliche Missionen
- auf Infrastruktur (v.a. Bahn-, Fernmeldeverbindungen)

Die religiösen Aspekte der „Boxer“-Bewegung beruhen vordergründig auf der Annahme, dass sie ein Ableger der „Weißer-Lotos“-Bewegung wäre. Dies ist historisch nicht begründet. Charakteristisch für die „Boxer“ war vielmehr die Verehrung lokaler (daoistischer) Gottheiten im Vertrauen auf ihren Schutzzauber und Schutzrituale zur Erlangung körperlicher Unverwundbarkeit (Schutz vor Feuerwaffen etc.). Die „Boxer“ richteten sich aus politischen und religiösen Überzeugungen entschieden gegen das Christentum:
- Vorstellung, ausländische Mächte und christliche Einflüsse zerstörten die natürliche und soziale Ordnung,
- Anspruch, eine gerechte und harmonische Ordnung unter der Herrschaft der Qing- Dynastie wiederherzustellen (insofern eine Qing-loyalistische Bewegung),
- Vertreibung und ggf. Vernichtung der Feinde Chinas, die als Manifestationen von dämonischen Mächten betrachtet werden, die das Land heimsuchen,
- Im Verlauf der Aufstände töten „Boxer“ über 100.000 Zivilisten, darunter v.a. chinesische Christen und ausländische Missionare und Gesandte.

Ausländische Reaktionen auf die „Boxer“-:
1900 wurde eine multinationale „Strafexpedition“ (ohne Kriegserklärung) zum Schutz der ausländischen und christlichen Institutionen durchgeführt. Es handelte sich de facto um einen Kolonialkrieg gegen die chin. Bevölkerung (d.h. nicht gegen den Staat), der jedoch von China auf völkerrechtlicher Grundlage als Kriegsakt betrachtet wurde. Der Hof unterstützte daraufhin die „Boxer“-Bewegung und erklärte den Invasoren den Krieg, die Kriegserklärung wurde aber von den Alliierten nicht erwidert.
Niederschlagung der Aufstände und „Boxer-Protokoll“:
- Am 13. August 1900 Eroberung und mehrtägige Plünderung Beijings durch das multinationale „Expeditionskorps“,
- Flucht der Kaiserinwitwe und Schuldzuweisung der Regierung für die Niederlage an die Aufständischen,
- Im Jahr 1901 Unterzeichnung des sog. „Boxer-Protokolls“, das u.a. umfangreiche Reparationszahlungen und ausländische Privilegien regelt und die Bildung von „ausländerfeindlichen Organisationen“ unter Todesstrafe stellt.

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4
Q
  1. Buddhistische Reformer im frühen 20. Jahrhundert
A
  • Yinguang 1862–1940 (Reines-Land-Schule), entwickelt Ideen zur Stärkung des Zusammenhalts in der Gesellschaft durch religiöse und altruistische Praxis.
  • Taixu 1890–1947 (Reines-Land-Schule) fordert
    1.) politisches Engagement und Widerstand gegen die Qing-Regierung,
    2.) Rezeption westl. politischer Theorie,
    3.) Reflexion über die Wissenschafts-kompatibilität von Religionen und Kritik am
    Christentum

Bewegung zur Wiederbelebung des esoterischen Buddhismus (frühes 20. Jahrhundert), Mijiao fuxing yundong
1.) Internationalisierung chin. buddhistischer Traditionen und Institutionen (v.a.durch Kontakte nach Tibet und Japan),
2.) Bemühung um Rekonstruktion verloren gegangener buddhistischer Praxis in
China,
3.) Technokratische Auffassung von Religion: Rituale zum Schutz der Nation;
panasiatisches Projekt einer buddhistisch bestimmten kulturellen und religiösen Identität der Nationen Ostasiens; Ideen zur Wissenschaftskompatibilität.

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