Sitzung 10: Angst- und Angststörungen - klinisch-psychologische Perspektive Flashcards
Klinisch relevante und behandlungsbedürftige Ängste …
… sind nicht vorübergehend
… gehen mit starker anhaltender Beeinträchtigung einher
… lösen oft Probleme in der Familie oder in anderen Lebensbereichen (z.B. Schule, Sportverein) aus
… verhindern langfristig eine ungestörte Entwicklung des Kindes
Wie viel Prozent der Kinder und Jugendlichen haben laut der Bella-Studie des Robert-Koch-Institus eine Angststörung?
10%
- bei älteren Kindern ein bisschen häufiger
- Geschlechtsverteilung ist ausgewogen
Was ist der Unterschied zwischen Angststörungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter nach dem ICD-10 und dem DSM-V?
Im ICD-10 sind die Angststörungen noch nach Alter getrennt, also Kinder und Jugendliche von Erwachsenen. Im DSM-V nicht.
Was gibt es für Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen nach der ICD-10?
Emotionale Störung mit Trennungsangst (F93.0)
Phobische Störung des Kindesalters (F93.1)
Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters (F93.2)
Generalisierte Angststörung des Kindesalters (F93.8)
Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1)
Was sind Kennzeichen einer Emotionalen Störung mit Trennungsangst?
- abnorm gesteigerte Angst vor der Trennung von wichtigen Bezugspersonen
= oft anhaltende und unrealistische Befürchtungen, dass der Bezugsperson etwas passiert o.ä. - Beginn während der ersten 6 Lebensjahre
- Kinder weigern sich oft zur Schule/KIGA zu gehen
- können schlecht einschlafen, wenn die Bezugsperson nicht da ist
- haben Angst alleine zu sein
- Symptome: Albträume oder körperlich: Kopfschmerzen, Übelkeit,..
Was sind Kennzeichen einer Phobischen Störung des Kindesalters?
- abnorm gesteigerte Angst vor (alterstypischen) angstbesetzten Objekten oder Situationen
- ausgeprägtes Vermeidungsverhalten gegenüber diesen Dingen
- allein die Vorstellung kann schon sehr starke Angst erzeugen
Was sind Kennzeichen einer Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters?
- anhaltende und ausgeprägte Ängstlichkeit in sozialen Situationen
- bei jüngeren geht es häufig um Situationen mit erwachsenen oder fremden Personen
- Beginn aber häufig in Pubertät
- typische Anzeichen: Schüchternheit, Verlegenheit, starke Sorge, ob das eigene Verhalten angemessen ist
- soziale Situationen werden bevorzugt vermieden -> Einfluss auf soziale Beziehungen (vor allem problematisch in Schule etc.)
- zu vertrauten Personen oft keine Angstsymptome
Was sind Kennzeichen einer Generalisierten Angststörung des Kindesalters?
- generalisierte und anhaltende Angst, die sich nicht auf bestimmte Situationen in der Umgebung beschränkt, sondern frei schwankt
= übertriebene Sorgen bezüglich vieler alltäglicher Ereignisse oder Probleme - eher im Jugendalter auftretend
- häufig auf Leistung oder Kompetenz bezogen
- Symptome: Unkonzentriertheit, erhöhte Nervosität, starke Anspannung der Muskulation, Unfähigkeit entspannte Momente zu erleben
= das vegetative Nervensystem ist übererregt -> Schwitzen, Schwindel, Schmerzen im Bauch,..
Was sind Kennzeichen für eine Posttraumatische Belastungsstörung und was ist die Besonderheit dabei?
Kennzeichen:
- mögliche Folgereaktion auf eine oder mehrere traumatische Ereignisse (Gewalterfahrungen, Missbrauchserfahrungen, Entführungen, Terroranschläge, Krieg, Haft, Naturkatastrophen, Unfälle)
- kann an der eigenen, aber auch an fremden Personen erlebt werden
= Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses
- keine Angststörung
- > unter Trauma- und belastungsbezogenen Störungen (im DMS-V)
- Symptome sind einer Angst aber sehr ähnlich, deshalb ist es im ICD-10 auch eine Angststörung:
Vermeidungsverhalten, übermäßige Schreckhaftigkeit, Unkonzentriertheit
Es gibt 2 Theorien zu Lernprozessen zur Entstehung von Angst. Welche sind das?
Zwei-Faktoren-Theorie
Teufelskreis der Angst
Beschreibe die Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer
Erster Schritt: Klassische Konditionierung
Zweiter Schritt: Operante Konditionierung
= Kopplung zwischen dem ursprünglichen neutralen Reiz (Flugzeug) und dem angstauslösenden Reiz (Turbulenzen). Durch diese Kopplung entsteht Angst
- häufig Vermeidungsverhalten, weil dies unmittelbar Angst reduziert
- > negative Verstärkung
- wird oft in Therapien benutzt, um Angst zu erklären
Beschreibe den Teufelskreis der Angst (Margraf & Schneider)
=> kognitive Prozesse sind integriert
Auslöser (Situationen, Gedanken, körperliche Missempfindungen,..)
Wahrnehmung
Gedanken (“Gefahr”)
“Angst”
-> Verhalten: Flucht, Vermeidung, Erstarrung,..
Physiologische Veränderungen
körperliche Empfindungen
An welchen Punkten des Teufelskreises setzt die Therapie an?
Gedanken:
Besorgtheitskognitionen verändern und Neubewertung, Alternativgedanken schaffen
Exposition:
Auseinandersetzung mit Angst, indem man die Situation bewusst aufsucht
Provokation:
(bei generalisierter Angst vor allem)
über das Hervorrufen körperlicher Veränderung, die der Angst ähnlich sind, versucht man die körperlichen Empfindungen
man versucht die körperlichen Empfindungen hervorzurufen, die der Angst ähnlich sind/in Angst münden und dann dagegen vorzugehen
(Kniebeugen, Saunabesuch, Fitness, Hyperventilation)
Psychophysiologie
Annahme:
Angst wird über klassische Konditionierung erlernt und durch aktive oder passive instrumentelle Vermeidung aufrecht erhalten (Zwei-Faktoren-Theorien der Angst)
= diese beiden Prozesse kann man über das Modell von Birbaumer & Schmidt erklären
Zwei Wege:
Thalamus-Amygdala-Verbindung (rasche und nicht bewusste Konditionierung von Angst)
= Bsp.: grobe Struktur der Schlange wird wahrgenommen, keine spezifischen Details
Kortex-Amygdala-Verbindungen
= deutlich langsamer, Informationen sind sehr präzise
Vorteil: Angstreaktionen können gestaltet werden, je nach Kontext
Was spielt die Amygdala für eine Rolle bei der Angstentstehung?
- wichtig
- über die Amygdala gelangen Informationen zum Ventromedialen Kortex und dort werden Entscheidungen getroffen, ob bestimmtes Handeln ausgelöst wird
- Aufmerksamkeitsfunktionen können über das Cingulum ausgelöst werden
- Amygdala ist auch für physiologische Veränderungen bei Angst zuständig (Herzfrequenz, Blutdruck, Muskelkontraktion = Schlüsselfunktionen)