Morbus Conn Flashcards
Definition
Zählt zu den häufigsten Ursachen einer sekundären Hypertonie
Idiopathische, meist bilaterale Hyperplasie der Nebennierenrinde (⅔ der Fälle, sog. idiopathischer Hyperaldosteronismus) [4][5] [6]
Aldosteronproduzierendes Nebennierenrindenadenom (⅓ der Fälle) [4][5] [6]
Selten familiärer Hyperaldosteronismus
Nebennierenrindenkarzinome mit Aldosteronproduktion sind äußerst selten
Klassifikation
Normokaliämisch: Insb. bei einer Hyperplasie der Nebennierenrinde [7]
Hypokaliämisch: Insb. beim Aldosteron-produzierenden Nebennierenrindenadenom (Auftreten einer Hypokaliämie in rund der Hälfte der Fälle mit Adenom) [7]
Pathophysiologie
Physiologie
Aldosteronwirkung: Einbau verschiedener Kanäle und Transporter in die Nierentubuli
Folgen
Resorption: Natrium und Wasser
Ausscheidung: Kalium
Physiologische Stimulation: Über Angiotensin II im Rahmen einer Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems und über eine erhöhte Kaliumkonzentration
Siehe auch: Renin-Angiotensin-Aldosteron-System
Pathomechanismus
Exzessive Aldosteronausschüttung → Natrium- und Wasserretention → arterielle Hypertonie mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko(!) [7][5]
Ggf. mangelnde Kaliumretention → Hypokaliämie
Negative Rückkopplung innerhalb des RAAS → Unterdrückung der Reninausschüttung
Kennzeichen der Aldosteronausschüttung beim primären Hyperaldosteronismus [7]
Inadäquate Höhe im Bezug zum Natriumspiegel
Autonomie von den üblichen Regulatoren
Nicht-Supprimierbarkeit durch Volumen- und Natriumbelastung
Symptomatik
Medikamentös schwer einstellbare arterielle Hypertonie
Bei Vorhandensein einer Hypokaliämie : Adynamie, Muskelschwäche, Obstipation, milder Diabetes insipidus mit Polyurie und Polydipsie
Metabolische Alkalose
Führt u.a. zu Missempfindungen der Haut
Die vollständige Manifestation der klassischen Trias aus Hypertonie, Hypokaliämie und Alkalose ist nur selten anzutreffen!
Hypokaliämie
Die Hypokaliämie führt dazu, dass die Nierentubuli nicht mehr ausreichend auf das Wasser-retinierende antidiuretische Hormon (ADH) reagieren. Die Folgen sind vermehrte Wasserausscheidung (Polyurie) sowie Durst (Polydipsie).
Diagnostik
Indikationen zum Screening auf einen primären Hyperaldosteronismus [7][5]
Allgemeine Hinweise auf das Vorliegen einer sekundären Hypertonie, z.B. therapieresistente Hypertonie (>140/90 mmHg) bei Einsatz von mind. 3 Antihypertensiva
Erhöhtes Risiko eines ursächlichen primären Hyperaldosteronismus: Vorliegen einer arteriellen Hypertonie in Kombination mit
Spontaner Hypokaliämie
Inzidentalome der Nebennierenrinde
Primärem Hyperaldosteronismus bei Verwandten 1. Grades
Auftreten von arterieller Hypertonie oder Schlaganfällen in der Verwandtschaft vor dem 40. Lebensjahr
Screening auf einen primären Hyperaldosteronismus
Bestimmung des Aldosteron-Renin-Quotienten [5]
Durchführung
Ambulante morgendliche Blutentnahme beim sitzenden Patienten und Bestimmung der Aldosteron- und Reninkonzentration
Vorheriges Pausieren von Medikamenten mit Einfluss auf das RAAS sowie des Konsums von Lakritze für 4 Wochen
Interpretation: Eine Erhöhung des Aldosteron-Renin-Quotienten (z.B. auf >19 bei Angaben der Hormonkonzentrationen in pg/mL) deutet auf einen primären Hyperaldosteronismus hin → Durchführung eines Bestätigungstests für einen primären Hyperaldosteronismus
Unterstützende Laborbefunde
Blut
Aldosteronkonzentration↑
Reninkonzentration und -aktivität↓
Hypokaliämie
Metabolische Alkalose
Urin: Aldosteronkonzentration↑ und Aldosteronmetabolite↑ im 24-h-Urin
Vor der Diagnostik müssen rechtzeitig alle Medikamente abgesetzt werden, die das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (Diuretika, Betablocker, ACE-Hemmer, AT1-Rezeptor-Blocker und Aliskiren) beeinflussen, da diese das Ergebnis stark verfälschen könnten!
