Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik-2: Struktur-Achse Flashcards
Der Strukturbegriff – Eine Annäherung
- Fehlende Verfügbarkeit oder defizitäre Entwicklung von psychischen Werkzeugen (=Funktionen)…
- … die normalerweise in frühen Lebensphasen entwickelt werden …
- … und die benötigt werden, um – in Kontakt mit sich selbst und anderen – verstehen und regulieren zu können.
Der Strukturbegriff
-Prinzipielles Problem: „Psychische Strukturen können nicht direkt beobachtet werden, es kann nur auf durch sie geprägte Funktionen in Erleben und Verhalten geschlossen werden“ (Doering & Hörz, 2018, S. 3)
Ansätze (u.a.) – Freud: Strukturmodell – Jung: Orientierungsfunktionen – Hartmann: Ich-Funktionen – Kernberg: Strukturpathologie
Orientierungsfunktionen nach C. G. Jung (1921)
- es geht darum wie sich Menschen in sich selbst und Beziehungen orientieren
- es gibt eine primäre Funktion und eine Hilfsfunktion
- Hauptfunktion und inferiore Funktion (in erster Linie nicht orientiert) sind auf einer Achse aber voneinander entfernt
irrationale Achse: Wahrnehmungsachse
- Intuition (Einfälle, Phantasien, innere Bilder)
- Empfinden (Wahrnehmung durch die Sinnesorgane)
->wahrnehmen, erleben, nicht beurteilen
rationale Achse: Urteilsachse
- Fühlen (angenehm oder unangehm?)
- Denken (richtig oder falsch?)
-> denkfunktion, wertend, beurteilend, moralisches Gefühl
Ich-Funktionen nach Heinz Hartmann
-Postulat: Angeborene Ich-Apparate, die der Anpassung an die durchschnittlich zu erwartende Umgebung dienen, entwickeln sich zu Ich-Funktionen (Realitätsbewältigung)
-Konfliktfreie Ich-Sphäre:
-Primär autonome Ich-Funktionen: Entwicklung unabhängig
von Triebkonflikten (Wahrnehmung, Denken, Erinnern, etc.)
-Sekundär autonome Ich-Funktionen: Entwickelt in Verwicklung mit Triebkonflikten, aber später (sekundäre) funktional unabhängig geworden
Struktur im Vergleich zu Konflikt
Konfliktmodell
– Annahme unbewusster Bedeutungen
– Konflikte, d. h. intrapsychisch und interpersonell gegensätzliche Tendenzen, als Grundbedingung menschlicher Entwicklung
Strukturmodell
– Keine unbewussten Absichten, sondern Ausdruck von Defiziten
Strukturelle Defizite der Persönlichkeit
Andere Erfordernisse des strukturbezogenen Vorgehens:
– TherapeutIn gleicht starke Einschränkungen der basalen Fähigkeiten zur
Beziehungsregulation aus
Andere Ziele: PatientIn…
–
… entwickelt ein realistisches, differenziertes und ganzheitliches Bild von sich und anderen
–
… lernt, Beziehungen besser zu regulieren und innere Impulse angemessener zu steuern
Einige Synonyme für den Begriff „Strukturelle Störung“
frühe Störung Prä-ödipale Störung Ich-Störung Ich-Defekt Archaische Ich-Zustände
OPD
-Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik
-Entstanden aus dem Arbeitskreis Operationalisierte Psychodynamische
Diagnostik (OPD) ab 1992
-Fünf Achsen, unter anderem:
Beziehung (II)
Konflikt (III)
Struktur (IV)
OPD Strukturdimensionen
-Vier Strukturmerkmale: Jeweils Bezogen auf Subjekt und Objekt
Kognitive Ebene
– Das Selbst wahrnehmen und das Objekt wahrnehmen
Steuerungsebene
– Das Selbst regulieren und den Bezug zu den Objekten regulieren
Emotionale Ebene
– Kommunikation nach innen und Kommunikation mit anderen
Bindungsebene
– An innere Objekte gebunden sein und an äußere Objekte gebunden sein
OPD Struktur: 1. Selbst- und Objektwahrnehmung
Das Selbst wahrnehmen
- 1.1 Selbstreflexion
- 1.2 Affektdifferenzierung
- 1.3 Identität
Die Objekte wahrnehmen
- 1.4 Selbst-Objekt-Differenzierung
- 1.5 Ganzheitliche Objektwahrnehmung -1.6 Realistisches Objekterleben
Beispiele aus Strukturcheckliste (jeweils gering integriert) Selbstreflexion, Affektdifferenzierung, Ganzheitliche Objektwahrnehmung, Realistisches Objekterleben
1.1 Selbstreflexion: Selbstreflexive Wahrnehmung ist kaum S möglich; es kann auch mit Unterstützung kein kohärentes Bild
von sich selbst und der inneren Situation entworfen werden;
widersprüchliche Selbstaspekte stehen nebeneinander. Keine Begriffssprache für innere Vorgänge
1.2 Affektdifferenzierung: Affekte können nicht differenziert wahrgenommen oder nachvollziehbar geschildert werden. Sie äußern sich entweder in Erregung oder in Entfremdung, Affektleere, Depression und manischer Gestimmtheit. Sie können von daher auch nicht zur gezielten Verhaltenssteuerung
eingesetzt werden. Im affektiven Ausdruck dominieren chronische Verachtung, Ekel und Wut.
1.5 Ganzheitliche Objektwahrnehmung: Andere werden in Extremen erlebt, besonders gut oder besonders schlecht, schwarz oder weiß, Widersprüche können nicht integriert werden
1.6 Realistisches Objekterleben: Das Bild des anderen ist durch eigene Projektionen von Bedürfnissen und Befürchtungen
bestimmt. Unabhängig davon
können Einstellungen des anderen sensitiv erahnt werden.
OPD Struktur: 2. Selbstregulierung und Regulierung des Objektbezugs
Das Selbst regulieren
- 2.1 Impulssteuerung
- 2.2 Affekttoleranz
- 2.3 Selbstwertregulierung
Den Bezug zu den Objekten regulieren
- 2.4 Beziehung schützen
- 2.5 Interessenausgleich
- 2.6 Antizipation
Beispiele aus Strukturcheckliste (jeweils gering integriert) Selbstwertregulierung, Beziehung schützen
2.3 Selbstwertregulierung: Selbstwertgefühl ist schon bei S leichter Verletzung und Differenzen zwischen eigenen und
fremden Wünschen sehr fragil, was sich in großer Kränkbarkeit, unrealistischen Größenvorstellungen, Scham, Ekel vor sich selbst, Entwertung, Gereiztheit, Beziehungsabbruch und einer Unfähigkeit, eigene Grenzen zu akzeptieren, zeigt.
2.4 Beziehung schützen: Störende Impulse können nicht intrapsychisch bewältigt
werden, sondern belasten die
Beziehung (interpersonelle
Abwehr).
OPD Struktur: 3. Emotionale Ebene
Emot. Kommunikation nach innen
- 3.1 Affekt erleben
- 3.2 Fantasie nutzen
- 3.3 Körperselbst
Emotionale Kommunikation nach außen -3.4 Emotionaler Kontakt
- 3.5 Affektausdruck
- 3.6 Empathie
Beispiele aus Strukturcheckliste (jeweils gering integriert) Körperselbst, Emotionaler Kontakt
3.3 Körperselbst: Unklares oder fragmentiertes Körperselbstbild,
Körpererleben bedrohlich und eingefroren.
3.4 Emotionaler Kontakt: Vermeidung emotionaler Kontaktaufnahme oder drängendes, übergriffig distanzloses Kontaktverhalten.