Chronische Nierenerkrankung Flashcards

1
Q

Definition

A

Irreversible Abnahme der exkretorischen (glomerulären, tubulären ) und inkretorischen (endokrinen ) Nierenfunktion
Definiert als strukturelle oder funktionelle Auffälligkeit der Niere über mehr als 3 Monate mit Auswirkungen auf die Gesundheit
Auffälligkeiten und somit Kriterien zur Diagnosestellung können dabei bspw. pathologische Befunde im Urinsediment, in der Bildgebung oder Histologie oder eine GFR <60 mL/min/1,73 m2 sein

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Ätiologie

A

Diabetische Nephropathie (= Glomerulosklerose Kimmelstiel-Wilson) mit ca. 30–40% häufigster Grund in Deutschland
Hypertensive Nephropathie ca. 20%
Glomerulonephritiden ca. 10–15% (häufigster Grund bei jungen Erwachsenen)
Polyzystische Nierenerkrankungen ca. 10%
Tubulo-interstitielle Nierenerkrankungen (rezidivierende Pyelonephritis, Analgetikanephropathie) ca. 10%
Weitere Ursachen: Vesikoureteraler Reflux, Nephrolithiasis, Amyloidose u.a.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Symptomatik

A

Exkretorisch
„Überwässerung“

Hypertonie
Periphere Ödeme
Lungenödem
Oftmals interstitielles Lungenödem („fluid lung“): Fehlen der typischen feuchten Rasselgeräusche, da sich die Flüssigkeit nicht im alveolären Raum befindet
Urämie

Kurzbeschreibung: „Intoxikation“ durch Ansammlung harnpflichtiger Substanzen. Genaue Zuordnung nicht bekannt, aber in erster Linie durch Metabolite des Eiweißstoffwechsels bzw. nicht renal eliminierte/erhöhte Serumeiweiße: u.a. Harnstoff, Kreatinin, β2-Mikroglobulin, Parathormon
Allgemeinsymptome: Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen
Typische Zeichen
Urämischer Foetor
Hautflecken (Café-au-lait-Farbe, „schmutziges Hautkolorit“)
Häufig Pruritus
Weitere Folgen
Hämolyse durch Urämietoxine (Hautblässe, Anämie)
Urämische Pleuritis
Urämische Perikarditis
Pathologie: Fibrinöse Perikarditis („Zottenherz“)
Klinik: Perikardreiben
Urämische Enzephalopathie
Definition: Akute diffuse Funktionsstörung des Hirngewebes durch Akkumulation von Harnstoff und neurotoxischen Abbauprodukten
Symptome: Zerebrales Allgemeinsyndrom mit epileptischen Anfällen, qualitativen und quantitativen Bewusstseinsstörungen (Somnolenz bis Koma)
Urämische Polyneuropathie
Definition: Progrediente Nervengewebsschädigung durch wiederkehrende Akkumulation neurotoxischer Abbauprodukte
Schädigungsmuster: Gemischte, axonal-demyelinisierende sensomotorische Polyneuropathie mit inhomogenem Verteilungsmuster
Symptome: Hypästhesie, Parästhesien, Thermhypästhesie, Lagesinnstörung, später schlaffe myatrophe Paresen
Reduktion der Inzidenz durch moderne periodische Dialyseverfahren und Nierentransplantation
Urämische Gastroenteropathie: Übelkeit, Erbrechen
Thrombopenie bzw. -dysfunktion, Leukozytendysfunktion
„Zottenherz“: Fibrinöse Perikarditis bei UrämieAuskultationsbefund (Herz): Perikardreiben | Externes Video
Elektrolyte und pH

Elektrolytstörungen
Kalium, Phosphat↑
Calcium↓
Natrium↓/↑
pH-Haushalt: Insbesondere Gefahr der Azidose
Inkretorisch (endokrin)
Renale Anämie
Hauptursache: Erythropoetin-Mangel → Geringere Stimulation der Erythrozytensynthese bei „vorhandenen Substraten“ → Normochrome, normozytäre Anämie
Weitere Ursachen: Verkürzte Überlebenszeit der Erythrozyten durch urämische Hämolyse; Blutverluste aufgrund urämischer Blutungsneigung; Hemmung der Erythropoese durch Urämietoxine u.a.
Renale Osteopathie
Definition: Sammelbegriff für Veränderungen des Knochenstoffwechsels bei chronischer Nierenerkrankung
Bedeutsam ist v.a. die Genese über einen sekundären Hyperparathyreoidismus („high-turnover-Osteopathie“)
Weitere Formen u.a. Osteomalazie und adynamische Osteopathie
Durch die Hyperphosphat- und Hypokalzämie bei Mangel an Calcitriol kommt es zum sekundären Hyperparathyreoidismus und zur renalen Osteopathie!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Stadien

