04 - Einstellung: Inhalt, Struktur und Funktion Flashcards
Was ist Einstellung?
- Gesamtbewertung eines Stimulusobjekts (wertendes Urteil)
- 2 Merkmale
- Valenz: Positiv, negativ oder neutral
- Stärke: Schwach bis stark
- Jeder Stimulus, der auf einer Positivitätsdimension bewertet werden kann, lässt sich als Einstellungsobjekt betrachten:
- Abstrakte Konzepte (z. B. Liberalismus)
- Konkrete Konzepte (z. B. Computer)
- Das Selbst (z. B. Selbstwertgefühl)
- Andere Personen (z. B. Politiker)
- Gesetzesthemen (z B. Todesstrafe)
Inhalte der Einstellung (Aufzählung)
- Die kognitive Komponente von Einstellungen
- Die affektive Komponente von Einstellungen
- Die Verhaltenskomponente von Einstellungen
- Welche theorie beschreibt die Komponenten der Einstellung?
- Was sagt sie?
-
Das Multikomponenten-Modell (Zanna & Rempel, 1988)
- Einstellungen als zusammenfassende Bewertungen, die auf kognitiven, affektiven und verhaltensbezogenen Antezedenzien beruhen
Die kognitive Komponente von Einstellungen
- Überzeugungen, Gedanken und Merkmale, die mit einem Einstellungsobjekt verbunden sind.
-
Beispiel:
- z. B. positive und negative Aspekte beim Autokauf bewusst in Erwägung ziehen
- Stereotype: Annahmen über die Attribute einer sozialen Gruppe
-
„Erwartung x Wert“-Ansatz (Fishbein & Ajzen, 1975)
- Einstellung zu einem Objekt als Summe der „Erwartung x Wert“-Produkte.
- Erwartung: subjektive Wahrscheinlichkeit, dass ein Objekt über eine Eigenschaft verfügt. Werte von 0 bis 1.
- Wert: Bewertung der einzelnen Attribute (positiv vs. negativ). Von -3 bis 3.
- Formel:
Einstellung = Erwartung x Wert + … + Erwartung x Wert
- nur saliente/relevante Überzeugungen fließen in die übergeordnete Einstellung ein
Die affektive Komponente von Einstellungen
-
Gefühle bzw. Emotionen, die mit einem Einstellungsobjekt verbunden sind.
- Individuum trifft auf ein Objekt und
- erlebt eine affektive Reaktion (z.B. Furcht / Ekel)
→ Einfluss auf Einstellung
-
Evaluative Konditionierung:
- Verändert die Bewertung eines Stimulus, indem der Stimulus wiederholt zusammen mit einem anderen, oder negativen, Stimulus dargeboten wird.
- Für Einstellungsobjekt resultiert entsprechende positive / negative Einstellung
-
„Mere exposure“-Effekt:
- Einstellungen bilden sich durch affektive Reaktionen, die bewussten Gedanken vorausgehen
- Zunahme an positiver Bewertung eines Objekts als Effekt von dessen wiederholter, unverstärkter Darbietung.
- Aufgabe: Bewertung chinesischer Buchstaben
- UV: Präsentationshäufigkeit des Buchstabens
- AV: Bewertung der Valenz des Buchstabens
- Ergebnis: Je öfter Buchstabe gesehen, desto positiver bewertet
Die Verhaltenskomponente von Einstellungen
- Frühere (sowie gegenwärtige und antizipierte) Verhaltensweisen, die mit einem Einstellungsobjekt verbunden sind.
- Verhalten kann einer Einstellung vorausgehen:
- Ich habe eine Petition gegen ein AKW in der Nähe der deutschen Grenze unterschrieben → Ich bin gegen Atomkraft
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Selbstwahrnehmungstheorie (Bem 1972)
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Annahme:
- Menschen haben nicht immer Zugang zu Ihren Einstellungen und Meinungen über diverse Objekte
- Besonders, wenn Einstellung schwach oder nicht eindeutig ist
- Hypothese: Menschen erschließen ihre Einstellung unter diesen Umständen aus eigenem früheren Verhalten
-
Chaiken & Baldwin (1981)
- Aufgabe: Fragebogen zu umweltbewusstem Verhalten ausfüllen und Einstellung angeben
- UV: Fragebogen, der häufiges vs. seltenes umweltbewusstes Verhalten suggerierte
- AV: Einstellung zur Umwelt
- Ergebnis: Suggeriertes häufiges Pro-Umwelt-Verhalten führte zu positiveren Einstellungen gegenüber der Umwelt.
