Übungsfälle Teil 2 Flashcards

1
Q

Die Stadt S beauftragt das Generalunternehmen G mit der schlüsselfertigen Errichtung einer Kindertagesstätte. Die von S beauftragte Projektleiterin P stellt noch im Rohbau unzulässige Risse in der Betondecke fest. P zeigt dies gegenüber G an und verlangt Nachbesserung innerhalb von 3 Wochen. G nimmt dies jedoch nur zum Anlass, die Risse vom Maler überstreichen zu lassen.
P beauftragt daraufhin nach Fristablauf das Fachunternehmen F mit der ersatzweisen Sanierung der Betondecke. Die Kosten in Höhe von 50.000 € zieht P von der nächsten Rechnung bei G ab.
Zu Recht?

A
  • Mängelansprüche nach § 13 VOB/B oder § 634 BGB stehen dem Auftraggeber erst nach Abnahme zu (BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13).
  • Gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B kann der AG vor Abnahme die Nachbesserung mangelhafter Leistungen verlangen.
  • Eine Ersatzvornahme unter Kostentragung des AN setzt jedoch nach Fristablauf eine zusätzliche (Teil-)Kündigung des AG voraus nach § 8 Abs. 3 VOB/B. Diese fehlt hier. Der Ersatzanspruch scheidet somit aus.
  • Streitig ist ferner, ob der AG isoliert die Nachbesserungsleistung kündigen kann oder den betroffenen, in sich abgeschlossenen Leistungsteil kündigen muss.
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2
Q

Bauherrin B beauftragt zur Sanierung eines Altbaus die Architektin A als bevollmächtigte Bauleiterin und das Sanierungsunternehmen S mit der Ausführung. Im Vertrag zwischen B und S ist die Herstellung einer waagerechten Abdichtung im Keller vorgesehen.
Bei der Ausführung zeigen sich Altbau-typische Kostenfallen. A ordnet daher gegenüber S an, auf die waagerechte Abdichtung zu verzichten, um Kosten zu sparen. S kommt dem nach.
Nach Fertigstellung tritt Feuchtigkeit in den Keller ein. B macht Mängelansprüche gegenüber S geltend. S verweist auf die fehlende Abdichtung, auf die nach den Vorgaben der ausreichend fachkundigen A verzichtet worden sei.
Wer hat Recht?

A
  • Der AN schuldet beim Werkvertrag eine funktionstaugliche Leistung. Dies erfordert insbesondere notwendige Abdichtungen. Fehlen diese, ist die Leistung grundsätzlich mangelhaft.
  • Der AN kann seine Haftung ausschließen, wenn er auf Bedenken hinweist (§ 4 Abs. 3, § 13 Abs. 3 VOB/B).
  • Die Hinweispflicht bleibt bestehen, wenn der AG eine ausdrückliche Anordnung trifft und wenn der AG selbst fachkundig ist oder fachkundig vertreten wird. Etwas anderes gilt erst dann, wenn der AG unter ausdrücklicher Kenntnis der Mangelhaftigkeit eine Anordnung trifft.
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3
Q

Bauunternehmen B ist von Auftraggeberin A mit Bodenarbeiten und der Herstellung der Bodenplatte aus Stahlbeton beauftragt worden. Die weiter aufgehenden Arbeiten sollen von anderen Unternehmen ausgeführt werden. Ursprünglich sollte B seine Arbeiten von April bis Juni ausführen; die weiteren Arbeiten sollten ab September folgen. Durch Probleme bei der Baugenehmigung muss A den Bauzeitenplan ändern. B führt seine Arbeiten von Oktober bis Dezember aus; die weiteren Arbeiten folgen erst ab März.
Durch den Frost in den Monaten Januar und Februar bilden sich Schäden an der neuen Bodenplatte. A macht daher Ansprüche gegenüber B geltend. B verweist darauf, die Arbeiten im Dezember fachgerecht abgeschlossen zu haben. Die Schäden wären vermieden worden, wenn die weiteren Arbeiten unmittelbar fortgesetzt worden wären, was zutrifft.
Kann A Ansprüche durchsetzen?

