10 Störungslehre KJP NSSV 1 Flashcards

1
Q

Wie wird der Schweregrad von Selbstverletzungen eingestuft und was sind hierbei klinisch relevante Unterschiede bezüglich Häufigkeit ?

A

Häufig anhand von Schweregrad der Gewebeschädigung bzw. Konsequenz:
▪ Dauerhafte Schäden
▪ Sekundärinfektionen (z.B. durch entzündeten Schnitt)
▪ plastische Chirurgie (z.B. bei Brandverletzungen die nicht von selbst heilen)


Sinnvolle Zusatzcharakterisierung: Frequenz und Chronizität!

Klinisch relevante Unterschiede bzgl. Suizidalität und Psychopathologie:
▪ Repetitive Selbstverletzung (> 4 Mal / Jahr)
▪ Gelegentliche Selbstverletzung

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2
Q

Wie wird NSSV definiert nach DSM-5 (Forschungsdignose)? Wichtig!! KF!!

A

Selbstverletzung erfolgt durch Schädigung der Körperoberfläche (z.B. Schneiden,
Verbrennen, Stechen, Schlagen, die Haut aufreiben) mit der Folge von z.B. Blutungen,
Quetschungen oder Schmerz mit Erwartung eines lediglich kleinen bis moderaten
körperlichen Schadens (keine suizidale Intention)

Selbstverletzendes Verhalten tritt an mind. 5 Tagen innerhalb eines Jahres auf (d.h. repetitiv)

Erwartung bei der Selbstverletzung (erwarteter Zustand tritt während oder kurz nach
Selbstverletzung auf, dabei eventuell repetitives Verhalten, das ähnlich wie eine
Abhängigkeit wirken kann):
▪ Verbesserung eines negativen Gefühls oder kognitiven Zustands,
▪ Lösung einer interpersonellen Schwierigkeit,
▪ Auslösen eines positiven Gefühlszustand
Zusammenhang mit (mind. eine Nennung):
▪ interpersonellen Schwierigkeiten oder negativen Gefühlen oder Gedanken unmittelbar
vor der Selbstverletzung,
▪ gedanklicher Beschäftigung mit der Selbstverletzung vorab (häufig nur schwer
kontrollierbar),
▪ häufigem Nachdenken über Selbstverletzung

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3
Q

Was sind Ausschlusskriterien von NSSV bei der Definition nach DSM5?

A

Nicht als NSSV gewertet werden sollten

▪ Schwach ausgeprägte Formen von selbstverletzendem Verhalten (z.B. Zupfen an
Schorf oder Nägelbeißen),
▪ sozial akzeptierte Formen des selbstverletzenden Verhaltens (Piercings, oder im
Rahmen von religiösen- oder Kulthandlungen),
▪ Selbstverletzungen, die ausschließlich während psychotischer Zustände, im
Delirium, während Intoxikationen oder im Substanzentzug auftreten,
▪ Selbstverletzungen, die bei Menschen mit einer Entwicklungsstörung i. S. von
repetitiven Stereotypien vorkommen,
▪ selbstverletzendes Verhalten, das durch andere psychische oder medizinische
Erkrankungen erklärbar ist

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4
Q

Wie manifestiert sich NSSV?

A

Es gibt verschiedene Formen von NSSV:
- Schneiden, Ritzen z.B Rasierklinge, Messer, zerbrochenes Glas
- Verbrennungen
- Schädigungen der Haut durch Reiben, Kratzen, Beißen
- …
-> häufig mehrere Methoden

Lokalisation
- V.a. Unterarme, Oberarme, Handgelenke und Oberschenkel
- Seltener: Brauch, Brüste, Geschlechtsorgane
- es gibt Hinweise, dass NSSV außerhalb des Armbereichs häufiger mit Suizidgedanken und früheren Suizidversuchen verbunden ist

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5
Q

Wie ist die Epidemiologie bei NSSV KJP?

