3 Gesetzesrecht: Gestaltungsfaktoren des Arbeitsverhältnisses Flashcards
3.1 Einfachgesetzliche Vorschriften
- Bundesgesetze und Rechtsverordnungen -> Arbeitsschutzrecht, Wahlordnungen zum BetrVG und Mitbestimmungsgesetze
- Bestimmungen des BGB: §§ 611 bis 630 mit Ausnahme der §§ 621 und 627; da der Arbeitsvertrag ein privatrechtlicher Vertrag ist: Rechtsgeschäfte (§§ 104 bis 218), allgemeines Schuldrecht (§§ 241 ff.)
- besondere AN-Schutzgesetze, die meist auf den europarechtlichen Vorgaben beruhen
3.3.1 Koalitionsfreiheit durch Art. 9 III GG
- -> machtvolle Interessenvertretung des AN gegenüber dem ArbG möglich
- Kollektivgrundrecht
- Individualgrundrecht
- unmittelbare Drittwirkung des Art. 9 III 2 GG -> verbietet ArbG-Verbänden und Gewerkschaften, die Koalitionsfreiheit einzuschränken oder zu behindern
- -> Verbot einer Tarifausschlussklausel, die dem ArbG die Gewährung tarifvertraglicher Leistungen an nichtorganisierte AN untersagt
- aber: tarifgebundener ArbG kann nichtorganisierte AN den Tariflohn vorenthalten, denn Ungleichbehandlung von Ungleichen ist zulässig
- Kündigungsfrist für den Austritt aus einer Koalition darf maximal 6 Monate betragen
3.3.1 Kollektivgrundrecht
freie Bildung und Betätigung von Koalitionen zur Wahrung und Förderung von Arbeitsbedingungen -> Tarifautonomie und Arbeitskampffreiheit
3.3.1 Individualgrundrecht
o positive Koalitionsfreiheit: GG garantiert dem Einzelnen, eine Koalition zu gründen, ihr beizutreten, sich in ihr zu betätigen und in ihr zu verbleiben, solange nicht grobes Fehlverhalten einen Ausschlussgrund bietet
o negative Koalitionsfreiheit: GG garantiert dem Einzelnen, einer Koalition fernzubleiben oder sie zu verlassen, ohne deswegen Nachteile zu erleiden
3.3.2 Die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte
- die Grundrechte haben nur im Bereich des Öffentlichen Rechts, also im Verhältnis des Bürgers zum Staat, eine unmittelbare Wirkung
- im Privatrecht, also auch zwischen ArbG und AN, nur eine mittelbare Wirkung
- -> die Rechtsprechung ist als Teil der Staatsgewalt an die Grundrechte gebunden und muss die grundrechtlichen Wertentscheidungen bei der Auslegung von Rechtsvorschriften als Auslegungsmaßstab heranziehen
- fehlt es an gesetzlichen Vorgaben, muss der Richter eine Lösung finden, die die Grundrechtspositionen des ArbG und des AN in einen vernünftigen Ausgleich bringt, d. h. er muss eine praktische Konkordanz herstellen
3.3.2 Grundrechte Art. 2: Beschäftigungsanspruch & allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch
AN haben einen Beschäftigungsanspruch gegenüber dem ArbG, d. h. sie müssen mit den vertragsgemäßen Aufgaben beschäftigt werden und einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch während des Rechtsstreits um eine arbeitgeberseitige Kündigung
3.3.2 Grundrechte Art. 4: Glaubens- und Gewissensfreiheit
o Kündigung bei Verstoß gegen Kopftuchverbot auf der Arbeit nur dann zulässig, wenn es den Betriebsfrieden und/oder den Umsatz beeinträchtigt und es für den AN keinen anderen vertragsgerechten Arbeitsplatz gibt
o Gebetspausen muslimischer AN müssen nicht hingenommen werden, wenn hierdurch eine Störung der Betriebsabläufe eintritt
o AN haben das Recht, Arbeiten abzulehnen, die sie mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können (Leistungsverweigerungsrecht gem. § 275 III BGB)
3.3.2 Grundrechte Art. 6: Zölibatsklauseln
-> Zölibatsklauseln, nach denen der Arbeitsvertrag bei Eheschließung des AN auflösend bedingt oder arbeitgeberseitig kündbar ist, sind unwirksam
3.3.2 Grundrechte Art. 12: Berufsfreiheit des AN und ArbG
o Freiheit des Unternehmers, grundlegende Entscheidungen über die Unternehmensführung eigenverantwortlich zu treffen
o Freiheit des AN, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in dem von ihm gewählten Beruf aufzunehmen, ein bestehendes Arbeitsverhältnis beizubehalten oder aufzugeben
o zwar sind die AN durch das KSchG vor Kündigungen geschützt, aber der ArbG muss Betriebseinschränkungen und -stilllegungen durchführen können
o schützt das Mobilitätsinteresse des AN, indem er übermäßige Bindung des AN an den Arbeitsplatz verhindert -> Wettbewerbsverbote nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Nebentätigkeitsverbote währenddessen dürfen die Berufsfreiheit des AN nicht übermäßig einschränken
3.3.2 Grundrechte Art. 14: Schutz des Eigentums
-> bei Betriebsbesetzungen und Betriebsblockaden, die einen Eingriff in den Gewerbebetrieb darstellen, können für den ArbG Schadensersatzansprüche gegenüber den AN/der Gewerkschaft entstehen
3.3.2 Einfluss der Grundrechte auf den Arbeitsvertrag
- Art. 2: Beschäftigungsanspruch & allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch
- Art. 3: Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot
- Art. 4: Glaubens- und Gewissensfreiheit
- Art. 5: Meinungsfreiheit
- Art. 6: Schutz von Ehe und Familie
- Art. 12: Berufsfreiheit des AN und ArbG
- Art. 14: Schutz des Eigentums
3.3.3 Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsschutz
- gewohnheitsrechtliche Umsetzung des Art. 3 GG
- Rang einer eigenständigen zwingenden einfachgesetzlichen Vorschrift
- besondere Diskriminierungsverbote im AGG zum Schutz von Bewerbern und AN
- ArbG darf bei der Gewährung einer freiwilligen Leistung keine AN ohne sachlichen Grund ausschließen und genauso bei einer belastenden Regel wie die Anordnung von Kurzarbeit oder die Kürzung des Weihnachtsgeldes
- Problem: Feststellung der Vergleichbarkeit. Gedankliches Hilfsmittel: Können die benachteiligten AN für die Besserstellung dieselben Gründe in Anspruch nehmen wie die begünstigen AN?
- Beispiel Weihnachtsgeld: Differenzierung nach der Länge der Betriebszugehörigkeit oder den Fehltagen zulässig, aber Differenzierung zwischen kaufmännischen und gewerblichen AN meist nicht
Verstoß gegen die Gleichbehandlung durch den ArbG:
o der benachteiligte AN ist für die Vergangenheit gleichzustellen
o Wenn es sich dabei um eine große Gruppe handelt, muss der ArbG nur bei leicht erkennbaren Gleichheitsverstößen nachzahlen oder wenn maximal 5 % der Beschäftigten Begünstigte waren
o für die Zukunft kann der ArbG eine Neuordnung vornehmen
Gibt es trotz allgemeiner arbeitsrechtlichem Gleichbehandlungsschutz Vertragsfreiheit?
Ja, der ArbG kann mit einzelnen AN als individuelle Maßnahme eine Begünstigung oder Schlechterstellung arbeitsvertraglich vereinbaren, soweit nicht gesetzliche Vorschriften, der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung entgegenstehen, aber nicht generell und planmäßig