2 Störungslehre KJP SSV 1 Flashcards
Wie kann man aggressives Verhalten unterscheiden?
- Reaktiv- Impulsive Aggression
- IdR ungeplant
- ausgelöst durch erlebte Bedrohung
- wird offen ausgelebt
- Meist negative Konsequenzen
- begleitende Emotionen: Enttäuschung, Angst - Instrumentelle / Produktive Aggression
- geplant
- Soll Ziel/Vorteile erreichen
- häufig verdeckt ausgeführt
- Positive Konsequenzen
Beschreibe die Phänotypen Aggressiven Verhaltens
Reaktiv-Impulsive Aggression
- gegenüber negativ emotionalen und bedrohlichen Reizen erhöhte vegetative Reaktionen
- Volumen- und Aktivitätsverringerung in denjenigen frontalen Hirnarealen, die mit Impuls,- Ärger-, und Furchtkontrolle zusammenhängen
- Aktivität der Amygdala als subcorticales Zentrum für Furchtempfinden erhöht
Instrumentelle/proakive Aggression
- Defizite in Empathie und Reue, wobei die Person verminderte vegetative Reaktionen zeigen
- Reduzierte Aktivität der Amygdala sowie von corticalen Regionen, die mit Empathie und sozialem Handeln zutun haben
- Intellektuelle Funktionen unbeeinträchtigt
Folgen früher Störungen des Sozialverhaltens:
Je früher schwerwiegendes aggressives Verhalten auftritt, desto ungünstiger ist der Verlauf! Betroffene Kinder…
- scheitern an zentralen Entwicklungsaufgaben
- werden aus Peer-Gruppen ausgeschlossen (und binden sich folglich häufig an andere deviante Peers)
- brechen häufiger die Schule ab, betroffene Mädchen haben eine erhöhte Rate an Teenager-Schwangerschaften (OddsRatio 2,7)
- integrieren sich später schlechter ins Arbeitsleben
- zeigen später häufiger Delinquenz (OR 3.5)
- Leiden unter späteren psychischen Folgeproblemen/ komorbide Störungen (Substanzmissbrauch, Depression, Angststörungen, dissoziale Persönlichkeitsstörung) (OR 2.1)
Störungen des Sozialverhaltens sind gekennzeichnet durch…
… ein durchgängiges Muster von oppositionellem, aggressiven und dissozialen Verhalten
- welches vor dem Hintergrund des Entwicklungsstandes der KiJu und in Bezug zur Altersgruppe deutlich normverletzend ist
- und mit einer klinischen Beeinträchtigung verbunden ist
- ICD-10 und DSM-5 stimmen hinsichtlich der Anzahl und Art der
Verhaltenskriterien überein. Allerdings bestehen Unterschiede hinsichtlich
notwendiger Dauer der Symptomatik (ICD-10: 6 Monate; DSM-5: 12 Monate)
sowie in Subkategorisierung der SSV.
