Fragen 21-60 Flashcards

1
Q
  1. Welcher KV gilt für einen AN, wenn er in mehreren Betrieben eines AG tätig ist und in diesen Betrieben unterschiedliche KV zur Anwendung kommen? (S122)
A

Es handelt sich um eine KV-Kollision bezüglich des persönlichen Anwendungsbereichs des KV.

Wird ein Arbeitnehmer in mehreren Betrieben eines AG oder in organisatorisch getrennten Abteilungen beschäftigt, für welche verschiedene Kollektivverträge zur Anwendung kommen, gilt für ihn jener KV, in dessen Branche er überwiegend beschäftigt (§10 Abs 1 ArbVG) ist.
Liegt keine überwiegende Beschäftigung vor (weil er gleichmäßig in beiden Abteilungen beschäftigt ist) kommt jener KV zur Anwendung, der auf Branchenebene die meisten AN erfasst (nicht nur im Betrieb!).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q
  1. Warum sind erzwingbare BV bloß „bedingt“ erzwingbar? (S151)
A

Die Erzwingbarkeit in Form der Zwangsschlichtung kommt in den aufgezählten Angelegenheiten nur zum Tragen, wenn eine Regelung durch KV oder Satzung nicht vorliegt (97 Abs 2 ArbVG).

In Relation zu KV und Satzung handelt es sich daher um eine bedingt erzwingbare Mitbestimmung.

Bedingung ist das NICHT Vorliegen von KV oder Satzung!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q
  1. Stellen Sie sich vor, ein Arbeitgeber ist Mitglied einer freiwilligen Interessenvertretung, die einen Kollektivvertrag abschließt. Nach Abschluss des Kollektivvertrags erkennt der Arbeitgeber die Nachteile, die er durch die Kollektivvertragsangehörigkeit hat. Um der Kollektivvertragsangehörigkeit zu entgehen, tritt er wieder aus der Interessenvertretung aus. Gilt der Kollektivvertrag auch nach Austritt des Arbeitgebers für ihn? Wenn ja, warum? (S117-120)
A

KV-Unterworfenheit:

§8 ArbVG zählt zum Kreis der Kollektivvertragsangehörigen jene Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die zur Zeit des Kollektivvertragsabschlusses Mitglieder der Kollektivvertragsparteien waren oder nach Abschluss werden.

Dies bedeutet, dass der Austritt eines Arbeitgebers aus der Kollektivvertrag abschließenden Interessenvertretung nichts an seiner Zugehörigkeit zum Kollektivvertrag ändert.

Wird der AG nach Austritt aus dem Arbeitgeberverband Mitglied einer anderen Interessenvertretung und schließt diese einen (neuen) Kollektivvertrag ab, dann ist der Arbeitgeber ab diesem Zeitpunkt dem neuen Kollektivvertrag angehörig.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q
  1. Erläutern Sie die Außenseiterwirkung des KV und den Zusammenhang zwischen Außenseiterwirkung und negativer Koalitionsfreiheit! (S120)
A

Außenseiterwirkung:
Auch jene AN, die nicht Mitglieder der abschließenden AN- Interessensvertretung sind, sind von den Rechtswirkungen eines Kollektivvertrages erfasst. §12 Abs 1 ArbVG

Außenseiterwirkung = Spezifikum des österreichischen Kollektivvertragsrechts

=> Vom ÖGB abgeschlossene KV gelten also auch für AN, die keine Mitglieder des ÖGB sind.
(Außer es gilt bereits ein KV einer gesetzlichen Interessensvertretung)

Gründe:

  • Negative Kollisionsfreiheit: So wird kein indirekter Zwang zur Mitgliedschaft in einer freiwilligen Interessensvertretung wegen besserer Arbeitsbedingungen erzeugt.
  • Bei schlechter konjunktureller Lage sollen nichtorganisierte Arbeiter die gewerkschaftlich- organisierten nicht lohnmäßig unterbieten können.

Keine Außenseiterwirkung besteht, wenn die gesetzliche Interessensvertretung einen Kollektivvertrag abschließt  hier gibt es keine Außenseiter!

Bedingung für die Außenseiterwirkung ist die grundsätzliche Möglichkeit eines Beitritts zu dieser Interessensvertretung.

Beispiel: Keine Außenseiterwirkung für leitende Angestellte bei KV der Arbeiterkammer, da diese nicht Mitglied der Arbeiterkammer werden können!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich der normative Teil des KV vom obligatorischen Teil?
A

Diese Unterscheidung trifft bereits der Gesetzgeber im ArbVG:

§11 ArbVG in Verbindung mit §2 Absatz 2 legt fest, dass alle Inhalte des KV dem normativen Teil zuzurechnen sind, außer die Rechtsbeziehungen zwischen den abschließenden Parteien (obligatorischer Teil).

Der normative Teil des KV ist Gesetz im materiellen Sinn und somit nach den Auslegungsregeln für Gesetze auszulegen (§§ 6,7 ABGB).

