VL 13: Tic-Störungen Flashcards

1
Q

Zentrale Merkmale

A

• Schnell einschiessend, unwillkürlich, nicht kontrollierbar
• Nicht rhythmisch, sich wiederholend, kurze Serien
• Ohne Funktionalität/ subjektiv bedeutungslos
-> Isolierte und enthemmte Fragmente willkürlicher Bewegungen/Lautäusserungen
-> Art, Komplexität, Intensität: grosseinter-und intra-individuelle Variabilität

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2
Q

beschreibe die motorischen Tics

A

− unwillkürliche, rasche, wiederholte, nicht-rhythmische Bewegungen
− umschriebene Muskelgruppen
−z.B. Augenblinzeln, Kopfwerfen, Schulterzucken, Grimassieren
− häufig Gesicht-, Kopf-, Nacken-, Schulterbereich
− Echopraxie: Wiederholen von Bewegungen anderer Personen
− Kopropraxie: Verwendung obszöner Bewegungen

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3
Q

Beschreibe die vokalen Tics

A

− vokale Produktionen
− z.B. Räuspern, Bellen, Grunzen, Schnüffeln, Zischen
− Echolalie: (zwanghaftes) Wiederholen bestimmter Wörter
− Palilalie:(zwanghaftes) Wiederholen eigener Laute oder Wörter
− Koprolalie: Gebrauch obszöner Wörter

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4
Q

Wie können Tics unterscheiden werden

A

> motorisch oder vokal

> einfach oder komplex

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5
Q

Kann man Tics unterdrücken?

A

> sind nicht kontrollierbar!
manchmal können sie für kurze Zeit unterdrückt werden
sie können zeitlich aufgeschoben werden (mehrere Stunden)
sie können auch in andere Bewegungen verschoben oder in ihrer Ausprägung beeinflusst werden: verschleiern, in Handlungen einbauen, verlangsamen, ordnen der Tics
im Schlaf, bei Entspannung und Ablenkung nehmen sie ab, bei emotionaler Erregung, Stress und Ermüdung nehmen sie zu
bei massiven Symptomen: vorausgehendes sensomotorisches Phänomen (innere Anspannung, Kribbeln, Stechen, etc.), die durch den Tic abgebaut wird

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6
Q

Beschreibe die Klassifikation nach ICD 10

A

= Chronifizierungsgrad und isoliertes oder gemeinsames Auftreten von motor./vokalen Tics (F95)
> Vorübergehende Tic-Störung: Einzelne oder multiple motorische oder vokale Tics > 4 Wochen und < 12 Monate; Beginn vor dem 18. Lebensjahr (gilt für alle)
> Chronische motorische oder vokale Tic-Störung: Einzelne oder multiple motorische oder vokale Tics > 12 Monate; keine Remission länger als 2 Monate
> Kombinierte vokale und multiple motorische Tic-Störung (Tourette Syndrom): Multiple motorische und mind. ein oder mehrere vokale Tics, nicht notwendigerweise gleichzeitig oder ununterbrochen; keine Remission länger als 2 Monate
> Sonstige Tic-Störung
> Nicht näher bezeichnete Tic-Störung

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7
Q

Beschreibe die Klassifikation nach DSM

A

− «Neurodevelopmental Disorders»
− es muss keine signifikante psychosoziale Beeinträchtigung mehr vorhanden sind (vs. DSM-IV)
> Vorhandensein von motorischen und/oder vokalen Tics (Kriterium A)
> 2 Verlaufsformen (Kriterium B):
− Zeitkriterium: kürzer oder länger als 1 Jahr, sonst keine Angabe zur Dauer
− Beginn vor dem 18. Lebensjahr (Kriterium C)
− «vorübergehende»= «vorläufige» Tic-Störung
− «chronische» = «persistierende» Tic-Störung
> Ausschluss der physiologischen Effekte einer Substanz (z.B. Kokain) oder einer medizinischen Erkrankung (z.B. Chorea Huntington, postvirale Enzephalitis) (Kriterium C)
−Kriterium E: Hierarchische Gliederung vorläufige TS < persistierende TS < Tourette

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8
Q

Beschreibe die Diagnostik

A

=Art, Frequenz, Intensität, Oszillation, subjektiver Leidensdruck im Selbst-und Fremdurteil
> ausführliche (Fremd-)Anamnese, Familienanamnese (z.B. Zwänge, ADHS)
> Eigenanamnese: z.B. Zwanghaftigkeit, oft schambesetzt, verminderte Selbstwahrnehmungsfähigkeit
> Verhaltensbeobachtung
> allgemeine und störungsspezifische Fragebogendiagnostik: z.B. mittels DISYPS-III TIC (FBB-Tic/SBB-Tic), Yale Global Tic SeverityScale
> Ggf. neuropädiatrische Differenzialdiagnostik (EEG, Blutbild etc.)

