VL 3: Klassifikation, Diagnostik und Gesprächsführung Flashcards
Was sind die Ziele der Klassifikation?
- Grosse Zahl an Symptomen und klinischer Bilder nach übergeordneten Gesichtspunkten de Ähnlichkeit zu gruppieren
- und dadurch eine überschaubare Mengen an typischen Symptomkonstellationen zu reduzieren
- und daraus therapeutische Implikationen ableiten zu können
Unterscheide den dimensionalen und kategorialen Ansatz
> Kategorialer Ansatz:
• Alles-oder-Nichts-Prinzip: liegt eine Störung vor – ja oder nein?
•Eindeutige Ein- und Ausschlusskriterien
•Hilfreich zur Abgrenzung einzelner Störungen und zur Expertenkommunikation
Dimensionaler Ansatz:
•Phänomene liegen auf einem Kontinuum mit den Extremen «gesund bzw. unauffällig» und «krank bzw. auffällig» ohne klare Grenzen (quantitative Unterschiede)
•Erfasst auch subklinische Fälle
•Differenzierte Abstufung innerhalb einer Störung möglich
Was sin die Besonderheiten bei der Klassifikation und welche Gründe gibt es dafür?
> Diskrepanz in der Wahrnehmung von Eltern und Kindern und Lehrern («Cross-informant agreement») -> geringe bis moderate Korrelationen zwischen Eltern und Lehrern, Lehrern und Jugendlichen, Eltern und Jugendlichen (höchste Übereinstimmung)
• Gründe:
- Unterschiedliche Informationsbasis
- Unterschiedliche Urteilsanker
- Situationsspezifität des Verhaltens
- Messfehler der Messinstrumente
- Simulations- (Symptome werden aufgespielt – häufig bei Eltern)/Dissmulationstendenzen (Symptome werden runter gespielt)
Situationsspezifität von Verhalten
Veränderung der psychischen Störungsbilder in Abhängigkeit vom Lebensalter (Beispiel Zwänge: Ich-Dystonie bei Kindern geringer)
Wie ist der allgemeine Aufbau von Klassifikationssystemen
> Hauptmerkmale der Störung > Anzahl der Symptome > Zeitliche Aspekte > Erstmanifestation > Störungsverlauf > Klinisch bedeutsamer >Leidensdruck > Differentialdiagnostik > Zusatzcodierung
Beschreibe das DSM V
- Auflösung des Abschnitts von Störungen mit Beginn im Kleinkind- und Kindesalter und der Adoleszenz (Störungen des Kindes- und Jugendalter über das ganze Buch verteilt)
- Lebensspannenperspektive
- Störungen im Kindes-/Jugendaltern zugeordnet zu jeweiligen Störungsbilden
- Neue Kategorie «Neurodevelopmental disorders»: z.B. ASS, spez. Lernstörungen, intellektuelle Beeinträchtigungen, ADHS
Beschreibe das ICD 10
> Abschnitte für Störungen mit Beginn im Kindes- und Jugendalter
o Intelligenzminderung (F7)
o Entwicklungsstörungen (F8)
o Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F9)
o Getrennte Kriterien für vier Angststörungen (Entwicklungsphasen spezifisch -> Trennungsangst, Phobie, soziale Ängstlichkeit, GAS)
Kriterien für Erwachsene: für manche Störungen keine separaten Kriterien für Kinder/Jugendliche
Beschreibe das Multiaxiale Klassifikationsschema (MAS, ICD-10)
> Achse I: Klinisch-psychiatrisches Syndrom z.B. emotionale Störung mit Trennungsangst im Kindesalter (Fx.x)
Achse II: Umschriebene Entwicklungsstörungen z.B. Lese- und Rechtschreibstörung
Achse III: Intelligenzniveau z.B. durchschnittliche Intelligenz
Achse IV: Körperliche Symptomatik z.B. chronisch entzündliche Darmerkrankung (wird von einem Arzt abgeklärt)
Achse V: Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände
Achse VI: Globalbeurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus
(Einschätzung auf einer Skala 0 (gutes Funktionieren) bis 8 (tiefe und durchgängige soziale Beeinträchtigungen))
Beschreibe die Achse V genauer (8)
> Assoziiere aktuelle abnorme psychosoziale Umstände (in letzten 6 Monate)
- Abnorme intrafamiliäre Beziehungen (Misshandlung)