Der obligatorische Teil ist als Vertrag nach den §§ 914 ff. ABGB auszulegen.

Soweit das Regelungsziel des KV die arbeitsvertraglichen Rechte zwischen AN & AG betrifft, wirkt der KV direkt auf den einzelnen Arbeitsvertrag ein. Seinen Regelungen sind unabdingbar, also in der Regel einseitig zwingend.

Innerhalb des normativen Teils sind zu unterscheiden:

  • Abschlussnormen
  • Inhaltsnormen
  • Betriebsnormen
  • Normen bezüglich ausgeschiedener AN
  • Betriebsverfassungsrechtliche Normen
  • Institutionsnormen
  • Zulassungsnormen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q
  1. Erläutern Sie den Begriff der Inhaltsnormen im Kollektivvertrag! (S126f)
A

Inhaltsnormen sind Bestimmungen über alle gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die unmittelbar dem Arbeitsverhältnis entspringen.

Inhaltsnormen stellen den Hauptanteil der kollektivvertraglichen Regelungen dar.

Inhaltsnormen im KV sind, anders als im Arbeitsvertrag selbst, eingeschränkt auf materielle Arbeitsbedingungen, sie müssen also mit dem Arbeitsverhältnis im typischen Zusammenhang stehen.

Vereinbarungen, die für den einzelnen Arbeitnehmer individuell zu vereinbaren sind, können nicht vom KV geregelt werden!
(z.B.: Fixierung des Urlaubstermins)

Inhaltsnormen:

  • Mindestlohn, Lohnschemata, Sonderzahlungen, Zulagen, Aufwandsentschädigungen
  • Arbeitszeit
  • Ansprüche bei Dienstverhinderungen
  • Normen über Beendigung des AV, Kündigungsfristen und Kündigungstermine

Problematisch:

  • Echte Schiedsgerichtsklauseln (Schiedsgericht statt Gericht) sind unzulässig
  • Schlichtungsklauseln (Schlichtungsverfahren vor Gericht) sind wohl zulässig
  • Verfallsklauseln für Ansprüche (zulässig, außer sittenwidrig)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q
  1. Erläutern Sie im Zusammenhang mit dem Betriebsvereinbarungsrecht den Begriff des „Richtlinienvertrags“! (S155)
A

Ein Richtlinienvertrag kommt zustande, wenn Betriebsrat und Betriebsinhaber eine Vereinbarung schließen, obwohl sie in diesem Gebiet keine Regelungskompetenz für eine Betriebsvereinbarung haben.

Eine solche hat keine betriebsverfassungsrechtliche Wirkung.

Diese hat keine normative Wirkung, da eine gesetzliche Ermächtigung fehlt, aber auch keine obligatorische Wirkung, da der Betriebsrat keine allgemeine Ermächtigung hat sondern dessen Abschlussbefugnis ebenso auf gesetzliche oder kollektive Abschlussermächtigungen beschränkt ist.

Aus der Interessenvertretungsfunktion des Betriebsrats und dem daraus resultierenden allgemeinen Vorschlagsrecht zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen ergibt sich, dass der Betriebsrat gemeinsam mit dem Betriebsinhaber Richtlinien ausarbeitet hat, die keine unmittelbaren Rechtswirkungen erzeugen.

Weder die Parteien der Vereinbarung noch die Arbeitnehmer und der Arbeitgeber werden verpflichtet, diese Vereinbarung zum Vertragsinhalt zu machen.

Nach der Vertragsschablonentheorie handelt es sich also bloß um eine vertragliche Ergänzung gemäß § 863 ABGB.

AN wie AG müssen diese also ausdrücklich oder zumindest schlüssig als Teil ihres Arbeitsvertrags vereinbaren.
Sind solche Regelungen Vertragsbestandteile geworden, muss, wenn sie wieder enden sollen, jeder einzelne AN (= Vertragspartner des AG) einzeln darauf verzichten.

Richtlinienverträge werden üblicherweise als „freie Betriebsvereinbarungen“ bezeichnet!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q
  1. Beispiel: Ein Verein betreibt ein Studentenheim (90% des Umsatzes) und einen Hotelbetrieb (10% des Umsatzes) im Rahmen eines einheitlichen Wirtschaftskörpers. Für den Betrieb von Studentenheimen kommt kein Kollektivvertrag zur Anwendung, für den Betrieb eines Hotels gilt der KV für das Hotel- und Gastgewerbe. Kommt für alle Arbeitnehmer des Vereins ein Kollektivvertrag damit zur Anwendung oder nicht?
A

Es handelt sich um einen Mischbetrieb (= organisatorische Einheit mit Tätigkeiten, die unterschiedlichen Gewerbeberechtigungen und unterschiedlichen Kollektivverträgen zuzuordnen sind).

