Fragen 221-260 Flashcards
232.Fall: Ein Arbeitnehmer unternimmt mit seinem eigenen PKW eine Dienstfahrt. Er verschuldet einen Verkehrsunfall und versucht den Schaden an seinem eigenen Kraftfahrzeug gegenüber dem Dienstgeber geltend zu machen. Wird er Erfolg haben? (S. 536 – 537)
Für diesen Fall besteht keine sondergesetzliche Regelung, wie beispielsweise das DHG, da dieses den Fall der Schädigung des Arbeitnehmers am eigenen Vermögen nicht regelt.
Es ist daher an das allgemeine Schadenersatzrecht zu denken. Verschuldet der Dienstnehmer den Verkehrsunfall jedoch selbst, wird die Verschuldenshaftung nicht zu einem Ersatzanspruch führen.
Im konkreten Fall wendet der OGH die Norm des § 1014 ABGB analog an.
Die Norm aus dem Recht des Bevollmächtigungsvertrags verpflichtet den Auftraggeber zum Ersatz des Schadens aus typisch mit der aufgetragenen Arbeit verbundenen Gefahren.
Besonders wenn die Besorgung der Tätigkeit des AN ohne Fahrzeug nicht möglich, also wenn der AG ohne den PKW des AN einen eigenen PKW einsetzen hätte müssen, dann ist das Risiko des Arbeitgebers angesprochen.
Der Anspruch für den AN besteht also gegen den Arbeitgeber, da diesem auch die Ersparnis eines eigenen PKWs zu Gute kommt.
Eine andere Ansicht vertritt die Meinung, dass sich aus der Fürsorgepflicht des AG eine verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers für Sachschäden des AN ergebe.
Grundsätzlich ist die Ansicht der Judikatur (§1014 analog anzuwenden) eher abzulehnen, da hier keine planwidrige Lücke vorliegt.
Auch handelt es sich nicht um einen Anspruch aus einer Verletzung der Fürsorgepflicht. Vielmehr ist ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Freistellung von den mit der Arbeit typischerweise verbundenen Sachschäden zu bejahen.
Zusammenfassend: Der Begründungsansatz einer Dienstgeberhaftung über § 1014 ABGB liefert teils durchaus brauchbare Ergebnisse, die Fürsorgepflicht ist als dogmatische Basis aber sachgerechter.
- Kann ein Arbeitsverhältnis mittels SMS gekündigt werden? (S.615-620)
Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung.
Formvorschriften existieren grundsätzlich für die Kündigung nicht, sodass eine solche mündlich, schriftlich und konkludent erfolgen kann.
Wenige gesetzliche Regelungen fordern die Schriftlichkeit der Kündigung: (Schriftlichkeit bedeutet hier lt. OGH „Unterschriftlichkeit“)
§ 19 Gutsangestelltengesetz
§ 25 Theaterarbeitsgesetz
§ 32 Vertragsbedienstetengesetz (für Arbeitsverhältnissen, die schon länger als ein Jahr dauern)
Die Schriftlichkeit für Arbeitgeber - Kündigungen vorschreiben können auch Kollektivvertrag oder Arbeitsvertrag.
Umgekehrt die Schriftlichkeit von Arbeitnehmer - Kündigungen kann zumindest für Angestellte nicht gefordert werden, da das AngG von der Formfreiheit der Kündigung ausgeht.
Die Betriebsvereinbarung kann keine Schriftlichkeit normieren, außer sie ist vom KV dazu ermächtigt.
Daher kann, außer in oben erwähnten Ausnahmefällen, ein Arbeitsverhältnis auch mittels SMS gekündigt werden.
- Was ist die sog Pflegekarenz bzw wann besteht ein Anspruch darauf? (S517ff) Auf die steigende Anzahl an pflegebedürftigen Personen hat der österreichische Gesetzgeber mit der Einführung der Pflegekarenz reagiert.
Auf die steigende Anzahl an pflegebedürftigen Personen hat der österreichische Gesetzgeber mit der Einführung der Pflegekarenz reagiert.
Zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber können Vereinbarungen zur Pflege naher Angehöriger getroffen werden, die zu einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses führen. (§ 14c AVRAG)
Der AN hat keinen Entgeltfortzahlungsanspruch, aber Anspruch auf Pflegekarenzgeld (beim Sozialministerium zu beantragen).
Voraussetzungen iSd §14c AVRAG:
- Das Arbeitsverhältnis muss ununterbrochen drei Monate gedauert haben.
- Die Pflegekarenz muss schriftlich vereinbart werden.
- Die Freistellung muss der Pflege eines nahen Angehörigen iSd §14a AVRAG dienen.
- Pflegestufe 3 (Bei Demenz-Erkrankten und Minderjährigen genügt Pflegestufe 1)
- In Betrieben, in denen ein für die Arbeitnehmer zuständiger Betriebsrat errichtet ist, muss dieser auf Verlangen des AN den Verhandlungen beigezogen werden.
Ausmaß:
• 1 bis 3 Monate
• Bei Erhöhung der Pflegestufe Verlängerung um max. 3 Monate zulässig
Vorzeitige Beendigung ist nur möglich, wenn betreute Person in eine Pflegeeinrichtung kommt, von jemand anderen (nicht vorübergehend) betreut wird oder verstirbt.
Gem. §14c AVRAG darf die Rückkehr zu den alten Arbeitsbedingungen frühestens zwei Wochen nach Meldung des Eintritts eines der obigen Umstände erfolgen.
- Erläutern Sie das sog Schadenersatzprinzip im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Kündigung! (S. 622- 623)
Schadenersatzprinzip bedeutet, dass jede Kündigung das Arbeitsverhältnis grundsätzlich zu dem im Kündigungsausspruch enthaltenen Zeitpunkt beendet. Dabei ist vorab unwesentlich, ob dieser gesetzlich oder vertraglich gedeckt ist.
Sinn: Schutzgedanke des Arbeitsrecht
(Risiko einer falschen Lösungserklärung soll nicht dem Erklärungsempfänger treffen, insbesondere nicht den wirtschaftlich schwächeren Arbeitnehmer.)
Das Schadenersatzprinzip knüpft an die Regeln über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses an und gewährt die im Falle ungerechtfertigter Lösung gebührenden Ersatzansprüche analog.
(Diese Analogie wird teilweise mit dem Argument abgelehnt, dass der massive Vorwurf einer rechtswidrigen Entlassung mit einer zeitwidrigen Kündigung nicht vergleichbar sei.
In beiden Fällen handelt es sich aber um Vertragsauflösung unter Verletzung der entsprechenden Rechtsvorschriften.)
In der Zeit zwischen dem verfehlten und dem ordnungsgemäßen Kündigungstermin besteht für den Arbeitnehmer keine Arbeitspflicht mehr, da das Arbeitsverhältnis beendet ist.
Bei zeitwidriger Arbeitgeberkündigung kann der Arbeitnehmer wie im Falle unbegründeter Entlassung (analog) Schadenersatz (= „Kündigungsentschädigung“) verlangen.
Die Präklusivfristen zur ungerechtfertigten Entlassung (6 Monate ab Ausspruch der zeitwidrigen Kündigung) kommen ebenfalls analog zu Anwendung.
Auch wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zeitwidrig aufkündigt, steht dem Arbeitgeber analog zum unberechtigten Austritt ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Dieser Anspruch wird aber nur selten geltend gemacht.
- Erläutern Sie den Begriff des Aussetzungsvertrags! (S514ff)
Unter einem „Aussetzungsvertrag“ wird allgemein eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Wiedereinstellungszusage verstanden.
So baut beispielsweise ein Unternehmen in der Krise Arbeitsplätze ab, und verspricht dem AN gleichzeitig, ihn bei besserer konjunktureller Lage wieder einzustellen.
Zu differenzieren:
- bloße Ruhestellung der Hauptpflicht aus dem Arbeitsvertrag (Arbeitsleistung gegen Entgelt)
- wirkliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit allen Konsequenzen (z.B. Auszahlung der UEL)
Eine Karenzierung bedeutet bloß die Ruhestellung von Arbeitspflicht und Entgeltleistungspflicht im beiderseitigen Einvernehmen. Nebenleistungspflichten (wie z.B. Treuepflicht, Duldungspflicht für die Nutzung der Dienstwohnung durch den AN) können trotzdem bestehen bleiben. Karenz bedeutet auch keine Arbeitslosigkeit iSd. Arbeitslosenversicherungsgesetz.
