09 - Gruppendynamik Flashcards
1
Q
Entitativität und Arten von Gruppen
A
-
Entitativität (entitativity): Campbell (1958)
- Das Ausmaß, in dem eine Anzahl von Personen als miteinander verbundene, kohärente Einheit wahrgenommen wird.
- Welche Arten von Gruppen unterscheiden Personen?
-
Lickel et al. (2000)
- Proband*innen: Studierende aus den USA und Polen
-
Aufgabe: 40 vorgelegte Gruppen jeweils…
- in 8 Dimensionen einschätzen
- auf ihre Entitativität beurteilen
- In beliebige Anzahl von selbst geschaffenen Kategorien einordnen.
-
Ergebnisse: Regelmäßigkeiten über Probanden hinweg
- welche Gruppen in gemeinsame Kategorien eingeordnet
wurden. - Gruppen, die eine Kategorie einsortiert wurden, wurden auf 8 Dimensionen ähnlich eingeschätzt.
- Es ergaben sich vier Typen von Gruppen:
- welche Gruppen in gemeinsame Kategorien eingeordnet
2
Q
Charakteristika von 4 Gruppenarten (nach Lickel et al., 2000)
A
-
Gruppen mit emotionaler Nähe:
- Zugehörigkeitsbedürfnisse erfüllen
- z. B. nach Verbundenheit, Geborgenheit, Unterstützung
- Familienmitglieder, Freund*innen…
-
Aufgabenorientierte Gruppen:
- Leistungsbedürfnisse erfüllen, Nützlichkeit
- z. B. nach Erfolg, Kompetenz, Zielerreichung
- Geschworene, Theaterensemble…
-
Soziale Kategorien:
- Identitätsbedürfnisse erfüllen
- z. B. nach Identität, Einzigartigkeit, Unverwechselbarkeit
- Frauen, People of colour…
-
Lockere Verbindung
- Menschen an einer Bushaltestelle, Publikum im Kino, in derselben Gegend leben..
3
Q
Model of Group Socialisation Moreland and Levine (1982)
A
-
Gruppensozialisation (group socialization)
- Die Anstrengungen der Gruppe, neue Mitglieder an die bestehenden Gruppennormen und -praktiken zu assimilieren.
- Modell bezieht sich auf Gruppen, die…
- über längeren Zeitraum bestehen
- direkten Kontakt der einzelnen Mitglieder haben
- Veränderungen in Mitgliedschaften erleben
- z. B. viele Aufgaben-Gruppen oder Gruppen mit emotionaler Nähe
1. Investigation („Erkundung“)
- Gruppe sucht Mitglieder…
- mit passenden Fähigkeiten (Aufgaben-Gruppen)
- mit Kompatibilität/Ähnlichkeit(Gruppenmitemotionaler Nähe)
- Potentielles Mitglied sucht Gruppe…
- die Bedürfnisse erfüllt
-
Entry („Eintritt“)
- Commitment zwischen Gruppe und potentiellem Mitglied ausreichend hoch
-
Initiation („Aufnahme“)
- Oft von Aufnahmeritual oder -zeremonie begleitet, welches auch unangenehme Formen annehmen kann
- Kostenreiches Ritual → Kognitive Dissonanz → höherer Wert der Mitgliedschaft
- Aussortieren unzureichend engagierter potentieller Mitglieder
- Statushierarchien klären, Konformität und Abhängigkeit der Mitglieder
- Wenn Ritual zu Frust und Einsamkeit führt → geringeres Mögen der Gruppe
- Oft von Aufnahmeritual oder -zeremonie begleitet, welches auch unangenehme Formen annehmen kann
2. Socialization („Sozialisierung“)
- Gruppe formt Mitglied entsprechend ihrer Erwartungen
- Normenlernen
- Rolle übernehmen: Verhalten, das von einer Person in dieser Position erwartet wird
- Mitglied kann Gruppe beeinflussen zugunsten seiner Bedürfnisse, falls
- extern vorgegebene Normen/ Praktiken der Gruppe
- schlechte Gruppenleistung in der Vergangenheit
- hoher sozialer Status des neuen Mitglieds außerhalb der Gruppe
-
Commitment steigt, bis Akzeptanz erreicht
- Keine gesonderte Aufmerksamkeit mehr
- Zugang zu bis dato vorenthaltenen Informationen und informellen Cliquen
- Verhalten weniger streng überwacht
- Abhängig von Personaldecke:
Mitgliederanzahl < Ideale Größe: Niederschwellige Aufnahmekriterien
Mitgliederanzahl > Ideale Größe: Hohe Anforderungen an (potentielle) Mitglieder
3. Maintenance („Aufrechterhalten“)
-
Hohes Commitment
- Mitgliedschaft für Gruppe und Individuum vorteilhaft
- Steigerung des Nutzen durch Rollenverhandlung
- Mitglied bemüht sich um Rolle, die Bedürfnisse befriedigt
- Gruppe schreibt Mitglied Rolle zu, die Gruppen ziele am besten fördert
- Mögliche Rollen: Führen, Anwerben, Ausbilden
4. Divergence („Abweichen“)
- Sinkendes Commitment
- Mitglied unzufrieden mit Rolle oder angezogen von alternativen, vorteilhafteren Gruppen
- Gruppe sieht Erwartungen nicht erfüllt
-
Druck auf Mitglied bei Divergence
- Als Randmitglied / Abweichler*in „abgestuft“
- Gruppe fordert: „Einordnen oder Gehen!