A
  • B hat die Leistungen mangelfrei ausgeführt, wodurch Mängelansprüche ausscheiden.
  • Hinweise nach § 4 Abs. 3 VOB/B können lediglich eine ansonsten bestehende Haftung ausschließen, jedoch nicht allein durch das Fehlen von Hinweisen eine mangelhafte Leistung begründen.
  • Jedoch trifft den AN eine weitere allgemeine Aufklärungspflicht über mögliche und absehbare Risiken für die eigene Leistung. Verletzt der AN diese vertragliche Pflicht, ist er zum Schadensersatz verpflichtet (§ 280 BGB). In Folge der Terminverschiebung in den Winter waren für B die Gefahren für die Bodenplatte offensichtlich und B hätte als Fachunternehmen darüber informieren müssen.
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4
Q

Rohbauunternehmen R ist mit den Betonarbeiten für ein neues Flughafenterminal beauftragt. Nach Herstellung der Stahlbewehrung für die Bodenplatte fordert R von der Auftraggeberin, der Flughafengesellschaft F, die Teilabnahme der Bewehrung, bevor diese durch das Betonieren verdeckt wird.
F verweist darauf, dass im Bauvertrag nur eine abschließende, förmliche, rechtsgeschäftliche Gesamtabnahme sämtlicher Arbeiten vorgesehen sei, was zutrifft, und bleibt daher untätig. R betoniert die Bodenplatte.
Später zeigen sich unzulässige Risse im Beton, die auf eine fehlerhafte Bewehrung schließen lassen. R weist die Verantwortung zurück, da sich F die Probleme wegen der unterlassenen Teilabnahme selbst zuzuschreiben habe.
Wer hat Recht?

A
  • R konnte keine rechtsgeschäftliche Teilabnahme im Sinne der § 12 VOB/B und § 640 BGB verlangen.
  • R hatte nach § 4 Abs. 10 VOB/B jedoch Anspruch auf eine Zustandsfeststellung, die in der Praxis häufig als „technische Abnahme“ bezeichnet wird.
  • Weder die Durchführung einer Zustandsfeststellung noch deren Verweigerung führen jedoch zum Ausschluss von Mängelansprüchen (keine Abnahmewirkung). In Betracht kommt jedoch ein Mitverschulden von F, das Ansprüche nach § 254 BGB teilweise mindern kann.
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5
Q

Bauunternehmerin B vereinbart mit der Zahnärztin Z die schlüsselfertige Errichtung einer neuen Praxis. Im Vertrag und allen weiteren Unterlagen sind keinerlei Termine benannt. Z finanziert den Praxisbau über ein Bankdarlehen.
Nach 12 Monaten macht die Bank bei Z Bereitstellungszinsen für das nicht in Anspruch genommene Darlehen geltend. Z informiert sich bei B, wann mit einem Abschluss der Arbeiten zu rechnen sei. B antwortet, dass sie derzeit sehr viel zu tun habe und sich leider erst später um die Praxis kümmern könne.
Z fordert B daraufhin auf, die Praxis innerhalb der nächsten 3 Monate fertigzustellen. B lächelt nur und verweist darauf, dass sie nach dem Vertrag keine Fristen einzuhalten habe. Nach ergebnislosem Ablauf der 3 Monate kündigt Z den Vertrag und verlangt Ersatz der Bereitstellungszinsen. Tatsächlich wäre eine Bauausführung innerhalb von 6 Monaten möglich gewesen.

A
  • Bestimmt der Vertrag keine Fristen ist die Leistung nach § 271 BGB grundsätzlich sofort fällig. Beim Bauvertrag ist dies unrealistisch, daher sind Bauleistungen alsbald nach Vertragsschluss zu beginnen und in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen (BGH, Urteil vom 08.03.2001 - VII ZR 470/99).
  • Nach 12 Monaten hätte B die Arbeiten abschließen können, die Leistung war also fällig. Die Aufforderung mit Nachfristsetzung durch Z ist als wirksame Mahnung zu verstehen.
  • B gerät aber erst mit Ablauf der Mahnungsfrist (nach insgesamt 15 Monaten) in Verzug. Erst danach kann Z Schadensersatz verlangen. Die bis dahin angefallenen Bereitstellungszinsen hat B nicht zu ersetzen. Z hätte bei ihrer Mahnung auf eine Nachfrist verzichten können!
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6
Q

