Kapitel 3.5 - Biologische Theorien Flashcards
Eysenck geht davon aus, dass es Unterschiede in der Aktivierbarkeit des Nervensystems bei Menschen gibt. Diese Unterschiede führen zu Extraversion bzw. Introversion. Diese Theorie ist neurophysiologisch gestützt. Wie erklärt er die biologische Ursache von Extraversion und Introversion?
Die Formatio Reticularis ist ein Neuronennetzwerk im Hirnstamm. Der Hirnstamm ist ein sehr alter Teil des Gehirns. Das aufsteigende, retikuläre aktivierende System (ARAS) ist ein Teil der Formatio Reticularis. Es steuert die Aktivierung und die Entspannung und reguliert sowohl den Schlaf-Wach-Rhythmus des Menschen als auch die Aufmerksamkeit.
Alle Menschen steuern ein mittleres Erregungsniveau (Arousa) an, da dieses als am angenehmsten empfunden wird. Ein zu niedriges Niveau führt zu Langeweile, ein zu hohes zu Reizüberflutung und Überforderung. Es ist individuell verschieden, in welchem Bereich dieses mittlere Reizniveau liegt.
Extrovertierte Menschen sind durch Reize nicht so leicht erregbar. Sie haben ein hyposensitives und hypoaktives Aktivierungssystem. Sie spüren Reize weniger stark als introvertierte Menschen und brauchen im Vergleich mehr Reize, um sich nicht gelangweilt zu fühlen.
Introvertierte Menschen sind durch Reize leichter erregbar. Sie haben ein hypersensitives und hyperaktives Aktivierungssystem. Sie spüren schwache Reize recht stark und werden schnell von diesen überflutet. Sie brauchen dann Ruhe und Rückzug um sich wieder zu erholen.
Mit welcher Studie wurde die Hypothese zu den biologischen Unterschieden zwischen Introvertierten und Extrovertierten bestätigt?
Durch eine Studie zur selbstbeurteilten Lärmempfindlichkeit: Introvertierte Menschen beschrieben sich als lärmempfindlicher als extrovertierte.
Wie erklärt Eysenck den Neurotizismus auf biologischer Grundlage?
Nach Eysenck kann der Neurotizismus durch die Unterschiede in der Erregbarkeit des limbischen System im Gehirn erklärt werden. Das limbische System ist die neuronale Basis für Emotionen.
Bei Menschen mit hohem Neurotizismus hat dieses System eine hohe Reagibilität, reagiert also schneller und stärker emotional auch schon auf geringere Außenreize als bei Menschen mit niedrigem Neurotizismus. Sie weisen also eine niedrigere Erregungsschwelle ihres emotionalen Systems auf. Außerdem hält die emotionale Reaktion bei Menschen mit hohem Neurotizismus auch länger an. Sie zeigend dabei auch physische Anzeichen einer erhöhten Aktivierung, so wie Herzklopfen oder vermehrte Schweißproduktion.
Wie erklärt Eysenck den Psychotizismus biologisch?
Er verortet den Psychotizismus biologisch auf einem Kontinuum zwischen normalem, sozial verträglichem Verhalten und deiner Disposition hin zum psychotischen Zusammenbruch.
Er geht von einem Diathese-Stress-Modell aus. Es gibt eine Diathese (Veranlagung) zu psychotischem Verhalten, das durch Stress ausgelöst werden kann.
Da Psychosen multifaktoriell bedingt sind, konnte dieses Modell aber bisher noch nicht bestätigt werden.
Der englische Psychologe Jeffrey Gray war ein ehemaliger Doktorand von Eysenck. Was und Warum stellte er bei dem PEN System infrage?
Er stellte die Unabhängigkeit der drei Faktoren des PEN Systems in Frage.
Er hatte beobachtet, dass angstlösende Medikamente (Anxiolytika) sowohl den Neurotizismus von Menschen verringern, als auch deren Extraversion erhöhen. Daraus schlussfolgerte er, dass Neurotizismus und Extraversion ein gemeinsamer biologischer Prozess zugrunde liegen könnte.
Was für ein Modell entwickelte Gray?
Ein Modell mit zwei Dimensionen, die miteinander in Verbindung stehen. Einerseits Ängstlichkeit, andererseits Impulsivität. Die beiden Begriffe Ängstlichkeit und Impulsivität sind jeweils an den Schnittmengen Neurotizismus und Introversion (Ängstlichkeit) bzw. Neurotizismus und Extraversion (Impulsivität).
Welche biologischen Mechanismen glaubte Jeffrey Gray hinter seinem System zu entdecken?
Das Behavioral Inhibition System (BIS), das Behavioral Approach System (BAS) und das Fight-Flight System (FFS)
Erläutere das Behavioral Inhibition System (BIS).
Dies ist ein Verhaltenshemmsystem im Gehirn, das sich im Verlauf der menschlichen Evolution entwickelt hat. Dieses Verhaltenshemmsystem unterdrückt jenes Verhalten, welches wahrscheinlich bestraft werden wird oder für das eine erwartete Belohnung ausbleiben wird. Wenn es aktiviert wird, wird die aktuelle Tätigkeit unterbrochen und die Aufmerksamkeit für die Umgebung nimmt zu, um mögliche Gefahren möglichst gut entdecken zu können.