-
Druck auf Abweichler*innen, Schachter (1951):
- Setting: Gruppendiskussion zur Lebensgeschichte eines jugendlichen Straftäters
- Teilnehmer*innen: reguläre Vpn und 3 verdeckte Eingeweihte:
- „mode“: vertritt durchschnittliche Gruppenmeinung
- „slider“: anfangs extreme, dann zunehmend angepasste Meinung
- „deviant“: durchgehend extreme Position
-
Ergebnis: Diskussionsteilnehmer*innen zunächst bemüht, slider und deviant zu überzeugen.
Deviant jedoch schließlich ausgeschlossen und seine Beiträge nicht beachtet
5. Resocialization („Resozialisierung“)
- Gruppe oder Individuum bemüht, Mitgliedschaft beizubehalten
- Überzeugungsversuche
- Wünschen entgegenkommen
- Kein Gelingen → Exit
- Durch alternative Gruppen beeinflusst
- z. B. freiwilliges Verlassen, wenn anderer Fußballverein höheres Gehalt bietet
- Bei hoher Identifikation wirken alternative Gruppen jedoch weniger
- Ausschluss kann für Individuum sehr schmerzhaft sein
-
Remembrance („Erinnern“)
- Nachträgliche gegenseitige Bewertung
4
Q
Interaktion in verschiedenen Phasen der Gruppenbildung
A
- Verhalten in den fünf Stadien der Gruppenentwicklung unterschiedlich häufig (Tuckman & Jenssen, 1977):
- Forming: viel positives sozio-emotionales Verhalten
- Storming: mehr negatives sozio-emotionales Verhalten
- Norming: sowohl positives sozio-emotionales als auch Aufgabenverhalten
- Performing: mehr Aufgabenverhalten
- Adjourning: Ende gemeinsamen Verhaltens
5
Q
Gruppennormen
A
- Glaubenssätze, wie man sich verhalten sollte
- Leiten Verhalten
- Spiegeln geteilte Erwartungen der Mitglieder wider
- Sind präskriptiv…oder deskriptiv → Welches Verhalten typisch?
- Welche Einstellungen, Verhaltensweisen, Annahmen angebracht?
-
Funktionen
- Regulieren Verhalten
- Normen internalisiert oder durch Reaktionen der anderen durchgesetzt
- Fördern Zusammenarbeit
- Verhalten der anderen vorhersehbarer
- Liefern Informationen über soziale Realität
- Zeigen Commitment
- „Ich bin ein gutes Teammitglied.“
- Regulieren Verhalten
6
Q
Gruppennormen – Beispiel Jonestown
A
- Massenselbstmord in der Sekte „Peoples Temple“
- Mitte der 1970er Jahre zog die Sekte aus den USA nach „Jonestown“ in den Regenwald von Guyana (Südamerika).
- Im November 1978 besuchte der US-Kongressabgeordnete Ryan das Camp mit einigen Journalisten.
- 18 Personen wollten zusammen mit Ryan das Camp verlassen und zurück in die USA.
- Bei Abreise werden Ryan und 4 weitere von Sektenmitgliedern attackiert und getötet, 12 andere verletzt.
- Gründer James Warren Jones verkündigt daraufhin das Ende – „Revolutionärer Selbstmord“ sei die einzige Option.
- November 1978: Massenselbstmord von 900 Männern, Frauen und Kindern.
-
Gründe aus sozialpsychologischer Sicht
- Kultmitglieder sozialisiert, Normen zu akzeptieren – darunter Loyalität,
- Autokratische Führung – Jones‘ Anweisungen waren zu befolgen
- Vollständige Isolation von Außenwelt:
- Abweichung wäre Verlust jeglicher sozialer Beziehungen
- Ausschließlich von Gleichgesinnten umgeben: extreme Gedanken scheinen plausibel (Gruppe bietet Wissen über soziale und physische Realität)
7
Q
Gruppenkohäsion
A
-
Kohäsion (cohesion):
- Die Kraft, die die Mitglieder an die Gruppe bindet. (Festinger, 1950)
- Hält Gruppe zusammen
- Motiviert zu persönlichem Einsatz
-
Aufgabenkohäsion
- Anziehungskraft basierend auf Attraktivität der Aufgabe
-
Interpersonale Kohäsion
- Anziehungskraft basierend auf Sympathie für die Gruppe und ihrer Mitglieder
-
Auswirkungen von von Gruppenkohäsion
- Konformes Verhalten der Mitglieder
- Aufgabenkohäsion korreliert positiv mit Gruppenleistung (Mullen & Copper, 1994)
-
hohe Kohäsion in der Gruppe kann problematisch sein
- „Groupthink” (Janis, 1982): Mitglieder einer kohäsiven Gruppe streben nach Einmütigkeit und zwar auf Kosten einer realistischen Bewertung alternativer Handlungsverläufe
8
Q
Wie ergeben sich Statusunterschiede in Gruppen?
A
-
Theorie der Erwartungszustände (expectation states theory):
- Vertritt die Auffassung, dass Statusunterschiede innerhalb einer Gruppe Ergebnis unterschiedlicher Erwartungen sind, die Gruppenmitglieder aneinander haben
- Aufgrund bestimmter Merkmale bilden sich Erwartungen an Gruppenmitglieder.
- Sich-selbst-erfüllende Prophezeiung: Personen, von denen erwartet wird, dass sie einen positiven Beitrag leisten, erhalten mehr Aufmerksamkeit und haben mehr Gelegenheit, positiv wahrgenommen zu werden.
- Somit steigt ihr Status in der Gruppe.