Bauherrin B beauftragt Generalunternehmerin G mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Hotels zum Pauschalpreis von 20 Mio. €. Vorgesehen ist die Ausführung von Januar 2021 bis Dezember 2023. B beantragt eigentlich rechtzeitig, 6 Monate vor geplantem Baubeginn, die Baugenehmigung bei der Stadt S. Auf Grund von unvorhergesehenen Engpässen in der Verwaltung wird die Genehmigung erst im Juni 2021 erteilt, sodass G erst im Juli 2021 mit den Arbeiten beginnen kann.
G hatte bereits im Dezember 2020 Bauzäune und Container aufgestellt. G verlangt von B die Kosten für 6 Monate Vorhaltung zusätzlich erstattet.
G konnte seinen Bauleiter auf keiner anderen Baustelle einsetzen. G verlangt daher zudem die Gehaltskosten i.H.v. 50 T€ zzgl. 10% AGK und 5 % W+G.
Anfang 2024 sind Löhne und Gehälter im Schnitt 2,5 % höher als im geplanten Ausführungszeitraum. G verlangt auch diese Mehrkosten erstattet.
Zu Recht?

A
  • Die Ausführungsfristen verschieben sich um min. 6 Monate, § 6 Abs. 2 VOB/B.
  • Schadensersatz nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B scheidet aus, da es am Verschulden der B für die Verzögerung fehlt.
  • § 642 BGB gewährt dem AN eine angemessene Entschädigung dafür, dass er während der Dauer des Annahmeverzugs des AG infolge Unterlassens einer diesem obliegenden Mitwirkungshandlung Personal, Geräte und Kapital, also die Produktionsmittel zur Herstellung der Werkleistung, bereithält.
  • Erstattet werden nur tatsächliche Mehrkosten, keine Zuschläge für W+G.
  • Mehrkosten wie gestiegene Lohn- und Materialkosten, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs des AG, aber erst nach dessen Beendigung anfallen, nämlich bei Ausführung der verschobenen Werkleistung, sind vom Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB nicht erfasst.
    G hätte gemäß § 6 Abs. 7 VOB/B nach 3 Monaten Behinderung kündigen können, um Preissteigerungen abzuwenden.
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7
Q

Flughafengesellschaft F hat Unternehmerin U mit der Errichtung einer Gepäckförderanlagen beauftragt. Die Gesamtlänge der Laufbänder der Gepäckförderanlage beträgt ca. 50 km. Während der Ausführung teilt U schriftlich mit, dass bei zwei Arbeitsbereichen bei Kilometer 20,2 und 27,1 wegen punktueller Wassereinbrüche eine Weiterarbeit der dort eingesetzten zwei Arbeitskolonnen nicht möglich sei. Sie habe die Arbeitnehmer daher abgezogen.
F stellt aufgrund der Behinderungsanzeige fest, dass tatsächlich Wassereinbrüche vorgelegen haben. F ist jedoch der Meinung, die Arbeit habe nicht unterbrochen werden müssen, weil es möglich gewesen sei, an anderen Stellen weiterzuarbeiten.
Stehen U Behinderungsansprüche zu?

A
  • Fraglich ist bereits, ob eine wirksame Behinderungsanzeige nach § 6 Abs. 1 VOB/B vorliegt. Die wirksame Behinderungsanzeige soll dem Auftraggeber einen möglichen Handlungs- und Entscheidungsbedarf vor Augen führen und muss deshalb die Auswirkung eines behindernden Umstandes im Einzelnen darstellen. Die Behinderungsanzeige muss, soweit möglich, enthalten:
  • Die Mitteilung der maßgeblichen Umstände (das ob);
  • die Begründung für die hindernde Wirkung (das wie);
  • die Bekanntgabe der Dauer (ab wann und voraussichtlich wie lange).
  • Es ist zudem zweifelhaft, ob U tatsächlich behindert war und nicht aufgrund der punktuellen Beeinträchtigung an anderer Stelle hätte weiterarbeiten können, wozu sie verpflichtet gewesen wäre, § 6 Abs. 3 VOB/B.
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8
Q