Das BIS organisiert die Reaktionen eines Menschen auf konditionierte Bestrafungsreize, aber auch auf unbekannte Reize mit einer “Stop-Funktion”.
Die neuroanatomische Grundlage des BIS bildet ein weitverzweigtes Hirnsystem in dessen Zentrum sich das septo-hippocampale System befindet. Dieses wird durch Elemente des Papez-Kreises und solche des cingulären Kortex beeinflusst. Es ist außerdem mit dem präfrontalen Kortex verbunden.
Beispiel: Der kleine Tommy, der beim Kekse klauen inne hält, wenn er seine Mutter hört.
Erläutere das Behavioral Approach System (BAS).
Spiegelverkehrt zum BIS. Es ist ein Verhaltensannäherungssystem. Es hält Ausschau nach Hinweisen für eine Belohnung oder für das Ausbleiben einer Bestrafung. Dabei werden positive Emotionen wie Hoffnung, Erleichterung oder Glück freigesetzt. Dieses System sorgt für eine Annäherung z.B. an eine Belohnung. Außerdem ist es mit Impulsivität assoziiert.
Das BAS organisiert also die Reaktion eines Menschen auf konditionierte Belohnungsreize mithilfe einer “Go-Funktion”.
Die neurale Basis liegt in den Basalganglien mit Verbindung zum präfrontalen Kortex.
Beispiel: Der kleine Tommy merkt, dass es nicht die Mutter, sondern die Großmutter und snackt weiter.
Es gibt individuelle Unterschiede in der Ausprägung des BIS und des BAS. Worin unterscheiden sich ängstliche und weniger ängstliche Menschen nach dieser Theorie?
Alle Menschen verfügen über die Systeme BIS und BAS. Allerdings unterscheiden sie sich in deren Ausprägung.
Ängstliche Menschen und weniger ängstliche Menschen unterscheiden sich in ihrer Sensitivität gegenüber Bestrafung. Diese Sensitivität ist bei ängstlichen Menschen viel höher.
Biologisch begründet könnte es daran liegen, dass sie ein schneller und stärker reagierendes BIS haben.
Es gibt individuelle Unterschiede in der Ausprägung des BIS und des BAS. Worin unterscheiden sich Menschen bezüglich ihrer Impulsivität nach dieser Theorie?
Sehr Impulsive Menschen unterscheiden sich von anderen bezüglich ihrer Sensitivität für Belohnungen. Sie reagieren auf Belohnungen wesentlich stärker als weniger impulsive Menschen.
Was ist das Fight-Flight System?
Das FFS ist ein Überlebenssystem. Es reagiert auf alle Bedrohungen, die eine Gefahr für das individuelle Überleben darstellen können. Es kennt viele Reaktionen auf solche Gefahren.
Wenn es aktiviert wurde kann es entweder zu
-Fight: Aktiven Kampf- und Verteidigungshandlungen führen.
-Flight: Passiven Flucht und Erstarrungsreaktionen führen.
Dabei erleben betroffene Menschen ein erhöhtes Aktivierungsniveau. Die neuralen Mechanismen, die dieses System steuern, sind das zentrale Höhlengrau und der mediale Hypothalamus.
Der amerikanische Psychologe Robert Cloninger interessierte sich besonders dafür wie normales und abweichendes Verhalten aufbauend auf dem PEN-Modell von Eysenck eingeordnet und erforscht werden kann. Aus einer Fülle von Daten aus unterschiedlichen Studien entwickelte er seine biosoziale Persönlichkeitstheorie der drei (später vier) Hirnsysteme. Wie lauten die vier Hirnsysteme?
- Novelty Seeking
(Neuheitssuche) - Harm Avoidance
(Schadensvermeidung) - Reward Dependence
(Belohnungsabhängigkeit) - Persistence
(Hartnäckigkeit, wurde später dem Modell hinzugefügt)
Beschreibe das Persönlichkeitsmerkmal Novelty Seeking (Neuheitssuche).
Beschreibt die Tendenz von Menschen sich aktiv für was Neues zu interessieren, sich danach auf die Suche zu begeben und darauf freudig zu reagieren. Menschen mit einem hohen Maß an Novelty Seeking sind schnell gelangweilt, brauchen viel Abwechslung, hassen Routineaufgaben und sind schnell bereit die aktuelle Aufgabe, für eine neue spannendere aufzugeben. Menschen mit einem niedrigen Ausmaß an Novelty Seeking hingegen wechseln nicht so gerne und schnell zu einer neuen Aufgabe und zeigen ein höheres Ausmaß an Beständigkeit.
Was ist nach Cloninger die biologische Basis von Novelty Seeking?
Das Dopanin-System, welches basierend auf dem Neurotransmitter Dopamin individuell bei Menschen die Stärke von Verhaltensanreizen beeinflusst. Menschen mit einem höheren Ausmaß an Novelty Seeking zeigen eine erhöhte Reagibilität des Dopaminergen Systems. Dies wurde in pharmakologischen Studien bestätig.