Bei systematischer Aneinanderreihung von Aussetzungsverträgen im Hinblick auf die konjunkturelle Lage sind die Regelungen für Kettendienstverhältnisse analog anzuwenden, und es ist somit ein durchlaufendes Arbeitsverhältnis anzunehmen.
- Sind Kündigungen bedingungsfeindlich? Gilt dies auch für Potestativbedingungen? (S. 630 – 631)
Ja, grundsätzlich sind einseitige empfangsbedürftigen Willenserklärungen (wie die Kündigung) bedingungsfeindlich.
Grund: Rechtsklarheit für den Empfänger!
Ungewissheiten sollen bei einer so schwer wiegenden Handlung, wie sie eine Kündigung darstellt, vermieden werden.
Ausnahme: Potestativbedingungen!
Potestativbedingungen: Bedingungen, deren Erfüllung ausschließlich vom Willen des Erklärungsempfängers abhängt.
Erfüllt dieser die bedingung, kann er die Kündigung abwenden, erfüllt er sie nicht, ist die Kündigung wirksam.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer beleidigt seinen Arbeitgeber, dieser spricht die Kündigung unter der auflösenden Bedingung aus, dass der AN sich entschuldigt.
Auch im Falle der Änderungskündigung handelt es sich um eine mit einer Potestativbedingung verknüpfte Kündigung, wobei die Bedingung auf eine Änderung des Arbeitsvertrags gerichtet ist.
Sie ist im Gegensatz zur Teilkündigung im Allgemeinen zulässig und unterliegt auch den Regeln des Kündigungsschutzes.
- Wer ist für die Durchführung und Kontrolle des Arbeitnehmerschutzrechts zuständig? (S.557 – 572)
In erster Linie ist der Arbeitgeber für die Durchführung des Arbeitnehmerschutzes verantwortlich.
Er ist verpflichtet, auf seine Kosten für Sicherheit und Gesundheitsschutz der AN im Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen.
Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingehalten werden.
(§ 3 ASchG)
Für Arbeitsstätten, Baustellen oder sonstige Arbeitsstellen an denen der Arbeitgeber nicht selbst anwesend ist, hat er eine geeignete Person zu bestellen, die für die Durchführung und die Einhaltung des Arbeitnehmerschutzes verantwortlich ist.
(Handelt es sich um leitende Angestellte mit maßgeblichen Führungsaufgaben, können diese Personen auch eingeschränkt verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sein.)
Gesundheitsüberwachung:
Mit Tätigkeiten, bei denen die Gefahr einer Berufskrankheit besteht, dürfen Arbeitnehmer nur betraut werden, wenn vor Aufnahme der Tätigkeit eine Eignungsuntersuchung durchgeführt wird und bei Fortdauer der Tätigkeit regelmäßig eine Folgeuntersuchungen erfolgt.
(z.B. Hörfähigkeitsuntersuchung bei besonders lauter Tätigkeit)
Über die gesundheitliche Eignung entscheidet das Arbeitsinspektorat mit Bescheid.
Sicherheitsvertrauenspersonen
Sicherheitsvertrauenspersonen sind Arbeitnehmervertreter mit einer besonderen Funktion bei der Sicherheit und beim Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat je nach AN Anzahl auch Sicherheitsvertrauenspersonen für eine 4 Jahres Periode zu bestellen.
(11 – 50 AN 1) (51 – 100 AN 2) (101–300AN 3)
…
Es muss sich um AN handeln (auch Betriebsräte sind möglich), welche die erforderliche Ausbildung unter bezahlter Freistellung erhalten.
Die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers wird dadurch nicht berührt!
Sicherheitsfachkräfte & Arbeitsmediziner
Zusätzlich zu den Sicherheitsvertrauenspersonen muss der AG auch interne oder externe Sicherheitsfachkräfte & Arbeitsmediziner heranziehen, welche weisungsfrei agieren.