Projektentwicklerin P hat Bauunternehmerin U mit der Errichtung der Fassade an einem Hochhaus beauftragt. Vereinbarter Ausführungszeitraum ist von Anfang August bis Ende November. Zunächst liefert die Statikerin ihre Berechnungen nicht rechtzeitig; dann verursacht das Rohbauunternehmen zahlreiche Mängel, die zeitaufwendig behoben werden müssen. U kann ihre Arbeiten erst Anfang Dezember aufnehmen.
U verlangt bei Arbeitsbeginn eine Fristverlängerung insgesamt bis Mitte April, da im Winter auf Grund von Witterung und Lichtverhältnissen nur eingeschränkt gearbeitet werden könne.
Anfang Februar fällt eine Woche regelmäßig Schnee und die Temperaturen betragen höchstens 1°C. U verlangt eine weitere Woche Fristverlängerung.
Anfang April stürmt es eine Woche mit Windstärke 7. U verlangt nochmals eine Woche Fristverlängerung, da Kräne nicht eingesetzt werden können.
Hat U Erfolg?

A
  • U kann zunächst wegen fehlender Statik und Fehler des Rohbauunternehmens eine Fristverlängerung um 4 Monate verlangen, § 6 Abs. 2 VOB/B. Beide Leistungen fallen in den Risikobereich des AG, auch wenn es sich nicht um dessen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) handelt.
  • Auf Grund der Verschiebung in den Winter kann U eine zusätzliche, angemessene Fristverlängerung verlangen, § 6 Abs. 4 VOB/B.
  • Schnee und Kälte sind im Februar jedoch gewöhnlich, § 6 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B. Soweit bereits die Verschiebung in den Winter berücksichtigt wurde, kann hierfür keine zusätzliche Behinderung geltend gemacht werden.
  • Auch stürmisches Wetter bis Windstärke 7 dürfte – jedoch je nach Region und Umfang – i.d.R. keine Behinderung darstellen, § 6 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B.
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9
Q

Die Stadt S schreibt Straßenbauarbeiten öffentlich gemäß VOB/A aus. Angebote sind bis zum 31.10. einzureichen; der Zuschlag soll am 01.12. erteilt werden; die Ausführung hat nach den Vergabeunterlagen verbindlich vom 01.01. bis 30.06. zu erfolgen. Drei Bieter reichen fristgerecht Angebote ein.
Auf Grund von Budgetstreitigkeiten im Stadtrat kann die Vergabe nicht rechtzeitig erfolgen. S bittet die drei Bieter, ihre Angebote bis Ende Januar zu verlängern. Alle Bieter stimmen zu. Am 31. Januar erhält Bieter B1 den Zuschlag. Die Vergabeunterlagen werden dabei nicht mehr angepasst, um keine Zeit zu verlieren.
Auf Grund der verzögerten Vergabe verlangt B1 nunmehr
1.Eine Verlängerung der Ausführungsfrist bis zum 15.08.
2.Eine Erstattung von Vorhaltekosten für ungenutzte Baugeräte im Januar.
3.Eine Mehrvergütung für kurzfristig gestiegene Materialpreise.
Zu Recht?

A

Der Vertrag wurde mit den vorgesehenen Ausführungsfristen abgeschlossen, auch wenn der Baubeginn bereits nicht mehr eingehalten werden konnte. Die Unmöglichkeit der Leistung hindert die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht.
B1 kann keine Behinderung geltend machen (§ 6 VOB/B), da keine Umstände die Ausführung eingeschränkt haben.
B1 hat jedoch einen vertraglichen Anspruch auf Vereinbarung neuer, angemessener Ausführungsfristen.
Infolgedessen kann B1 auch Mehrkosten der späteren Ausführung nach § 2 Abs. 5 VOB/B vergütet verlangen.
Entschädigung nach § 642 BGB kann B1 jedoch nicht verlangen, da vor Vertragsschluss kein Annahmeverzug des AG vorliegen kann.

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