5 Störungslehre KJP Essstörungen 2 Flashcards

1
Q

Was sind die Behandlungsziele der AN nach Leitlinie

A
  1. Wiederherstellung und Halten eines für Alter und Größe angemessenen Körpergewichts
  2. Normalisierung des Essverhaltens
  3. Behandlung körperlicher Folgen von Essverhalten und Untergewicht
  4. Beeinflussung zugrundeliegenden Schwierigkiten auf emotionaler, kognitiver und interaktioneller Ebene
  5. Förderung der sozialen Integration („Nachholen“ verpasster Entwicklungsschritte) zB Schulversuche schon von Klinik aus, Überführung in Wohngruppe

-> Augrund der reduzierten Krankheitseinsicht übernehmen Sorgeberechtigte hier wesentliche Entscheidungen (und auch deren Durchsetzung!)
-> BEtroffen sind hier V.a. Adoleszente Mädchen: welche entwicklungsphasentypischen Probleme können hier entstehen? (Hohes Autonomiebestreben)

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2
Q

Wie ist die Settingswahl bei AN?

A

▪ Grundsätzlich möglich in abnehmender Reihenfolge der Intensität:
stationär, teilstationär und ambulant
▪ Bei den meisten psychischen Erkrankungen würden wir von einem stepped care
Ansatz ausgehen: bei der Anorexie kann aber auch „step down“ sinnvoll sein bei:
• langen Wartezeiten auf ambulanten Behandlungsplatz
• geringer Krankheitseinsicht
▪ Intensivierung immer sinnvoll (bezogen auf Gewicht und psychische / soziale
Situation) bei:
• stagnierender Besserung
• Verschlechterung
▪ Generell aufgrund langen Heilungsprozesses: eher Gesamtbehandlungsplan, der
von vornherein verschiedene Settings einbezieht
▪ Auch im ambulanten Setting: immer interdisziplinär! Notwendig sind
• Gute Absprachen
• Kontinuität der Behandler*innen (soweit möglich)

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3
Q

Was hat die höchste Evidenz zu Behandlungsverfahren und Methoden nach Leitlinie?

A
  • Psychotherapie ist beid er AN ds BEhandlungsverfahren der ersten Wahl (EL 1b)
  • Moderate Evidenz, dass das folgende spezifische PT Verfahren bei KiJu wirksam ist: familienbasierte Therapie nach dem Maudsley-Ansatz (EL 1b)
    (1 b: Evidenz aufgrund von mind. 1 RCT Studie)
  • FBT bei Jugendlichen: > 4 Studien bzw 2 von hoher Qualität, Effekt deutlich !
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4
Q

Beschreibe die Evidenz zu verschiedenen Behandlungsverfahren und –
methoden (Leitlinie)

A
  1. Kognitiv-Analytische Therapie, Evidenz: <4 Studien, Effekt:Gering
  2. Kognitive Verhaltenstherapie, Evidenz: <4 Studien, Effekt: Gering
  3. Dialektisch-behaviorale Therapie, Evidenz: keine, Effekt: -
  4. Exposition und Reaktionsverhinderung, Evidenz: keine, Effekt: -
  5. Familienbasierte Therapie bei Jugendlichen, Evidenz: >4 Studien bzw. 2 von hoher Qualität, Effekt: Deutlich
  6. Interpersonelle Psychotherapie, Evidenz: <4 Studien, Effekt: Gering
  7. Ernährungsberatung, Evidenz: <4 Studien, Kein Effekt
  8. Psychodynamische Psychotherapie, Evidenz: <4 Studien, Effekt: Gering
  9. Psychoedukative Selbsthilfeprogramme, Evidenz: keine, Effekt: -
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5
Q

Was ist die Familienbasierte Therapie FBT?