Fällt nur eine der Tätigkeiten in den Geltungsbereich eines Kollektivvertrags, dann kommt dieser KV für den gesamten Mischbetrieb zur Anwendung (auch wenn diese Tätigkeit im Betrieb keine maßgebende Bedeutung besitzt).
Hier geht laut OGH also ausdrücklich das soziale Schutzprinzip der Regelung des §9 (3) analog vor!
Oberste Priorität ist die Vermeidung kollektivvertragsfreier Räume!

Antwort:
Obwohl das Betreiben des Studentenheimes mit 90 % des Umsatzes die maßgebende wirtschaftliche Bedeutung besitzt, ist auf Grund des sozialen Schutzprinzips für den gesamten Verein der KV für das Hotel- und Gastgewerbe anzuwenden!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

22.Beschreiben Sie den Unterschied zwischen der Fiktionstheorie und der Rechtsnormentheorie im Hinblick auf die Wirkung von Kollektivverträgen! Findet man die Fiktionstheorie noch im Zusammenhang mit Normen der kollektiven Rechtsgestaltung? (S107f)

A

Nach überwiegender Auffassung kommt der Kollektivvertrag als privatrechtlicher Vertrag zustande. Rechtstheoretische Erklärungsversuche stellen die Fiktionstheorie und die Rechtsnormentheorie da.

Fiktionstheorie: Der Kollektivvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag, dessen Inhalt in jedem Individualarbeitsvertrag fiktiv schlüssig mit vereinbart wird. (Nachteil: einzelne Vertragspartner werden gegen ihren Willen zu gewissen Kollektivvereinbarungen gezwungen. => Wiederspricht Grundsatz der freien Willensbildung des PR)

Rechtsnormentheorie:
Der Kollektivvertrag hat privatrechtlichen Charakter, trotzdem hat er das Recht zur Setzung genereller Normen. Der Kollektivvertrag ist also eine echte Rechtsnorm (Gesetz im materiellen Sinn).

Da die Tatsache, dass AG und AN zu gewissen Kollektivvereinbarungen gezwungen werden, einer rein privatrechtlichen Erklärung zuwider läuft, ist die Rechtsnormtheorie der Fiktionstheorie vorzuziehen.

Wo findet die Fiktionstheorie noch Anwendung?
Die Fiktionstheorie findet beispielsweise Anwendung beim „Gesamtvertrag“ für freie Mitarbeiter im journalistischen Bereich. Dort können nach §17 Journalistengesetz Gesamtverträge über bestimmte Arbeitsbedingungen für alle freien Mitarbeiter geschlossen werden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q
  1. Was versteht man unter Institutionsnormen im KV? (S133)
A

Im KV können die KV-Parteien auch gemeinsame Einrichtungen regeln (§2 Abs. 2 Ziffer 6).

Dies kann entweder eine obligatorische (bei bloß schuldrechtlichen Vereinbarungen  §2 Abs 2 Z1 ArbVG) Regelung zwischen den Vertragsparteien sein, aber auch als normative Regelung mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer passieren.

Beispiele:

  1. ÖGB und Industriellenvereinigung richten wegen einer generellen Umstellung Fonds für Umschulungsbeihilfen ein. In diesen Zahlen sie beide ein und Arbeitnehmer erhalten einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf eine solche Beihilfe dem Fonds gegenüber.
  2. Sozial-Audits Mittels KV werden Gremien eingerichtet, die aus Personen der AG und AN IV bestehen. Diese Gremien erstatten dann regelmäßig Bericht über Arbeitsbedingungen oder führen Qualitätsuntersuchungen durch.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q
  1. Erläutern Sie das Wesen der notwendigen Betriebsvereinbarung! (S148f)
A

Eine notwendige Betriebsvereinbarung ist eine Betriebsvereinbarung über Maßnahmen des Betriebsinhabers, die jedenfalls die Zustimmung des Betriebsrats erfordern. (§96 Abs 1 ArbVG)

Diese sind in §96 aufgezählt, sowie in Sondergesetzen wie §4b AZG (Gleitzeit). Die notwendige Betriebsvereinbarung ist also das Mittel zur Verwirklichung der notwendigen Mitbestimmung.

Eine behördliche Instanz für den Fall der Nichteinigung ist nicht vorgesehen. (dh. keine Weisung möglich!)
Auch eine Zustimmung aller AN kann die Zustimmung des BR nicht umgehen!

Da die im § 96 ArbVG bezeichneten Angelegenheiten zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrates bedürfen, kann der Betriebsinhaber die betreffende Maßnahme ohne die Zustimmung des BR überhaupt nicht treffen!
Unzulässig sind sowohl einseitige Anordnungen des Dienstgebers als auch Einzelvereinbarungen, die zu einer Umgehung des Mitbestimmungsrechts führen würden.

