Szenisches Verstehen Teil 1, 2 + Beziehungstests Flashcards

1
Q

Informationsebenen (nach Argelander, 1970)

A

 Objektive Informationen
– Daten: Biografie, Befunde, …
– Kriterium der Verlässlichkeit: Objektive Überprüfbarkeit
– Basis: Fachwissen
-Subjektive Informationen
– Daten: Berichtetes, subjektives Erleben mit individuell verliehener Bedeutung
– Kriterium: situative Evidenz als „Gefühl der prägnanten Übereinstimmung zwischen der Information und dem Geschehen in der Situation“ (S. 14)
– Basis: Gespräch, Interview
-Szenische Informationen (auch: situative Information)

Daten (u.a.):
– Situation bzw. Szene
– „Umgangsstil“: non- und para-verbales Verhalten, …

Kriterium der Verlässlichkeit: Szenische Evidenz
– „praktisch niemals durch eine Wiederholung nachprüfbar“ (S. 14)

Basis:
– Die Situation selbst fungiert als Mitteilungsorgan (unbewusste
Beziehungsdynamik im Beziehungsfeld)
– Einholen von Information, Beeinflussungsversuche und Reaktionen darauf sind nicht voneinander zu trennen

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2
Q

Informationsebenen (nach Argelander, 1970)

A

Objektive Informationen
– Daten: Biografie, Befunde, …
– Kriterium der Verlässlichkeit: Objektive Überprüfbarkeit
– Basis: Fachwissen

Subjektive Informationen
– Daten: Berichtetes, subjektives Erleben mit individuell verliehener Bedeutung
– Kriterium: situative Evidenz als „Gefühl der prägnanten Übereinstimmung zwischen der Information und dem Geschehen in der Situation“ (S. 14)
– Basis: Gespräch, Interview

Szenische Informationen (auch: situative Information)

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3
Q

Szenische Information (nach Argelander, 1970)

A

Daten (u.a.):
– Situation bzw. Szene
– „Umgangsstil“: non- und para-verbales Verhalten, …

Kriterium der Verlässlichkeit: Szenische Evidenz
– „praktisch niemals durch eine Wiederholung nachprüfbar“ (S. 14)

Basis:
– Die Situation selbst fungiert als Mitteilungsorgan (unbewusste
Beziehungsdynamik im Beziehungsfeld)
– Einholen von Information, Beeinflussungsversuche und Reaktionen darauf sind nicht voneinander zu trennen

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4
Q

Integration der Datenquellen

A

Subjektive Information + Objektive Information + Szenische Information –> Grenzsituation –> “Persönlichkeitsbild”

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5
Q

Szenisches Verstehen

A

Szenische Informationen werden häufig unbewusst verarbeitet
– Szenisches Verstehen als impliziter, automatischer Prozess
– Spontane Explikation nur bei sehr auffälligen Infos

Auffassung von szenischer Information
– „Die fortlaufenden spontanen Mitteilungen eines Patienten… sind als Strukturelemente anzusehen, die sich zu einem Sinngefüge zusammenschließen, wenn man den Darstellungsprozess des Patienten nicht stört“ (Argelander, 1970, S. 71)

Für Beobachtende relativ zugänglich (vorbewusst, nicht dynamisch unbewusst)

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6
Q

Szenisches Verstehen im Erstgespräch

A

Argelander hat das Konzept des szenischen Verstehens im Kontext des ‚psychotherapeutischen‘ Erstgesprächs ausgearbeitet

Ziel: In speziell gestalteter, „ungewöhnlicher“ Gesprächs- situation in begrenzter Zeit ein kohärentes Bild von PatientInnen und deren psychischer Störung konstruieren

Haltung:
– Offene, ‚neugierige‘, nicht-urteilende Haltung
– Freiraum geben und beim Beziehungsangebot von P. soweit mitgehen, „wie es die eigene Realität“ erlaubt

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7
Q

Szenische Funktion

A

Die szenische Funktion wurde von Argelander (1970) als Ich-Funktion konzipiert

Kreative, szenische Gestaltung unbewusster Konflikte – Datenzusammenhänge werden in der
Situation selbst lebendig  Mit anderen Worten:
– Argelander (1970) nimmt an, dass das Ich von PatientInnen unbewusst deren unbewusste Konflikte inszeniert
–> vgl. Vorlesung #5: Enactment

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8
Q

Wäre es nicht besser, sich auf operationalisierte Diagnostik zu verlassen?

A

Fiktive Antwort der psychodynamischen Therapie:
– „Zwar kann man über unbewusste problematische Muster nicht so einfach sprechen, aber die Muster suchen sich dennoch ihren Weg in die Interaktion. Das erlaubt uns, Unbewusstes zu beobachten, zu verstehen und zu interpretieren. Wenn wir diese szenische Information systematisch ignorierten, wäre der Schaden größer, als wenn wir sie nutzen ohne sie objektivieren zu können.“

Herausforderung für die Kompetenzentwicklung

  • Szenisches Verstehen „aus Büchern“ nur schwer zu erlernen
  • Kompetenzentwicklung, indem man es erlebt
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9
Q

Kritische Würdigung

A

Der Einfluss der Interviewenden selbst — im Sinne der relationalen Wende — wurde von Argelander nur wenig berücksichtigt
– Keine Ko-Konstruktion der Bedeutung

Das simultane Formulieren von zwei oder mehr alternativen „Gestalten“, im Sinne von Alternativhypothesen, wird vernachlässigt

Szenisches Verstehen als wichtiges psychodynamisches „Werkzeug“, um durch Teilnahme am Beziehungsfeld Informationen zu sammeln

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10
Q

‚Control Master Theory of Psychopathology‘ (Weiss, 1986, 1993)

A

Zur Anpassung an die Umwelt entwickeln Menschen beliefs über ihre Mitmenschen, über sich selbst, über Beziehungen, etc.

