StrafR AT 10: Irrtum Flashcards
- error in persona
= anvisiertes und getroffenes Subjekt sind identisch (Fehler liegt bei Identifizierung)
= bei Gleichwertigkeit ist Irrtum unbeachtlich, sodass Vorsatz (+)
-> immer noch Versuchsstrafbarkeit bei eigentlich gewünschten Tatobjekt prüfen!!
- aberratio ictus
= anvisiertes und getroffenes Subjekt sind nicht identisch (Fehler durch äußere Umstände)
(1) Gleichwertigkeitstheorie: bei Gleichwertigkeit des Opfers ist Fehlgehen unerheblich (=Gleichbehandlung wie error in persona)
(+) Mensch sollte getroffen werden und wurde getroffen (es kommt nicht auf Identität an)
(-) Zweitobjekt wurde nur versehentlich getroffen
(2) Konkretisierungstheorie (hM): Versuch bzgl anvisierten Objekt und FL bzgl Abirrung (=wesentlicher Irrtum über Kausalverlauf)
(+) sachgerechtere Lösung (zB wenn bei Notwehr Verteidigungsschuss fehlgeht, nach Gleichwertigkeitstheorie §212 (+), bei Konkretisierungstheorie §§212, 22, 23 (+) (Notwehrprobe))
(+) Konkretisierung des Vorsatzes, der sich als aliud ggü bloßen Vorsatz abhebt
-> wird Fehlgehen der Tat aber billigend in Kauf genommen, ist dolus eventualis gegeben und es liegt vollendete Vorsatztat vor
- Liegt bei einem error in persona hinsichtlich des eigentlich gewünschten Tatobjekts eine Versuchsstrafbarkeit vor?
(-) da Vorsatz bereits für anvisiertes Objekt verbraucht
(-) Vorsatzverdoppelung, denn dann Strafbarkeit wegen 2 Delikten, obwohl nur 1 verletzt werden sollte
- OS für vorsatzausschließenden aberratio ictus
= Fraglich ist, ob die Zielverfehlung als wesentliche Kausalabweichung den Vorsatz am eingetretenen Erfolg ausschließt
- Liegt in Fällen, bei dem sich Täter und Opfer nicht umb ggüstehen (Fernwirkungsfälle) und das Ziel verfehlt wird, ein error in persona oder aberratio ictus vor?
(1) eA: aberratio ictus immer dann, wenn eingetretene RG-Verletzung bei einem Täter nicht anvisierten Tatobjekt eingetreten ist und er sich nicht einmal dessen Gefährdung bewusst war
(-) Vorsatzausschluss nur für echte Fälle der Kausalabweichung anwendbar (Tatablauf wird ein anderer, nachdem Täter das Opfer richtig identifiziert hat)
(2) hM: error in persona, wenn Täter sich über die Zuordnungsmerkmale des Opfers als Ersatz der Anvisierung irrt (zB A denkt dass Dose B gehört)
(+) es macht keinen Unterschied, ob Täter wegen umb wahrgenommener Merkmale falsch identifiziert oder ob er sich über Zuordnungsmerkmale, die aus seiner Sicht der Sphäre des Opfers angehören, irrt -> Vorsatz konkretisiert sich auf Zuordnungsobjekt
-> aberratio ictus wenn A eine tatsächlich im Besitz des B stehende Dose präpariert und unerwartet C etwas aus der Dose nimmt
- Wie wirkt sich error in persona auf mb Täter aus?
(1) eA: erorr in persona des Haupttäter ist aberratio ictus für Tatmittler
(+) Tatmittler geht als Werkzeug wie ein Pfeil fehlgeht -> Strafbar wegen Versuch
(-) nur anwendbar für physikalische Abweichungen, sodass ein sich irrender Haupttäter nicht mit fehlgehendem Naturkausalfaktor vergleichbar
(-) Tatmittler würde bessergestellt werden, wenn er ein Werkzeug einsetzt als wenn er selbst handelt
(2) aA: entscheidend Grad der Individualisierung des Tatopfers: bei konkreter Individualisierung ist Abweichung für Hintermann nicht vorhersehbar: aberr. Ictus/ soweit keine konkreten Angaben: error in persona
(3) hM: error in persona des Haupttäters ist error in persona für Tatmittler
- Wie wirkt sich error in persona auf Anstifter aus?
(1) eA: error in persona des Haupttäters ist aberratio ictus für Anstifter,
(+) Haupttäter geht wie ein Pfeil fehl
(+) Blutbadargument (Anstifter müsste sich Exzess des Haupttäters zurechnen lassen)
(-) nur anwendbar für physikalische Abweichungen, sodass ein sich irrender Haupttäter nicht mit fehlgehendem Naturkausalfaktor vergleichbar
(-) Wertungswiderspruch, da error in persona des Haupttäters auch für Mittäter unbeachtlich
(-) Blutbadargument geht fehl, weil Exzess nicht zurechenbar
(2) BGH: error in persona des Haupttäters ist error in persona für Anstifter, außer Irrtum stellt wesentliche Abweichung von Kausalverlauf dar
(+) Wortlaut „gleich einem Täter“ zu bestrafen: sodass Gleichbehandlung sachgerecht
- Wie wirkt sich error in persona des Mittäters aus?
