Therapieresistente Depression Flashcards
Definition der therapieresistenten Depression (=difficult to treat depression)
= ungenügende Response auf zwei adäquate antidepressive Therapien mit gleich oder unterschiedlich wirkenden Antidepressiva
(in ausreichender Dosierung (mit suffiz. Plasmaspiegel) für ausreichenden Zeitraum (4 Wochen) ohne Erfolg)
wichtig: Ausschluss Pseudotherapieresistenz
Definition einer therapierefraktären Depression
= unzureichende Response (nur Teilremission) auf mehrere adäquate antidepressive Therapien (auch nicht-medikamentös, z.B. EKT)
Empfehlung: Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D3, Folsäure (B9), Vitamin B12, Probiotika
Definition einer inadäquaten Response
… wenn ein Patient auf eine adäquate antidepressive Therapie nur unzureichend anspricht (Teilremission).
(Eine adäquate antidepressive Therapie ist bei ausreichender Tagesdosis des verordneten Antidepressivums und ausreichender Behandlungsdauer von mindestens vier Wochen gegeben.)
Chronische Depression
Episode dauert > 2 Jahre trotz adäquater therapeutischer Interventionen
Symptomatik der Major Depression muss mind. zur Hälfte aller Tage bestehen
Dysthymie: mind. 2 Jahre milde bis mittelgradige depressive Symptome
Double Depression: Dysthymie mit zusätzlichen depressiven Episoden
chronische schwere depressive Episode: Krit. der schweren depr. Episode für 2a durchgängig erfüllt.
rezidiv. schwere depressive Episoden ohne vollst. Remission
Gründe für Ausbleiben der Response bei Depression - Pseudotherapieresistenz
-> TDM durchführen
Wie kann Response definiert / gemessen werden?
Montgomery Åsberg Depressionsskala (MADRS)
Hamilton Depressionsskala (HAMD):
- Remission ist dabei definiert durch das Erreichen eines HAMD Gesamtscores von ≤ 7.
- Response: Reduktion der Symptomschwere von ≥ 50 %
- partielle Response: Reduktion der depressiven Symptomatik von 26–49 %.
- Non-Response: Symptomreduktion von ≤25%
Charakteristika der therapieresistenten Depression
- höherer Schweregrad der depressiven Symptomatik
- chronifizierter Verlauf (höhere Anzahl der früheren depressiven Episoden, bisherigen psychiatrischen stationären Behandlungen, Dauer der aktuellen depressiven Episode)
- Suizidalität
- melancholische und psychotische Symptomen
- komorbide Angststörungen
- Persönlichkeitsstörungen
- niedrigeres Alter bei Ersterkrankung
- hoher beruflicher Beschäftigungsgrad
- eine positive Familienanamnese für affektive Er- krankungen
- Auftreten von UAW
- Notwendigkeit komplexer psychopharmakotherapeuti- scher Maßnahmen
Welche Faktoren begünstigen die Entwicklung einer therapieresistenzen Depression?
- Komorb. Angsterkrankung, Panikstörung, Sozialphobie, PSST
- Suizidrisiko
- schwere der Erkrankung
- Anzahl der Hospitalisierungen
- wiederkehrende Episoden
- belastende Lebensereignisse
- genet. Merkmale
- somatische Komor- biditäten
- früherer Krankheitsbeginn (18 vs. 45J.)
- nichtansprechen auf antidepressive Therapie
Differentialdiagnosen der therapieresistenten Depression
- Dysthymie (mind. 2a)
- Double Depression (Dysthymie mit zusätzlichen depressiven Symptomen)
- chron. schwere depressive St. (durchgängig 2 Jahre)
- rezidiv. schwere depressive Episode ohne vollst. Remission
Faktoren zum Ausschluss einer Pseudotherapieresistenz bei Depressionen
- ausreichende Behandlungsdauer
- ausreichende Dosierung
- somatische Ursachen? (Labor: BB, metabol. Screening, Eisenstatus, Vitamin D, Folsäure, Vitamin B12, Schilddrüse, CRP)
- Plasmaspiegel? (TDM)
- Therapieadhärenz / Compliance
- Diagnose richtig?
- unerw. NW
- Komorbiditäten: Suchterkrankung, PSST, andere psychiatrische Erkrankung
- psychosoz. Belastungen, Lifestylefaktoren
Maßnahmen bei therapieresistenter Depression
Antidepressiva Wirkung erst nach 2-4 Wochen nach Zieldosiserreichung evaluieren, fehlende Response nach 2 Wochen ist Prädiktor für unzureichende Response -> daher Anpassung nach 2 Wochen bei unzur. Response empfohlen.
