Nötigung (Art. 181) Flashcards
Was bedeutet Nötigung?
Täter veranlasst durch Nötigungsmittel das Opfer zu einem bestimmten Verhalten (Nötigungserfolg).
Was ist die Definition des Nötigungsmittels?
Täter wendet Gewalt an oder droht dem
Opfer ernstliche Nachteile an oder beschränkt auf andere Weise seine
Handlungsfreiheit.
Welche Besonderheit ist bei der Rechtswidrigkeit zu beachten?
Tatbestandsmässigkeit indiziert bei Art. 181 die
Rechtswidrigkeit nicht.
Was ist zum Nötigungsmittel Gewalt zu sagen?
1 + 3P
Gewalt: Physische Einwirkung in die Rechtssphäre des Tatopfers.
- Es genügt die Gewalt, die erforderlich ist, um den Willen des konkreten Opfers zu beugen.
- Auch mittels Wegnahme von unentbehrlicher Hilfsmittel wie Prothesen
oder Rollstuhl. - Gewalt braucht Opfer nicht widerstandsunfähig zu machen. (BGE 101 IV
169)
Was ist zur Androhung ernstlicher Nachteile zu sagen?
1 + 4P
= Psychische Einflussnahme auf das Opfer.
- Drohung auch durch Ankündigung einer Unterlassung, wenn dadurch berechtigte Erwartungen des Opfers enttäuscht werden.
- Das Versprechen (z.B. einer hohen Belohnung) ist keine Drohung.
- Objektiv-individueller Massstab («besonnene Person in der Lage des
Opfers»). - Ein relativ geringfügiger Nachteil ist dann «ernstlich», wenn der Täter
eine besondere Schwäche des Opfers gezielt ausnützt. - Nachteil braucht nicht widerrechtlich zu sein.
Was ist zur “anderen Beschränkung der Handlungsfähigkeit zu sagen?
(5P)
> Weit gefasste Umschreibung: Bestimmtheitsgebot erfordert restriktive
Auslegung.
- Beschränkung auf Verhaltensweisen, deren Zwangswirkung mit jener der
Gewalt bzw. der Androhung ernstlicher Nachteile vergleichbar ist.
> Typische Fallkonstellationen:
- Verhinderung oder Behinderung der Fortbewegung durch Blockierung
von Strassen oder Wegen (BGE 108 IV 165, BGE 119 IV 301, BGE 129 IV 6)
- Stalking (BGE 129 IV 262)
Was ist der Taterfolg?
3P
> Nötigungsziel = Nötigungserfolg:
Das Opfer wird dazu veranlasst,
sich entsprechend dem Willen des Täters zu verhalten.
Welche drei Nötigungsziele kommen in Frage?
> In Frage kommende Nötigungsziele:
- Vornahme einer bestimmten Handlung
- Unterlassung einer bestimmten Handlung
- Duldung einer bestimmten Handlung
Welche Anforderungen bestehen auf der subjektiven Tatseite?
3P
Eventualvorsatz ausreichend
- Bezogen auf nötigendes Verhalten und auf Nötigungsziel.
- Täter braucht jedoch bei der Drohungs-Variante nicht willens zu sein, die
Drohung zu verwirklichen. (BGE 105 IV 122)
Was ist zur Rechtswidrigkeitsebene zu sagen?
4P
> Nötigung als Sonderfall: Tatbestandsmässigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit nicht.
- Rechtswidrigkeit muss positiv begründet werden.
> Begründung: Der Tatbestand von Art. 181 umfasst auch Verhaltensweisen, die
allgemein zulässig sind.
> «Unrechtmässig ist eine Nötigung, wenn das Mittel oder der Zweck unerlaubt
ist oder wenn das Mittel zum erstrebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis
steht oder wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel
und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig ist». (BGE 108 IV 168 f.)
Welche vier alternativen Begründungen sind zulässig?
(1) Das zur Nötigung verwendete Mittel ist unerlaubt.
(2) Der mit der Nötigung verfolgte Zweck ist unerlaubt.
(3) Fehlende Verhältnismässigkeit zwischen dem Nötigungsmittel und dem
angestrebten Zweck.
(4) Rechtsmissbräuchliche bzw. sittenwidrige Verknüpfung zwischen einem
an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck.
Nenne vier Beispiele für ein unerlaubtes Mittel.
- Gewaltanwendung: BGE 101 IV 42 (X. packte seine Frau und zwang sie, mit ihm zur Haltestelle des Trams zu gehen).
- Drohung mit Gewalt: BGE 101 IV 47 (Einschüchterung mit Dolch).
- Drohung mit Verweigerung eines Arbeitszeugnisses. (BGE 107 IV 38)
- Androhung einer völlig haltlosen Strafanzeige wegen Misswirtschaft.
(BGE 120 IV 20)
Nenne zwei Beispiele für einen Unerlaubten Zweck.
- Verhinderung einer Zeugenaussage. (BGE 81 IV 101)
- Verhinderung der freien Meinungsäusserung. (BGE IV 167)
Nenne zwei Beispiele für eine fehlende Verhältnismässigkeit zwischen dem Nötigungsmittel und dem angestrebten Zweck.
- Nichtrückgabe von Wärmepumpen kurz vor Heizperiode zur Erzwingung
der Bezahlung. (BGE 115 IV 207) - Androhung von Suizid für den Fall, dass die Partnerschaft nicht weitergeführt
wird. (OG BL v. 14.8.2001)
Nenne zwei Beispiele für die Rechtsmissbräuchliche bzw. sittenwidrige Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck.
- Wenn zwischen dem Gegenstand der Drohung und dem geforderten
Verhalten keinerlei Zusammenhang besteht. - Verknüpfung von zwei völlig verschiedenen Gerichtsverfahren. (BGE 96
IV 58)