Die Sicherheitsfachkräfte haben AG, AN und SVP zu beraten und zu unterstützen, der AG muss diese z.B. in Fragen wie Brandschutz oder Unfallverhütung beiziehen.
Ebenso die Arbeitsmediziner, welche in Fragen des Gesundheitsschutzes, wie z.B. Schutzkleidung beizuziehen sind.
Arbeitsschutzausschuss
Die Arbeitgeber sind verpflichtet, für Arbeitsstätten, in denen sie regelmäßig mindestens 100 AN beschäftigen, einen Arbeitsschutzausschuss einzurichten.
(Erst ab 250 AN, wenn 3⁄4 der Arbeitsplätze Büroarbeitsplätze sind)
Arbeitsinspektorate
Neben den betrieblichen Kontrollinstanzen dient zur Überwachung der öffentlich-rechtlichen Schutzbestimmungen die Einrichtung der Arbeitsinspektion.
- Wann wird in Lehre und Rechtspraxis von einer Änderungskündigung gesprochen? (S. 629 – 630)
Die Änderungskündigung bezweckt eine Änderung eines Teils des Vertrags (wie bei der Teilkündigung), bei sonstiger Kündigung des gesamten Arbeitsverhältnisses.
Die Änderungskündigung ist (anders als die Teilkündigung) zulässig.
Die Kündigung ist allerdings mit einer Bedingung versehen, wobei die Verknüpfung von Kündigung und Bedingung in zweierlei Weise erfolgen kann:
Auflösend bedingte Änderungskündigung:
Die Kündigung wird ausgesprochen, verfällt aber der Rechtsunwirksamkeit, falls der Dienstnehmer der Vertragsänderung zustimmt.
(Kündigung sofort mit Ausspruch „schwebend rechtswirksam“.)
Aufschiebend bedingte Änderungskündigung:
Es wird eine Kündigung ausgesprochen, die erst wirksam werden soll, wenn der Dienstnehmer einer Veränderung des Arbeitsvertrags nicht zustimmt.
(Kündigung mit Ausspruch „schwebend rechtsunwirksam“.)
Hier ist es für den AG unbedingt ratsam, eine Frist zu setzten.
- In der Praxis gibt es auch die „Änderungskündigung im weiteren Sinn“, eine unbedingte Kündigung mit bedingtem Rücknahmeangebot.
Unbedingte Kündigung, gleichzeitig wird aber dem Dienstnehmer angeboten, die Kündigung zurückzunehmen, falls dieser mit einer Änderung des Arbeitsvertrags einverstanden ist.
Vielfach wird auch bloß eine Kündigung angedroht, wenn der AN der Vertragsänderung nicht zustimmt, eine Kündigung erfolgt also (bis zu diesem Zeitpunkt) gar nicht.
Die Änderungskündigung unterliegt den Regeln des Kündigungsschutzes, auch das Vorverfahren nach §105 ArbVG ist einzuhalten.
Zu beachten ist, das bei einer Änderung der Arbeitsbedingungen der Versetzungsschutz greifen kann, der durch Zustimmung des AN zur Versetzung nicht entfällt.
- Beschreiben Sie die Kündigungsanfechtung wegen verpönter Motive! (S. 636- 639)
Unter der Voraussetzung, dass eine rechtswirksame Kündigung vorliegt (Einhaltung des Vorverfahrens), kann eine Kündigung angefochten werden, wenn sie auf Grund eines verpönten Motivs iSd. § 105 Abs. 3 erfolgte.
Solche verpönten Motive sind beispielsweise:
- Gewerkschaftsbeitritt
- Bewerbung um Mitgliedschaft im Betriebsrat
- Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft
- Anstehender Präsenz- oder Zivildienst
- Geltendmachung von berechtigten Ansprüchen durch den AN
Vor § 105 Abs. 3 wäre eine Vorgehen gegen eine derartige Kündigung unter Berufung auf Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit (§ 879 ABGB) möglich gewesen, was aber, wenn § 105 Abs. 3 anwendbar ist, nun ausgeschlossen ist.
Dies ist aber wegen der Aktivlegitimation des Betriebsrats und der günstigeren Beweislage keine Schlechterstellung!
Problematik: Beweisbarkeit
Erleichterung für den AN: Er muss das Vorliegen des verpönten Motives nur glaubhaft machen, gelingt dies, muss der Betriebsinhaber beweisen, dass ein anderes Motiv ausschlaggebend für die Kündigung war.
Für die Anfechtung genügt, dass das verpönte Motiv wesentlich ist, es muss nicht der ausschließliche Beweggrund sein.
Eine Mindestbeschäftigungsdauer ist für diese Anfechtung nicht notwendig.
Wenn in einem BR-pflichtigen Unternehmen kein BR besteht, kann der AN selbst gemäß § 107 anfechten.
- Kann die Haftung des Arbeitgebers für Sachschäden am Arbeitnehmereigentumgem §1014 ABGB arbeitsvertraglich abgedungen werden? (S.538)
§ 1014 ABGB ist grundsätzlich dispositiv.
Dementsprechend sieht auch die Judikatur die Risikohaftung des Arbeitgebers als grundsätzlich abdingbar an.
Eine gänzliche Abdingung des § 1014 ABGB, die zu einer Übertragung des typischen Unternehmerrisikos auf den persönlich und wirtschaftlich abhängigen Arbeitnehmer führt, ist aber nicht vertretbar.
Die Ansprüche aus § 1014 ABGB unterliegen als Geldansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 5 ABGB.
Eine analoge Anwendung der sechsmonatigen Verfallsfrist des DHG schließt der OGH aus.
- Kann während des Erholungsurlaubes gekündigt werden? (S. 628 – 629)
Ältere Rechtsprechung war, dass im Falle einer kurzen Kündigungsfrist (z.B.: 14 Tage) diese erst mit dem Ende des Urlaubs zu laufen beginnt.
Aktuelle Rechtsprechung:
Eine den Erholungszweck zufolge kurzer Kündigungsfrist vereitelnde Kündigung wird als zeitwidrig betrachtet.
Sie löst zwar das Dienstverhältnis zum vorgesehenen Termin, dem Dienstnehmer gebührt jedoch Kündigungsentschädigung bis zum Ende der Kündigungsfrist einer den Erholungszweck nicht beeinträchtigenden Kündigung.
Voraussetzung: Ordnungsgemäßer Zugang der Kündigung.
Bei längeren Kündigungsfristen wurde eine Kündigung während des Urlaubs als zugegangen anerkannt, wenn sie an die Wohnadresse des Arbeitnehmers postordnungsgemäß zugestellt wurde.
Dem ist nicht zu folgen, vielmehr trifft den Arbeitgeber das erhöhte Risiko eines Nichtzuganges der Kündigung während des Urlaubs.
Ausnahmen:
- Wenn der AN auf Grund einer besonderen Pflicht verhalten ist, auch im Urlaub erreichbar zu sein (z.B. wegen einer besonders wichtigen Position).
- Wenn eine Entlassung mit dem Grund des unerlaubten Urlaubsantritts des AN erfolgt, trägt der AN, der unerlaubt urlaubt, das Risiko der Nichtzustellung der Kündigung.
230.Welche Bedeutung hat die Streitverkündung im Schadenersatzprozess nach DHG? (S. 527 – 528)
Haftet der Arbeitgeber für einen durch den AN verschuldeten Schaden, dann kann er Regress dieses Schadenersatzes inklusive der Prozesskosten beim Arbeitnehmer einfordern.
Dieser Regress richtet sich nach § 2 DHG, also das Gericht kann den Schaden wiederum bei grober Fahrlässigkeit des AN mäßigen, und bei leichter Fahrlässigkeit sogar ganz erlassen. Für eine entschuldbare Fehlleistung haftet der AN gar nicht.
Wird der AG aber derart zum Schadenersatz herangezogen, muss er dies dem AN unverzüglich mitteilen und im Falle einer Klage diesem den Streit verkünden.
Unterlässt der AG, dem AN den Streit zu verkünden, so verliert er zwar nicht den Regress, doch kann ihm der AN alle wider den Dritten unausgeführt gebliebenen Einwendungen entgegensetze und sich dadurch von der Vergütung in dem Maße befreien, als anerkannt wird, dass diese Einwendungen – wenn von ihnen der gehörige Gebrauch gemacht worden wäre – eine andere Entscheidung gegen den Dritten veranlasst hätten ( § 4 (4) DHG).