A

Unterscheide:
▪ Prävalenz einmaligen selbstverletzenden Verhaltens ca. 20%
▪ Prävalenz von NSSV (DSM-5) ca. 6% in der Allgemeinbevölkerung
▪ Prävalenz repetitiven selbstverletzenden Verhaltens ca. 4-6% der Jugendlichen
ABER ca. 50% der kinder-und jugendpsychiatrischen Patient*innen

Früher Beginn und längere Persistenz sind assoziiert mit höherem Risiko für die Entwicklung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung

In deutschen Prävalenzstudien höhere Raten bei weiblichen Jugendlichen, Verhältnis 3:1 (weibliche Jugendliche: männliche Jugendliche)

Wenig zu Langzeitverlauf (Stabilität) bekannt

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6
Q

Wie sind die Länderunterschiede bei NSSV?

A

Frankreich, Deutschland, Estland und Israel am hörigsten einmalige SV, über 5 am meisten, DE, FR und Israel
Studie N= 12.068 Repräsentativ

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7
Q

Wie sieht die Prävalenz im Längsschnitt bei NSSV aus? Wann ist typischerweise der Beginn?

A

Beginn ist typischerweise im 12. - 14. Lebensjahr -> Gipfel im Jugendalter, Abnahme mit Adoleszenz und Erwachsenenalter ( bei 15 J. Peak)

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8
Q

Was sind biologische Risikofaktoren bei NSSV?

A
  • Dysregulation im serotonergen System und der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA->Stressachse)
  • Bei Erwachsenen: Hinweise auf Dysregulation der endogenen Opioide

Schmerzwahrnehmung;
- untersucht v.a. Bei Erwachsenen Patient*innen mit Borderline
- Häufig (fast) keine Schmerzwahrnehmung während der Selbstverletzung
- Hinweise auf Erhöhung der Schmerzschwelle (reversibel bei Beendigung des NSSV)

Kontrollpersonen und BPS mit früherem NSSV empfinden Wärme und Kälte gleich, BPS mit aktuellem NSSV haben höhere Grenzen (ca 2 ° Unterschied)

Kälteschmerz:
bei Kontrollperson: ca 15°
Bei BPS früheres NSSV: ca 18°
Bei BPS aktuellem NSSV: ca 27°

Wärmeschmerz:
- Kontrollpersonen ca 8°
- BPS früheres NSSV ca 12°
- BPS aktuelles NSSV: 15°

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9
Q

Beschreibe den Risikofaktor Lernen am Modell und Imitation

A

Imitationseffekte sind relevant bei NSSV
- Internet: Normalisierung einer sozialen Akzeptanz des Verhaltens!
- Schule, Kinder- und jugendpsychiatrisches Setting, soziale Netzwerke

  • Prinstein et al 2010: Längsschnittstudie Befrgung von Jugendlichen N=377
  • Indentifikation von besten Freundinnen
    -> starker Kontakt -> starke Identifikation
    -> weibliches Geschlecht und 6. Schuljahr sind sehr sensibler zeitkritisch um NSSV zu begehen
  • Anzeichen dass Mädchen offener darüber sprechen, Jungen die Tendenz haben dies zu verstecken
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10
Q

Inwieweit spiele Eltern und Peers eine Rolle als Risikofaktoren?

A

Nicht immer liegen bei NSSV negative Kindheitserlebnisse vor!
▪ Psychische Erkrankung eines Elternteils, Trennung, elterliche Arbeitslosigkeit
▪ Elterliche Vernachlässigung und Deprivation
▪ Massive elterliche Kritik und elterliche Antipathie
▪ Misshandlung und sexueller Missbrauch
▪ Mobbing (-> einer der stärksten Risikofaktoren)

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11
Q

Die Studie von Lereya et al 2015 zeigt, dass…

A

Mobbing der stärkste Faktor ist später sich selsbtzuverletzen oder suizidal zu sein. Bei den Kategorien Maltreatment, being bullied, or Both vs none war Being bullied only !! (In ALSPAC und GSMS) und Both signifikant
Bei Maltreatment vs being bullied war being bullied only bei ALSPAC signifikant.

Diese sind zwei große unabhängige Studien!

