5 Der Tarifvertrag und staatliche Ersatzhandlungen Flashcards

1
Q

5.1 Der Tarifvertrag als Mittel koalitionsmäßiger Bindung - Zweck

A

• Zweck: einheitliche Mindestarbeitsbedingungen für die AN

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2
Q

5.1 Gewerkschaft:

A
  • Definition: auf Dauer angelegter freiwilliger Zusammenschluss von AN zur Wahrung und Förderung ihrer Arbeitsbedingungen
  • besitzt eine vom Mitgliederwechsel unabhängige körperschaftliche Organisation mit demokratischer Willensbildung, die gegnerfrei und gegnerunabhängig sein muss
  • muss sich eine soziale Durchsetzungsfähigkeit erarbeiten
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3
Q

5.1 Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft:

A
  • räumlich (Tarifgebiet)
  • betrieblich-fachlich (Wirtschaftszweig) -> Industrieverbandsprinzip: z. B. ist die IG Metall für alle Betriebe in der Metallindustrie zuständig und der Tarifvertrag gilt für alle Beschäftigten unabhängig von der Tätigkeit
  • fachlich-persönlich (Art der Tätigkeit) -> Berufsverbandsprinzip: z. B. Marburger Bund für angestellte Ärzte; oft nur kleiner Teil der Belegschaft, aber aufgrund ihrer Funktion im Betrieb meist hohes Gewicht
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4
Q

5.1 Tarifpluralität:

A
  • wenn innerhalb eines Betriebes für verschiedene Arbeitsverhältnisse verschiedene Tarifverträge gelten
  • früher: Grundsatz der Tarifeinheit -> nur ein Tarifvertrag galt (regelmäßig der des Industrieverbands)
  • aber: Verletzung der Tarifautonomie der konkurrierenden Gewerkschaften -> jetzt Koalitionspluralismus erlaubt -> Gefahr vermehrter Arbeitskämpfe und innerbetrieblicher Spannungen sowie der Zersplitterung und Schwächung des Gewerkschaftswesens
  • durch § 4a TVG sollen Tarifkollisionen künftig vermieden werden; bis 2018 wird der Paragraph dahingehend nachgebessert, dass die Mehrheitsgewerkschaft verpflichtet ist, die Belange der Angehörigen der Minderheitsgewerkschaft in ihrem Tarifvertrag „ernsthaft und wirksam“ zu berücksichtigen
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5
Q

5.1 Tarifkonkurrenz

A
  • wenn für ein Arbeitsverhältnis mehrere Tarifverträge einschlägig sind, weil beide Arbeitsvertragsparteien zugleich an mehrere Tarifverträge normativ gebunden sind
  • Grundsatz der Spezialität: der dem Betrieb räumlich, betrieblich-fachlich und fachlich-persönlich nähere Tarifvertrag geht dem sachferneren vor
  • lässt sich eine Spezialität nicht feststellen, gilt der Tarifvertrag, der die meisten Arbeitsverhältnisse im Betrieb erfasst
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6
Q

5.1 Arbeitgeberverbände:

A

• regelmäßig rechtsfähige Vereine; nach dem Industrieverbandsprinzip organisiert

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7
Q

5.1 Tarifvertragsparteien (§2 TVG):

A
  • Gewerkschaften, Arbeitgebervereinigungen und einzelne ArbG (damit sich ein einzelner ArbG nicht durch Verzicht auf die Mitgliedschaft in einem ArbG-Verband dem Tarifvertragssystem entziehen kann)
  • Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von ArbGvereinigungen können Tarifverträge abschließen, werden aber nicht Vertragspartei
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8
Q

5.1 Arten von Tarifverträgen:

A
  • Mantel- oder Rahmentarifverträge: legen regelmäßig für einen längeren Zeitraum die allgemeinen Arbeitsbedingungen fest (z. B. Kündigungsfristen, Wochenarbeitszeit, Urlaubsregelungen)
  • Einzeltarifverträge, insbesondere Entgelttarifverträge mit kürzerer Laufzeit
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9
Q