Bei der Streitverkündigung (§ 21 ZPO) handelt es sich um eine förmliche Benachrichtigung eines Dritten von einem bevorstehenden oder bereits anhängigen Rechtsstreit durch eine Partei dieses Rechtsstreits mittels gerichtlicher Zustellung eines Schriftsatzes.
Zuständig ist, falls ein Rechtsstreit bereits anhängig ist, das Prozessgericht.
(Strittig ist, ob der AG seinen Regressanspruch verliert, wenn er ohne Einverständnis des AN und ohne rechtskräftiges Urteil leistet.
Dies soll verhindern, dass sich der AG eigenmächtig zu Lasten des AN mit dem Dritten abfindet. Gegen den Verlust des Regressanspruchs spricht, dass sich nach obiger Ansicht ein AG trotzt Vergleichsbereitschaft klagen lassen muss, wenn der AN nicht zustimmt.)
- Hat ein Arbeitgeber im Fall einer Kündigung eines Arbeiters bzw eines Angestellten Kündigungstermine einzuhalten? (S. 620 – 622)
Der Kündigungstermin ist der Zeitpunkt des Erlöschens des Arbeitsverhältnisses. Der Kündigungstermin legt demnach fest, wann die Kündigung ihre das Arbeitsverhältnis auflösende Wirkung entfaltet.
Kündigungstermine gibt es nur im Angestelltenrecht, nicht aber in der GewO 1859.
AngG:
Mangels günstigerer Vereinbarung, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis immer zum Quartalsendelösen.
(31.3. – 30.06. – 30.9. – 31.12.)
Es kann jedoch auch der 15. oder letzte jedes Monats vereinbart werden.
Der AN kann das AV (unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist) zu jedem
Monatsletzten lösen.
GewO 1859:
Keine Kündigungstermine vorgesehen, könnten aber mittels KV geregelt werden.
- Was sind Präventivfachkräfte (im Arbeitnehmerschutzrecht)? (S.565 – 566)
Gemäß § 83 AN-Schutzgesetz werden Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner als Präventivfachkräfte bezeichnet.
Präventivfachkräfte sind vom AG intern oder extern heranziehen und agieren weisungsfrei.
Die Sicherheitsfachkräfte haben AG, AN und SVP zu beraten und zu unterstützen, der AG muss diese z.B. in Fragen wie Brandschutz oder Unfallverhütung beiziehen.
Ebenso die Arbeitsmediziner, welche in Fragen des Gesundheitsschutzes, wie z.B. Schutzkleidung beizuziehen sind.
Vor der Bestellung von Präventivfachkräften ist der Arbeitsschutzausschuss anzuhören.
Betriebseigene Präventivfachkräfte sind unmittelbar dem Arbeitgeber oder der für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sonst verantwortlichen Person zu unterstellen.
Arbeitgeber haben ihnen die Gelegenheit zu geben, die für ihre Tätigkeit notwendigen Fachkenntnisse zu erweitern.
Betriebseigene Präventivfachkräfte haben also Anspruch auf bezahlte Dienstfreistellung für ihre Tätigkeit und Weiterbildung.
Die Bestellung von Präventivfachkräften enthebt den Arbeitgeber nicht von der Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften.
Den Präventivfachkräften kann diese Verantwortlichkeit nicht rechtswirksam übertragen werden.
- Wann ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt? Setzt eine derartige Anfechtung ein bestimmtes Lebensalter, ein bestimmtes Ausmaß der Beschäftigung oder eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit voraus? (S. 639 – 641)
§ 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG
Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, wenn sie wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringt den Nachweis, dass die Kündigung
- durch persönliche Gründe des AN begründet ist.
- durch betriebliche Erfordernisse begründet ist.
1. Grundvoraussetzung für die Anfechtung einer sozial ungerechtfertigten Kündigung ist eine Mindestbeschäftigungsdauer von 6 Monaten
& keine ausdrückliche Zustimmung des BR zur Kündigung (Sperrrecht)
2. Dann ist die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN zu prüfen.
Eine solche liegt bei wesentlicher, finanzieller Schlechterstellung vor, wobei die gesamte wirtschaftliche Lage des AN zu prüfen ist. (Einkommen, Vermögen, familiäre Pflichten, nicht aber Luxuskosten wie Immo-Investment).