(1) hM: error in persona gilt auch für Mittäter nach §25 II
= ist auf Grundlage des gemeins Tatplans einem Täter der umb Angriff überlassen, entlaste dessen Identifizierungsfehler die übrigen Mittäter nicht weil es nur auf die Kenntnis eines Tatumstands ankommt §16
= dies gilt umso mehr wenn Risiko einer Personenverwechslung im Tatplan angelegt ist
(+) wird Konkretisierung dem Zufall überlassen u ist Verwechslungsrisiko bereits im Tatplan angelegt, besteht kein Grund diese dem Mittäter nicht zuzurechnen
(2) aA: error in persona des Täters wirkt für Mittäter als aberratio ictus, sodass dieser vorsatzlos handelt u Versuch am vorgesehenen Opfer
= fl Abweichung vom Tatplan bewirkt ebenso wie vorsätzl Mittäterexzess, dass keine Zurechnung erfolgt
(+) Irrtum des Täters als wesentl Abweichung vom Kausalverlauf für Hintermann
- Wie wirkt sich error in persona für Mittäter aus, wenn er selbst von Mittäter angeschossen wird? (Verfolger-Fall)
= versuchter Totschlag an sich selbst in Mittäterschaft?
= Problem: Zurechnungsausschluss weil Täter gleichzeitig Opfer ist?
(+) Exzess, da außerhalb von Tatplan auf Mittäter zu schießen
(+) §216 Selbsttötung ist nicht strafbar
(+) §212 Tötung eines anderen
(-) Wertung error in persona, der grds unbeachtl sein soll
- aberratio ictus bei gleichzeitigem error in persona
= (1) hM: Versuch an anvisierten Opfer und FL Delikt an tatsächlichem Opfer
- Wie macht sich mb Täter strafbar, wenn er denkt B als Werkzeug benutzen, dieser aber in Wirklichkeit Vorsatz hatte?
(1) versuchte KV in mb Täterschaft §§ 223 I, 25 I Alt.2, 22, 23 I (keine vollendete mb Täterschaft)
= Problem: umb Ansetzen, obwohl A tatsächlich kein mb Täter war? Untauglicher Versuch ist möglich
(2) Anstiftung zur KV §§ 223 I, 26
- Begründet die vermeintlich mb Täterschaft einen untauglichen Versuch in mb Täterschaft? (umb Täter hatte in Wirklichkeit Vorsatz)
= grds ist auch untauglicher Versuch in mb Täterschaft strafbedroht
- Bestrafung des vermeintlichen mb Täters bei vorsätzlich handelndem Schein-Tatmittler aus Anstiftung? (Vorsatz nur bzgl mb Täterschaft)
(1) aliud-Theorie: keine Anstiftung mangels Anstiftervorsatz. Zwischen Vorsatz zur mb Täterschaft u Vorsatz zur Anstiftung besteht ein qualitativer Unterschied (aliud-Verhältnis)
(-) bei Zweifeln über Täterschaft und Teilnahme wäre gar keine Strafbarkeit möglich
(2) Plus-Minus-Theorie (hM): Anstiftung liegt vor, weil Anstiftervorsatz als Minus in dem weitergehenden schwer wiegenden TH-Willen umfasst ist
(+) mangels TH ist Anstiftung von geringerer Intensität
- Wie ist das Konkurrenzverhältnis bei einem vorsätzlich handelndem Schein-Tatmittler bzgl Anstiftung und versuchter mb Täterschaft aufzulösen?
= grds tritt Teilnehmerschaft hinter Täterschaft zurück
= aber bei Versuch ist Strafbarkeit ggf zu mindern, sodass bei vollendeter Anstiftung höherer Strafrahmen vorliegt und Versuch der mb Täterschaft konsumiert wird
- Untauglicher Versuch oder Straflosigkeit bei einem vermeintlichen umb Ansetzen eines Scheinmittäters (agent provocateur)
= Zurechnung gem § 25 II ist objektiv nicht gegeben, da A nur Scheinmittäterin ist
(1) eA: bloße Einbildung ein vermeintlicher Mittäter würde umb Ansetzen u Tathandlung vornehmen genügt für Versuchsbeginn nicht, sondern tatsächlicher Mittäterbeitrag erforderlich
(2) hM: irrige Annahme über Mittäterschaft begründet untauglichen Versuch
(+) umb Ansetzen ist allein aus Sicht des einzelnen Mittäters zu bestimmen und von ihrer Vorstellung bzgl der vorhandenen Mittäterschaft auszugehen