Grundlegende Symptome oppositionell- aggressiven Verhaltens nach ICD-10 /DSM-5
Ärgerlich/gereizte Stimmung
1. wird schnell wütend
2. ist häufig reizbar oder lässt sich leicht ärgern
3. ist häufig verärgert und beleidigt
Streitsüchtiges/trotziges Verhalten
4. streitet sich häufig mit Erwachsenen
5 widersetzt sich häufig Anweisungen und Regeln von Erwachsenen
6. verärgert andere häufig absichtlich
7. schiebt häufig die Schuld für eigene Fehler auf andere
Rachsucht
8. häufig boshaft und nachtragend
Grundlegende Symptome Dissozial-aggressiven Verhaltens nach ICD-10/DMS-5
Symptome liegen in folgenden der 4 Kategorien:
I. Aggressives Verhalten gegenüber Personen und Tieren
9. bedroht oder schüchtert andere häufig ein
10. beginnt häufig Schlägereien
11. hat gefährliche Waffen benutzt
12. war körperlich grausam zu Menschen
13. quält Tiere
14. hat in Konfrontation mit dem Opfer gestohlen
15. zwang andere zu sexuellen Handlungen
II. Zerstörung von Eigentum
16. Brandstiftung
17. absichtliche Destruktivität gegenüber dem Eigentum anderer
III: Betrug und Diebstahl
18. Einbruch in Wohnungen, Autos, Gebäude
19. Häufiges Lügen
20. Diebstahl ohne Konfrontation mit dem Opfer
IV. Schwerwiegende Missachtung von Regeln
21. bleibt über Nacht weg (<13. LJ)
22. lief mind. 2x über Nacht von zuhause weg
23. schwänzt die Schule
Störungen des Sozialverhaltens nach ICD10 allgemeines Kriterium
Vorlegen eines wiederholten, persistierenden Verhaltensmusters, bei dem entweder die Grundrechte anderer oder die wichtigsten altersentsprechenden sozialen Normen oder Gesetze verletzt werden, mindestens sechs Monate anhaltend
ICD 10 F91.0 auf familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens
Allgemeines Kriterium erfüllt ≥ 3 Kriterien erfüllt, mind- 3 von 9.-23.
Mind. 1 Symptom von 9.-23. mind. 6 Monate gegeben
SVV beschränkt auf familiären Rahmen!
ICD 10 F91.1 Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen
Allgemeines Kriterium erfüllt
≥ 3 Kriterien erfüllt, mind. 3 von 9.-23.
mind. Ein Symptom von 9.-23. mind. 6 Monate gegeben
Wenig Beziehungen zu gleichaltrigen; Isolation !
ICD 10 F91.2 Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen
Allgemeines Kriterium erfüllt
≥ 3 Kriterien erfüllt, mind von 9.-23.
mind. Ein Symptom von 9.-23. mind. 6 Monate gegeben
Normale Beziehungen zu Gleichaltrigen!
ICD 10 F91.3 Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigen Verhalten
Allgemeines Kriterium erfüllt
≥ 4 Kriterien erfüllt, aber
Nicht mehr als zwei Symptome von 9.-23.
> mind. 4 Symptome mind. 6 Monate gegeben
ICD 10 F92.0 Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung
Allgemeines Kriterium erfüllt
> die Kiterien für eine depressive Störung (F30-F39 müssen erfüllt sein)
DSM 5 313.81 Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten
Allgemeines Kriterium: Muster von wiederkehrenden negativistischen, trotzigen, ungehorsamen und feindseligen Verhaltensweisen, V.a. Gegenüber Autoritätspersonen
> allg. Kriterium erfüllt
> klinisch bedeutsame psychosoziale Beeinträchtigung
> mind. 4 Symptome ausschließlich aus oppositionell-aggressivem Verhaltensspektrum (1-8)
> Zeitraum: Symptomatik mind. 6 Monate gegeben
DSM 5 312.8 Störung des Sozialverhaltens
Allgemeines Kriterum: Sich wiederholende Verhaltensmuster, bei dem grundlegende Rechte anderer sowie wichtige altersbezogene Rechte und Normen verletzt werden
> klinisch bedeutsame psychosoziale Beeinträchtigung
> die Verhaltensweisen treten nicht ausschließlich im Verlauf einer psychotischen oder affektiven Störung auf
> drei oder mehr Symptome aus dissozial-aggressivem Verhaltensspektrum (9-23)