Eine notwendige Betriebsvereinbarung ist jederzeit und fristlos kündbar. (Außer sie enthalten Befristung und Kündigungsausschlüsse) §96 Abs 2 ArbVG

Beispiele: Disziplinarordnung, Kontrollmaßnahmen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

21.Welche sozial-und wirtschaftspolitischen Funktionen kommen einem Kollektivvertrag zu? S105f

A

Der Kollektivvertrag ist ein wesentliches und typisches Element der österreichischen Wirtschaftsordnung. Er erfüllt im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft eine Reihe von sozialen und wirtschaftlichen Funktionen.
Lohnpolitik:
Durch den Kollektivvertrag wird staatliche Lohnanordnung verhindert, die Lohnfestsetzung passiert im Ausgleich zwischen kollektiver und individueller Gestaltung. Der Kollektivvertrag setzt einen Mindestlohn fest, was lohnrechtlicher Arbeitnehmerschutz ist, aber trotzdem Spielraum für konjunkturbedingte Anpassungen bietet.
(theoretisch Festsetzung von Höchstlöhnen möglich!)

Stabilisator-Funktion:
Kollektivverträge gelten längerfristig (inklusive möglicher Nachwirkung), weshalb konjunktur- unabhängig ein stabilisierender Ausgleich von ihm ausgeht.

Friedensfunktion: Für einen gewissen Zeitraum werden die vereinbarten Arbeitsbedingungen des Kollektivvertrags außer Streit gestellt, weshalb Arbeitskampfmaßnahmen ausbleiben können, was sowohl für Arbeitnehmer wie auch besonders für die Investitionen der Unternehmen positiv ist. (Ö wird als Standort für Unternehmen aufgwertet!)

Kartellfunktion:
Da die Arbeitnehmer einer gewissen Branche überall dieselben Arbeitsbedingungen haben, führt dies zu mehr Gleichbehandlung und kann Wettbewerbsverzerrungen verhindern (z.B.: Lohngefälle zwischen städtischem und ländlichem Gebiet).

Fortentwicklung des Arbeitsrechts:
Der Kollektivvertrag geht von den konkreten Bedürfnissen am Arbeitsmarkt aus, weshalb er eine Vorreiterrolle für spätere Gesetzesvorhaben einnimmt.

Bedeutung des KV für die bestehende Rechtsnormen ist va in seiner Funktion als Konkretisierungs-und Auslegungshilfe zu sehen, da davon ausgegangen werden kann, dass die Kollektivparteien, als am Wirtschaftsgeschehen unmittelbar Beteiligte, die Intentionen des sozialpolitischen Gesetzgebers am besten zum Ausdruck bringen vermögen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q
  1. Sind Betriebsvereinbarungen innerbetrieblich und überbetrieblich kundzumachen? Wenn ja, führt die mangelnde Kundmachung zur Rechtsunwirksamkeit der Betriebsvereinbarung? ( S146f)
A

Betriebsvereinbarungen müssen im Betrieb für alle AN sichtbar und zugänglich aufgelegt oder angeschlagen werden.

Entscheidend ist, dass für alle von der BV erfassten AN ein problemloser Zugang zum System besteht und diese davon auch informiert sind. (z.B auch mittels Datenbank im Intranet)

Spezielle Hinterlegungsvorschriften (wie für den KV) gibt es nicht.

Erst nach dem Wirksamwerden der Betriebsvereinbarung ist diese vom Betriebsinhaber den AG und AN Interessensvertretungen zu übermitteln.

Werden Form- oder Kundmachungsvorschriften verletzt besteht obligatorische Wirkung zwischen den Vertragsparteien, aber keine normative Wirkung (unmittelbare Rechtsverbindlichkeit) für die AN (Dritte).
(Eventuell Wirkung nach der Vertragsschablonentheorie Stichwort: freie Betriebsvereinbarung)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q
  1. Wie wäre folgender Fall zu lösen: Die Wirtschaftskammer schließt zuerst mit dem ÖGB und zwei Monate danach mit einer anderen freiwilligen Interessenvertretung einen Kollektivvertrag mit demselben fachlichen Geltungsbereich ab. Welcher Kollektivvertrag gilt für einen Arbeitnehmer dieser Branche, wenn der Arbeitnehmer weder Mitglied der Gewerkschaft noch Mitglied des zweiten freiwilligen Interessenverbandes ist? (S122 -> BSP)
A

Außenseiterkollision:

Wenn die Interessensvertretung der AG (Wirtschaftskammer) zuerst mit dem ÖGB und dann mit einer weitere freiwilligen Arbeitnehmervertretung einen Kollektivvertrag abschließt, sind vom ersten KV alle Arbeitnehmer umfasst, also auch Nichtmitglieder mittels Außenseiterwirkung.

Für die der zweiten Interessensvertretung angehörigen AN gilt ab Abschluss des zweiten KV der zweite KV, aber die Außenseiter (AN, die in keiner der beiden AN-IVs Mitglied sind) bleiben im ersten KV. (§12 Absatz 2. ArbVG Umkehrschluss)

Sollte der frühere KV aber außer Kraft treten und somit die Nachwirkung des früheren KV mit der Außenseiterwirkung des späteren KV kollidieren, so geht der in Kraft stehende KV der Nachwirkung des früheren KV vor!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q
  1. Warum handelt es sich in den Fällen des §96 ArbVG um eine bloß bedingt notwendige Mitbestimmung? (S148)
A

Die Angelegenheiten des § 96 ArbVG finden sich auch in der Aufzählung des § 97 Abs. 1 Z 24 ArbVG.