A

Grundannahme: „Familie ist die beste Ressource für Heilung“

Zuweisung aktiver Rolle an Eltern:
1. Phase: Achten auf Gewichtszunahme und Normalisierung des Essverhaltens
- Kontrolle der Nahrungsaufnahme und kompensatorische Maßnahmen
- Einschränkung der körperlichen Aktivität
2. Phase: Geben wieder mehr Verantwortung an Patient_innen zurück, Unterstützung der Pat bei altersentsprechenden Aktivitäten
3. Phase: Unterstützung bei Nachholen von Entwicklungsaufgaben, Rückfallprophylaxe

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6
Q

Beschreibe die Evidenz zu Behandlungsverfahren und –
methoden (Leitlinie) genauer!

A

▪ Psychotherapie ist bei der AN das Behandlungsverfahren der ersten Wahl (EL 1b)
▪ Moderate Evidenz, dass das folgende spezifische Psychotherapieverfahren
bei Kindern und Jugendlichen wirksam ist: familienbasierte Therapie nach
dem Maudsley-Ansatz (EL1b)
▪ Keine ausreichende Evidenz, dass bei Kindern und Jugendlichen ein bestimmtes
Vorgehen in der Familientherapie (gemeinsame Sitzungen mit der Patientin oder
getrennte Gespräche mit Patientin und Eltern) wirksamer ist als das andere (EL
1b). Hinweise, dass es bei viel kritischen elterlichen Kommentaren günstiger
sein kann, Eltern und Patientin getrennt zu sehen (EL 1b).
▪ Begrenzte Evidenz, dass spezialisierte Angebote zu einer Reduktion
stationärer Aufnahmen und einer Kostenreduktion führen (Evidenzgrad 3)
▪ Eine geringe Motivation zu einer Veränderung der Essstörung ist mit geringerem
Behandlungserfolg und höherem Risiko zu einem Therapieabbruch assoziiert (EL
1a)

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7
Q

Was soll nach Leitlinie zu Behandlungsbeginn beachtet werden?

A

▪ Bei der Behandlung berücksichtigen und informieren, dass der Heilungsprozess
einen Zeitraum von vielen Monaten bis mehrere Jahre umfassen kann (KKP).
▪ Ambulante, teilstationäre und stationäre Behandlungen in Einrichtungen oder bei
Therapeuten, die Expertise in der Therapie mit Essstörungen haben (KKP)
▪ Die beteiligten Stellen der Versorgung (z. B. niedergelassene Therapeuten,
Beratungsstellen, Kliniken, Hausärzte, Ernährungsberater) sollen eine
engmaschige Absprache und Kommunikation gewährleisten (KKP).

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8
Q

Was sind allgemeine Empfehlungen der Leitlinie der AN?

A

▪ Zentrales Therapieziel: Normalisierung des Körpergewichts (KKP)
▪ Beurteilung des medizinischen Risikos nicht nur anhand Gewichtsentwicklung,
zusätzlich weitere Untersuchungsparameter (z.B. Laborwerte) (KKP).
▪ Patientinnen abhängig von der körperlichen Situation aktiv und regelmäßig zu
Verlaufsuntersuchungen einbestellen (KKP).
▪ Immer Beratung bzgl. angemessener Nahrungsmenge und -
zusammensetzung (KKP).
▪ Veränderung von Gewicht und Essverhalten meist hochambivalent, Arbeit an
Motivation und Ambivalenz ist zentrale Aufgabe über den gesamten
Behandlungsprozess (EL 1a).
▪ Bei Kindern und Jugendlichen Sorgeberechtigte bzw. nahe
Angehörige/Bezugspersonen ausführlich über die Erkrankung und
Behandlungsmöglichkeiten informieren und in die Behandlung mit einbeziehen,
wenn nicht explizite Gründe dagegen sprechen (EL Ib).

-> Zwangsbehandlung nur bei akuter Selbstgefährdung und nach Ausschöpfung aller
anderen Maßnahmen (KKP).

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9
Q

Wie läuft die Psychoedukation der Eltern in der VT ab? (AN)

A

Familie ist nicht die Ursache für die Störung, aber Ressource für deren Überwindung!

