Pleuraerguss Flashcards
Fall
Atemnot
Anamnese
Ein 82-jähriger berenteter Architekt stellt sich in der Notaufnahme wegen Atemnot vor. Seit einigen Tagen fühle er sich schwach, außerdem sei er bereits bei geringster Anstrengung völlig aus der Puste, zuletzt teilweise sogar in Ruhe. An Vorerkrankungen sei eine Herzschwäche bekannt. Seine Medikamente (Ramipril, Bisoprolol, Spironolacton) habe er nach Plan eingenommen, Torasemid habe er nur kurz vor einigen Monaten eingenommen. Zum Gewichtsverlauf in den letzten Wochen kann der Patient keine Angaben machen. Bei der Durchsicht der elektronischen Patientenakte finden Sie einen 5 Monate alten Arztbrief. Damals war die Erstdiagnose einer dilatativen Kardiomyopathie mit mittelgradig reduzierter linksventrikulärer Pumpfunktion gestellt worden.
Untersuchungsbefunde
82-jähriger dyspnoeischer Patient in reduziertem AZ und schlankem Ernährungszustand. HF 96/min, BD 135/90 mmHg, Temperatur 37,1 °C, AF 22/min, SpO 2 88 %. Haut: blass, trocken. Kopf/Hals: unauffällig. Herz: HT rhythmisch, keine Herzgeräusche. Lunge: deutlich abgeschwächtes Atemgeräusch basal bds., rechts > links, Klopfschall bds. basal gedämpft. Abdomen: Bauchdecke weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen, Darmgeräusche positiv in allen Quadranten, Leber unauffällig, Milz nicht sicher tastbar. Extremitäten: periphere Pulse gut tastbar, deutliche Unterschenkel- und Knöchelödeme bds. Neurologisch orientierend unauffällig.
Labor
Leukozyten 13,9 Tsd/µl; Erythrozyten 4,97 Mio/µl; Hb 14,5 g/dl; Hkt 42,9 %; MCV 86,3 fl; MCH 29,2 pg; MCHC 33,8 g/dl; Thrombozyten 214 Tsd/µl; Natrium 140 mmol/l; Kalium 4,3 mmol/l; Serumkreatinin 1,2 mg/dl; Harnstoff 45 mg/dl; GOT (AST) 71 U/l; GPT (ALT) 82 U/l; γ-GT 99 U/l; Bilirubin gesamt 2,9 mg/dl, CRP 4 mg/l.
.Was ist der Grund für die Dyspnoe? Wie verifizieren Sie Ihre Verdachtsdiagnose?
Ursächlich für die Atemnot sind am ehesten beidseitige Pleuraergüsse. Neben dem unspezifischen Symptom Dyspnoe ist der Untersuchungsbefund mit basal abgeschwächtem Atemgeräusch und gedämpftem Klopfschall beidseits typisch. Bei bekannter dilatativer Kardiomyopahtie sind die Pleuraergüsse wahrscheinlich auf eine dekompensierte Linksherzinsuffizienz zurückzuführen. Hierfür sprechen auch die peripheren Ödeme. Kardial bedingte Pleuraergüsse treten vermehrt rechts auf bzw. sind bei beidseitigem Erguss häufig rechts größer als links. Zur Überprüfung Ihrer Verdachtsdiagnose führen Sie eine Thoraxsonografie am sitzenden Patienten durch. Sie ist das einfachste und günstigste diagnostische Mittel zur Bestätigung eines Pleuraergusses sowie zur Abschätzung der Ergussgröße. Bereits kleinste Ergussmengen ab 20 ml können nachgewiesen werden. Die Echogenität des Ergusses (z. B. echoreich, echoarm oder septiert) liefert außerdem wichtige Hinweise auf die Ätiologie.