A

Normalwerte der glomerulären Filtrationsrate (GFR)
Es gibt keine allgemein gültigen Normwerte für die GFR – sie ist abhängig von Alter, Geschlecht und Muskelmasse!
Methoden: Abschätzung der GFR mittels verschiedener Formeln
CKD-EPI-Formel
MDRD-Formel
Normwerte nach Geschlecht (Erwachsene bis ca. 30 Jahre) [1]
Männer: Ca. 110 mL/min/1,73 m2
Frauen: Ca. 95 mL/min/1,73 m2
Abnahme mit steigendem Lebensalter
Nach dem 30. Lebensjahr durchschnittlicher Abfall von ca. 10 mL/min pro 10 Jahre
Stadieneinteilung nach KDIGO [2]
Die Stadieneinteilung der chronischen Nierenerkrankung erfolgt anhand der errechneten GFR und des Ausmaßes einer bestehenden Albuminurie.
Stadieneinteilung nach GFR

Stadien der GFR-Reduktion
Stadium Bezeichnung GFR (in mL/min/1,73 m2)
G1 GFR normal oder erhöht ≥90
G2 GFR leichtgradig reduziert 60–89
G3 GFR mittelgradig reduziert G3a: 45–59
G3b: 30–44
G4 GFR hochgradig reduziert 15–29
G5 Nierenversagen [3] <15

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Diagnostik

A

Blutuntersuchung
Hämoglobin↓, MCV unverändert, ggf. Erythropoetin-Spiegel↓
Elektrolyte: Insbesondere Kalium↑, Calcium↓, Phosphat↑
Retentionsparameter↑
BGA (pH-Überwachung)
Bestimmung von Vitamin D und PTH
Urinuntersuchung
Sonografie (Größe der Nieren, Parenchymdicke u.a.)
Ggf. Nierenbiopsie zur Ursachenklärung
Bei chronischer Nierenerkrankung ist neben der Überwachung der Kaliumwerte insb. auch die der Calcium- und Phosphatwerte wichtig!
Verlaufsuntersuchungen bei Risikopatienten sollen Kreatinin-Bestimmungen und Urinstatus beinhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)
Zur renalen und kardiovaskulären Risikoabschätzung soll bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit (CKD, GFR <60 mL/min) neben einer eGFR-Abschätzung eine quantitative Bestimmung der Proteinurie (zum Beispiel als Albumin-Kreatinin-Ratio im Spontan- oder Sammelurin) erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)
Bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit und einer GFR <45 mL/min (CKD-Stadium 3b oder höher) soll eine Bestimmung von Serum-Phosphat, iPTH und 25-OH-Vitamin D3 erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Therapie

A

Allgemein
Aufrechterhaltung der Nierenfunktion
Ausgeglichene Flüssigkeitszufuhr (etwa 2 Liter/Tag) mit Vermeidung einer Exsikkose oder Ödemen
Ziel: Ausreichende Diurese (Harnstoffelimination), ggf. auch unter Einsatz von Diuretika
Kontrolle und Korrektur der Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalte
Kochsalz (NaCl)
Grundsätzlich keine Diät erforderlich
Einschränkung bei Ödemen oder Hypertonie
Kaliumarme Diät, ggf. Kaliumbinder
Bicarbonat bei Azidose
Reduktion von Risikofaktoren
Vermeidung nephrotoxischer Substanzen
NSAR
Nikotin
Weitere, z.B. Aminoglykoside, Aciclovir, Cisplatin
Strenge Blutdruckeinstellung
Auf Werte unterhalb von 130/80 mmHg bzw. bei Proteinurie ≥1 g/Tag unterhalb von 125/75 mmHg
Gute Blutdruckeinstellung von entscheidender Bedeutung, um Progredienz der Erkrankung zu verhindern
Medikamentöse Therapie sollte einen ACE-Hemmer enthalten (alternativ AT1-Rezeptorblocker) → nephroprotektiv
Therapie einer Hyperlipidämie
CAVE bei Diabetes-Therapie: Insulinbedarf kann sinken!
Eiweißarme Ernährung als Therapieansatz umstritten
Der unbedachte Einsatz von NSAR bei Schmerzen kann eine bestehende chronische Nierenerkrankung verschlechtern!
Hohe orale Flüssigkeitsmengen sollen nicht eingesetzt werden, um die Nierenfunktion zu bessern oder „Nieren zu spülen“. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)
Bei allen Patienten mit CKD und/oder unter immunsuppressiver Therapie soll regelmäßig der Impfstatus geprüft und Impfungen gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) aufgefrischt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)
Speziell
Renale Anämie
Gabe eines synthetischen EPOR-Agonisten: Erythropoetin
Eventuell parallele Eisengabe je nach Serum-Ferritin und Transferrinsättigung
Nebenwirkungen: Thromboseneigung und Blutdrucksteigerung
Sekundärer Hyperparathyreoidismus (renale Osteopathie)
Diätische Phosphatrestriktion (u.a. Vermeidung von Schmelzkäse, Nüssen)
Phosphatbinder: Calciumacetat, Calciumcarbonat
Vitamin-D-Substitution: Calcitriol (aktives 1,25(OH)2-Vitamin D oral)
Cinacalcet (Allosterische CaSR-Modulatoren): Senkung der Parathormon-Freisetzung → Calcium- und Phosphatspiegel↓
Bei Therapierefraktärität: Operative Entfernung der Nebenschilddrüsen
Dialysepflichtige chronische Nierenerkrankung
Behandlungsmethode der Wahl: Nierentransplantation
Übergangslösung: Nierenersatzverfahren

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly