K4: Beschleunigte Zuverlässigkeitstests Flashcards
Warum Tests mit Zeitraffung?
Elektronische Geräte sind zahlreichen Belastungen ausgesetzt, sollen aber viele Jahre ohne Ausfall funktionieren. Bei der Entwicklung eines elektronischen Bauteils oder Systems ist aber keine Zeit für jahrelange Tests. Es ist deshalb nötig, die Zeit für die Tests gegenüber der Nutzungszeit zu verkürzen.
Welche Möglichkeiten für eine Zeitraffung gibt es?
- Ausblenden von Ruhezeiten
- Ausblenden von weniger belastenden Betriebszeiten
- Pegelerhöhung bei beschleunigten Umweltsimulationen bzw. Zuverlässigkeitstests
Nennen Sie Ausfallmechanismen für integrierte Schaltungen.
- Hohe Stromdichten in den Leiterbahnen –> Unterbrechungen durch Elektromigration
- Elektrostatische Entladungen (engl. electrostatic discharge, ESD)
- Time dependent dielectric Breakdown (TDDB). Das ist ein Anstieg des Leck-Stroms durch das wenige nm dünne Gate-Dielektrikum bei MOSFETs.
- Plasma induced gate oxide damage (PID). Wird verursacht durch eine Vorschädigung des Gate-Dielektrikums durch Aufladungen beim Ionenätzen der Metallisierung bei MOSFETs.
Was kann bei MEMS zu Ausfällen führen?
Die mechanischen Strukturen können bei hohen Beschleunigungen brechen (z. B. beim Herunterfallen eines mobilen Geräts).
Nennen Sie Ausfallmechanismen für Kondensatoren.
Folienkondensatoren:
- Kapazitätsverlust durch Korrosion der Metallisierung bei hoher Feuchte
Elektrolytkondensatoren:
- Verdunsten des Elektrolyts bei Wärme –> ESR steigt an Das ist eine der häufigsten Ursachen für Ausfälle von Elektronik.
- Aufplatzen durch Überspannungen
Welche Ausfälle können bei Verbindungstechnik bzw. Stecker und Schaltern vorkommen?
Stecker und Schalter:
- Abtrag der Kontaktoberflächen durch Lichtbogen
- Verschmelzen der Kontakte und dadurch Öffnungsfehler
- Korrosion der Kontakte durch Schadgase
- Reibkorrosion der Kontakte
Aufbau- und Verbindungstechnik:
- Risse in Lotverbindungen durch Temperaturwechselbelastung
- Risse in Durchkontaktierungen in Leiterplatten durch Temperaturwechselbelastung
- Kurzschlüsse in Leiterplatten durch Anodic Filaments durch Spannung, Feuchte und Wärme
- Kurzschlüsse durch Zinn-Whisker
- Elektrochemische Korrosion auf Leiterplatten bei Feuchte und Spannung
- Aufplatzen von Bauelementen (Popcorn-Effekt) beim Löten
- Ablösung von gebondeten Drähten durch Bildung von intermetallischen Phasen durch Wärme
Crimpverbindungen:
- Nachlassen der Kontaktkräfte durch Kriechen von Aluminium bei höheren Temperaturen und/oder Temperaturwechsel
- Korrosion der Kontaktoberflächen bei geringen - ontaktkräften
Nennen Sie Tests zur Bestimmung der Lebensdauer von elektronischen Systemen.
- Temperaturlagerung
- Temperaturwechsel oder Temperaturschock
- Lagerung in feuchter Wärme
Mit welchen Tests kann untersucht werden, ob ein System oder Bauteil robust genug für die Belastungen im Einsatz ist?
- ESD-Tests
- Schock- und Vibrationstests
- Test auf Lötwärmebeständigkeit
Warum und wozu wird die Robustness Validation gemacht?
Zuverlässigkeitstests sollen besser auf die Anforderungen im System und die Fehlermechanismen abgestimmt werden. Damit sollen geringere Ausfallraten und gleichzeitig ein geringerer Testaufwand erreicht werden.
In welchen Schritten wird eine Robustness Validation bearbeitet?
- Einsatzbedingungen bei den Kunden klären (elektrisch und Umwelt: „Mission Profile“).
- Klären, welcher Parameter bei diesen Bedingungen zuerst zu einer Verletzung der Spezifikation führt. Festlegen einer Ausfallgrenze für diesen Parameter.
- Falls möglich, Entwicklung eines Modells, das die Beschleunigung durch Temperatur oder andere Größen beschreibt. Fit der Modell-Parameter aus den Ergebnissen der Versuche.
- Durchführen von Zuverlässigkeitstests bis zur Verletzung der Ausfallgrenzen. Falls diese Tests zu lange dauern, ist es auch möglich, Lebensdauern durch Extrapolation der Degradation zu bestimmen.
- Berechnen der Lebensdauer unter Einsatzbedingungen.
Welche Fehlermechanismen können durch höhere Temperatur beschleunigt werden?
- Time Dependent Dielectric Breakdown (SiO2-Defekt bei ICs)
- Elektromigration in Leiterbahnen von ICs
- Whiskerbildung (bei Sn)
- Austrocknen von Elkos
- Zersetzung von Polymeren
Was beschreibt die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit?
Die Arrhenius-Gleichung: 𝑅(𝑇) = 𝑅0*𝑒^−𝐸𝐴/𝑘∙𝑇
Wofür verwendet man den Beschleunigungsfaktor AF?
Für eine spezifizierte Lebensdauer zu berechnen, bei welcher Temperatur und wie lange ein beschleunigter Test durchgeführt werden muss: AF=t_usage/t_test
Erklären Sie Elektromigration.
Durch Kollision der Leitungselektronen mit den Metallionen entsteht ein gerichteter Materialtransport. Es bilden sich dadurch:
- Löcher (Voids) nach Barrieren, die zu Unterbrechungen führen können.
- Materialansammlungen (Hillocks) vor Barrieren, die Kurzschlüsse verursachen können.
Erklären Sie Sn-Whisker.
Zinn hat eine sehr niedrige Schmelztemperatur von nur 232 °C. Die Sn-Atome sind deshalb auch bei Raumtemperatur sehr beweglich. Für Metallatome ist die Bindung in einem Kristallgitter energetisch günstiger als eine ungeordnete Bindung an einer Korngrenze. Es können deshalb bei Raumtemperatur
oder etwas höheren Temperaturen einkristalline Zinn-Nadeln aus einer Oberfläche wachsen und
Kurzschlüsse verursachen