- Moderator: Effekt zeigte sich nur bei Probanden mit schwach ausgeprägter Einstellung zu Umweltfragen
-
Annahme:
-
Kognitive Dissonanz (Festinger, 1954; siehe auch VL 6)
- Verhalten, das mit Einstellung nicht übereinstimmt, schafft aversiven Zustand der „kognitiven Dissonanz“
- Person ist motiviert, aversiven Zustand zu reduzieren (je größer die Dissonanz, desto größer die Motivation)
- Und ändert Einstellung, sodass sie mit Verhalten übereinstimmt
-
Verhalten mit bewertender Konnotation beeinflusst Einstellung
- Direkt ausgeführte Körperbewegung wirkt sich auf Einstellung aus
-
Studie von Briñol und Petty (2003):
- angeblich zur Verbrauchermeinung von Kopfhöhrer-Qualität
- UV: Kopfbewegung (hoch-runter vs. links-rechts) während Artikel hören
- AV: Zustimmung zum hoch persuasiven Artikelinhalt
- Ergebnis: Personen stimmten Inhalt einer überzeugenden Botschaft stärker zu, wenn Kopf wie beim Nicken hoch-runter bewegt
Verbindung der Einstellungskomponenten
- Kognitionen, Gefühle und Verhalten gegenüber Einstellungsobjekt stimmen in der Regel überein
- Einstellungen zu manchen Themen basieren über Personen hinweg auf den gleichen Merkmalen
- Gefühle (z.B. Einstellung zum eigenen Partner*in)
- Kognitionen (z.B. Einstellung zum eigenen Drucker)
- Bei anderen Themen unterscheiden sich Personen darin, worauf ihre Einstellungen vorwiegend basieren:
- kognitionsbasierte Einstellungen
- affektbasierte Einstellungen
- Je nach „Einstellungspräferenz“ sind Personen besonders empfänglich für Persuasionsversuche kognitiver oder affektiver Natur
- Experiment von Haddock et al. (2008) - Einstellungsinhalt und Persuasion
- Aufgabe: unbekanntes Getränk bewerten.
- UV1: Person mit stärker auf Affekten bzw. Kognitionen beruhenden Einstellungen
-
UV2: Art des Persuasionsversuch
- affect-based: Getränk probieren
- cognition-based: Set starker und positiver Argumente für das Getränk lesen
- AV: Einstellung
Struktur von Einstellungen
-
Eindimensionale Sichtweise von Einstellungen:
- Positive und negative Elemente entlang einer einzelnen Dimension im Gedächtnis gespeichert
- Einstellung entweder bei einem Extrem oder dazwischen
-
Zweidimensionale Sichtweise von Einstellungen:
- Positive und negative Elemente entlang getrennter Dimensione abgespeicher
- Positive Dimension: gibt an, wie viele/wenig positive Elemente Einstellung hat
- Negative Dimension: gibt an, wie viele/wenig negative Elemente Einstellung hat
- Erklärt Einstellungsambivalenz
- Objekt gleichzeitig gemocht und nicht gemoch
- Bsp.: Schokoladenkuchen: schmeckt gut, ist aber ungesund
Funktion von Einstellungen - Warum haben wir Einstellungen?