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12
Q

Beschreibe den ersten Block: Distale RisikoFaktoren. des integrierten Modells nach Nock

A

Distale Risikofaktoren: genetische Prädispositionen für kognitive/emotionale reaktivität, Kindesmissbrauch/handlung, familiäre Feindseeligkeit

Genetische Prädisposition: wenig substantiierte Evidenz

Kindesmissbrauch/ -misshandlung:
▪ Meta-Analyse (Klonsky & Moyer, 2008): geringer
Zusammenhang sex. Missbrauch & NSSV, erklärt ca. 5% Varianz
▪ Meta-Review (Maniglio, 2011), beinhaltet 4 Reviews (k=177):
sex. Missbrauch ist statistisch signifikanter, aber moderater
Risikofaktor für NSSV → konfundiert mit familiärem Umfeld, sex.
Missbrauch eher als Risikofaktor für ungünstige psychische
Entwicklung allgemein, nicht NSSV spezifisch

Familiäre Feindseligkeit:
▪ Zusammenhänge zwischen elterlicher Kritik und NSSV
▪ Zusammenhang zwischen mütterlicher und väterlicher
Antipathie mit NSSV

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13
Q

Beschreibe den 2. (Intrapersonelle Vulnerabilitätsfaktoren) und 3. (Interpersonelle Vulnerabilitätsfaktoren) Block des Integrierten Modells nach Nock!

A

Intrapersonelle Vulnerabilitätsfaktoren:

Starke Aversive Emotionen
Starke Aversive Kognitionen
Geringe Stresstoleranz

Interpersonelle Vulnerabilitätsfaktoren:

Geringe Kommunikationsfertigkeit
Geringe Problemlösefähigkeiten
-
Nock & Mendes (2008): experimenteller Vergleich von
Jugendlichen mit NSSV und gesunden Kontrollpersonen
bzgl. sozialer Problemlösefertigkeiten in schwierigen
sozialen Situationen

Jugendliche mit NSSV:
▪ Zeigen keine Auffälligkeiten in selbstkritischen
Attributionen, Anzahl der generierten
Problemlösungen und Qualität der generierten
Lösungen
▪ Wählen ungünstigere Lösungsstrategien für die
Umsetzung aus (d=0.55)
▪ Schätzen ihre Selbstwirksamkeit bei der
Umsetzung schlechter ein (d=0.9)

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14
Q

Beschreibe den Vierten Block: Stressreaktionen. Des integrierten Modells nach Nock!

A

Stressreaktionen:

Stressauslösende Situation führt zu Über-/Unterregung
Oder
Stressauslösende Situation stellt eine nicht bewältigbare soziale Anforderung dar

Geringe Stresstoleranz durch erhöhte neurobiologische Stressvulnerabilität ?
- Jugendliche mit NSSV zeigen in standardisiertem sozialen Strestest eine schwächere Cortisolantwort -> hyporesponsive HPA-Achse (Stressreaktion des Körpers ist herabgesetzt durch z.B. chronischen Stress)
- Hinweise auf gehörte Opioid-Homöstase, die durch NSSV wiederhergestellt wird (bei Jugendlichen bislang nicht untersucht)

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15
Q

Beschreibe den 5. Block: NSSV-spezifische Vulnerabilitätsfaktoren. des Integrierten Modells nach Nock!

A

NSSV-Spezifische Vulnerabilitätsfaktoren:
Soziales lernen
Selbstbestrafung
Soziale Signalwirkung
Pragmatisch
Analgesie/Opioide
Implizite Identifikation

▪ Soziales Lernen: NSSV wird von Freunden oder Verwandten gelernt, durch
Medieneinflüsse (soziale Netzwerke, YouTube etc.) erworben.

▪ Selbstbestrafungshypothese: NSSV als Bestrafung der eigenen Person eingesetzt
v.a, wenn Wut gegen sich selbst besteht

▪ Soziale Signalwirkung: NSSV wenn andere Wege der Kommunikation nicht
genügen / möglich sind

▪ Pragmatische Hypothese: NSSV kann als Mittel der Affektregulation relativ einfach,
fast an jedem Ort und mit einfachen Mitteln durchgeführt werden.