Diese beliefs über die Umwelt beinhalten eine Abschätzung darüber, welche Bereiche sicher und welche gefährlich sind

Annahme: Psychopathologie wird bedingt durch pathogenic beliefs (pathogene Überzeugungen), die im Allgemeinen durch traumatische Kindheitserfahrungen gebildet werden
– Aus einem Versuch der Adaption entsteht ein belief, der langfristig pathogen und dann auch nicht mehr adaptiv ist

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11
Q

Beispiel der Dynamik eines pathogenic beliefs

A

Ein Kind wird von den Eltern misshandelt und ist gleichzeitig auf diese
angewiesen
– Option 1: „Meine Eltern sind böse.“
– Option 2: „Ich bin böse“

Der pathogenic belief „Ich bin böse“ mit der Implikation, es verdient zu haben schlecht behandelt zu werden, begünstig langfristig die Verwicklung in missbräuchliche Beziehungen und dadurch auch Psychopathologie

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12
Q

Eigenschaften von pathogenic beliefs

A

Einflussreich, emotional aufgeladen und schmerzlich
– Nicht nur ‚kalte‘, kognitive Konzepte

Kognitive Komponente üblicherweise unbewusst
– Affektive und Verhaltenskomponente oft bewusst erlebt

Sind in der Realität testbar…
… und werden auch in der Psychotherapie wirksam

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13
Q

Beziehungstests

A

Entwickelt von der Mount Zion Psychotherapie Forschungsgruppe (Sampson & Weiss, 1986)

Idee: Pat. nutzen Therapiebeziehung zum Testen ihrer „pathogenic beliefs“

Pat. ist hin und hergerissen zwischen
– Erwartung, was er aus seiner Biographie kennt, erneut bestätigt zu bekommen
und
– der Hoffnung, dass es dieses Mal anders sein möge

Der Wunsch, sich von Pathogenic Beliefs zu befreien, ist die treibende Kraft hinter den Tests

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14
Q

Beziehungstests

Sampson & Weiss, 1986

A

Übertragungstest: P. veranlasst den Th. ihn so zu behandeln, wie er schon
immer behandelt wurde (transference repetition)

Opfer-Täter-Test/Rollenumkehrtest: P. behandelt den Th. so, wie er immer
behandelt wurde (passive into active)

P. möchte eigentlich korrigierende Erfahrungen machen, zeigt aber ein Verhalten, dass den Th. dazu einlädt, sich im Sinne der Befürchtungen zu verhalten

Aufgabe des/r Th.: P. in der Widerlegung seiner pathogenen Erwartungen unterstützen und alternative Erlebens- und Verhaltensweisen anbieten

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15
Q

Beziehungstests

Beispiel: Jill

A

P. begibt sich in Therapie, da sie sich von der Pflege ihrer dementen Mutter überfordert fühlt

Pathogene Überzeugung
– „Mich um mich selbst kümmern bedeutet, egoistisch und selbstsüchtig zu sein“
– Ursprung: Mutter beschimpfte Patientin früher als egoistisch und selbstsüchtig

Übertragungserwartung
– „Therapeut hält mich für selbstsüchtig, wenn ich nach einem
Pflegeheimplatz für meine Mutter suche“
– Hypervigilanz für Ablehnung durch Therapeut

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16
Q

Frau Bach: Infos zum Therapiebeispiel

A

„Frau Bach befindet sich in fortgeschrittener
Therapie. In der Szene berichtet sie von einem
neuen Job. Aufgrund früherer Erfahrungen mit
ihrer Mutter erwartet sie eine negative Reaktion
seitens der Therapeutin und berichtet
dementsprechend unsicher über ihre Pläne. Die Therapeutin reagiert besorgt. Die Patientin wird
ärgerlich, sie fühlt sich wie damals von der Mutter gebremst und klein gehalten. Die Szene demonstriert, wie sich ein Übertragungs-Gegenübertragungsmuster unwillkürlich reinszeniert.“

17
Q

Beziehungstests

Beispiele für „Opfer-Täter-Tests“ (passive into active)

A

Patient, der in Umgebung aufwuchs, in der Ärger und Kritik nicht toleriert wurde
– P. beginnt, Th. zu widersprechen und leichten Ärger auszudrücken
– Th. validiert Unsicherheit beim Ausdruck von Kritik und fordert ihn auf, mehr über den Ärger zu berichten

Patientin wurde in Kindheit von Schwiegermutter abfällig und abwertend behandelt
– P. wertet Kommentare des Th. ab und zeigt verächtlichen Gesichtsausdruck
– Th. reagiert mit nicht-defensiver Neugier auf Kommentare (ist weder überwältigt noch fühlt er sich hilflos und unzulänglich)