3 Störungslehre KJP SSV 2 Flashcards
Einteilung der Therapieprogramme
-> Bild von Folie
Fokus der psychotherapeutischen Interventionen - Ein-ebenen-Intervention - Mehr Ebenen-Intervention (- Multikomponenten - multimodal (-Integration der Komponenten)) Interdisziplinäre Ausrichtung in der Behandlung
Was sind Bausteine Der Therapie von SSV?
Bausteine:
- Patientenzentrierte sowie Eltern- und Umfeldzentrierte Interventionen
- Einbindung des schulischen Umfelds
- Jugendhilfemaßnahmen
-> Auswahl je nach
- Alter
- Familiäre Ressourcen
- Motivation
- Intensität der Störung und begleitende Komorbiditäten
Therapie erschwert, da Motivation bei Patientinnen und Eltern oft gering!
Wie viele Therapieabbrüche gibt es bei SSV und was sind Prädiktoren/Merkmale?
40-60% de Familien brechen die Therapie vorzeitig ab!
Prädiktoren/Merkmale:
- Schwere Symptome
- Schlechtere Schulleistungen
- Mehr Kontakt zu dissozialen Peers
- Mehr Komorbiditäten
- Jüngere, alleinerziehende Mütter
- Sozioökonomischen benachteiligt
- Häufige Zugehörigkeit zu einer ethischen Minderheit
Erkläre den Entscheidungsbaum der Leitlinie
-> Folie
(Veränderung des Settings -> Makroebenenverschiebung)
Was sind die Empfehlungen der Leitlinie zu Elternzentrierten Maßnahmen ?
- Beide Elternteile einbeziehen, falls möglich und im Interesse des Kindes
- Umfang 10-16 Doppelsitzungen (Intensivierung zb bei Kindern mit mangelnden prosozialen Emotionen)
- Einzel- und Gruppenformat
- Typischerweise ambulant, kann aber auch aufsuchend umgesetzt werden (z.B. bei ausbleibendem Erfolg, im Vorschul/Kleinkindalter)
- Ergänzende Maßnahmen bei ungünstigen psychosozialen Bedingungen bzw sozioökonomischer Benachteiligung (Z.B. Kinderbetreuung, Fahrtkostenerstattung, Unterstützung durch Jugendhilfe)
Leitlinie zu Altersabhängigen Empfehlungen zu Elterntrainings
Bis 3 Jahre:
- bei erhöhtem Risiko für Entwicklung einer SSV (präventiv)
- Elterntraining anbieten (ZB Verbesserung der Erziehungskompetenzen)
3-12 Jahre
- Elterntrainings anbieten
- Bei schwerwiegender Problematik mit kinderzentrierter Intervention kombinieren
Ab 12 Jahren
- Elterntraining anbieten
- Inhalte an das Jugendalter anpassen
Inhalte des Trainings nach Leitlinie
Interventionen sollten auf einem kognitiv-behavioralen Konzept beruhen und folgende Methoden verwenden, um eine positive Eltern-Kind-Interaktion sowie elterliche Kompetenzen und Erziehungsfertigkeiten zu verbessern:
- Psychoedukation
- Verstärkertechniken (Interittierende Verstärkung !!!, Token System)
- Modelllernen
- Feedback: insbesondere Rückmeldung von angemessenen Erziehungs- und Interaktionsverhalten (direkt, verbal, per Video)
- Übungen und Unterstützungen von Verhaltensänderungen im natürlichen Umfeld, Einsatz von Transfertechniken inklusive Selbstmanagementmethoden
- Techniken zur Verbesserung der Konfliktlösung (einschließlich elterlicher
Ärger- und Stressregulation) und Strategien zum Aufbau einer
angemessenen familiären Kommunikation
Leitlinie zu Verhaltenstherapie bei SSV
- Psychoedukation von Bezugspersonen und Kind (Erklärungsmodell!)
- Förderung positiver Eltern-Kind-Beziehung: mehr positive Zuwendung und
Aufmerksamkeit (Lob, Spiel- und Freizeitaktivitäten) - Positive Verstärkung angemessenen Verhaltens (Aufmerksamkeit,
Tokensysteme) - Effektiver Einsatz von Grenzsetzung / Bestrafung: Klare Familienregeln,
wirkungsvolle Aufforderungen, Grenzen setzen - Verstärkerentzugssysteme (Response Cost) (direkte Belohnung wird aufgehoben, z.B. BAll rennen, Auszeit vom Spiel)
- Negative Konsequenzen (Auszeit)
- Beratung zur Zusammenarbeit mit anderen Fachstellen
Wie ist die Effektivität von Eltern-Trainings?