> Zeitraum: 12 Monate (min. 1 Kriterium in letzen 6 Monaten vorhanden)
> SVV bei Patienten über 18 Jahre nur dann zu diagnostizieren, wenn die Kriterien einer Antisozialen Persönlichkeitsstörung nicht erfüllt sind
Störungen des Sozialverhaltens nach DSM 5
- Wiederholtes und persistierende Verhalten, das grundlegende Rechte anderer oder zentrale altersangemessene Normen verletzt
- Vorliegen von mind. 3 Symptomen aus 9.-23. in den letzten 12 Monaten mit mind. 1 Symptom beobachtbar in den letzten 6 Monaten
- klinische Beeinträchtigung
-> bei Personen > 18. Lj: Ausschluss einer antisozialen Persönlichkeitsstörung
-> Einstufung des Schweregrads:
- Schwer: Zahl der erforderlichen Kriterien deutlich übertroffen oder besonders schwerwiegende Symptome wie zB erzwungene sexuelle Handlungen, Waffengebrauch oder Raubdelikte
- leicht: eher geringer Schaden, der anderen durch das Verhalten entsteht
Bedeutung des Onset-Alters
DSM 5 unterscheidet Subtypen je nach Beginn der Symptomatik:
- Childhood-onset: mind. 1 Symptom vor dem 10. Lj
- Adolescent Onset: kein Symptom vor dem 10. LJ
- Unklarer Onset: Information fehlt
Childhood Onset:
- hohe Stabilität der SSV-Symptomatik, ungünstige Prognose
- höhere Quantität und Qualität an SVV Symptomatik
- Höhere Prävalenz komorbider Störungen (soziale Phobie, Drogenabhängigkeit, Persönlichkeitsstörungen)
- als Erwachsene vermehrt gewalttätige und polysymptomatische Formen von antisozialer Persönlichkeitsstörung
Wechselwirkung: Onset und Ausprägung
Hohe Prävalenz zu ASPD
Schwere Ausprägung SVV, Alter bei Beginn bis 6 Jahre - Diagnose Antisoziale Persstörung 71%
Wenn in einem Zeitraum von mind. 12 Monaten die Kriterien für eine SSV erfüllt sind, kann im DSM 5 die Zusatzkodierung „mit reduzierter prosozialer Emotionalität“ vergeben werden. Dafür müssen mind. …
… 2 oder mehr der folgenden Merkmale durchgängig (in verschiedenen Settings/BZ) erfüllt sein:
- Mangel an Reue oder Schuldbewusstsein (Lack of Remorse or guilt)
- Gefühlskälte gegenüber der eigenen Leistung (unconcerned about Performance)
- oberflächlicher oder mangelnder Affekt (shallow or deficient Affect)
-> Symptome müssen „typisches“ Verhalten widerspiegeln und von verschiedenen Quellen bestätigt werden) (callous-unemotional trait, CU)
-> assoziierte Charakteristika: geringe Reaktion auf Bestrafungsreize, mehr instrumentelle Aggression
Störung mit oppositionellem Trotzverhalten nach DSM5
- Muster von wiederkehrenden, negativistischen, trotzigen, ungehorsamen und feindseligen Verhaltensweisen, v.a. Gegenüber Autoritätspersonen
- mind 4 Symptome ausschließlich aus oppositionell- Aggressivem Verhaltensspektrum (Symptome 1.-8.)
- bei Kindern < 5 Jahre: an der Mehrzahl der Tage
- bei Kindern > 5 Jahre mind. 1 x pro Woche - Dauer mind. 6 Monate
- klinisches Leiden/Beeinträchtigung
- Tritt nicht ausschließlich im Rahmen einer anderen psychischen Störung auf
- Spezifikation des Ausprägungsgrads (leicht, mittel, schwer)
Epidemiologie: British Child Mental Health Survey Maughan et al 2004
Bevölkerungsrepräsentative Stichprobe (UK)
N = 10.438 KiJu zw 5-15 Jahren
Untersuchungsmethoden:
- Elterninterview
- Kinderinterview
- Lehrerfragebogen
Analyse der Prävalenz von Störung des Sozialverhaltens (Conduct Disorder, CD), Störung mit oppositionellem Trotzverhalten (Oppsitional Defiant Disorder, ODD) und beider Störungen zusammengefasst (inclusive ODD -> getrennt nach Alter und Geschlecht)
CD
Conduct Disorder
Störungen des Sozialverhaltens
ODD
Oppositional Defiant Disorder
Störung mit oppositionellem Trotzverhalten
Inclusive ODD
CD (Conduct Disorder) und ODD (oppsitional Defiant Disorder) zusammengefasst, getrennt nach Alter und Geschlecht