▪ Analgesie, Opiathypothese: bei häufigem NSSV → Erhöhung der Schmerzschwelle
(Selbstverletzung kein aversiver Reiz mehr)

▪ Implizite Identifikation: NSSV, da man sich mit Selbstverletzungen implizit
identifiziert, eine positive Einstellung dazu entwickelt hat.

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16
Q

Beschreibe wie sich die Faktoren des integrierten Modells nach Nock gegenseitig beeinflussen!

A

Das Integrierte Modell nach Nock beschreibt eine dynamische Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Ebenen der Risikofaktoren und Mechanismen. Die Faktoren beeinflussen sich gegenseitig wie folgt:

1.	Distale Risikofaktoren beeinflussen die Vulnerabilitätsfaktoren: Langfristige Belastungen wie Missbrauch oder familiäre Feindseligkeit können die Entwicklung von intrapersonellen (z. B. emotionale Instabilität) und interpersonellen (z. B. soziale Defizite) Vulnerabilitäten fördern.
2.	Intrapersonelle und interpersonelle Faktoren verstärken sich gegenseitig: Schwierigkeiten im Umgang mit starken Emotionen (intrapersonell) können dazu führen, dass soziale Konflikte entstehen oder ungelöst bleiben (interpersonell). Gleichzeitig können soziale Konflikte wiederum emotionale Belastungen und Stress erhöhen.
3.	Stressreaktionen werden durch die Vulnerabilitätsfaktoren verstärkt: Menschen mit geringer Stresstoleranz (intrapersonell) oder sozialen Problemen (interpersonell) reagieren besonders empfindlich auf stressauslösende Situationen. Diese Stressreaktionen können dann die zugrunde liegenden Vulnerabilitätsfaktoren weiter verschärfen.
4.	NSSV-spezifische Faktoren entstehen aus diesen Wechselwirkungen: Wenn Stress durch andere Mechanismen nicht reguliert werden kann, wird NSSV als Strategie erlernt, um mit intensiven Emotionen (Regulation affektiver Erfahrungen) oder sozialen Problemen (Regulation sozialer Situationen) umzugehen.
5.	NSSV verstärkt die zugrunde liegenden Faktoren: NSSV kann kurzfristig Stress reduzieren, aber langfristig emotionale Instabilität oder soziale Konflikte verstärken. Dadurch bleibt der Teufelskreis aus Stress, Vulnerabilität und NSSV bestehen.
17
Q

Erkläre das Vier-Faktoren-Modell von Nock und Prinstein zur Funktionalität von NSSV!
Wichtig!! Klausurfrage!!

A

Das Vier-Faktoren-Modell von Nock und Prinstein beschreibt die Funktionen von nicht-suizidalem selbstverletzendem Verhalten (NSSV) und teilt diese in zwei Dimensionen: Automatisch (intrapersonell) und Sozial (interpersonell). Jede Dimension kann durch positive oder negative Verstärkung motiviert sein:

  1. Automatisch (intrapersonell)• Automatische positive Verstärkung:
    • NSSV wird eingesetzt, um angenehme Gefühle zu erzeugen oder sich lebendig zu fühlen.
    • Beispiel: “Ich verletze mich, um etwas zu spüren.” (Kick bekommen)• Automatische negative Verstärkung:
    • NSSV dient dazu, unangenehme Gefühle wie Angst, Wut oder Spannungen zu reduzieren.
    • Beispiel: “Ich verletze mich, um inneren Stress loszuwerden.” (Nachlassen Aversive Gefühls)
    • Diese Funktion wird von Betroffenen jugendlichen und Erwachsenen am häufigsten als Motivation genannt.
  2. Sozial (interpersonell)• Soziale positive Verstärkung:
    • NSSV wird genutzt, um Aufmerksamkeit oder Zuwendung von anderen zu erhalten.
    • Beispiel: “Ich verletze mich, damit andere mir helfen oder mich bemerken.” (Zeigen, wie schlecht es einem geht)• Soziale negative Verstärkung:• NSSV wird eingesetzt, um unangenehme soziale Situationen zu vermeiden oder Konflikte zu entschärfen.
    • Beispiel: “Ich verletze mich, damit mich niemand mehr kritisiert.”
18
Q

Welche Komorbiditäten gibt es bei NSSV?