Bestätigungstests für einen primären Hyperaldosteronismus
Funktion: Messung der Supprimierbarkeit von Aldosteron
Kochsalzbelastungstest
Durchführung
Infusion von 2 L isotoner Kochsalzlösung über 4 h (Volumen- und Natriumbelastung)
Messung der Aldosteronkonzentrationen zu Beginn und Ende der Infusion
Interpretation
Physiologischerweise führt die Volumen- und Natriumbelastung zu einer Suppression des RAAS und damit der Aldosteronsekretion
Eine fehlende Suppression der Aldosteronsekretion (Aldosteronkonzentration >50 ng/L) spricht für einen Hyperaldosteronismus
Relative Kontraindikationen: Erkrankungen mit Volumenbelastung des Kreislaufs (Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz), Herzrhythmusstörungen, arterielle Hypertonie
Fludrocortisonhemmtest
Durchführung
Exogene Gabe von Mineralocorticoiden (0,1 mg Fludrocortison alle 6 h über 4 Tage) im Rahmen eines stationären Aufenthalts
Gleichzeitige Substitution von NaCl und Kalium
Messung der Konzentrationen von Renin und Aldosteron am Vormittag des 4. Tages in sitzender Position
Interpretation
Durch die negative Rückkopplung kommt es physiologischerweise bei exogener Mineralocorticoidgabe zu einem signifikanten Aldosteronabfall
Aldosteronkonzentrationen <50 ng/L: Ausschluss eines primären Hyperaldosteronismus
Eine mangelnde Aldosteronsuppression (Aldosteronkonzentrationen >60 ng/L) bestätigt den V.a. das Vorliegen eines primären Hyperaldosteronismus
Diagnostische Bedeutung: Der Fludrocortisonhemmtest gilt zwar aufgrund seiner Spezifität als diagnostischer Goldstandard, wird aufgrund seines (Zeit)aufwands allerdings seltener als der Kochsalzbelastungstest durchgeführt
Verfahren zur Bestimmung der Ursache des primären Hyperaldosteronismus
CT oder MRT des Abdomens: Darstellung von Raumforderungen, zum Ausschluss von adrenalen Karzinomen
Insb. bei Patienten >40 zeigen sich hier jedoch vermehrt hormonell inaktive adrenale Raumforderungen (geringe Spezifität), während sehr kleine Aldosteron-produzierende Adenome (<5 mm) in der Bildgebung oft nicht detektiert werden (geringe Sensitivität) [5]
Differenzialdiagnosen bei Inzidentalomen der Nebenniere (auszugsweise) [8]
Hormonell inaktive Adenome der Nebennierenrinde (häufigste)
Cortisol-bildende Adenome der Nebennierenrinde
Aldosteron-bildende Adenome der Nebennierenrinde
Phäochromozytome
Nebennierenrindenkarzinome
Differenzialdiagnosen Adenom und idiopathische Hyperplasie der NNR
Orthostasetest
Das Adenom ist von der physiologischen Regulation entkoppelt und “autonom”
Bei weiterhin unklarer Befundlage (Nicht-Übereinstimmung von hormoneller und bildgebender Diagnostik, Großteil der Fälle [5]):Katheterisierung der Nebennierenvenen und seitengetrennte Bestimmung der Aldosteronkonzentration
Durchführung
Zugangsweg ist üblicherweise über die V. femoralis
Messung der Aldosteronkonzentration in beiden Nebennierenvenen
Zur Kontrolle einer erfolgreichen Katheterisierung außerdem Messung der Cortisolkonzentration in beiden Nebennierenvenen sowie in einer peripheren Vene
