Vorlesung 9: Self-Esteem, Self-Efficacy, Self-Compassion

Question 1

Was ist der Unterschied zwischen Selbstkonzept und Selbstwert?

Answer 1

– Selbstkonzept: Eine kognitive Struktur dazu, wer man ist, bezogen auf bestimmten Lebensbereich
(z.B. Überzeugung, eine gute Schülerin zu sein)
– Selbstwert: Eine globale, allgemeine Einschätzung des eigenen Wertes; ein summarisches Urteil über den eigenen Wert als Person
(integriert das globale Selbstkonzept für alle Lebensbereiche)

Question 2

Wie kann das Selbstwertgefühl in pädagogischen Kontexten gefördert werden?

Answer 2

Der Selbstwert ist mit dem subjektiven Wohlbefin- den verknüpft und prinzipiell förderungswürdig
• Förderungsansätze für Erziehende/Lehrende
– Betonen, dass Fähigkeiten nicht festgelegt sind,
sondern immer verbessert werden können
– Die diagnostische Funktion von Fehlern im Dienste der Verbesserung betonen
– Um Hilfe bitten und gegenseitiges Helfen als Lernkultur etablieren

Question 3

Gefahren unreflektierter Selbstwertförderung? (1)

Answer 3

• Narzisstische Persönlichkeit
– Gefühl anderen überlegen zu sein
– Persönliche Erfolge werden fantasiert
– Meinung besondere Behandlung zu verdienen
– Aggressive Reaktion auf Abwertungen durch Andere
– Erhöhte Gefahr für Gesundheitsprobleme (z.B. Drogen- abhängigkeit, Depression, Angst)
– Kommt eher in sogenannten westlichen Kulturen als in nichtwestlichen Kulturen vor
– Höhere Ausprägungen haben während der letzten Jahr- zehnte bei Jugendlichen der westlichen Kulturen stetig zugenommen

Question 4

Gefahren unreflektierter Selbstwertförderung? (2)

Answer 4

• Overvaluation (Überbewertung) in der Erziehung
– Eltern sind der Ansicht, dass ihrem „besonderen“ Kind
Privilegien zustehen
– Eltern schreiben den Kindern eine Perfektion in allem zu, die objektiv nicht gegeben ist
– Beispiel-Items im Fragebogen: “My child is more special than other children”, “My child deserves special treatment”
• Elterliche Wärme in der Erziehung
– Dem Kind wird die elterliche Liebe erkennbar gezeigt
– Dem Kind wird Wertschätzung entgegengebracht
– Beispiel-Items im Fragebogen: „I let my child know I love him/her”, “I treat my child gently and with kindness“

Question 5

Was ist Self-Efficacy?

Answer 5

• Self-Efficacy wird verstanden als funktionaler Optimismus, bei dem die eigenen positiven Ressourcen im Fokus stehen
• Personen mit höherer Selbstwirksamkeitserwartung initiieren eher instrumentelle Handlungen, investieren mehr Anstreng- ung und persistieren eher bei Hindernissen und Misserfolgen

Question 6

Wie funktioniert die Konzeptualisierung der Selbstwirksamkeitserwartung?

Answer 6

Efficacy expectations = Self-efficacy = Inwieweit traut man sich selbst zu, ein bestimmtes Verhalten auszuführen?
(z.B. man traut sich zu, den gesamten Vorlesungsstoff lernen zu können)
Outcome expectations = Inwieweit glaubt man, dass ein bestimmtes Verhalten zu einem bestimmten Ergebnis führt?
(z.B. man traut sich zwar zu den gesamten Vorlesungsstoff zu lernen, glaubt aber nicht, dass das zu einer guten Note führt, weil der Dozent in der Regel willkürlich bewertet)

Question 7

Wie kann die Selbstwirksamkeitserwartung in der pädagogischen Praxis gesteigert werden?

Answer 7

Konkrete Ansätze für die pädagogische Praxis
– Den Fortschritt in einem bestimmten Lernbereich sichtbar machen (z.B. zeigen, wie leicht heute etwas ist, das während des früheren Lernprozesses noch schwer fiel)
– Aufzeigen, dass ein Zusammenhang zwischen früheren Anstrengungen und nachfolgenden Leistungen besteht
– Vorbilder bereit stellen (z.B. Geschichten von Personen vorstellen, die körperliche, geistige oder ökonomische Hindernisse überwunden haben)
– Spezifische(!) Verbesserungsvorschläge machen (d.h. an der konkreten Aufgabe zeigen, was richtig/falsch war und die Gründe für die Fehler verdeutlichen)

Question 8

Wie sieht die kritische Sicht auf die Selbstwirksamkeitserwartung aus?

Answer 8

• Die positive Wirkung einer hohen Selbstwirksamkeits- erwartung wurde vielfach für verschiedene Lebens- bereiche betont
• Manche Autoren weisen jedoch kritisch darauf hin, dass hohe Selbstwirksamkeitserwartung mit Over- confidence (übertriebener Zuversicht) einhergehen und sich sogar negativ auf Leistungen auswirken kann

Question 9

Welche Sechs Facetten von Self-Compassion als dispositionelle Neigung gibt es?

Answer 9

– 1) Selbstbezogene Freundlichkeit (self-kindness): durch Güte und Verständnis gekennzeichneter
Umgang mit der eigenen Person in schwierigen Zeiten
und inhaltlich entgegengesetzt:
– 2) Selbstverurteilung (self-judgment):
Neigung zu Selbst-Intoleranz und Selbstverurteilung angesichts eigener Fehler und schwieriger Erfahrungen– 3) Verbindende Humanität (common humanity): Erkenntnis, dass Leiden ein integraler Bestandteil der menschlichen Existenz ist
und inhaltlich entgegengesetzt:
– 4) Isolation (isolation):
Erleben, dass man angesichts des eigenen Leids
und der eigenen Schwächen allein und von anderen Menschen getrennt ist– 5) Achtsamkeit (mindfulness): akzeptierender, ausgeglichener Umgang mit negativen Erfahrungen
und inhaltlich entgegengesetzt:
– 6) Überidentifizierung (overidentification): Tendenz, von negativen Erfahrungen mitgerissen und überwältigt zu werden

Question 10

Was ist Self-Compassion?

Answer 10

Begriff von Frau Neff, nett zu sich sein wenn man scheitert:
Besteht aus drei Dingen:
1. Self kindness
2. common humanity
3. mindfullness

Question 11

Wie kann Self-Compassion gesteigert werden?

Answer 11

• Self-Compassion kann trainiert werden, z.B. mit dem Mindful Self-Compassion-Programm
– Ein achtwöchiger Workshop (1x pro Woche ein etwa zweistündiges Treffen mit Übungen sowie ein halber Tag mit Meditation)
– Inhalte: Erklärung von Self-Compassion und seiner positiven Wirkungen, Übung alltagstauglicher Self- Compassion-Strategien
– Evaluation: Positive Wirkungen des Trainings auf dispositionelle Neigung zu Self-Compassion, Achtsamkeit und subjektives Wohlbefinden