Meta-Analysen zu einzelnen Programmen, z.B.:
− “Incredible Years“ (Menting et al., 2023): Signifikante Reduktion externalen
Problemverhaltens (d=0.27 (95% CI = 0.21-0.34)), bei indizierter Behandlung
mittlere Effekte, bei präventiver Behandlung kleine Effekte
− „Triple P“ (Wilson et al., 2012): Signifikant wirksam gegenüber passiver
Kontrollgruppe (d = 0.61 (95% CI = 0.42 – 0.79))
Programmübergreifende Evidenz
(Epstein et al., 2015; Matjasko et al., 2012; Piquero et al., 2009):
− Wirksamkeit v.a. bei jüngeren Kindern gut belegt
− Effekte v.a. auf Erziehungskompetenzen und oppositionelle Verhaltensprobleme
− Stabile Erfolge (1 Jahr Follow-Up)
− Reduzieren elterlichen Stress, erhöhen elterliches Selbstwertgefühl
− Hilfreich: handlungsorientiert, auf Alltagsprobleme ausgerichtet, überschaubare
Anforderungen, Teil eines multimodalen Therapiekonzeptes
Leitlinie zu Kindzentrierten Maßnahmen
− Die Interventionen sollten auf einem kognitiv-behaviouralen Therapiekonzept
beruhen und auf der Grundlage publizierter und evaluierter Therapieprogramme
unter Einschluss der entsprechenden Therapiematerialien durchgeführt werden
− Einzel- oder Gruppenformat:
- Einzelformat: 20-25 Sitzungen
- Gruppenformat: 10-18 Sitzungen, max. 6 Teilnehmende, zwei
GruppenleiterInnen, negative Lerneffekte beachten (Devianztraining!!! Klausurfrage)
− Ambulant oder (teil)stationär:
- (teil)stationär: multiprofessionelles Team, systemische und
psychodynamische Konzepte können hilfreich sein
Interventionen richten sich nach
auslösenden/aufrechterhaltenden Faktoren
Fehlwahrnehmung sozialer Situationen:
-> Problemlösetraining
Interventionen richten sich nach
auslösenden/aufrechterhaltenden Faktoren
Störungen der Affekt-/Impulskontrolle:
-> Ärgerkontrolltraining (Emotionserkennung und -Regulation, Stressregulation)
Interventionen richten sich nach
auslösenden/aufrechterhaltenden Faktoren
Sozial inkompetentes Verhalten:
Soziales kompetenztraining
Interventionen richten sich nach
auslösenden/aufrechterhaltenden Faktoren
Sozial inkompetentes Verhalten (zB Selbstbehauptung):
-> Soziales Kompetenztraining
Interventionen richten sich nach
auslösenden/aufrechterhaltenden Faktoren
Aggressives Verhalten wird belohnt:
- Selbstmanagement und Verbindung mit Familien- und peerbezogenen Interventionen
Interventionen richten sich nach
auslösenden/aufrechterhaltenden Faktoren
Mangelnde prosoziale Emotionen:
- Stärkung von Empathie, Verdeutlichung der Folgen für das Opfer
Altersabhängige Empfehlungen nach Leitlinie
4-6 Jahre
- Soziales Kompetenztraining bei vorliegen bei gleichaltrigbezogener Aggression und Defiziten in sozialer Kompetenz und Konfliktlösefahigkeit
- nur in Kombination mit Eltern-/Umfeldzentrierter Intervention
6-14 Jahre
- soziales Kompetenztraining (inkl. Sozial-kognitive Problemlösung) bei Vorliegen bei gleichaltrigenbezogener Aggression und Defiziten in sozialer Kompetenz und Konfliktlösefähigkeit
- Möglichst in Kombination mit Eltern-/Umfeldzentrierter Intervention
Ab 14 Jahren
-Soziales Kompetenztraining (inkl. Sozial kognitive Problemlösung) bei Vorliegen bei gleichaltrigbezogener Aggression und Defiziten in sozialer Kompetenz und Konfliktlösefähigkeit
- Können mit Eltern-/ Umfeldzentrierter Intervention kombiniert werden
Patientenzentrierte psychotherapeutische Interventionen im Einzelsetting oder Gruppenformat sollten folgende Methoden einsetzen SSV
- Psychoedukation
- Modelldarbietung
- Interventionen zur Veränderung von aggressionsauslösenden Denkinhalten und von ineffizienten Problemlöseprozessen
- Methoden der Affektregulation
- Rollenspieltechniken, Verhaltensübungen inkl. Rückmeldungen und Rollentusch
- Verstärkungstechniken
- Transfertechniken inkl Selbstmanagementmethoden, Selbstreflexion, Übungen im natürlichenUmfeld, Einbeziehung von Eltern, Erziehern, Lehrern oder Gleichaltrigen in der Intervention
Was sind die Grundlagen von Kindeszentrierten Maßnahmen VT?