Demnach sind dieselben Angelegenheiten sowohl durch notwendige, als auch durch freiwillige Betriebsvereinbarung regelbar!

Der Gesetzgeber bringt damit implizit zum Ausdruck, dass eine komplette (also nicht konkretisierungsbedürftige) Regelung durch KV möglich ist.

In diesem Fall kommt dann nur eine günstigere fakultative BV in Betracht.

Deshalb handelt es sich im Falle der zustimmungspflichtigen Maßnahmen des § 96 ArbVG um bloß bedingt notwendige Mitbestimmung.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q
  1. Worin liegt der Unterschied zwischen dem obligatorischen und dem normativen Teil einer BV? (S154ff)
A

§ 31 ArbVG über die Rechtswirkungen der Betriebsvereinbarung unterscheidet zwischen dem obligatorischen Teil einer Betriebsvereinbarung und dem restlichen Inhalt (=normativer Teil).

An diese Unterscheidung knüpfen sich unterschiedliche Rechtswirkungen.

Die obligatorischen Bestimmungen begründen ausschließlich Rechte und Pflichten zwischen den vertragsschließenden Parteien.
Das sind in erster Linie Regeln betreffend Abschluss und Beendigung der Betriebsvereinbarung:
- Befristung
- Kündigung, Kündigungsfristen und Kündigungstermine
- Kündigungsverzicht
- Bedingungen

Aus der obligatorischen Wirkung der Betriebsvereinbarung ergeben sich für Betriebsinhaber und Belegschaft auch besondere Pflichten, nämlich die Friedenspflicht (Kampfverbot im Betrieb, solange es eine übergeordnete, schlichtende Instanz gibt) und die Durchführungspflicht (Verpflichtung, auf die betriebsverfassungsgemäße Gestaltung der Arbeitsverhältnisse hinzuwirken).

Die normativen Bestimmungen der Betriebsvereinbarung hingegen schaffen objektives Recht. Sie sind Gesetze im materiellen Sinn und wirken auf die Einzelarbeitsverhältnisse unmittelbar ein.

Der normative Teil enthält folgende Normkategorien:

  • Abschlussnormen
  • Inhaltsnormen
  • Betriebsnormen
  • Normen bezüglich ausgeschiedener Arbeitnehmer
  • betriebsverfassungsrechtliche Normen
  • Zulassungsnormen
17
Q
  1. Was versteht man unter betriebsverfassungsrechtlichen Normen im Zusammenhang mit kollektiver Rechtsgestaltung? Können betriebsverfassungsrechtliche Normen in Kollektiverträgen oder Betriebsvereinbarungen Eingang finden? (S132)
A

Betriebsverfassungsrechtliche Normen sind jene Normen, welche die gesetzlichen Bestimmungen über die Betriebsverfassung verändern oder ergänzen.

Als Betriebsverfassung wird das innerbetriebliche Kollektivarbeitsrecht bezeichnet.

Grundsätzlich haben hier Kollektivvertrag und Betriebsvereinbarung keine Rechtssetzungsbefugnis, da die Betriebsverfassung absolut zwingenden Charakter hat. Somit ist es dem KV grundsätzlich verwehrt, neue Mitwirkungsrechte des Betriebsrats oder dessen Mitwirkungsrechte zu erweitern.

Beispiel:
So wäre es beispielsweise nicht möglich, dass je nach Branche und somit KV die Anzahl der Betriebsräte variiert.

Ausnahmen bestehen jedoch für die Mitwirkungsrechte des BR an:

  • der Durchführung eines Sozialplans (§ 2 (2) Z. 4)
  • Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung (§2 (2) Z.5)
  • betriebseigenen Schulungs- und Bildungseinrichtungen (Implizite Ermächtigung § 97 (2)!
18
Q
  1. Geht in einem sog Mischbetrieb, in dem ein Kollektivvertrag und eine Satzung (eines anderen Kollektivvertrags) kollidieren, stets der Kollektivvertrag vor? (S123)
A

Wenn verschieden Typen von Rechtsquellen des kollektiven Arbeitsrecht (Kollektivvertrag, Satzung, Mindestlohntarif) miteinander kollidieren, sind die Bestimmungen über Kollektivvertragskollisionen (§§9,10 ArbVG) analog anzuwenden.