-> bei inadäquater Response Pseudoresistenz ausschließen
1) Optimierung der bestehenden Antidepressiven Therapie Plasmaspiegel? -> ultra rapid metabolizer? -> Dosiseskalation bis Maximaldosis (v.a. Evidenz bei TZA und MAO-I.)
oder
Wechsel auf anderes Antidepressivum mit anderem Wirkmechanismus (bei TRD nur bei non response oder intolerablen NW)
* Trizyklika
* Reserve: MAO Hemmer Tanylcypromin - Jatrosom® in hoher Dosierung (zuvor Wash Out, Tyraminarme Diät, Ausschluss v. SSRI Komedikation - Serotoninsyndrom), MAO-Hemmer effektiver als TZA (TZA effektiver als SSRI)
oder
2) Augmentationstherapie:
* Lithium: Spiegel 0,4-0,6mmol/l (lt. Konsensus 0,6-0,8mmol/l), eval. nach 2-4 Wochen -> bei Ansprechen 12 Monate fortführen, antisuizidale Wirkung, CAVE: Hypothyreose, Nierenschädigung
* atyp. Antipsychotika (Quetiapin XR zugelassen), v.a. bei psychot. Sy., auch: Aripiprazol, Olanzapin, Risperidon; CAVE: mehr EPS-Risiko + metabol. NW
* Esketamin (Detail: siehe Medikamente), auch bei Suizidalität wirksam; nur in Kombi mit SSRI o. SNRI; mittelgr. bis schwere depr. Episode ohne Ansprechen auf 2 unterschiedl. Antidepressiva
weitere:
* Antikonvulsiva (Lamotrigin)
* Schilddrüsenhormone
* Buspiron
* Pindolol
* Allopregnanolon bei peripartaler Depression
* alpha-2-delta-Liganden (Pregabalin) bei komorbiden Angsterkrankungen
* Silexan
3) Kombination mit AD mit anderem Wirkspektrum
* SSRI o. SNRI + Mirtazapin
* SSRI o. SNRI + Trazodon
* SSRI + Bupropion
Benzodiazepine: bei schwerer Agitation/psychomotischer Hemmung, Suizidalität; Dauer: unter 4 Wochen, prolongierter Einsatz könnte evt. selbst zur Entwicklung einer TRD beitragen; Clonazepam kann bei unipolarer Depr. wegen langer HWZ längerfristig verordnet werden
Lichttherapie
Schlafentzugstherapie
EKT: Ind: schwere uni-/bipolare Depression, …mit psychotischen Sy., sowie die TRD; perniziöse Katatonie;
Transkranielle Magnetstimulation: wechselnde Magnetfelder erzeugen Stromfluss in kortikalen Arealen, mind. 4 Wochen 1xtgl. Behandlung (4-6 Wochen); Lokalisation: linker dorsolat. präfrontaler Kortex; ggf. Erhaltungs-rTMS; UAW: Kopfschmerz, Schlafstörungen, epileptische Anfälle; Weiterentwicklung: Theta-Burst-Stimulation (TBS) -> nur wenige Minuten
Vagusnervstimulation: implantierter Neurostimulator -> Minderung Sympathikus -> Cortisolreduktion, mehr Serotonin im synapt. Spalt; maximale Wirkung erst nach 6-12 Monaten; NW: Schmerzen im Halsbereich, Heiserkeit, Dyspnoe, Halsschmerzen, Räuspern, Husten, Kopfschmerz, Unruhe, Angst
Deep Brain stimulation: Elektroden im subgenualen Gyrus cinguli oder im Nucleus accumbens/vent- ralen Striatum/in der Capsula interna implantiert;
intensivierte psychosoziale Diagnostik + Therapie
Weiters wichtig:
- Psychoedukation
- Arzt/Patienten-Beziehung
Supplemente: Omega-3-Fettsäuren (Ratio EPA/DHA > 2:1), Vitamin D, Folsäure (Vitamin B9), Vitamin B12, S- Adenosyl-L-Methionin (SAMe), Zink, Probiotika, Magnesium, mediterrane Ernährung
FA Kurs:
Bright Light Therapy (BLT)
* Volles Spektrum des sichtbaren Lichts
* Tägliche Therapie notwendig (meist Okt‐Feb)
* 10.000 Lux in 60‐80 cm für 30‐60 min
* Morgendliche BLT hat größere Effizienz als Anwendung am Abend
* Erste klinische Effekte nach 4‐6 Tagen
* Rückfälle möglich nach Beendigung in der Herbst/Winter‐Saison
Nebenwirkungen von BLT
* Mäßig häufig
– Kopfschmerzen
– Augenschmerzen
– Irritabilität
– Insomnie
* Selten
– Hypomanie
– Suizidalität
– Menstruationsstörung
* Augenärztliche Kontrollen für Patienten mit Netzhauterkrankungen!
