Verfahrensgrundsätze Flashcards
Dispositionsmaxime (Verfahrensherrschaft)
= die Befugnis, Einleitung, Inhalt, Ablauf und Beendigung des Verfahrens zu bestimmen
= im Zivilprozess liegt das grundsätzlich bei den Parteien
= Gegensatz dazu ist die Offizialmaxime, wo die Herrschaft darüber beim Staat liegt (so etwa bei Strafverfahren)
Beispiele:
Beginn nur auf Antrag: § 253 Klageschrift (§ 124 FamFG analog Einreichung Antragsschrift), § 688 Mahnbescheid nur auf Antrag, §§ 920, 936 Gesuch bei einstweiligem Rechtsschutz
Bestimmung des Inhalts: § 308 Bindung an Antrag (§ 528 auch bei Berufung, 557 für Revision)
Beendigung nur auf Antrag: Klagerücknahme § 269 ZPO, Verzicht und Rücknahme Berufung § 515 f., Prozessvergleich § 794 I Nr. 1, übereinstimmende Erledigungserklärung § 91a, § 306 Verzicht (??: Abgrenzungen und Unterschiede?)
Teilweise auch Offizialmaxime in ZPO!, dann hat das Gericht von Amts wegen ohne Antrag zu entscheiden, etwa in:
§ 308 II (über Kosten), 704, 705 (über vorläufige Vollstreckbarkeit) = also über Bestandteile des Tenors!
und wegen Mieterschutz bei 308a, 721 ZPO bei Fortsetzung von Mietverhältnissen und Räumungsfrist von Wohnraum
Verhandlungsgrundsatz (Beibringungsgrundsatz)
= die Parteien müssen die für sie relevanten Tatsachen selbst vortragen; Gericht darf Entscheidung dann nur auf die Tatsachen und Beweismittel stützen, die von Parteien selbst vorgebracht wurden (Prinzip der formellen Wahrheit: Gericht überprüft per Beweisaufnahme nur, wenn Tatsachen nicht übereinstimmen und diese Tatsachen entscheidungserheblich sind!)
(308 ne ultra petita)
= Gegensatz ist Untersuchungsgrundsatz etwa im Strafrecht (Prinzip der materiellen Wahrheit)
= da mihi factum, dabo tibi ius = es geht also nur um Tatsachen, nicht um Rechtsansichten!, s. dazu § 130 I Nr. 3, 138 etc
Ausnahmen zum Beibringungsgrundsatz (138 ff)
Wahrheitspflicht 138 I
Richterliche Hinweis- und Aufklärungspflichten: § 139 I, 273 I, 275 I, 276 I, 278 III
Anordnung des persönlichen Erscheinens 141, 273 II Nr. 3, 278 III
Beweiserhebung von Amts wegen 142 ff.
Art. 101 I 2 GG: Recht auf gesetzlichen Richter
= die Zuständigkeit eines Richters muss von vornherein nach abstrakten Maßstäben bestimmt sein.
–> dafür darf es keinen Verstoß gegen gesetzlich vorgesehene sachliche und örtliche Zuständigkeit geben; kein Verstoß gegen Geschäftsverteilungsplan (weist Spruchkörpern Zuständigkeiten und Richter zu); kein Verstoß gegen Zuteilung innerhalb des Spruchkörpers
Art. 103 I GG: Recht auf rechtliches Gehör
…
Mündlichkeitsgrundsatz
= Parteien verhandeln grundsätzlich mündlich, § 128 I ZPO (achtung 128a!)
= Gericht darf Entscheidung nur auf das mündlich Vorgetragene stützen (Einheit der mündlichen Verhandlung: mehrere Termine bilden eine Einheit: früher erster Termin, Haupttermin und Folgetermine)
Öffentlichkeitsgrundsatz
§ 169 GVG (Ausnahme Beratungen des Gerichts § 193 GVG sowie Prozesse nach §§ 170 ff. GVG)
hierzu gehört auch der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit = Akteneinsicht (299 I, 760 ZPO), Anwesenheit bei Beweisaufnahme (357 I) und von Handlungen des Gerichts und des Gegners informiert zu werden
Unmittelbarkeitsgrundsatz
= mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme müssen unmittelbar vor dem erkennenden Gericht stattfinden (128 I, 355 I 1)
= Richterin oder Richter der letzten mündlichen Verhandlung zur Entscheidung berufen, § 309
Konzentrationsmaxime (Beschleunigungsgrundsatz), Art. 2 I iVm Rechtsstaatsprinzip und Art. 6 EMRK
= Verpflichtung, den Rechtsstreit in angemessener Zeit beizulegen (272 ff. etwa)