- Motivierende Gesprächsführung
- Therapeutin aktiv, modelliert Verhalten
- Methoden müssen altersangemessen sein zB Geschichten, Spiele, strukturierte Rollenspiele
- Zunehmender Alltagsbezug der Problemstellung
- Übung sozialen Verhaltens in realen Umfeldern
- Ressource und Schutzfaktoren fördern (ZB nicht delinquente Freundschaften)
Was ist das Ziel und was sind typische Interventionen der Kindeszentrierten Maßnamen bei (VT SSV)
Fokus auf Soziale Kompetenz- und Problemlösetraining!
Ziel: In Konfliktsituationen die Problemlösung durch Selbstmanagementstrategien (Selbstbeobachtung, Selbstbeurteilung und Selbstverstärkung) Verbessern
-> Bessere Steuerung von Ärger und Impulsivität
Typische Interventionen:
- Handlungsunterbrechung (stop and thinking)
- Selbstbeobachtung und Problemanalyse
- Entwicklung und Einübung alternativer Handlungsstrategien
- Auswahl der besten handlungsalternativen unter Berücksichtigung antizipierter Konsequenzen
- Handlungsausführung, Evaluation und Selbstbelohnung
Was sind weitere zentrale Bestandteile der Kindeszentrierten Maßnahme in der VT bei SSV?
- Bearbeitung von Attributionsverzerrungen/Bewertungsmustern
- Kommunikationsstrategien (Zuhören, sozialer Perspektivwechsel)
- Emotionsregulation, Stressbewältigung, Selbstberuhigung
- Förderung eines positiven (realistischen!) Selbstbildes
- Aufbau positiver Beziehungen und Freundschaften, Vermeidung negativer Beziehungen
- Emotionale Kompetenzen und Empathie
Was haben die Kindeszentrierten Interventionen für eine Effektivität?
Altersübergreifende Meta-Analysen:
- NICE 2013: VT (Kompetenztraining) reduziert aggressives VErhalten nach Einschätzung verschiedener Beobachter mit kleinen bis mittleren stabilen Effekten
- Überprüft sind va Gruppenformate
- Effekte auf gleichaltrigen-bezogene Aggression, sozial-kognitiv Informationsverarbeitung, Affekt- und Impulskontrolle und soziale Fertigkeiten
Altersspezifische Evidenz:
- Auch bei jüngeren Kindern (4-8Jahre) mittlere ES bei oppositionell-aggressivem Verhalten und sozialer Kompetenz, stabil über ein Jahres Follow up
- Auch für Adoleszenten wirksam (z.B. Fossum et al 2008, McCart et al 2006)
Was ist THOP (VT) ?
− Therapieprogramm für Kinder mit
hyperkinetischem und oppositionellem
Problemverhalten (3-12 Jahre)
− Zwei Teilprogramme:
- Eltern-Kind Programm zur Bewältigung
von Problemsituationen in der Familie
(elternzentrierte und kindzentrierte
Interventionen)
- Interventionen im Kindergarten bzw. in
der Schule
− 20 Therapiebausteine, individuell kombinierbar
− Einzeltherapie, aber auch in Gruppe möglich
− 10-40 Sitzungen
Multimodale Interventionen, Ws ist Multimodale Therapie? (WICHIG!!)
