Freiheitsberaubung und Entführung (Art. 183) Flashcards
Welche zwei Tatbestände werden von Art. 183 erfasst?
‐ Freiheitsberaubung in Ziff. 1 Abs. 1
‐ Entführung in Ziff. 1 Abs. 2 sowie Ziff. 2
Welches Rechtsgut wird geschützt?
Die Fortbewegungsfreiheit (Spezialfall der Nötigung).
Es handelt sich um ein Dauerdelikt. Was bedeutet dies für den Tatbestand konkret?
Vollendet mit Freiheitsentzug; beendet mit Wiedererlangung der Freiheit.
Was ist das Angriffsobjekt?
4P
> Tat‐ bzw. Angriffsobjekt: Jeder Mensch, der die Fähigkeit hat, sich betreffend
Aufenthaltsort einen Willen zu bilden (Willen zur Fortbewegung).
‐ Nicht gegeben z.B. bei Säuglingen, Bewusstlosigkeit, Rauschzustand.
‐ Geschützt ist die Freiheit, «sich nach eigener Wahl vom Orte, an dem man
sich befindet, an einen anderen Ort zu begeben». (BGE 101 IV 160)
‐ Aus Ziff. 2 ergibt sich (e contrario), dass die Tat gemäss Ziff. 1 gegen den Willen des Opfers gerichtet sein muss.
Was sind die möglichen Tathandlungen?
3P
‐ Festnahme: Aufhebung der Freiheit, den gegenwärtigen Aufenthaltsort zu
verlassen.
‐ Gefangenhalten: Fortsetzung einer (auch rechtmässigen) Festnahme.
‐ In anderer Weise die Freiheit entziehen: Hinweis auf Tatmittel.
Was ist der Taterfolg?
3P
Freiheitsentzug
‐ Befreiung braucht dem Opfer nicht absolut unmöglich zu sein.
‐ Dauer von «gewisser zeitlicher Erheblichkeit». (BGE 89 IV 85)
Wann ist eine Freiheitsberaubung nicht Unrechtmässig?
9P
‐ Nicht gegeben, wenn Freiheitsentziehung rechtmässig ist.
‐ Aus strafprozessualen Gründen:
‐ Anhaltung (Art. 215 StPO).
‐ Vorläufige Festnahme (Art. 217 StPO).
‐ Untersuchungs‐ und Sicherheitshaft (Art. 220‐236 StPO).
‐ Als Strafvollstreckung (Freiheitsstrafe oder stationäre Massnahme).
‐ Als fürsorgerische Unterbringung gemäss Art. 426 ZGB.
‐ Als privatrechtliche Selbsthilfe gemäss Art. 926 ZGB oder Art. 52 OR.
‐ Bei Einwilligung der betroffenen Person.
Welche Anforderungen bestehen auf der subjektiven Tatseite?
3P
> Vorsatz
‐ Wissen und Willen bezogen auf Freiheitsentziehung und auf
Unrechtmässigkeit.
> Irrtum hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen einer gesetzlich
zulässigen Verhaftung: Sachverhaltsirrtum gemäss Art. 13.
Welche Konkurrenzen bestehen?
2 + 4P
> Verhältnis zur Nötigung gemäss Art. 181:
‐ Art. 183 Ziff. Abs. 1 geht vor, wenn sich das Verhalten des Täters auf die Entziehung der körperlichen Bewegungsfreiheit beschränkt.
‐ Echte Konkurrenz, wenn Freiheitsberaubung dazu dient, ein weitergehendes Verhalten zu erzwingen als bloss die Duldung des
Freiheitsentzugs (zusätzliches Nötigungsziel).
> Verhältnis zur Körperverletzung (Art. 122/123), zum Raub (Art. 140) und zur
Vergewaltigung (Art. 190):
‐ Unechte Konkurrenz, wenn Freiheitsberaubung blosse Begleiterscheinung ist.
‐ Echte Konkurrenz, wenn Freiheitsberaubung darüber hinaus geht.