Ein Arbeitgeber betreibt eine „Seniorenpension“.
In erster Linie werden Senioren betreut und gepflegt. Auf Grund dieser Tätigkeit käme für den Arbeitgeber die Satzung des BAGS-KV zur Anwendung. Hinsichtlich der Ausschank von Getränken in der Seniorenpension – die Lokalität ist auch öffentlich zugängig – ist der Arbeitgeber Mitglied der Wirtschaftskammer und hat auch eine Konzession für das Hotel- und Gastgewerbe.
Eine organisatorische Trennung zwischen Seniorenbetreuung und Getränkeausschank liegt nicht vor (Mischbetrieb).

Kommt für die Seniorenpension der KV für das Hotel- und Gastgewerbe oder die Satzung des BAGS-KV zur Anwendung?

Da die maßgebende wirtschaftliche Bedeutung für die Seniorenpension im Pflegebereich liegt, kommt für sämtliche Arbeitsverhältnisse in der Seniorenpension gem. § 9 Abs. 3 ArbVG die Satzung des BAGS-KV zum Tragen.

19
Q
  1. Erläutern Sie das Wesen der notwendigen BV mit Zwangsschlichtung!
    (S149 f)
A

§96a Abs 1 ArbVG :

Die aufgezählten Maßnahmen brauchen zu ihrer Wirksamkeit auch die Zustimmung des Betriebsrats. Zustimmung kann aber durch eine Entscheidung der Schlichtungsstelle ersetzt werden. (Bei notwendiger BV geht das nicht!)

-> Ohne eine solche Betriebsvereinbarung - egal ob entweder einvernehmlich mit BR oder mittels Schlichtungsstelle zustande gekommen – ist die Einführung einer Maßnahme iSd §96a ArbVG rechtsunwirksam.

Eine Weisung des AG oder die Zustimmung aller AN sind nicht ausreichend!

Gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle ist eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht möglich.

Fälle:

  • Einführung von Systemen zur Ermittlung personenbezogener Daten der AN
  • Einführung von Systemen zur Beurteilung der AN

Form bedingter Mitbestimmung:
Wenn KV oder Satzung bestehen, geht notwendiger und erzwingbarer Charakter verloren.

Die notwendige Betriebsvereinbarung mit Zwangsschlichtung endet nur einvernehmlich, durch die Schlichtungsstelle oder wenn sie befristet war. Eine Kündigung ist unmöglich!
Daher auch keine Nachwirkung!

Wenn §96 (notwendige BV) und §96a (notwendige BV mit Zwangsschlichtung) kollidieren regelt der Absatz 3 von §96a, dass §96 vorgeht!

20
Q
  1. Erläutern Sie das Industrieverbandsprinzip bzw. Industriegruppenprinzip im Kollektivvertragsrecht! (S116)
A

Angesprochen: Fachlicher Geltungsbereich des KV

Dieser erstreckt sich grundsätzlich auf Industrie- oder Wirtschaftszweige.

Dies hat zur Konsequenz, dass für die Anwendbarkeit eines KVs die Organisationszugehörigkeit eines Arbeitgebers maßgebend ist, sodass auf AN-Seite verschiedene Berufe in einem bestimmten Industriezweig erfasst werden.

Beispiel: Ein chemischer Betrieb beschäftigt neben Chemiearbeitern auch Schlosser, Maler und Anstreicher.  Industrieverbandsprinzips: Alle AN sind vom KV für Chemiearbeiter erfasst.

Durchbrechung des „Industrieverbandsprinzip“: Angestellte

  • Zugehörigkeit zur Gruppe der Angestellten mit dem fachlichen Geltungsbereich engst verknüpft!
  • In eigener Gewerkschaft organisiert, eigene Kollektivverträge! (GPA-djp)
21
Q
  1. Darf ein Kollektivvertrag hinsichtlich seiner Ansprüche zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nichtgewerkschaftsmitgliedern unterscheiden? (S129)
A

Differenzierungsklauseln, die zwischen gewerkschaftlich-organisierten und nichtorganisierten Arbeitnehmern („Außenseitern“) unterscheiden, haben in Österreich keine praktische Bedeutung.

Da das ArbVG Außenseiterwirkung für Kollektivverträge normiert, wären solche wohl auch nicht zulässig.
Ebenso sind gemäß § 1 Antiterrorgesetz Organisationsklauseln (= Closed-Shop-Klauseln) verboten, also Klauseln die darauf abzielen, dass nur Mitglieder einer bestimmten Gewerkschaft bzw. irgendeiner Gewerkschaft im Betrieb beschäftigt werden.

22
Q
  1. Was versteht man unter einem Firmenkollektivvertrag bzw. Firmentarifvertrag und gibt es solche in Österreich?
A

Firmenkollektivverträge kommen zustande, wenn ein einzelner Arbeitgeber kollektivvertragsfähig ist und somit ausschließlich für seine eigenen Arbeitsverhältnisse einen Kollektivvertrag abschließen kann.

Grundsätzlich sind solche in Österreich nicht vorgesehen, es gibt aber Durchbrechungen dieses Grundsatzes.