A

NSSV kann isoliert auftreten, aber auch in einem breiten Kontext anderer psychischer
Störungen → substantielle Komorbidität!
Systematisches Review (Nitkowski & Petermann, 2011): Auftreten von Episoden von
selbstverletzendem Verhalten bei Jugendlichen am häufigsten bei

▪ Affektiven Störungen (rez. Depression, Dysthymie)
▪ Borderline Persönlichkeitsstörung
▪ Substanzmissbrauch / Abhängigkeitsstörungen
▪ Externalisierenden Störungen / ADHS
▪ Angststörungen
▪ Posttraumatische Belastungsstörung
▪ Ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung

SVV ist eines von neun Symptomen der Borderline Persönlichkeitsstörung
- Ca 80% der BPS-Patient*innen verletzen sich selbst
- nur eine Minderheit der Jugendlichen mit NSSV erfüllt die Kriterien für eine BPS
-> Differentialdiagnostische Abklärung

19
Q

Wie stehen NSSV und Suizidalität zueinander? Was sind Merkmale, die mit erhöhter Suizidalität einhergehen?

A

NSSV: Selbstverletzung ohne suizidale Absicht, aber
▪ NSSV ist mit erhöhter Suizidalität assoziiert
▪ NSSV ist Risikofaktor für Suizidalität
→ Jugendliche mit NSSV können Suizidgedanken haben und –versuche unternehmen
→ Suizidalität ist regelmäßig, auch im Therapieverlauf, abzuklären!!!

Merkmale der NSSV, die mit erhöhter Suizidalität einhergehen:
▪ Anwendung mehrerer Methoden von NSSV
▪ Längere Dauer
▪ Keine Schmerzwahrnehmung während NSSV
▪ Durchführen von NSSV in Isolation
▪ Anzahl der Narben und Verletzungen am Körperstamm
▪ Hinzukommen von Depressivität, Hoffnungslosigkeit, Impulsivität, negative
Selbstbewertung, Anhedonie, pessimistische Zukunftsaussicht

20
Q

Was sind Differentialdiagnosen von NSSV gemäß der Leitlinie?

A
  • Trichotillomanie
  • Körperdysmoprhe Störung
  • Münchhausen-Syndrom
  • körperliche Selbstschädigungen anderer Art im Rahmen von:
  • tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (ASS, mentale Retardierung)
  • neurologische Störungen (zB Tourette-Störung, Frontallappen-Epilepsie)
  • genetisch bedingt Störungen (zB Lesch-Nyhan-Syndrom)
21
Q

Wie läuf die Basis-Diagnostik on NSSV gemäß der Leitlinie (klinischer Konsens) ab?

A
  1. unmittelbar notwendige somatische Abklärungen vornehmen und gegebenenfalls
    medizinische Erstversorgung einleiten
  2. einen vollständigen psychopathologischen Befund unter besonderer
    Berücksichtigung der Suizidalität erheben
  3. Häufigkeit und Methoden von NSSV erheben
  4. familiäre und außerfamiliäre Einflussfaktoren (inkl. Schule, peer-group) auf NSSV abklären
  5. Auswirkungen von NSSV auf das soziale oder familiäre Umfeld berücksichtigen

Weitergehende Diagnostik: Im Behandlungsverlauf sollten zur Evaluation von
fortgesetzten oder neu aufgetretenen Selbstverletzungen zuvor mit dem Patienten
abgesprochene weitere symptombezogene körperliche Untersuchungen
durchgeführt werden.

22
Q

Was sind Störungsspezifische Instrumente bei NSSV (Interviewes und Fragebögen)?