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9
Q

Abgrenzung

A

> ASS (Tics sind nicht stereotyp)
Zwangsstörungen
Dissoziative Störungen
Störungen der Impulskontrolle

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10
Q

Beschreibe die Epidemiologie und Komorbiditäten

A

> 4-12% bei Kindern und Jugendlichen: Bewegungsstörungen am häufigsten
Vorübergehend: 4-12% der Grundschulkinder
Chronisch: 3-4% der Grundschulkinder
Tourette: 0,05%-3% im Alter von 6-16 Jahren
Jungen 3x häufiger betroffen
Bis zu 90% der an Tourette Erkrankten weisen Komorbiditäten auf:
- 50-75% ADHS  meist Entwicklung von Tics nach 2-3 Jahren
- 30-60% Zwangsstörungen
- 20-25% affektive Störungen (v.a. Depression)
- 15-20% Angststörungen
- 4-60% NSSV
- 15.40% Schlafstörungen

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11
Q

Beschreibe den Beginn und Verlauf

A

> Beginn: fast immer in der Kindheit oder Jugend (2-15 Jahre)
Häufigkeitsgipfel: 6-7 Jahre
Früher Beginn ≠ schlechte Prognose
Motorische Tics: meist erst Blinzeln
Vokale Tics: meist erst Räuspern, Schniefen
Ab dem 10. Lebensjahr/ zu Beginn der Pubertät: deutliche Zunahme
Ab dem 20. Lebensjahr: deutliche Abnahme der Tics
Spontanremission: 50-70% bei chronischen Tics, 3-40% bei Tourette

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12
Q

Beschreibe die Erklärungsansätze

A

> genetische Faktoren: Beweis aus Zwillingsstudien (ca. 20% bei zweieiigen Zwillingen und bis zu 90% bei eineiigen Zwillingen); unklare molekulargenetische Auffälligkeiten =Dopamin/Serotonin Überregulierung
Schädigung des ZNS: während Schwangerschaft und Geburt
− starke Übelkeit und Erbrechen im ersten Trimester
− (übermässiger) Koffein-, Nikotingenuss, Alkoholabusus
− Hypoxie
− Frühgeburt, Einsatz mechanischer Hilfsmittel bei Geburt
Infektionen:in 5-10% bestand eine Streptokokken-Infektion der Gruppe A (PANDAS)
psychosoziale Faktoren:
− im Sinne des Vulnerabilitäts-Stress-Modells
− Tics verstärken sich bei Stress und nehmen bei Entspannung ab
− psychosoz. Belastungen können auch als Folge der Tics auftreten -> Schwierigkeiten in der Eltern-Kind-Beziehung, sozialer Rückzug, Depressivität

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13
Q

Beschreibe die neuroanatomischen und funktionellen Auffälligkeiten

A

> Vermindertes Volumen und Asymmetrien im Nucleus caudatus, Putamen und Globus pallidus
Teils erhöhte und teils verminderte Aktivität in des Basalganglien, Thalamus und Hippocampus
Funktionsdefizite innerhalb des dopaminerg modulierten sensomotorischen kortiko-striato-pallido-kortikalen Regulationssystems im Bereich der Basalganglien und des Motokortex
Erhöhte dopaminerge Aktivität im Striatum = Störung der Eigenhemmung und der automatischen Bewegungskontrolle
Versuch der Gegenregulation

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14
Q

Was ist wichtig bei den Interventionsansätzen?

A

> Sorgfältige Diagnostik und Psychoedukation für den Patienten und sein Umfeld:
− Keine willentliche Kontrolle
− Remission im jüngeren Alter zu erwarten
− Sekundäre Probleme explorieren und behandeln
− In der Schule: Person schützen, Schüler darüber informieren, abschirmen, Stresslevel senken

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15
Q

Beschreibe die Reaktion-Umkehr (Habit-Reversal)

A
  1. Selbstwahrnehmungstraining
    - Selbstbeobachtung
    - Beschreibung der Ticreaktionen
    - Training der Reaktionserkennung
    - Training der Wahrnehmung früherer Zeichen einer Ticreaktion
    - Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse
  2. Entspannungstraining = Selbstkontrolltechnik (z.B. PMR)
  3. Training inkompatibler Reaktionen
    - Gegenbewegung zum Tic
    - Sollte für 1-3 min. aufrechterhalten werden können
    - Möglichst unauffällig
    - Bei motorischen Tics: Aktivierung der antagonistischen Muskelgruppe
  4. Kontingenzmanagement
    - Aufrechterhaltung bzw. Verstärkung der Behandlung
    - Soziale Verstärkung, Token-System
  5. Generalisierungnstraining
    - Generalisierung auf das natürliche soziale Umfeld
    - Auswahl von Alltagssituationen zum Üben
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16
Q

Beschreibe die Pharmakotherapie

A

− Dopamin-2-Rezeptor-Blocker (Neuroleptika wie Risperidon, Sulpirid)
− Einnahmedauer von ca. 1 Jahr, langsames Ausschleichen
− Ziel: Besserung der Tics zur Verminderung der psychosozialen Einschränkung des Patienten
− Bei komorbider ADHS/Zwangsstörung: Kombination mit SSRI und/oder Stimulanzien möglich