5.1 Eigenschaften eines Tarifvertrags:

A
  • bedarf der Schriftform
  • wird in das Tarifregister eingetragen
  • muss im Betrieb bekanntgemacht werden
  • im Arbeitsvertrag muss ein allgemeiner Hinweis auf den Tarifvertrag auftauchen
  • wird befristet abgeschlossen, aber nach Ablauf gilt er weiter, bis er durch eine andere Abmachung ersetzt wird, außer seine Regelungen werden durch eine Betriebsvereinbarung oder arbeitsvertragliche Vereinbarungen ersetzt (keine zwingende Wirkung des Tarifvertrags mehr)
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10
Q

5.3.1 Folgen eines Streiks für den ArbG

A
  • Produktionsausfall und damit verbunden die Gefahr, Marktanteile zu verlieren
  • keine Lohnfortzahlung an die streikenden AN
  • keine Lohnfortzahlung an die arbeitswilligen AN, wenn deren Beschäftigung betrieblich-technisch nicht mehr möglich oder unwirtschaftlich ist oder wenn der ArbG den Betrieb stillgelegt hat
  • fixe Kosten laufen trotzdem weiter
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11
Q

5.3.1 Die Kampfsituation

A

• Inhalt des Tarifvertrages wird durch Verhandlung der Vertragspartner bestimmt
• kommt es nicht zu einer Einigung, haben die Partner das Recht auf Kampfmaßnahmen: Streiks für die Gewerkschaft und Vorenthaltung von Beschäftigung und Lohn durch Aussperrung für den ArbG
• bei Kampfparität (annähernd ausgewogenes Kräfteverhältnis der Parteien) zwingen die Kampfmaßnahmen die Streitenden zu einem Kompromiss
-> Arbeitskampfrisiko verteilt sich zur Kampfparität angemessen auf ArbG und AN: Stillstand der Produktion vs. Lohnverlust

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12
Q

5.3.2 Die Rechtsfolgen des Streiks für die Streikenden und die Gewerkschaft
Beim rechtmäßigen Streik:

A
  • keine Verletzung der Arbeitspflicht durch die AN: rechtmäßiger Streik führt zum Ruhen der Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag für AN und ArbG
  • Arbeitsverhältnis als solches bleibt bestehen und damit auch die Nebenpflichten
  • Grundsatz staatlicher Neutralität im Arbeitskampf zum Schutz der Tarifautonomie: streikende AN haben keinen Anspruch auf staatliche Zahlungen
  • auch kein Lohnanspruch der AN, wenn die Gewerkschaft den Streik während eines Feiertags aussetzt
  • -> finanzielle Belastung der Gewerkschaftsmitglieder, weil das Streikgeld nur einen Teil des Arbeitslohns beträgt
  • finanzielle Belastung der Gewerkschaft durch die Zahlung von Streikgeld an die streikenden Mitglieder
  • Mitverantwortlichkeit der Gewerkschaft für die Einkommensverluste der nicht organisierten AN, die durch den Streik beschäftigungslos geworden sind
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13
Q

5.3.2 Die Rechtsfolgen des Streiks für die Streikenden und die Gewerkschaft
beim rechtswidrigen Streik:

A

• Verletzung des Arbeitsvertrages in Gestalt der Nichtleistung -> Anspruch auf Vergütung entfällt

  • Ansprüche des ArbG gegenüber dem AN
  • Ansprüche des ArbG gegenüber der streikführenden Gewerkschaft
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14
Q

5.3.2 Die Rechtsfolgen des Streiks für die Streikenden und die Gewerkschaft
beim rechtswidrigen Streik - Ansprüche des ArbG gegenüber dem AN:

A
  • Anspruch des ArbG auf Erfüllung des Arbeitsvertrages durch Arbeitsleistung kann durch e. einstweilige Verfügung geltend gemacht werden, ist aber nicht vollstreckbar
  • AN kann wegen Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig werden, sofern er sich nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum berufen kann, weil er auf einen rechtmäßigen Streik vertrauen durfte
  • ArbG kann den AN abmahnen und im Wiederholungsfall kündigen
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15
Q

5.3.2 Die Rechtsfolgen des Streiks für die Streikenden und die Gewerkschaft
beim rechtswidrigen Streik - Ansprüche des ArbG gegenüber der streikführenden Gewerkschaft:

A
  • einstweilige Verfügung auf Unterlassung des Arbeitskampfes ab erstmals drohender Beeinträchtigung
  • Schadensersatz durch die Gewerkschaft wegen Verletzung des Tarifvertrages kommt nur bei einem schuldhaften Verstoß gegen die Friedenspflicht aus einem laufenden Tarifvertrag in Betracht
  • Deliktischer Schadensersatz wegen Eingriffs in den Gewerbebetrieb kann geltend gemacht werden
  • bei einem wilden Streik muss die Gewerkschaft, um Haftung zu vermeiden, auf ihre Mitglieder zwecks Wiederaufnahme der Arbeit einwirken
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16
Q