§ 7 ArbVG normiert, dass Juristische Personen des Öffentlichen Rechts selbst kollektivvertragsfähig sind, wenn sie nicht selbst einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft angehören.
Weitere Ausnahmen hat der Gesetzgeber in Sondergesetzen erlassen, wie für den ORF oder das AMS (ORF-G, AMS-G).

Sonderfall: unechte Firmenkollektivverträge.
Hier schließt zwar nicht der einzelne AG für sein Unternehmen einen KV ab, aber die AG- Interessensvertretung (Wirtschaftskammer) schließt einen Kollektivvertrag, dessen Anwendungsbereich auf ein Unternehmen beschränkt ist.

23
Q
  1. Welcher Kollektivvertrag gilt für einen AN, wenn der AG mehrfach kollektivvertragsangehörig ist und der AN in einem Mischbetrieb arbeitet?
A

Es gilt das Prinzip der Tarifeinheit: Auf ein Arbeitsverhältnis ist nur ein Kollektivvertrag anzuwenden.

Kollisionsnormen für Kollektivvertrags-Kollisionen: §§ 9, 10 ArbVG. (Lösungsnormen!)

Für den Arbeitgeber besteht jedoch keine Tarifeinheit!

3 Fälle:

  1. AG betreibt Betriebe in verschiedenen Branchen
     Es findet auf die AN in jedem Betrieb der fachlich und örtlich geltende KV Anwendung!
  2. AG betreibt einen Betrieb, mit mehreren Branchen in verschiedenen Sparten/Abteilungen
    Auf die jeweiligen, organisatorisch getrennten Abteilungen findet der fachlich und örtlich geltende KV Anwendung.
  3. AG betreibt Mischbetrieb (mehrere Branchen, nicht organisatorisch nach Abteilungen getrennt)
    KV jenes Industrieverbands, der für den Betrieb maßgebliche wirtsch. Bedeutung hat: (§9 Abs 1 ArbVG)
    - Festlegung mittels Betriebsvereinbarung möglich
    - Ansonsten der KV, in dessen Branche die meisten AN arbeiten (Anzahl der im konkreten Betrieb in diesem Wirtschaftszweig arbeiten irrelevant!) §9 Abs 4 ArbVG
24
Q
  1. Beispiel: Ein Betrieb besteht aus zwei selbständigen Betriebsabteilungen. Für eine Abteilung existiert ein entsprechender Kollektivvertrag, für die andere nicht. Gilt nun der Kollektivvertrag für den gesamten Betrieb oder nur für die eine Abteilung? (S123-124)
A

Verfügt ein Arbeitgeber über zwei Betriebe oder über selbständige Betriebsabteilungen, von denen jedoch nur eine einem Kollektivvertrag unterfällt, scheidet eine unmittelbare Anwendung des § 9 (1) und (2) ArbVG mangels mehrfacher Kollektivvertragsangehörigkeit aus. Allerdings sind diese Normen analog anzuwenden!!

=> Grundsatz der fachlichen Adäquanz!

Bedeutet:
Nur in den Betrieben oder selbständigen Betriebsabteilungen, für die ein fachlich entsprechender Kollektivvertrag existiert, kommt dieser auch zur Anwendung, während jene Betriebe oder selbständige Betriebsabteilungen, denen fachlich kein Kollektivvertrag entspricht, kollektivvertragsfrei bleiben.

25
Q
  1. Wann spricht man von Abschlussnormen im Kollektivvertrag? (S125)
A

Abschlussnormen betreffen unmittelbar den Abschluss des Arbeitsvertrags zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Beispiele: Schriftlichkeitserfordernis, Einstellungspflicht älterer AN

Grundsätzlich normativer Teil des KV! Abschlussnormen fallen grundsätzlich nicht in die Regelungsbefugnis von Kollektivverträgen!

Nur im Zusammenhang mit Sozialplänen wird man die Regelungsbefugnis weiter fassen müssen.

„Wiedereinstellungsklauseln“, die im Falle eines Personalabbaues den gekündigten AN unter gewissen Voraussetzungen die Wiedereinstellung garantieren, sollen als zutreffende Maßnahme im Rahmen eines Sozialplanes Anerkennung finden und den betroffenen AN ein Recht auf Wiedereinstellung vermitteln.

26
Q
  1. Erläutern Sie das Wesen der erzwingbaren BV! (S150f)
A

§97 Absatz 1 Ziffer 1 bis 6a ArbVG:

Im Gegensatz zur notwendigen Betriebsvereinbarung bedarf es bei der erzwingbaren Betriebsvereinbarung nicht von vornherein eines Konsenses zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat.

Der Betriebsinhaber kann die Maßnahme auch ohne Zustimmung des Betriebsrats einführen.

Jeder der beiden Streitteile kann aber die Schlichtungsstelle befassen, die dann entscheidet. (§97 Abs 2 ArbVG) Spruch der Schlichtungsstelle ersetzt dann den Konsens zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat.

Hat der Betriebsinhaber die Maßnahme bereits gesetzt, kann der Betriebsrat über die Schlichtungsstelle deren Aufhebung oder Modifikation erreichen.