Multimodal: Therapieebenen werden aufeinander abgestimmt, Behandlungsziele durch gemeinsame Fallführung koordiniert, um optimales Behandlungsergebnis zu erzielen
Empfehlung:
- Multimodal, wenn sich die Symptome auf mehrere lebensbereiche erstreckt
- Multimodale Intensivbehandlung bei schwerwiegender Symptomatik im Alter zwischen 12-18 Jahre
Was ist das Verhaltenstherapeutisches Intensivprogramm
zur Reduktion von Aggression (VIA) ?
Kombination aus
− 10-tägigem tagesklinischen Programm für Kinder (möglichst altershomogene
Gruppe)
− Elterntraining
- 9 Sitzungen (1,5 Stunden), davon 2 Sitzungen vor Kinderbehandlung
- Inhalte: Wissensvermittlung, neue Erziehungsstrategien, angemessene
Reaktionen bei Verhaltensdurchbrüchen
- Familienweise Fokus auf 2-3 Problemverhalten
Wie sieht die Struktur bei Kindzentrierten Interventionen aus?
- Alltagsstrukturierende Maßnahmen
(Besprechungsrunden, Mahlzeiten,
etc.) - Tagesziele: individuell (z.B. „Ich
schmeiße heute nicht mit Sachen“) - Module zum Training sozialer
Kompetenzen (z.B.
Emotionserkennung, angemessene
Selbstbehauptung) - Vertiefende Projektarbeit (zu
Inhalten des Sozialen
Kompetenztrainings) - Einzelgespräche
Was sind Verhaltensregeln und Konsequenzen, wie werden diese Festgelegt?
4 Hauptregeln festlegen (gemeinsame
Abstimmung, jeder hat 3 Stimmen)
- Response Cost System: Jedes
Kind startet mit 4 Punkten in die
Arbeitseinheiten (4 pro Tag) → bei
Nichteinhaltung 1 Punkt Abzug
- Sonderpunkte für individuelle
Tagesziele
- Am Ende der Woche: Kind mit
meisten Punkten darf sich zuerst
Belohnung aus Überraschungsbox
aussuchen
(Siehe ABB)
Was sind Ziele und Methoden der Multisystemischen Therapie (MST) ?
Ziele:
- Verhindern von Fremdplatzierung
- Verhindern von Delikten
- Verhindern von Wiederverurteilungen
Einbeziehung von Kind, Bezugspersonen, Schule, Gemeinde, Peers
Verwendete Methoden:
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Elterntrainings
- Familientherapie
- Pharmakogolische Intervention (z.B. bei ADHS)
MST gemäß Leitlinie:
Multimodale Intensivbehandlung soll:
- Kind / Jugendliche und Eltern einbeziehen, direkten und unterstützenden Fokus auf
das familiäre System haben (familienzentriert) - Das gesamte Lebensumfeld des Jugendlichen einbeziehen
- Von einem Casemanagement / fallführenden Therapeuten koordiniert werden
- 3 bis 4 Sitzungen wöchentlich über 3 bis 5 Monaten beinhalten
- Rufbereitschaft eines Mitgliedes des Behandlungsteams, auch außerhalb der
normalen Bürozeiten, vorhalten
Was sagt de Effektivität Multimodale Interventionen?
Meta-Analysen zu multimodalen Interventionen allgemein (Baldwin et al., 2012; von
Sydow et al., 2013)
- Kleine bis mittlere Effekte in Reduktion aggressiven Verhaltens
- Genauere Moderationsanalysen aufgrund geringer Power nicht möglich
Meta-Analyse (van der Stouwe et al., 2014) zu multisystemischem Ansatz:
- Bis zu 70% Reduktion von Fremdplatzierungen, Delikten und Wiederverurteilungen
- Verbessertes Funktionsniveau der Familie
- Bessere schulische und berufliche Integration / Leitungsfähigkeit
- Weniger Substanzkonsum
- Weniger Suizidversuche
Fazit SSV Teil 2
- Bei SSV im Kindesalter ist eine ausschließlich kindzentrierte Behandlung ungünstig.
Primäre Bezugspersonen sollten z.B. durch Elterntrainings einbezogen werden. - Bei Aggressionen gegenüber Gleichaltrigen können kindzentrierte Interventionen zur
Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen helfen. - Bei chronischer und schwerwiegender Symptomatik sind multimodale Programme
indiziert. - Eine pharmakologische Behandlung sollte nicht routinemäßig durchgeführt werden.