5.3.3 Die Rechtsfolgen des Streiks für die arbeitswilligen Arbeitnehmer -
Der rechtmäßige Streik

A

• arbeitswillige, nicht-organisierte AN erhalten während des Streiks keinen Lohn, wenn ihre Beschäftigung dem ArbG betrieblich-technisch nicht mehr möglich oder wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist
• Grund: streikbedingte Störung der Sphäre entstammt der Arbeitnehmerschaft:
o Partizipationsgedanke: arbeitswillige AN haben meist an den Ergebnissen des erkämpften Tarifvertrages teil
o Paritätsgedanke: Gleichgewicht der Arbeitskampfgegner wäre gestört, wenn der ArbG zusätzlich zum Produktionsausfall auch den Lohn tragen müsste
• ArbG hat die Möglichkeit, im räumlichen und gegenständlichen Rahmen des Streikaufrufs der Gewerkschaft eine Stilllegung des unmittelbar bestreikten Betriebs(teils) anzuordnen, ohne den Eintritt der streikbedingten Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Beschäftigung abwarten zu müssen -> Stilllegung führt zu einem Ruhen der Hauptleistungspflichten auch der arbeitswilligen AN

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17
Q

5.3.3 Die Rechtsfolgen des Streiks für die arbeitswilligen Arbeitnehmer -
Der rechtswidrige Streik

A

• arbeitswillige AN behalten ihren Lohnanspruch, sofern es dem ArbG möglich und zumutbar ist, die Betriebsstörung zu bewältigen

18
Q

5.3.4 Die Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit eines Streiks

• Gewerkschaftliche Führung:

A

Ein Streik ist nur dann zulässig, wenn er durch eine Gewerkschaft geführt wird. Ansonsten handelt es sich um einen wilden Streik, der jedoch von der Gewerkschaft übernommen werden kann, sodass er rückwirkend rechtmäßig wird.

19
Q

5.3.4 Die Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit eines Streiks

• Tarifvertraglich regelbares Ziel

A

Ziel des Streiks muss die Herbeiführung einer für die Zukunft erstrebten tarifvertraglichen Regelung der Arbeitsverhältnisse sein.
o bei einem Streik geht es immer um einzelne Regelungsgeschäfte, z. B. die Anhebung der Löhne um einen bestimmten Prozentsatz, und nicht sämtliche in einem Tarifvertrag enthaltenen Abmachungen
o es handelt sich um einen Regelungsstreit, weil die AN etwas erreichen wollen, worauf sie noch keinen Anspruch haben
o wenn die AN bereits zustehende Rechte geltend machen wollen, müssen zunächst Abmahnungen erfolgen und anschließend können die AN von ihrem Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB Gebrauch machen -> kein Streik und dadurch voller Lohnanspruch
o der Streikbeschluss gibt an, welche Forderungen die Gewerkschaft zum Gegenstand des Streiks macht
o rechtswidrig sind entsprechend:
 politische Streiks für Forderungen an das Parlament o. Ä.
 Generalstreiks
 Sympathiestreiks, die den Abschluss eines fremden Tarifvertrags unterstützen

20
Q

5.3.4 Die Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit eines Streiks

• Zulässigkeit der Forderung

A

die erhobene Forderung muss zulässigerweise in einem Tarifvertrag geregelt werden können; insbesondere muss der Inhalt legal sein. Verfolgt die Gewerkschaft mehrere Streikziele, von denen auch nur eines unzulässig ist, ist der Streik insgesamt unzulässig.

21
Q

5.3.4 Die Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit eines Streiks • Ablauf der tarifvertraglichen Friedenspflicht:

A

Während der Laufzeit eines Tarifvertrags ist ein Arbeitskampf über die geregelten Angelegenheiten verboten. Die Friedenspflicht kann durch tarifvertragliche Absprache bis zum Scheitern darin vorgesehener Schlichtungsverhandlungen verlängert werden.