- Psychische Störungen, abweichendes Verhalten oder Behinderung in der Familie
- Inadäquate oder verzerrte intrafamiliäre Kommunikation
- Abnorme Erziehungsbedinungen (Heli-Eltern)
- Abnorme unmittelbare Umgebung
- Akute und belastende Lebensereignisse
- Gesellschaftliche Belastungsfaktoren
- Chronische zwischenmenschliche Belastung
Beschreibe die Achse VI besser (4)
> Globalbeurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus (von 0 bis 8)
- Bewältigung sozialer Situationen
- Beziehungen zu Familienangehörigen, Gleichaltrigen und Erwachsenen
- Schulische und berufliche Anpassung
- Interessen/Freizeit
Beschreibe die diagnostische Klassifikation bei Säuglingen (0-3)
> Achse I: Primäre Diagnose
Achse II: Beschreibung der Eltern-Kind-Interaktion (o-90)
Achse III: Medizinische Probleme, Entwicklungsstörungen
Achse IV: Psychosoziale Belastungsfaktoren
Achse V: Funktionsniveau der emotionalen Entwicklung (7 Stufen)
Was sind die Ziele und Aufgaben der Diagnostik (10)
- Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung
- Kategoriale diagnostische Einordnung nach ICD-10 oder DSM-V
- Dimensionale und differenzierte Erfassung der psychischen Auffälligkeiten (kognitiv, motorisch, physiologisch, emotional) sowie der psychosozialen Belastungen des Patienten
- Funktionale Bedingungsanalyse/Verhaltensanalyse (synonym zu verwenden)
- Selektive Indikationsentscheidungen
- Erfassung von Störungskonzepten, Therapieerwartungen und Therapiezielen
- Erfassung spezieller Ressourcen und Kompetenzen des Patienten und des psychosozialen Umfelds
- Klärung des therapeutischen Auftrags
- Aufbau von Änderungsmotivation
- Therapiebegleitende Diagnostik/Kontrolle des Therapieverlaufs
Beschreibe die Multimodale Diagnostik
- Mehrebenendiagnostik: verhaltensbezogen, emotional, kognitiv, physiologisch
- Multimethodal: verschieden Methoden zur Erfassung von Verhaltensauffälligkeiten (Fragebögen, Selbst- und Fremdanamnese, Verhaltensbeobachtung und körperliche Abklärung)
- Situationsspezifische Diagnostik: Untersuchungssituation und in natürlichen Lebenskontexten (z.B. Schule, Freunde, Familie)
- Individualisierte Diagnostik (aufgrund hoher Komorbiditäten): individualisierte Ausprägungen, über standardisierte Verfahren hinausgehend (z.B. GAS)
- Behandlungsbezogene Diagnostik: Hinweise für Therapie und Verlaufskontrolle
Beschreibe den diagnostischen Prozess
- Erstgespräch und Exploration
- Eingangsproblematik, vertrauensvolle Beziehung und weiters Vorgehen, Fragebögen nach Bedarf
2- Diagnostische Einordnung
- Differenzialdiagnostik durch Interviews und Checklisten, Medizinische Abklärung, Intelligenz-/Entwicklungsdiagnostik
3- Verhaltensanalyse/ Funktionale Bedingungsanalyse und Therapieplanung
- Detailanalyse des Verhaltens, Verhaltensbeobachtung, Familiendiagnostik
Beschreibe die Exploration der Eltern
> möglichst beide, mit/danach ohne Kind:
- Basisdaten, Vorstellungsanlass, spontan berichtete Problematik und Erwartung der Eltern
- Aktuelle psychische Auffälligkeiten des Kindes/Jugendlichen
- Entwicklungsstand und schulische Leistungen
- Interessen, Aktivitäten, Kompetenzen und positive Eigenschaften
- Familiärer und sozialer Hintergrund
- Entwicklungsgeschichte (Meilensteine)
- Einstellung zur Therapie
Beschreibe die Exploration des Kindes/Jugendlichen
> mit und ohne Eltern
- Kontaktaufnahme und Exploration
- Vorstellungsanlass und Erwartungen des Kindes/Jugendlichen
- Wichtige Lebens- und Funktionsbereiche
- Berichtete Problematik (Auslöser, Konsequenzen, Einstellung)
- Befragung hinsichtlich Komorbiditäten (direkt nachfragen)