Eine finanzielle Schlechterstellung um mehr als 10% wird eine wesentliche, finanzielle Schlechterstellung sein.
3. Bei älteren AN sind sowohl die langjährige Beschäftigung im Betrieb als auch die zu erwartenden Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.
4. Gerechtfertigt kann eine Kündigung, die zur Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN führt, dann sein, wenn der Betriebsinhaber nachweist, dass Umstände in der Person des AN zur Kündigung geführt haben (persönlich bedingte Kündigung). Diese müssen so gewichtig sein, dass sie die Leistungsfähigkeit oder Ordnung des Betriebs berühren.
Es muss sich wohl um Pflichtverletzungen handeln, wenn auch nicht so gravierende, wie ein Entlassungsgrund.
5. Gerechtfertigt sein kann eine Kündigung auch aus betrieblichen Erfordernisse (betriebsbedingte Kündigung).
(Schlechtere Auftragslage, Rationalisierung notwendig)
6. Bei einer betriebsbedingten Kündigung besteht für den AN die Möglichkeit eines Sozialvergleichs.
Demnach ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn die Kündigung einen anderen AN, dessen Tätigkeit der gekündigte AN fähig und bereit wäre anzunehmen, weniger hart treffen würde.
Unmöglich ist ein Sozialvergleich, wenn der BR der Kündigung nicht ausdrücklich widersprochen hat (schlichter Widerspruch) und der AN selbst anficht.
Antwort zweiter Teil der Frage:
Eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit ist vorausgesetzt, nämlich 6 Monate im Betrieb oder Unternehmen.
Ein bestimmtes Lebensalter ist nicht vorausgesetzt, hohes Lebensalter ist aber zusätzlich zu berücksichtigen.
Ein bestimmtes Ausmaß der Beschäftigung ist nicht vorausgesetzt, kann aber mittelbar einfließen, da eine wesentliche finanzielle Schlechterstellung Voraussetzung für die Anfechtung ist.
- Gehen Sie davon aus, dass ein Arbeitnehmer einen anderen grob fahrlässig verletzt. Aufgrund dieser Verletzung ist der Arbeitnehmer fünf Tage lang arbeitsunfähig und erhält vom Dienstgeber eine Entgeltfortzahlung. Kann der Arbeitgeber das fortgezahlte Entgelt vom schädigenden Arbeitnehmer zurückfordern? (S. 542)
Schädigt ein Arbeitnehmer einen anderen am Körper, so stehen dem verletzten Dienstnehmer nicht nur die Leistungen aus der Sozialversicherung zu. Der Arbeitgeber hat ihm vielmehr für einen bestimmten Zeitraum auch das Entgelt fortzuzahlen.
Hier stellt sich die Frage, ob diese Leistungen den schädigenden Arbeitnehmer entlasten.
Der OGH hat 1998 seine Rechtssprechungslinie geändert und sich der Auffassung der überwiegenden Lehre angeschlossen und einen Regressanspruch des Arbeitgebers bejaht.
Begründung: Die Lohnfortzahlungsvorschriften verfolgen Zweck, den Arbeitnehmer vor sozialen Härten zu schützen, nicht aber den Schädiger von seiner Ersatzpflicht zu entlasten.
Ersatzfähig sind der Bruttolohn, die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, auch EFZ- Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag.
Für die Arbeitskollegenhaftung bedeutet dies eine erhebliche Vergrößerung des Haftungsrisikos des Arbeitnehmers.
Geht man davon aus, dass das DHG eine sachgerechte Verteilung des Haftungsrisikos zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beinhalte, dann müssen die Grundsätze des DHG (vor allem die dort enthaltenen Mäßigungskriterien ´) auch die Haftung des Arbeitskollegen für den Lohnfortzahlungsschaden übertragen werden.
Unbillig wäre es, eine unbeschränkte Haftung des schädigenden Arbeitnehmers anzunehmen, obwohl der Schaden bei Erbringung der Arbeitsleistung eingetreten ist.