-
Einstellungsfunktionen: durch Einstellungen erfüllte psychologische Bedürfnisse, wenn Einstellungen dazu beitragen
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Einschätzungsfunktion (Objektbewertungsfunktion
- die Einschätzung von Objekten durch Zusammenfassen der positiven/negativen Attribute vereinfachen
- Einstellungen sparen sozusagen Energie
- z. B. schnellere Entscheidung für eine Müslisorte im Regal
-
Utilitaristische Funktion (Nützlichkeitsfunktion)
- Belohnungen maximieren und Kosten zu minimieren
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Soziale Anpassungsfunktion
- sympathischen anderen identifizieren
- z. B. Kauf eines Produkts, das von Prominenten beworben wird
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Ich-/Selbst-Verteidigungsfunktion
- Selbstwertgefühl schützen
- z. B. Abneigung gegenüber Golf, wenn man ein*e schlechte*r Spieler*in ist
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Wertausdrucksfunktion
- Wertvorstellungen zum Ausdruck zu bringen
- z. B. Fahrradfahren zur Uni für Gesundheit und Umweltschutz
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Einschätzungsfunktion (Objektbewertungsfunktion
Stärke einer Einstellung
-
Inhalt, Struktur und Funktion werden von Stärke der Einstellung beeinflusst
- Stärke wird unterschiedlich konzeptualisiert
- Wie sicher sich die Person ihrer Einstellung ist
- Wie wichtig
- Wie extrem
- Wie leicht zugänglich
- Stärke wird unterschiedlich konzeptualisiert
-
Starke Einstellungen im Vergleich zu schwachen (Krosnick & Petty)
- Beständiger
- widerstandsfähiger gegenüber Veränderung
- beeinflussen die Informationsverarbeitung mit höherer Wahrscheinlichkeit
- sind mit höherer Wahrscheinlichkeit verhaltensleitend
Messung von Einstellungen
Messung von Einstellungen – Explizit
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Explizite Messmethoden (erfordern bewusste Aufmerksamkeit):
- direktes Fragen zu Einstellungen
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Likert-Skalen
- Fragebogenantworten von „Ich stimme stark zu“ bis „Ich stimme überhaupt nicht zu“
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Semantisches Differential
- Fragebogenantwort auf Reihe von bipolaren Adjektivskalen
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Nachteile:
- Einstellungen nicht immer bewusst
- Itempräsentation beeinflusst Antwort
- Verfälschbarkeit (z. B. gemäß sozialer Erwünschtheit)
Messung von Einstellungen – Implizit
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Implizite Messmethoden: erfassen spontane evaluative Assoziationen zu einem Objekt, ohne dass dies auf verbalen Angaben beruht.
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Evaluatives Priming (Fazio, 1995
- Prime (Einstellungsobjekt) beeinflusst Reaktionszeiten bei der Zuordnung des Stimulus (bewertendes Adjektiv) in „positiv/negativ“-Kategorien
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Impliziter Assoziationstest (IAT, Greenwald et al., 1998)
- In mehreren Blöcken auf Bilder und Adjektive reagieren
- schnellere Reaktionszeiten bei assoziierten Konzepten
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Evaluatives Priming (Fazio, 1995
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Vorteile:
- Reliabilität (interne Konsistenz und Test-Retest-Reliabilität) und
- Validität der Methoden bestätigt.
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Nachteile:
- Teils niedrige Korrelationen mit expliziten Messungen: unterschiedliche Konstrukte gemessen?
- Beeinflussung der Messung persönlicher Einstellungen durch kulturelle Normen
Verhaltensvorhersage durch Einstellungen - (Wann) Sagen Einstellungen Verhalten voraus?
Verhaltensvorhersage durch Einstellungen - Sagen explizite und implizite Messungen verschiedene Verhaltensarten voraus?
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Explizite Einstellungsmessungen
- Vorhersage willkürlicher Handlungen
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Implizite Einstellungsmessungen
- Vorhersage spontaner, automatischer Handlungen
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Studie (Dovidio et al., 1997): wie explizite/implizite Messungen bewusstes/ spontanes diskriminierendes Verhalten vorhersagen
- Aufgabe: Einschätzung von Interviewer*innen mit unterschiedlicher Hautfarbe
- Korrelationen: Explizite Einstellungsmessung (Fragebogen), implizite Einstellungsmessung (Antwort-Latenz-Aufgabe) und Einschätzung der Interviewer*innen (bewusst), Blickkontakt & Blinzeln (spontan)
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Ergebnis:
- Nur explizite Einstellungsmessung korreliert mit bewusster Bewertung der Interaktion mit dem*der Interviewer*in
- Nur implizite Einstellungsmessung korreliert mit nonverbalem Verhalten