22
Q

5.3.4 Die Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit eines Streiks • Verhältnismäßigkeit

A

der Streik muss als letztes Mittel erforderlich sein und muss in angemessener Weise eingesetzt werden
o Ultima-ratio-Prinzip: der Streik darf erst nach Ausschöpfung aller Verhandlungsmöglichkeiten eingesetzt werden, wobei keine ausdrückliche Erklärung des Scheiterns der Verhandlung mehr erforderlich ist
o eine Urabstimmung vor Streikbeginn ist nicht erforderlich, aber von entscheidender Bedeutung für die Legitimation gewerkschaftlicher Aktivität
o Angemessenheit bzgl. Art und Weise der Kampfführung: keine Bummelstreiks, keine massenhaften Krankmeldungen (schwierig zu beweisen), Betriebsblockaden, Sitzstreiks, Boykottaufrufe an Kunden
o Pflicht der Gewerkschaft, dass die Streikenden keine strafbaren Handlungen begehen. Exzesse einzelner führen zu einer Schadensersatzpflicht des Täters und der streikführenden Gewerkschaft, wenn sie ihre Überwachungspflichten verletzt hat

23
Q

5.3.4 Rechtmäßige Formen vom Streik

A

o Flächenstreiks, die alle AN eines Tarifgebiets erfassen
o Schwerpunkt- oder Teilstreiks gegen ausgewählte Unternehmen, Betriebe oder Betriebsabteilungen
o Wechselstreiks, bei denen die Gewerkschaft die betroffenen Unternehmen laufend austauscht
o kurzfristige Wellenstreiks innerhalb eines Unternehmens

24
Q

5.3.5 Aussperrung der AN durch die Arbeitgeberseite

A
  • Ziel: Erzwingen der Zustimmung der Gewerkschaft zum Abbau tariflicher Leistungen
  • kann im Einzelfall zulässig sein, hat bisher in der Praxis aber keine Rolle gespielt
  • Abwehraussperrungen als Antwort auf besondere Streiktaktiken zum Zweck der Wiederherstellung der Kampfparität zulässig
25
Q

5.4 Die Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages gem. § 5 TVG

A
  • Mit Hilfe der Allgemeinverbindlicherklärung wird ein Tarifvertrag auf die im Geltungsbereich des Tarifvertrages befindlichen Außenseiter erstreckt
  • § 5 I TVG: Das BMAS kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der ArbG und AN bestehenden Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifparteien für allgemein verbindlich erklären und die Allgemeinverbindlichkeit muss im öffentlichen Interesse geboten erscheinen
  • § 5 II TVG: Vor der Entscheidung über den Antrag muss den Betroffenen Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung gegeben werden
  • Schwergewicht der Entscheidung liegt bei den Sozialpartnern und nicht bei einer staatlichen Stelle
  • bestehende Tarifverträge gehen der Allgemeinverbindlicherklärung vor
26
Q

5.5 Die Geltungserstreckung tarifvertraglicher Normen gem. AentG

A
  • Zweck des AEntG: Verhinderung von Sozialdumping (Tatsache, dass AN am Auslandssitz ihres ArbG eingesetzt werden und dort schlechtere Arbeitsbedingungen haben). auch für in Deutschland beschäftigte AN von ausländischen ArbG sollen entsprechende Mindestarbeitsbedingungen gelten
  • im Nachhinein als Antwort auf Diskriminierungsvorwürfe ausdrücklich auch auf ArbG mit Sitz im Inland erstreckt -> auch der in Deutschland nachlassenden Tarifbindung mit zunehmend untertariflichen Arbeitsbedingungen entgegengewirkt
  • in § 3 AEntG sind die Branchen geregelt, für die das AEntG gilt. Für Tarifverträge anderer Branchen besteht auch die Möglichkeit der Geltungserstreckung, wenn sie im öffentlichen Interesse geboten scheint. Bisher betrifft dies folgende Bereiche: Land-, Forstwirtschaft und Gartenbau, Frisörhandwerk, Textil- und Bekleidungsindustrie und Geld- und Wertdienste. Besondere Regelung für die Pflegebranche gem. §§ 10 bis 13 AEntG.
  • verschuldensunabhängige Kettenhaftung beim Einsatz von Subunternehmern nach § 14 AEntG für den Beauftragenden zur Zahlung des Netto-Mindestentgelts an AN -> trägt auch das Insolvenzrisiko des Subunternehmers. Mehrere Auftraggeber haften als Gesamtschuldner zu grundsätzlich gleichen Teilen. Der AN hat die Wahl, welchen Unternehmer er in Anspruch nimmt.
27
Q