Diagnostik
Eine Röntgen-Thorax-Aufnahme ist hingegen weniger geeignet Pleuraergüsse nachzuweisen, erlaubt jedoch die Beurteilung von Infiltraten, kardialer Stauung und Lungenödem und ist daher hier sinnvoll. Mithilfe einer p. a. Aufnahme im Stehen können erst größere Ergussmengen ab ca. 200 ml festgestellt werden. Bei der körperlichen Untersuchung ergeben sich in der Regel sogar erst ab mindestens 300 ml Hinweise auf einen Pleuraerguss, sodass bei dem eindrücklichen Untersuchungsbefund dieses Patienten von beidseits großen Pleuraergüssen auszugehen ist, die im Röntgen-Thorax-Bild erkennbar sein dürften. Alternativ ist auch die Durchführung einer Thorax-CT denkbar, mit der Pleuraergüsse ähnlich sensitiv nachwiesen werden können wie mit der Sonografie. Die Sonografie bietet aber viele Vorteile gegenüber der CT: Neben der schnelleren und breiteren Verfügbarkeit ist sie kostengünstiger, bettseitig anwendbar und sie beinhaltet keine Strahlenbelastung für den Patienten. Falls nicht aus anderen Gründen ohnehin die Indikation für eine ThoraxCT besteht (z. B. bei Verdacht auf Lungenembolie oder eine maligne Grunderkrankung), wird daher in der Regel primär eine Thoraxsonografie durchgeführt und je nach Fragestellung durch eine Röntgen-Thorax-Aufnahme ergänzt.
- Lagerung: Sitzende Position
- Vorteil: Sehr empfindliche Nachweismethode
- Befund: Echoarme/-freie Struktur am ehesten in den am tiefsten stehenden Randwinkeln der Pleurahöhle (Recessus costodiaphragmaticus) zu sehen
Kennen Sie eine Unterscheidung des Befunds anhand laborchemischer Parameter? Nennen Sie jeweils Beispiele!
Abhängig vom Eiweißgehalt der Ergussflüssigkeit unterscheidet man zwischen Transsudat und Exsudat. Beim Transsudat handelt sich um eine meist klare Flüssigkeit mit einem Gesamteiweiß von < 30 g/l und einer LDH < 200 U/l. Es kann zum einen im Rahmen einer Stauung entstehen, wenn Flüssigkeit aus den Kapillaren aufgrund eines erhöhten hydrostatischen Drucks in den Pleuraspalt gepresst wird, z. B. bei dekompensierter Herzinsuffizienz. Zum anderen kann ein Transsudat entstehen, wenn Flüssigkeit aufgrund eines erniedrigten kolloidosmoidalen Drucks die Kapillaren verlässt, z. B. bei Hypoalbuminämie im Rahmen einer Leberzirrhose oder eines nephrotischen Syndroms. Das seltenere Exsudat ist eiweißreich (Gesamteiweiß > 30 g/l) und weist eine LDH von > 200 U/l auf. Es tritt in der Regel im Rahmen von Tumorerkrankungen (z. B. Bronchialkarzinom, metastasiertes Mammakarzinom) und Entzündungen (z. B. bei Pneumonie, Tuberkulose, bei Pankreatitis oder im Rahmen einer rheumatischen Grunderkrankung) auf. Verantwortlich ist eine pathologische Erhöhung der Permeabilität des Kapillarendothels, sodass Proteine, Entzündungs- und Tumorzellen diese Barriere überwinden und im Pleuraerguss vorgefunden werden können. Bei einem eitrigen Erguss spricht man von einem Pleuraempyem. Eine weitere häufige Ursache für einen Pleuraerguss ist die Lungenembolie, wobei sowohl ein Transsudat als auch ein Exsudat auftreten kann.
Transsudat
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Pathophysiologie: Austritt von Flüssigkeit mit wenigen Zellen und Proteinen über die intakte Pleura aufgrund pathologischer Druckunterschiede, bspw.