Typische Inhalte bei AN:
- Informationen zu Symptomen, medizinische Komplikationen, Epidemiologie, Ätiologie, Auswirkungen auf Familie
- Vorstellung ambulanter und (teil)stationärer behandlungsmöglichkeiten, Ziele und Phasenmodell der Behandlung
- Ernährungsberatung (auch wachstumsspezifische Aspekte)
- Psychosoziale Integration, Rückfallprophylaxe
- Grundregeln im Umgang mit schwierigen Situationen (zB Gewichtsphobie)
- Weiterbehandlungsmöglichkeiten, Wiederaufnahmekriterien für Behandlung

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10
Q

Welche Rolle spielen Krankheitseinsicht und Behandlungsambilvalenz VT bei der AN? Was ist bei KiJu besonders zu beachten?

A

Ambivalenz ist normal!
- AN ist zentral für den Selbstwert (zahlreich positiv erlebte Folgen , zB PeerGroup)
- Änderungsmotivation für eher störende Symptome zB Essanfälle
- Interventionen zum Aufbau von Ändeungsmotivation (zB Motivation Interviewing)

aber bei KiJu:
- teils alterstypisch begrenzte Interspektions- und Einsichtfähigkeit
- Körperlich bedrohliche Unterernährung wegen noch geringeren Fettanteils schneller erreicht
-> sie haben weniger zeit für ambulante Behandlungsversuche!
-> Sie müssen manchmal auch früher (gegen den Willen der Patienten) eine stationäre Behandlung einleiten.

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11
Q

Zwangsbehandlungen bei AN?

A

Zwangsbehandlung verletzt Grundrecht auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit
(GG, Art.2 , Abs. 2) → ethisch-relevante Entscheidung!
▪ Sorgeberechtigte beantragen bei zuständigem Familiengericht „Genehmigung zur
Behandlung mit freiheitsentziehenden Mitteln“ (§ 1631b BGB)
▪ Alternativ PsychKG (Länderrecht), wenn Selbstgefährdung anders nicht

Insgesamt:

▪ Eher selten notwendig, kann meist durch Gespräche mit Betroffenen und
Sorgeberechtigten einvernehmlich gelöst werden
▪ Falls Eltern nicht zu überzeugen sind und Behandler*in vitale Gefährdung sieht:
Abwendung der Kindeswohlgefährdung, Inobhutnahme über Jugendamt (§ 42 SGB
VIII) → Jugendamt muss familiengerichtliche Klärung herbeiführen
▪ Falls Jugendliche während stationärer Behandlung volljährig wird und
Notwendigkeit erkennbar: vorsorgliche Betreuerbestellung (§ 1908a BGB)

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12
Q

Was sagt die Leitlinie zu An zur ambulanten Behandlung?

A

▪ Behandlung erster Wahl ist eine evidenzbasierte Psychotherapie (bei Kindern und
Adoleszenten familien-basierte Therapie) bei Essstörungen mit erfahrenen
Behandlern (EL Ib).
▪ Ernährungsberatung nicht als alleinige Behandlung anbieten, auch nicht im
Anschluss an stationäre Behandlung (EL 2b).
▪ Gewichtszunahmeziel 200–500 g/Woche, flexible Handhabung möglich (KKP).

▪ Behandlung erster Wahl ist eine evidenzbasierte Psychotherapie (bei Kindern und
Adoleszenten familien-basierte Therapie) bei Essstörungen mit erfahrenen
Behandlern (EL Ib).
▪ Ernährungsberatung nicht als alleinige Behandlung anbieten, auch nicht im
Anschluss an stationäre Behandlung (EL 2b).
▪ Gewichtszunahmeziel 200–500 g/Woche, flexible Handhabung möglich (KKP).

Achtung:
Aufgrund von Hypovolämie entsprechen Gewichtszunahmen zu Behandlungsbeginn
häufig nicht einer echten Zunahme an Körpermasse, Gefahr von Ödemen beachten!
Multifrequenz-Körperimpedanzmessung als Kontrolle

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13
Q

Was sollte man vor Beginn der ambulanten Behandlung zu AN nach Leitlinie beachten und was ist das vorrangige Ziel?

A

▪ Vor Beginn Rahmenbedingungen der Behandlung mit Patientin und
Sorgeberechtigten klar besprechen: Umgang mit Wiegen, Vorgehen bei
Gewichtsabnahme, Kontakte mit Hausarzt/Kinderarzt/Gynäkologen, Umgang mit
Familie (KKP).