5.6 Mindestlohn durch Rechtsverordnung nach dem MiLoG

A
  • ab 01.01.2015: Mindestlohn 8,50 €. Seit dem 01.01.2017: 8,84 €
  • MindestdokumentationspflichtenVO sei 01.08.2015: Dokumentation entfällt, wenn ein AN ein regelmäßiges Monatsentgelt von mehr als 2.000 € brutto für die letzten 12 Monate erhalten hat
  • Mindestlohnvorschriften beziehen sich auch auf im reinen Transitverkehr eingesetzte ausländische Fahrer -> Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die BRD wegen unzulässiger Beschränkung des freien Warenverkehrs -> bis zur Klärung ist die Maßnahme seit 02/15 ausgesetzt
  • Anrechnung der anteilig auf den Monat umgelegten Jahressonderzahlung eines Urlaubs- oder Weihnachtsgeldes auf den Mindestlohn ist rechtens, wenn die Zahlung unwiderruflich und vorbehaltlos erfolgt und eine Sonderleistung für geleistete Arbeit darstellt
  • Anrechenbarkeit von Zuschlägen zum Monatslohn ist nicht rechtens, wenn die Zahlung auf einer gesetzlichen Verpflichtung des ArbG beruht, bspw. Nachtzuschläge
  • der Mindestlohn wird auch für Bereitschaftsdienstzeiten geschuldet. Wenn die Gesamtvergütung allerdings dem Mindestlohn entspricht, ist eine weitere Vergütung für Bereitschaftsdienstzeiten nicht zu zahlen.
  • § 13 MiLoG: verschuldensunabhängige Kettenhaftung beim Einsatz von Subunternehmern nach § 14 AEntG für den Beauftragenden zur Zahlung des Mindestlohn an AN
  • Die Mindestlohnkommission befindet über die Höhe des Mindestlohns. Die Bundesregierung kann die vorgeschlagene Anpassung durch Rechtsverordnung ohne Mitwirkung des Bundesrates für alle ArbG und AN verbindlich machen.
  • Für die Kontrolle und Durchsetzung des Mindestlohns sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig
28
Q

5.1 Der Tarifvertrag als Mittel koalitionsmäßiger Bindung - Wirkung

A

Wirkung: Kartellwirkung, weil sie den Wettbewerb zwischen ArbG neutralisieren, indem sie eine einheitliche Belastung für den Faktor Arbeit herbeiführen

29
Q

5.1 Der Tarifvertrag als Mittel koalitionsmäßiger Bindung - Einschränkung

A

Einschränkung: eine Vergütungsvereinbarung, die den gesetzlichen Mindestlohn unterschreitet, ist unwirksam. Dann gilt die ortsübliche Vergütung, es sei denn, diese unterschreitet auch den Mindestlohn. Dann gilt der Mindestlohn.

30
Q

5.1 Wozu führt Mitgliederschwund in Gewerkschaften? + Gegenmaßnahmen

A

Mitgliederschwund in den Gewerkschaften führt zu einem Nachlass der Tarifbindung, sodass es zu unangemessenen Arbeitsbedingungen mit Billiglöhnen kommen kann

-> Gegenmaßnahmen:
o Einführung von tarifgestützten Mindestarbeitsbedingungen im Wege der Geltungserstreckung tarifvertraglicher Regelungen durch Rechtsverordnung auf Antrag der Tarifvertragsparteien (Allgemeinverbindlicherklärung)
o Staatlich festgesetzter Mindestlohn

31
Q

5.2.1 Besonderheit des Tarifvertrags:

A

Normenvertrag: hat nicht nur einen schuldrechtlichen, sondern auch einen normativen Teil

32
Q

5.2.1 Tarifvertrag - Schuldrechtlicher Teil (Rechte und Pflichten)

A
  • relative Friedenspflicht
  • Durchführungspflicht
  • zusätzliche Vereinbarungen: Schlichtungsverfahren, ggf. verbunden mit einem Arbeitskampfverbot; Notdienst- und Erhaltungsarbeiten im Arbeitskampf
    • bei Pflichtverletzung kann jede Tarifvertragspartei die andere auf Erfüllung in Anspruch nehmen
    • bei verschuldeter Pflichtverletzung kann der geschädigten Partei ein Anspruch auf Schadensersatz entstehen und ggf. eine fristlose Kündigung des Tarifvertrages
33
Q