A

Leitlinie: In der psychologischen Diagnostik von NSSV können spezifische Fragebögen zur Unterstützung eingesetzt werden.

Vielfältige Messinstrumente unterschiedlicher Qualität
deutschsprachige Verfahren:

  • Interviews:
  • Self injurious Thoughts and Behaviours Interview (SITBI)
  • Kinder-DIPS (Zusatzmodul)

-Fragebögen:

  • deliberate Self- (DSHI): Screening Verfahren
  • Self HArm Inventory (SHI): Beschreibung von NSSV
  • Self Harm Behaviour Questionare (SHBQ): BEschreibung von NSSV und Differentialdiagnostik
  • Functional Assesment of Self-Mutilation (FSM): Erfassung der Funktionalität
  • Modifiziertes Ottawa Self Injury Inventory (MOUSI): Erfassung der auslösenden und aufrechterhaltenden Funktionalität
23
Q

Wie ist der Self-Injurious Thoughts and BEhaviours Interview SITBI aufgebaut?

A
  • semitstrukturiertes Interview, Langversion und Kurzversion verfügbar
  • SITBI umfassen Suizidgedanken, Pläne, suizidale Gesten, Suizidversuche, Gedanken an NSSV und NSSV -> erfragt werden Auftreten, Häufigkeit, Intensität und weitere Charakteristika

Langversion:
- 6 Module mit 169 Items
- Start mit Screeningfrage zum Modulinhalt
- Beurteilung (Skala 0-4) von Intensität, Funktion, soziale Einflussfaktoren, Wahrscheinlichkeit das verhalten weiterhin zu zeigen
- Weitere erfasste Aspekte: Beginn (Alter), Häufigkeit (Lebenszeit, letztes Jahr, letzter Monat, letzte Woche), Methoden, Dauer der Gedanken, offene Frage zu Gründn/Funktionen, Anzahl der Freunde mit denselben Verhaltensweisen vor/nach eigenem Beginn
- Durchführungszeit wird mit 5-30min angegeben
- Reliabilität und Validität geprüft

24
Q

Wie sind die Fragebögen FASM und MOUSI strukturiert?

A

Funktional Assessment of Self-Mutilation (FASM=
- International am häufigsten verwendet
- Methoden / Lokalisation und Funktionen von NSSV, bezogen auf das letzte Jahr
- 42 Items mit 22 erfassten Funtkionen, gegliedert nach den vier Funktionen von NSSV nach Nock/Prinstein

Modifiziertes Ottawa/Ulm Selbstverletzungsinventar (MOUSI)
- bezogen auf NSSV: Dauer, Häufigkeit, Suizidabsichten, Körperstellen, Methoden, GRünde und Funktionen, Rolle von Blut und Schmerz, dissoziative Symptome, alternative Regulationsstrategien, Notwendigkeit medizinischer Behandlung , „Abhängigkeit“
- 36 Items
- Hilfreich bei Therapieplanung

25
Q

FAZIT NSSV Teil 1

A
  • Für NSSV im KiJU Alter liegen Forschungskriterien gemäß DSM-5 vor. In ICD10 ist es kein eigenes Störungsbild
  • Einmaliges SVV ist bei Jugendlichen häufig. Repetetives NSSV betrifft ca. 4-6% der Jugendlichen, unter KJP-Patient*innen ist es sehr verbreitet (ca. 50%)
  • Risikofaktoren für NSSV sind vielfältig, biologische und psychosoziale Faktoren können unterschiedliche Relevanz für die Auslösung bzw. Aufrechterhaltung spielen
  • Das integrierte Ätiologiemodell konzipiert NSSV als eine Stressbewältigungstrategie, die in der Regulation von Affekten und sozialen Situationen dient
  • Neben der allgemeinen leitliniengerechten Diagnostik können Interviews (zB SITBI) und Fragebögen (ZB FASM, MOUSI) eingesetzt werden
  • Suizidalität kann bi NSSV Komorbiditäten auftreten, NSSV erfolgt aber ohne suizidale Intention. Deswegen ist die Abklärung von höchster Bedeutsamkeit