Vorrangiges Ziel: Normalisierung von Essverhalten und Gewicht und Arbeit an
damit verbundenen psychischen und psychosozialen Problemen (KKP).

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14
Q

Was sind Therapiebausteine der ambulanten Behandlung von AN in der VT?

A
  • Motivation
  • Ernährungsmanagement
  • Kognitive Intervention
  • Emotionsregulation
  • Körperbild
  • Instrumentelle Fertigkeiten
  • Selbstwert
    Siehe ABB
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15
Q

Wie läuft strukturiertes Essen ab?

A
  • gleichmäßig über den Tag verteilte, Mahlzeiten 3 Huptmahlzeiten + 2 Zwischenmahlzeiten
  • Zeitpunkt vorher festgelegt - kann aber flexibel an Veränderungen der lebenssituation angepasst werden
  • feste Intervalle - kein Überspringen von Mahlzeiten
  • Patient*innen legen fest, was sie essen!
  • erfordert Management von Ängsten vor Gewichtszunahme
  • Kann stufenweise mit der einfachsten Mahlzeit am Tag eingeführt werden
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16
Q

Was sind Einzeltherapeutische Themen in der ambulanten VT bei AN?

A
  • Entwicklung eines individuellen Störungsmodells (Brief an die Magersucht, beste Freundin SVV ärgste Feindin)
  • Bearbeitung dysfunktionaler Kognitionen (Wahrnehmungsverzerrungen, Fehlinterpretation, unlogische Denkschlüsse)
  • Infragestellung des Schlankheitsideals
  • Veränderung des Körperbildes
  • Aufbau positiver, selbstwertstärkender Aktivitäten
  • Äußerungen eigener Bedürfnisse und MEinungen, Konfliktfähigkeit
17
Q

Was sind die genauen Behandlungsziele und Abläufe der AN nach Leitlinie?

A

▪ Behandlung erster Wahl ist eine evidenzbasierte Psychotherapie (bei Kindern und
Adoleszenten familien-basierte Therapie) bei mit Essstörungen erfahrenen
Behandlern (EL Ib).
▪ Ernährungsberatung nicht als alleinige Behandlung anbieten, auch nicht im
Anschluss an stationäre Behandlung (EL 2b).
▪ Gewichtszunahmeziel 200–500 g/Woche, flexible Handhabung möglich (KKP).
▪ Vor Beginn Rahmenbedingungen der Behandlung mit Patientin und
Sorgeberechtigten klar besprechen: Umgang mit Wiegen, Vorgehen bei
Gewichtsabnahme, Kontakte mit Hausarzt/Kinderarzt/Gynäkologen, Umgang mit
Familie (KKP).
▪ Vorrangiges Ziel: Normalisierung von Essverhalten und Gewicht und Arbeit an
damit verbundenen psychischen und psychosozialen Problemen (KKP).
▪ Nach ambulanter Psychotherapie sollen Psychotherapeut*innen oder
betreuender (Haus-/Kinder-) Arzt regelmäßig über mindestens ein Jahr
Folgetermine anbieten (Aufrechterhaltung des Therapieergebnisses und
Rezidivprophylaxe) (KKP).
▪ Bei Verschlechterung / stagnierender Entwicklung frühzeitig intensivere
Behandlungsangebote (z. B. im Sinne einer stationären Behandlung; ggfs. auch
einer tagesklinischen Behandlung oder einer Kombination von
Behandlungsansätzen im ambulanten Setting) machen (KKP)

18
Q

Für welche GRuppen ist die Tagesklinische BEhandlung nach der Leitlinie bei AN indiziert?

A

Möglich bei folgenden Gruppen (KKP):
▪ Vorbereitung des Übergangs in ambulante Behandlung nach stationärer
Behandlung („Step-down“); die tagesklinische Weiterbehandlung sollte mit
störungsspezifischer Expertise möglichst im gleichen Behandlungsteam erfolgen
▪ Intensivierung ambulanter Therapie („Stepped care“) bei gut motivierten
Patientinnen ohne Komorbidität und nur mäßigem Untergewicht (BMI > 15 kg/m2)
▪ Bei chronischen Verläufen mit wiederholten stationären Aufenthalten in der
Vorgeschichte, wenn das Ziel in einer Verbesserung der sozialen Einbindung
und der Tagesstrukturierung besteht.

