Sitzung 4: Fetale Alkohol Spektrum Störung Flashcards
Warum gibt es FASD überhaupt?
- nur 2 von 10 schwangeren Frauen können auf den Alkoholkonsum verzichten
- Deutschland: knapp 20% einen “moderaten Alkoholkonsum” und knapp 8% einen riskanten Alkoholkonsum
- Sensibilisierung für FASD und die Folgen von Alkohol während der Schwangerschaft gelingt auf der einen Seite, auf der anderen Seite wird immer noch zu viel Alkohol während der Schwangerschaft konsumiert
Ist FASD ein wichtiges Problem?
- globales Gesundheitsproblem
- weltweit leiden 1-3 von 1000 Geburten daran
- USA: 0,5-2 von 1000 Geburten
- Western Cape of South America: 68-89,2 von 1000 Schulkindern
- 5-10% der Neugeborenen, die vor der Geburt Alkohol ausgesetzt waren, weisen alkoholbedingte (neurologische) Entwicklungsanomalien auf (ARND)
- > Schwere hängt von der Dosis, Dauer und Zeitpunkt ab
- Anteil der betroffenen Neugeborenen kann bei ungünstigen Umständen noch höher sein (Unterernährung der Mutter -> Fötus)
=> da viele Erhebungen u.a. auf Befragung der Kindesmutter basieren oder falsch diagnostiziert werden, gibt es eine große Dunkelziffer
Epidemiologie
- ca. 1% aller Kinder werden innerhalb der Gebärmutter durch Alkohol geschädigt
- also: ca. 0.8 Millionen Menschen, davon 130.000 Kinder leben mit einer FASD
- Mehrzahl der Kinder werden nicht oder erst spät richtig diagnostiziert
- Professionelle Helfer im Gesundheits- und Sozialsystem sind bishlang über die Symptome und die notwendige Diagnostik unzureichend informiert
Wie entsteht FASD?
- Alkohol wird über die Blutbahnen der Mutter direkt in das System des Kindes “gespült”, da bei Alkohol die Plazenta keine Filterung übernimmt. Das Kind hat daher innerhalb von Minuten die gleiche Menge Alkohol im Blut wie die Mutter.
- Dem Embryo ist es nur langsam möglich die Schadstoffe abzubauen, da die Funktionen der Leber eingeschränkt sind
- > Alkohol gelangt zurück zur Mutter, wo er abgebaut werden kann
- Kind kann sich nicht “wehren” und der Alkohol führt zu Entwicklungsverzögerungen und neurologischen Schäden
- der nicht abgebaute Alkohol im Blut des Embryos wirkt unter anderem auf die Zellteilung und Zelldifferenzierung
-> diese unterbrochenen Reifungsprozesse können nicht wiederholt werden
= FASD ist eine irreparable Schädigung!
Was sind Ursachen für FASD?
- Immer ist Alkohol die Ursache; es gibt aber auch gesunde Kinder, obwohl die Mütter in der Schwangerschaft übermäßige Mengen an Alkohol konsumieren
- keine Schwellendosis der Alkoholschädigung: nicht jedes Glas Alkohol schadet sofort dem Kind, das heißt aber nicht, dass “nur” ein Glas okay ist
= Es besteht IMMER die Möglichkeit, dass der Fötus geschädigt werden könnte
weitere Faktoren:
- Alkoholmenge
- Zeitpunkt des Alkoholkonsums
- Genetischer Hintergrund der Eltern
- Anzahl vorheriger Geburten
- Verletzlichkeit/Resilienz des Kindes in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen
Welche Rolle spielt die Genetik beim FASD?
- vererbbar:
eineiige Zwillinge haben eine größere Wahrscheinlichkeit auf die gleiche Ausprägung von FASD als zweieiige Zwillinge
Was ist bei der Diagnostik bei FASD zu bedenken?
- FASD ist eine schwer diagnostizierbare Beeinträchtigung der neuronalen und körperlichen Reifung
- > Fachkenntnis für die diagnostischen Kriterien unbedingt erforderlich (DE: festgelegt in den S3-Leitlinien FASD)
- FASD: Sammelbegriff und wird nicht als eigenständige Diagnose verwendet
- die Auswirkungen befinden sich in einem weiten Kontinuum, das ein Spektrum struktureller Anomalien sowie Verhaltens- und neurokognitive Beeinträchtigungen darstellt
- Das Vollbild des FASD tritt nur bei 10% aller Kinder mit pränatalen Alkohol-Folgeschäden auf
- > FASD stellt eine der häufigsten angeborenen Erkrankungen dar, ohne als solche bislang erkannt und berücksichtigt zu werden
Worin unterteilen sich die Diagnosen?
- FAS
- pFAS (partielles FAS) oder FAE
- ARND (alcohol-related neurodevelopmental diaorder)
- ARBD (alcohol-related birth defects)
Gibt es Gesichtsmerkmale bei FASD-Betroffenen?
- bei der Vollausprägung (FAS) schon lange bekannt
- gibt auch FASD ohne Gesichtsmerkmale -> Diagnostik schwerer
Welche Gesichtsmerkmale gibt es bei FASD?
Unterscheidungsmerkmale:
- short palpebral fissures
- flat midface
- short nose
- indistinct philtrum
- thin upper lip
Associated Features:
- epicanthal folds
- low nasal bridge
- minor ear anomalies
- micrognathia
(s. Folie 14)
Was ist der Unterschied zwischen FAS und FAE?
- FAS kennzeichnet sich durch auffällige Gesichtszüge und starke Lern- und Verhaltensauffälligkeiten, auch Sprachprobleme können auftreten, genauso wie eine verzögerte Sprachentwicklung
- FAE kann auch all diese Symptome zeigen, aber hat keine auffällige äußere Erscheinung
- Alle Formen von FASD teilen neuronale Veränderungen der Impulsweiterleitung und der Menge an grauer und weißer Masse
Was sind Fehldiagnosen bei FAE, wenn keine Gesichtsmerkmale vorliegen?
ADHS
Bindungsstörungen
Selten Schizophrenie und Autismus
Diagnostik: Was ist das höchste Kriterium für FASD? Was für Schwierigkeiten gibt es bei der Diagnose?
Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft
- dieser ist oftmals nicht nachzuprüfen, da viele Kinder mit FASD im Pflegesystem leben und die Mutter somit nicht bekannt sein muss
Diagnostik: Was ist der wichtigste Unterschied der S3-Leitlinien zu vorherigen Leitlinien?
dass für die Diagnosestellung keine Bestätigung des mütterlichen Alkoholkonsums vorliegen muss
Was sind Folgen des FASD?
- neuronale Reifungsprozesse werden beeinträchtigt
- sie behalten sowohl die Menge von Neuronen als auch die Differenzierung der Neuronen
- > Veränderung der Struktur und Funktionalität des Gehirns
- diese Veränderungen führen zu Folgen, die äußerlich sichtbar werden -> Veränderungen im Verhalten und Kognition
- kein selbstständiges Wohnen und eigene Arbeit im Erwachsenenalter möglich
= je nach Ausprägung können viele verschiedene Facetten von Folgen vorhanden sein oder auch nicht - weites Spektrum