Interpretation
Aldosterongradient zwischen beiden Nebennierenvenen: Hinweis auf Nebennierenadenome
Kein Aldosterongradient: Hinweis auf bilaterale Nebennierenrindenhyperplasie
Nebennierenadenom
Bildgebende Verfahren sollen erst nach Sicherung einer hormonellen Erkrankung eingesetzt werden (DGIM - Klug entscheiden in der Endokrinologie)
DD
Pseudohyperaldosteronismus: Klinisches Bild eines Hyperaldosteronismus bei niedrigen(!) Aldosteron- und Reninspiegeln [9], z.B. durch
“Lakritzabusus”: Ein übermäßiger Verzehr von Lakritzprodukten kann über eine Störung des Cortisolabbaus zu einer Hypertonie mit Hypokaliämie und Hypernatriämie führen
Genetische Mutation der 11β-Hydroxysteroiddehydrogenase
Liddle-Syndrom
Sekundärer Hyperaldosteronismus: Stimulation der Aldosteronfreisetzung durch eine Reninerhöhung
Nierenarterienstenose
Chronische Niereninsuffizienz
Fortgeschrittene Herzinsuffizienz
Diuretika
Laxantienabusus
Fortgeschrittene Leberfunktionsstörung
Inzidentalom [10]
80% endokrin-inaktiv und benigne: I.d.R. kein Therapiebedarf (meist Adenome), individuell mit Behandler:in geplante Verlaufskontrollen
20% endokrin-aktiv und/oder maligne: Conn- oder Cushing-Adenom, Phäochromozytom, Nebennierenkarzinom, Nebennierenmetastasen
Jede zufällig entdeckte Raumforderung der Nebenniere (Inzidentalom) soll endokrinologisch abgeklärt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)
Wurde im CT eine Raumforderung als gutartiges Inzidentalom der Nebenniere eingestuft (< 4 cm, < 10 Hounsfield-Einheiten), ist eine weitere Bildgebung nicht gerechtfertigt. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)
Therapie
Idiopathischer Hyperaldosteronismus [7]
Medikamentöse Therapie mit Aldosteronantagonisten
Spironolacton
Mittel der Wahl in den letzten Jahrzehnten
Vorteil: Effektive Senkung des Blutdrucks
Nachteil: Geringere Selektivität gegenüber anderen Steroidrezeptoren → Häufige endokrine Nebenwirkungen (Gynäkomastie bei 10% der Fälle bei männlichen Patienten, Zyklusstörungen bei weiblichen Patientinnen usw.)
Eplerenon (Off-Label Use!)
Neueres Medikament
Vorteil: Selektiver Rezeptorantagonist → Keine endokrinen Nebenwirkungen
Nachteile: Weniger effektive Senkung des Blutdrucks in Studien, teurer
Aldosteronproduzierendes Nebennierenrindenadenom (bzw. unilaterale Nebennierenrindenhyperplasie) [7]
Unilaterale Adrenalektomie→ Senkung des Blutdrucks (Zielwerte < 140/90 mmHg) in ca. 50% der Fälle
Empfohlener Zugangsweg: Laparoskopie
Präoperative Einstellung des Blutdrucks und (falls vorhanden) der Hypokaliämie (siehe auch: Hypokaliämie - Therapie)
Ggf. Verlegung der Operation zugunsten einer vorherigen Therapie mit Aldosteronantagonisten
Vorteil gegenüber einer rein medikamentösen Therapie: Geringere postoperative Notwendigkeit antihypertensiver Medikamente, ersparte Nebenwirkungen der Aldosteronantagonisten
Bei Ablehnung oder Inoperabilität: Medikamentöse Therapie mit Aldosteronantagonisten