Tagesklinische Weiterbehandlung nach stationärer Behandlung mit ausreichender
Stabilisierung der körperlichen Situation soll bei Kindern und Jugendlichen erwogen
werden, wenn die tagesklinische Weiterbehandlung mit störungsspezifischer Expertise
im gleichen Behandlungsteam erfolgen kann und eine engmaschige Einbindung der
Angehörigen gewährleistet ist (EL 1b).

19
Q

Unter welchen Bedingungen ist eine stationäre Behandlung bei AN indiziert? (Kriterien)

A

Stationäre Behandlung bei Vorliegen von mind. 1 Kriterium (KKP):
▪ rapider / anhaltender Gewichtsverlust (> 20 % über sechs Monate)
▪ gravierendes Untergewicht (BMI < 15 kg/m2)
▪ Gewichtsverlust / unzureichende Gewichtszunahme über 3 Monate (bei KJP
früher) trotz ambulanter oder tagesklinischer Behandlung
▪ Hinderliche soziale oder familiäre Einflussfaktoren (z. B. soziale Isolation,
problematische familiäre Situation, unzureichende soziale Unterstützung)
▪ ausgeprägter psychische Komorbidität
▪ Suizidalität
▪ Schwerer bulimischer Symptomatik und/oder exzessivem Bewegungsdrang, wenn
ambulant nicht beherrschbar
▪ körperlicher Gefährdung oder Komplikationen
▪ geringer Krankheitseinsicht
▪ Überforderung im ambulanten Setting (bei KJP: Zusammenbruch familiärer
Ressourcen)
▪ Multiprofessionelles Team (mit krankenhaustypischen Heilmethoden) erforderlich
▪ Stationäre Behandlung soll in Einrichtungen erfolgen, die spezialisiertes,
multimodales Behandlungsprogramm anbieten

20
Q

Welche störungsspezifischen Komponenten der An sollten über den Die Krankenhausbehandlung (stationär) hinaus berücksichtigt werden? (KKP)

A

▪ Störungsorientierte Psychotherapie (im Einzel- und Gruppensetting)
▪ störungsorientiertes Ernährungsmanagement
▪ Interventionen zu Gewichts- Ess- und ggfs. Bewegungsverhalten (u. a.
Essbegleitung, Gewichtsverträge)
▪ medizinische Behandlung und regelmäßige Visiten mit Besprechen der
Gewichtskurve
▪ störungsorientierte Körper- und ggfs. Sporttherapie
▪ Einbeziehung der Familie, zumindest bei Kindern und Jugendlichen

21
Q

Was für Regeln gibt es bei der Essbegleitung (AN)?

A

„Tischbegleitung“ typischerweise am Anfang der Behandlung, geht ins
Selbstmanagement über (ebenso wie Portionierung der Mahlzeiten)
Typische Regeln:
▪ Zeitliche Begrenzung mit pünktlichem Beginn und Ende (30-60 Min)
▪ Kein Verlassen der Tischgruppe
▪ Würzen nur nach Probieren (oder gar nicht)
▪ Keine Lebensmittel aus Raum mitnehmen/mitbringen
▪ Trinkmenge einschränken
▪ Keine Bewertung und Gespräche über Essen oder das Essverhalten anderer
▪ Smalltalk oder achtsame Stille je nach Konzept

22
Q

Welche Maßnahmen werden im Rahmen des Verstärkersystems bei Essstörungen in Abhängigkeit vom Körpergewicht schrittweise eingeführt? (Gewichtstreppe/Verstärkerystem)

