2. Versorgungsprobleme und subjektive Bewältigung chronischer Erkrankung Flashcards

1
Q

Was sind Über-, Unter- und Fehlversorgung?

A
  • keine Versorgungsdefizite
  • beobachtbare Folgen der bestehenden Versorgungsdefizite
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2
Q

Was ist Überversorgung?

A
  • Versorgung, die über die Bedarfsdeckung hinaus geht
  • Versorgung mit nicht-indizierten Leistungen oder Leistungen ohne hinreichend gesichertem Netto-Nutzen (medizinische Überversorgung)
  • Versorgung mit Leistungen mit nur geringem Nutzen, der die Kosten nicht mehr rechtfertigt, oder die in ineffizienter, als “unwirtschaftlicher” Form erbracht werden (“ökonomische Überversorgung”)
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3
Q

Was ist Unterversorgung?

A
  • die teilweise oder gänzliche Verweigerung einer Versorgung trotz individuellen, professionell, wissenschaftlich und gesellschaftlich anerkannten Bedarfs
  • obwohl an sich Leistungen mit hinreichend gesichertem Netto-Nutzen und - bei medizinisch gleichwertigen Leistungsalternativen - in effizienter Form, also im engeren Sinne “wirtschaftlich”, zur Verfügung stehen
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4
Q

Was ist eine Fehlversorgung?

A
  • Versorgung, durch die ein vermeidbarer Schaden entsteht (Schaden bei Nicht-Behandlung, also durch Verlauf der Krankheit nicht mit eingeschlossen)
  • Versorgung mit Leistungen, die an sich bedarfsgerecht sind, die aber durch ihre nicht fachgerechte Erbringung einen vermeidbaren Schaden bewirken
  • Versorgung mit nicht bedarfsgerechten Leistungen, die zu einem vermeidbaren Schaden führen
  • unterlassene oder nicht rechtzeitige Durchführung an sich bedarfsgerechter, indizierter Leistungen im Rahmen einer Behandlung
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5
Q

Was bedeutet Bedarfsgerechtigkeit (Exkurs)?

A
  • Konzept der Bedarfsgerechtigkeit = Idee einer nach objektiven Kriterien ausgewogenen Verteilung von Gütern und Leistungen innerhalb einer Gesellschaft
  • bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung = Versorgungsleistungen für alle Bürger, die - objektiv besehen - unter qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten für sie erforderlich sind
  • Besondere Bedeutung
    -> Aspekte wie Wirksamkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit
    -> gleicher Zugang zu Versorgungsleistungen
  • Versorgung muss aktuellem Stand medizinischer Erkenntnisse entsprechen
  • ausreichend und zweckmäßig
  • Maß des Notwendigen nicht überschreitend
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6
Q

Was sind Versorgungsdefizite auf Makroebene?

A
  • Planungsinstrumente nur für ambulante ärztliche Versorgung und die Krankenversorgung
  • Inhalte: Strukturmerkmale
  • geringe Berücksichtigung einer bedarfsgerechten Prozesssteuerung (z.B. Koordination der Leistungserbringer, Patientenorientierung, Überwindung von Sektorengrenzen)
    => Steuerungsinstrumente erforderlich
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7
Q

Was versteht man unter der “Desintegration des Versorgungsgeschehens” als Versorgungsdefizit auf Makroebene?

A
  • Integration -> räumliche Dimension des Versorgungsgeschehens und die Systemperspektive
    -> strikte Trennung der Versorgungssektoren
    -> fehlende Abstimmung und Interdisziplinarität
    -> mangelndes Ineinandergreifen der Hilfsangebote
    -> hochgradige Spezialisierung
    -> unübersichtliche Arbeitsteilung und unterschiedliche Finanzierungssysteme
    => Schnittstellenprobleme
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8
Q

Was versteht man unter der “Diskontinuität des Versorgungsgeschehens” als Versorgungsdefizit auf Makroebene?

A
  • Kontinuität -> zeitliche Dimension des Versorgungsgeschehens und die Nutzerperspektive
  • Kontinuität = langfristig angelegte Strategien und stabile Beziehungen zwischen Anbietenden und Nutzenden von Versorgungsangeboten
  • Diskontinuität = kurzfristiges und episodenhaftes und auf den eigenen Verantwortungsbereich konzentriertes Handeln der einzelnen Gesundheitsakteure
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9
Q

Was versteht man unter der “Dominanz (akut-) medizinischer Versorgung” als Versorgungsdefizit auf Makroebene?

A
  • Dominanz biomedizinischer und pharmakotherapeutischer Verfahren
    -> “somatische Fixierung” des Gesundheitswesens
    -> fehlende Information über psychosoziale und pädagogische Unterstützungsangebote
  • Rehabilitation, Prävention und Gesundheitsförderung als nachrangig angesehen
  • “Organisations- und Professionsseparatismus”: Hierarchien zwischen medizinischen und nicht-medizinischen Berufen und die mangelnde Bereitschaft zur Kooperation und Koordination
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10
Q

Was versteht man unter der “Ökonomisierung des Versorgungsgeschehens” als Versorgungsdefizit auf Makroebene?