Therapeutischer Schlafentzug
* In der Depression besteht eine gestörte Schlafarchitektur, v.a. in der zweiten Nachthälfte (Ein‐ und Durchschlafstörungen, Früherwachen)
* Verkürzte REM‐Latenz, vermehrte REM‐ und reduzierte Non‐ REM‐Phasen sind mit Depressionen assoziiert
* Schlafentzug in der zweiten Nachthälfte wirkt antidepressiv
Wachtherapie – klinische Parameter
* Ansprechrate ca. 60%ig, bei melancholischen Symptomen 85%
* Nach wieder „krankhaft“ durchschlafener Nacht lässt der Effekt anfangs häufig nach; daher ist die Wachtherapie immer eine Serienbehandlung (z.B. zweimal wöchentlich), wodurch Stabilität eintritt
* Bietet sich als Kombination mit Antidepressiva an
* Cave: Wachtherapie kann bei Bipolaren den Wechsel in eine Manie provozieren (manic switch)
EKT bei TRD
Akutbehandlung 6-12 Einzelbehandlungen (EKT-Serie) -> 2 - 3 x pro Woche während eines stationären Aufenthaltes, Wirkeintritt nach 4-5 Behandlungen.
Die bilaterale (BL) Stimulation ist wirksamer als die rechts unilaterale (UL). Wenn nur 2x pro Woche behandelt werden soll/kann, ist der BL Modus vorzuziehen. Gedächtnisstörungen bei BL Stimulation häufiger (reversibel);
Anwendung: i.v. Kurznarkose + Muskelrelaxans, generalisierter Anfall f. 20-60Sek.
ggf. Erhaltungstherapie 1x/Monat für mind. 6 Monate
Psychopharmakotherapie parallel; Lithium während EKT nur gering dosiert (verstärkt postikt. Desorientiertheit);
nach EKT: Volumenzunahme Hippocampus + Amygdala
UAW: passager RR Anstieg, transiente postiktale Verwirrtheit (< 10 %). Transiente Kopfschmerzen und Übelkeit, transiente anterograden mnestischen Störungen während Serie (remittieren innerhalb von < 2 Monaten nach Behandlung)
Cave: insuffiziente Blutdruckeinstellung und rezente kardiovaskuläre Ereignisse sind relative Kontraindikationen
Esketamin Behandlung bei TRD
Dosierung:
1) initial 56mg/Anwendung (ab 65a: 28mg);
2) ab der 2. Dosis
< 65a: 56mg oder 84mg;
> 65a: 26mg oder 56mg;
3) dann entweder Beibehalten oder bis 84mg steigern je nach Response/Verträglichkeit
KI Esketamin: schlecht eingestellter RR, Z.n. kardiovask. Ereignissen in den letzten sechs Wochen, Z.n. intrazerebraler Blutung in der Anamnese, Gefäßaneurys- men, Schwangerschaft und Stillzeit
Vorgehen Esketaminbehandlung
1) INduktionsphase für 4 Wochen: 2xwöchentl.
2) dann Nutzen evaluieren
3) Erhaltungsttherapie ab Woche 5, 1xwöchentlich
4) ab 9. Woche 1x alle 2 Wochen
5) Behandlung für mind. 6 Monate fortsetzen ab Besserung
Vor Esketaminbehandlung: Abhängigkeitsrisiko? Status somaticus, RR, HF, EKG, Labor, Aufklärung (2h vorher nicht essen, 1h vorher keine Nasentropfen, 30 min vorher keine Getränke), HAMD/MADRS/BDI zum Vergleich
Vorgehen bei Verabreichung:
1) gemütliche Position, Naseputzen
2) RR normoton? -> 1. Applikator aushändigen
3) 28mg Applikator mit rechter Hand halten, Kopf 45Grad zurück, Kolben betätigen
4) linkes Nasenloch wiederholen mit selben Applikator
5) Applikator prüfen (Applikation erfolgt?)
6) für 5 Min. zurücklehnen, nicht schnäuzen
7) bei 56mg Dosis neuerlich 28mg Applikator anwenden
8) bei 84mg Dosis nach 5 Min. Pause wieder 28mg Applikator anwenden
9) Nachbeobachtung für 40 Min.
10) am Behandlungstag bis zum nächsten Tag nach einem erholsamen Schlaf kein Auto lenken bzw. Maschinen bedienen
Responseraten bis zu 70 % und Remissionsraten bis zu 53% nach 28 Tagen
UAW: dissoziative Phänomene, Schwindelgefühle und Übelkeit, Erbrechen, Dysgeusie, Sedierung, Hypästhesie, Kopfschmerzen oder Gleichgewichtsstörung, RR-Anstieg
Augmentation mit Antipsychotika bei therapieresistenten Depressionen
Zulassung: Quetiapin XR
Dosis (niedriger als bei Schizophr.):
* Quetiapin XR 50-300mg
* Aripiprazol 2,5-10mg
* Olanzapin 2,5-10mg
erhöhtes Risiko für EPS bei depressiven Pat.
-> v.a. bei Depression m. psychot. Sy. geeignet
Dosierungen von Antidepressiva lt. Konsensus Bild