A
  • 35kg: Essensplan, 1 Stunde ruhen nach Mahlzeiten
  • 37 kg: Zeitlich begrenzte Teilnahme an Klinikschule
  • 39kg: Ausdehnung der therapeutischen Aktivitäten zB Teilnahme am Sportprogramm für essgestörte Patienten, Body Image Therapie, Ergotherapie
  • 40kg: Verlängerung der Schulstunden, Teilnahme an Gruppenaktivität außerhalb der Station, Wochenendbesuch zuhause
  • 42kg: Zusammenstellung der Zwischenmahlzeiten nach Wunsch der Patientin
  • 44/45kg: Schulbesuch ohne Einschränkung, freie Wahl von Frühstück und Abendessen, zunehmend längere Aufenthalte zu Hause, Übernahme in Tagesklinik
23
Q

Welche Ziele und Maßnahmen stehen bei der Gewichtstherapie im Vordergrund? (Leitlinie AN)

A

▪ Ziel: Gewichtsrestitution (bei Erwachsenen: BMI ≥ 18,5 kg/m2 , bei Kindern und
Jugendlichen: die 25. BMI-Altersperzentile, mindestens aber die 10. BMI-
Altersperzentile), individuelles Zielgewicht kann weitere Faktoren berücksichtigen
(z. B. Dauer der Erkrankung, prämordides Gewicht) (KKP).
▪ Gewichtszunahmeziel: 500–1000 g/Woche (KKP).
▪ Regelmäßiges (in der Regel 1–3 x/Woche) Wiegen, morgens nüchtern ungefähr
um die gleiche Zeit in leichter Bekleidung (Unterwäsche) (KKP).
▪ Zur Rückfallprophylaxe im letzten Abschnitt der stationären Therapie ist Ziel, dass
Patientinnen das erreichte Gewicht über eine gewisse Zeit mindestens halten und
der Übergang in die ambulante Situation vorbereitet wird (EL 4)

24
Q

Wie sollten Übergänge zwischen Behandlungssettings geplant werden, um Rückfälle zu vermeiden?

A

Wegen erhöhten Risikos für Rückfälle: Übergänge zwischen Settings (vor allem
in weniger intensive Settings: stationär → ambulant) gut planen und aktiv mit
ambulanten Weiterbehandlern vernetzen (KKP).
Günstig sind Angebote, die den Übergang in die ambulante Situation erleichtern wie
poststationäre Gruppen oder internetgestützte Therapie (EL 4). Die Vorbereitung des
Übergangs soll auch die (Re-) Integration in das schulische und berufliche Umfeld
beinhalten (KKP).
An eine stationäre Behandlung soll sich eine ambulante Psychotherapie anschließen.
Bei Kindern und Jugendlichen sollte dies (falls nicht gravierende Gründe dagegen
sprechen) eine familienbasierte Psychotherapie sein (EL 2a)

25
Q

Unter welchen Bedingungen können Neuroleptika bei Essstörungen eingesetzt werden? (Leitlinie)

A

Neuroleptika und Antidepressiva sollen nicht zur Erreichung einer Gewichtszunahme
eingesetzt werden (EL 1a).
Einzelfallentscheidung bei Neuroleptika:
▪ Bei erheblich auf Gewichtsängste und Essen eingeschränktem Denken und bei
nicht zu beherrschender Hyperaktivität Einsatz niedrig dosierter Neuroleptika (vor
allem Olanzapin (EL 2a) im Einzelfall (EL 2a).
▪ Pharmaka mit geringer extrapyramidaler Beeinträchtigung bevorzugen.
▪ Behandlungsindikation nur für Dauer der o. g. Symptomatik (keine Dauertherapie)
und nur im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes.
▪ Patientin muss über Off-Label-Use aufgeklärt werden (KKP).

26
Q

Wie sollte das Ernährungsmanagement bei milder bis moderater Anorexia nervosa gestaltet werden, und welche Risiken birgt das Refeeding-Syndrom?

A

Milde bis moderate AN: initial keine niedrigkalorische Energiezufuhr mit schrittweiser
Steigerung für eine sichere Gewichtszunahme (Vermeidung des Refeeding-Syndroms)
erforderlich, sofern medizinische Überwachung gewährleistet ist. (EL 2a;
Evidenzstatement).