- Hydrostatischer Druck↑ in den Pleurakapillaren
- Interstitieller Flüssigkeitsdruck↑ in der Lunge
- Intrapleuraler Druck↓
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Onkotischer Druck
- In Blutgefäßen↓
- Im Pleuraspalt↑
- Intraperitonealer Druck↑
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Häufige Ursachen
- Herzinsuffizienz
- Leberzirrhose
- Nephrotisches Syndrom
- Peritonealdialyse
- Obere Einflussstauung
- Lungenembolie
Exsudat
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Pathophysiologie: Austritt von Flüssigkeit mit reichlich Zellen und Proteinen in den Pleuraspalt aufgrund erhöhter Durchlässigkeit der Kapillarwände im Rahmen einer Entzündung oder Tumorerkrankung, bspw. durch
- Vermehrte Durchblutung (Hyperämie)
- Abflussbehinderung über Lymphbahnen
-
Häufige Ursachen
- Pneumonie (parapneumonischer Erguss)
- Malignom
- Viruserkrankungen (virale Pleuritis)
- Lungenembolie
- Tuberkulose
Sonographie des dorsalen Thorax
Sonographie des dorsalen Thorax: Nachweis von freier Flüssigkeit (F) im Thoraxraum (Z = Zwerchfell; Le = Leber; Lu = Lunge)
Merken
Ein blutiger Pleuraerguss ist suspekt für das Vorliegen einer malignen Erkrankung und erfordert eine Tumorsuche.
Welche Therapie schlagen Sie bei diesem Patienten vor? Beschreiben Sie die Durchführung!
Falls die sonografische Untersuchung der Pleura den Verdacht auf punktionswürdige Pleuraergüsse bestätigt, empfehlen Sie dem Patienten (neben einer forcierten diuretischen Therapie) zur akuten Linderung der Symptomatik eine therapeutische Pleurapunktion. Der Eingriff erfolgt zunächst einseitig auf der Seite mit der größeren Ergussmenge. Abhängig vom Verlauf der Symptomatik und der Ergussmenge sollte in den folgenden Tagen die Punktion der Gegenseite evaluiert werden. Nach entsprechender Aufklärung und laborchemischem an und stellen Patient einen venösen Zugang sicher, dass der hat. Am sitzenden Patienten führen Sie erneut eine Thoraxsonografie von dorsal durch, um die beste und sicherste Lokalisation für die Punktion festzulegen. Nach Desinfektion und steriler Abdeckung erfolgt zunächst eine Lokalanästhesie. Anschließend führen Sie eine Punktionsnadel unter sterilen Kautelen am Rippenoberrand entlang, um das am Unterrand der Rippe verlaufende Gefäßnervenbündel nicht zu verletzen. Sobald Sie den Erguss erfolgreich punktiert haben, können Sie Ergussflüssigkeit aspirieren und die Flüssigkeit bereits visuell beurteilen (klar? blutig? eitrig?). Sie können dann Material für die weiterführende laborchemische, zytologische und/oder mikrobiologische Diagnostik entnehmen (diagnostische Pleurapunktion) und dann den Erguss in einen Auffangbeutel drainieren. Nach der Pleurapunktion sollte eine Röntgen-Thorax-Kontrolle erfolgen zum Ausschluss eines iatrogenen Pneumothorax.
Durchführung einer Pleurapunktion
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Indikation
- Großer Erguss mit Dyspnoe (therapeutisch)
- Unklare Genese des Ergusses (diagnostisch)
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Durchführung (siehe auch: Pleurapunktion - Klinische Anwendung)
- Sonografische Beurteilung der Ergussmenge in sitzender Position
- Wahl des Punktionsortes
- Lokalanästhesie am Oberrand einer Rippe
- Punktion der Pleurahöhle von dorsal bzw. dorsolateral am Oberrand der Rippe entlang, wenn möglich unter sonografischer Kontrolle
- Max. 1,5 L Flüssigkeit in einem Eingriff ablassen, andernfalls droht Reexpansionsödem
- Mind. 3 Untersuchungsröhrchen entnehmen
- Kontraindikation: Quick <50%; INR >1,5; Thrombozyten <50.000/μL
- Komplikationen: Infektionen, Blutungen, Nervenläsionen, Leber- und Milzverletzungen sowie Pneumothorax [3]
Merken !
Bei diagnostischer Pleurapunktion muss nur eine Seite punktiert werden. Aber auch bei therapeutischer Indikation wird zunächst immer nur einseitig punktiert, aufgrund der Komplikationsgefahr!