5.2.1 relative Friedenspflicht

A

während der Laufzeit des Tarifvertrags sind Kampfmaßnahmen gegen seinen Bestand verboten, wobei sich diese Pflicht nur auf solche Gegenstände bezieht, die durch den Tarifvertrag ausdrücklich oder sinngemäß geregelt sind

34
Q

5.2.1 Durchführungspflicht

A

verpflichtet die Tarifvertragsparteien dazu, die tarifvertraglichen Absprachen zu erfüllen

35
Q

5.2.1 Tarifvertrag - Normativer Teil

A

• die Rechtsnormen des Tarifvertrags gelten unmittelbar und sind zwingend -> Abweichung nur gestattet, wenn durch Öffnungsklausel im Vertrag ausdrücklich zugelassen oder die Abweichung den AN besser stellt
• man unterscheidet:
o Individualnormen
o Kollektivnormen

36
Q

5.2.1 Individualnormen

A

regeln die individuellen Arbeitsbedingungen, d. h. den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen

37
Q

5.2.1 Kollektivnormen

A

regeln betriebliche Fragen (bspw. Einrichtung von Waschräumen, einer Kantine, Überwachungseinrichtungen) und betriebsverfassungsrechtliche Fragen (bspw. Mitgliederanzahl des Betriebsrats oder die Erweiterung seiner Mitbestimmungsrechte)

38
Q

5.2.2 Tarifgebundener ArbG und seine nicht tarifgebundenen AN

A
  • ArbG ist weder nach Tarifvertragsrecht noch aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes (sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung) dazu verpflichtet, nicht tarifgebunden AN tarifvertragliche Leistungen zu gewähren
  • Gewerkschaft möchte keine Trittbrettfahrer, aber kann sie wegen der negativen Koalitionsfreiheit nicht loswerden
  • durch die Erstreckung des Tarifvertrags auf nicht tarifgebundene AN kann für diese eine Betriebliche Übung entstehen, meist nimmt der ArbG in den Arbeitsverträgen darauf aber schon Bezug
  • Aufhebung der Geltung für nicht tarifgebundene AN kann dann nur durch einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrags oder im Wege der Änderungskündigung erfolgen
  • AGB-Recht gilt hier, da der Tarifvertrag nicht unmittelbar sondern auf schuldrechtlicher Grundlage gilt
39
Q

5.2.2 Gründe für eine in der Praxis häufige Gleichstellung aller AN:

A

o um die nicht Tarifgebundenen nicht in die Gewerkschaft zu treiben
o organisatorische Gründe
o Gewerkschaftszugehörigkeit seiner AN ist dem ArbG unbekannt
o möchte durch Ungleichbehandlung keinen Unfrieden stiften

40
Q

5.2.3 Vorraussetzungen für einen nicht tarifgebundenen ArbG:

A
  • ArbG gehört nicht dem zuständigen ArbG-Verband an
  • die Gewerkschaft zwingt den ArbG nicht zum Abschluss eines Haustarifvertrags
  • der ArbG unterliegt keinem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag
  • der ArbG ist nicht von der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages oder einer Erstreckungsverordnung erfasst
  • der ArbG ist nicht als Leih-ArbG verpflichtet, die Lohnuntergrenze nach § 3a AÜG einzuhalten
41
Q

5.2.3 Was sind die Folgen von einem nicht tarifgebundenen ArbG?

A

• der ArbG muss keinem seiner AN tarifliche Leistungen gewähren, aber den Mindestlohn zahlen
- oft: Freiwillige Anwendung des Tarifvertrags:
• meist aus Gründen des Wettbewerbs um qualifizierte Kräfte
• es entsteht keine Betriebliche Übung auf Übernahme des jeweils neuen Tarifvertrags, wenn der ArbG keine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf den Tarifvertrag verwendet, sondern die Löhne in jeweils freier Entscheidung an den jeweils neuen Tarifvertrag anpasst

42
Q

5.4 Die Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages gem. § 5 TVG - Zweck

A

• Zweck: Schutz des AN vor unangemessenen Arbeitsbedingungen in Kleinbetrieben sowie Schutz der organsierten ArbG vor Konkurrenz durch nicht tarifgebundene ArbG