Refeeding Syndrom:
Gravierende metabolische Entgleisung (potenziell tödlich!) Kann
in ersten Behandlungswochen bei Wiederernährung auftreten
Inzidenz bei KJ ca. 14%

Initiale Kalorienzufuhr nach Einschätzung der Zumutbarkeit durch Behandelnde unter
Einbeziehung der Patientin sowie der Einschätzung einer ausreichenden
Gewichtszunahme (KKP)

Kein Konsens!
▪ Spannweite 125-3264 kcal/d:
▪ Häufige Empfehlung „Start low, go slow“ (Sorge wegen Refeeding-Syndroms)
kritisiert, bei ärztlicher Überwachung höhere initiale Zufuhr möglich

Energiezufuhr für erwartete Gewichtszunahme hochvariabel, fortlaufende Überprüfung
und Anpassung auf die Patientinnen sowie die Behandlungsphase (KKP).

▪ Initial Gewichtszunahme häufig auch bei niedriger Energiemenge möglich
▪ Richtwerte für späteren Verlauf schwanken: 5-100 kcal/kg Körpergewicht → bis
zu 5000 kcal/d (!)
▪ Schätzung: 5.000-10.000 „excess calories“/d, um 1 kg pro Woche zuzunehmen

Wiederernährung stark mangelernährter Patientinnen stationär unter
engmaschigem medizinischem Monitoring (Labor, Herz-/Kreislaufparameter,
Wasserhaushalt) (KKP).
Flüssigkost v.a. zu Beginn der Behandlung, um eine ausreichende Nahrungszufuhr zu
gewährleisten, als Ergänzung (oder notfalls auch Ersatz) noch nicht ausreichender
normalen Ernährung (EL 3).
Produkte einsetzen, die zur vollständigen Ernährung geeignet sind (alle
Bestandteile normaler Ernährung in ausgewogener Menge).
Flüssignahrung und die Ernährung über gastrale Sonden, wenn Wiederernährung
über reguläre Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr nicht ausreichend. (KKP)

Zusatzernährung durch zB Fresubin:
- nach Mahlzeiten, wenn vereinbarte Menge nicht geschafft
- Trinken unter Aufsicht
- Verhinderung kompensatorischer Maßnahmen
-> Achtung, kann langfristig Vermeidung normaler Nahrung aufrecht erhalten!

27
Q

Wie sind die Wirkmechanismen der AN Therapie bei Kindern und Jugendlichen?

A

Systematischer Review zu Therapie von AN und Bulimia Nervosa bei
Jugendlichen:
▪ 21 Artikel zu 8 RCTs eingeschlossen, davon 16 Artikel (und 6 RCTs) zu AN
▪ N=531 Patient*innen zwischen 11 und 19 Jahren
→ Familienbasierte Ansätze vorherrschend
→ Suche nach Moderatoren und Mediatoren über Störungsbilder hinweg!
Potentielle Mediatoren aus Einzelstudien zu AN:
▪ Family Environment Scale
▪ Selbstwirksamkeit der Jugendlichen bzw. der Eltern
▪ Gewicht
▪ Essstörungsspezifische Psychopathologie
→ keine eindeutigen Aussagen zu Mediatoren möglich!
→ Für Familienbasierte Ansätze evtl. elterliche Selbstwirksamkeit als Mediator

28
Q

Fazit Esstörungen Teil 2

A

▪ Bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen ist ein früher Beginn (relativ zum
Störungsauftreten) wichtig (so früh wie möglich um eine gute Response zu schaffen und Chronifizierung vorzubeugen)
▪ Verglichen mit der Behandlung von Erwachsenen ist die Behandlung von
Jugendlichen effektiver
▪ Evidenzbasiert sind v.a. familienbasierte Ansätze, wobei aber auch hier die
Wirkmechanismen (Mediatoren) nicht genau bestimmt werden können
▪ Bei Jugendlichen steht als Entwicklungsaufgabe eigentlich die
Autonomieentwicklung im Vordergrund: diese wird durch die Erkrankung und
Akutbehandlung (Gewichtsrestitution) eingeschränkt → muss im Folgeverlauf
thematisiert werden!