A
  • Verknappung des Ressourcen für gesundheitliche und soziale Aufgaben
  • Marktwirtschaftlich-ökonomische Denk-, Entscheidungs- und Handlungsmuster -> Einfluss auf das Gesundheits- und Sozialsystem
  • Fokussierung auf wirtschaftliche Aspekte
  • Vernachlässigung von Bedarfsgesichtspunkten
  • Bedeutungszuwachs von Effizienzgesichtspunkten
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11
Q

Was ist das Trajektkonzept (Trajectory Work Model)?

A
  • Trajekt = Fluggeschoss, dass Flugbahn nimmt, die im Vorfeld nicht vorhersagbar ist
    -> chronische Krankheiten haben bestimmten Verlauf
    -> Handlungen und Interaktionen tragen zu ihrem Verlauf bei
    => Verläufe als intersubjektiv (und interaktiv) gesteuerte und gestaltete Prozesse
  • zentrale Elemente:
    -> Krankheitskurve
    -> Krankheit ist Arbeit
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12
Q

Was bedeutet das Trajektmodell für die Theoriediskussion?

A
  • Krankheit als soziales Phänomen
  • Perspektive der erkrankten Person im Fokus
    -> Verständnis der subjektiven Bedeutung chronischer Erkrankung
  • Bewältigung von chronischer Krankheit = Arbeit für alle Beteiligten
    -> aktive Rolle der Betroffenen in Krankheitsbearbeitung
    -> Organisations-, Koordinations-, Kooperationsleistung
  • zahlreiche Studien und Weiterentwicklungen
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13
Q

Was sind die Phasen einer chronischen Erkrankung nach dem Trajektmodell?

A
  • Vortrajekt
    -> Trajektbeginn
    -> Krise
    -> Akut
    -> (Re-)Stabilisierung
    -> Stabil
    -> Instabil
    -> Abwärtsentwicklung
    -> Sterben
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14
Q

Was ist “Vortrajekt” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • erste Symptome zeigen sich, können nicht eingeordnet werden
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15
Q

Was ist “Trajektbeginn” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • mit Kontakt zum Versorgungssystem/Abklärung der Diagnose beginnt meist Verlaufskurve
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16
Q

Was ist “Krise” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • Krankheitsbedingte Krise mit lebensbedrohlichem Charakter - Intervention der Gesundheitsprofessionen ist nicht zu umgehen
17
Q

Was ist “Akut” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • akute Phasen innerhalb des Krankheitsverlaufs mit immer wieder neuen Symptomen
18
Q

Was ist “(Re-)Stabilisierung” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • Kontrolle der akuten Krise mit einem labilen gesundheitlichen Zustand
19
Q

Was ist “Stabil” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • Kontrolle des Verlaufs und stabile Gesundheitslage trotz der chronischen Erkrankung
20
Q

Was ist “Instabil” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • stabiler Verlauf wird unterbrochen von neuen Symptomen, Änderung der Therapie u.a.
21
Q

Was ist “Abwärtsentwicklung” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • allgemeiner Zustand verändert sich schleichend mit Tendenz, immer schlechter zu werden
  • stabile Niveaus bleiben aus
22
Q

Was ist “Sterben” als Phase einer chronischen Erkrankung?

A
  • Phase der Wochen und Tage von Tod
23
Q

Was sind Merkmale der Phasen einer chronischen Erkrankung?

A
  • kein linearer Verlauf
  • Phasen im permanenten Wechsel
  • Krankheitsverlauf nicht nur durch somatisches Krankheitsgeschehen geprägt, sondern auch durch das Handeln aller beteiligten Akteure
24
Q

Wie verändert sich die Patientenrolle über den Verlauf einer chronischen Erkrankung hinweg?

A
  • Vor der Diagnose (Normalisierung der Krankheitssymptome)
    -> noch kein Patient
  • Krankheitsbeginn (Schockbedingte Irritation der Handlungsfähigkeit, Trudeln)
    -> traditionelle Patientenrolle: passiv
  • Restabilisierung (Wiedererlangen der Handlungsfähigkeit, Herauskristallisierung einer Bewältigungsstrategie)
    -> Vorbildlicher und aktiver Patient
  • Auf und Ab der Krankheit (oberflächliche Anpassung des Bewältigungshandelns an Krankheitsrealität)
    -> “Normaler Patient”
  • Beginn der Abwärtsbewegung (Festhalten am Bild des behandlungsfähgigen Patienten)
    -> kritischer bzw. überforderter Patient
  • Abwärtsbewegung und Sterben (Endgültiger Verlust der Handlungsfähigkeit)
    -> Leidender und erduldender Patient
25
Q

Welche Bewältigungsanforderung gibt es für chronische Krankheiten?

A
  • mit Ungewissheit und Unsicherheit leben lernen
  • immer wieder neue und andere Bewältigungsbemühungen
  • Bewältigung = ganz unterschiedliche Aufgaben
    -> berührt alle Dimensionen des Lebens
  • Identität und Biografie
  • Alltag- und Familienleben
  • Umgang mit krankheitsbedingten und -begleitenden Symptomen
  • Angewiesenheit auf das Versorgungssystem