Die Entscheidung der Schlichtungsstelle gilt als Betriebsvereinbarung
Gegen sie ist eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht möglich.
(§146 Abs 2 ArbVG)

Auch hier handelt es sich um eine bedingt erzwingbare Mitbestimmung, da die Erzwingbarkeit nur zum Tragen kommt, wenn kein KV oder Satzung die Angelegenheit regeln.

Erzwingbare Betriebsvereinbarungen können nicht gekündigt werden! Somit haben sie auch keine Nachwirkung! (vgl. §32 Abs 2 u 3 ArbVG)

27
Q
  1. Wann kommt einem KV und wann einer BV „Nachwirkung“ zu? (S137f)
A

Nach Ablauf der Geltungsdauer eines KV bleiben dessen Rechtswirkungen für bisher erfasste Arbeitsverhältnisse so lange aufrecht, bis ein neuer KV wirksam oder eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird (§13 ArbVG).

  • zeitlich unbefristet (bis eben ein neuer KV oder Vereinbarung existiert)
  • nicht für danach neu eingestellte Arbeitnehmer!
  • bloß dispositiv (ungünstigere Einzelvereinbarungen sind möglich!)
  • gewährleistet Kontinuität der Arbeitsbedingungen
  • Überbrückungsfunktion!  Kollektivlose Zeiten sollen überbrückt werden.

Obwohl das Gesetz (§13 ArbVG) nur von neuen Kollektivverträgen oder neuen Einzelvereinbarungen spricht, ist auch der Abschluss von normativ wirkenden Betriebsvereinbarungen geeignet, die Nachwirkung zu beenden.

Kollidiert die Nachwirkung eines alten KV mit der Außenseiterwirkung eines neuen KV, dann geht die Außenseiterwirkung vor, gleichgültig ob der neue KV günstiger oder ungünstiger ist.

Betriebsvereinbarung:

Bei einer Betriebsvereinbarung kann es nur dann zur Nachwirkung kommen, wenn sie gekündigt werden kann.

Dies wäre grundsätzlich bei der notwendigen und bei der fakultativen BV der Fall. Für die notwendige BV schließt §96 Abs. 2 letzter Satz aber ausdrücklich eine Nachwirkung aus!

Bei einer BV mit Beteiligung der Schlichtungsstelle ist Kündigung und somit auch eine Nachwirkung nicht möglich.

Nachwirken kann also nur eine fakultative Betriebsvereinbarung.

28
Q
  1. Erläutern Sie den Begriff der Betriebsnormen im Kollektivvertrag! (S129f)
A

Betriebsnormen regeln die betrieblichen Gegebenheiten oder Angelegenheiten der Belegschaft also solche.

Anders als die Inhaltsnormen sollen sie nicht Inhalt des Einzel-Arbeitsverhältnisses werden.

Solche Betriebsnormen sind dem Kollektivvertrag grundsätzlich fremd, weshalb sie nicht im §2 Absatz 2 ArbVG vorkommen. Per Gesetz können Reglungen die über §2 Abs 2 Z1-6 ArbVG hinausgehen, dem KV übertragen werden.

Da aber der §97 Absatz 1 Z 1 bis 6a ArbVG Regelungsgegenstände für Betriebsnormen aufzählt und dann normiert, dass nur eine Betriebsvereinbarung möglich ist, wenn nicht bereits der KV eine solche Frage regelt, kann man im Umkehrschluss davon ausgehen, das der KV hier bereits laut ArbVG Regelungskompetenz hat.

29
Q
  1. Kann eine Betriebsvereinbarung beliebige Angelegenheiten regeln, wenn Betriebsrat und Betriebsinhaber sich darüber einigen? (S144)
A

Eine Betriebsvereinbarung ist eine schriftliche, dem Privatrecht unterliegende Vereinbarung, die zwischen einem zuständigen AN-Organ (z.B.: Betriebsrat) und dem Betriebsinhaber abgeschlossen wird.

Die BV ist ein einseitig-korporatives Instrument der Mitbestimmung im Betrieb.

Die zu regelnde Angelegenheit muss durch Gesetz, KV oder eventuell auch Satzung der Betriebsvereinbarung vorbehalten sein (§29 ArbVG).

Gesetzliche Ermächtigungen finden sich hauptsächlich in den §§ 96, 96a, 97 ArbVG, zum Teil auch in Sondergesetzen.

Aus dieser Legaldefinition ergibt sich eine beschränkte Regelungsmacht für die Betriebsvereinbarung, die nur so weit reicht, als eine Ermächtigung aus Gesetz oder KV (oder Satzung) existiert.

Wenn dieser Regelungsraum der Betriebsverfassung nicht eröffnet ist und dennoch eine BV über eine Angelegenheit abgeschlossen wird, spricht man irreführend von einer freien Betriebsvereinbarung. Eine solche ist keine Betriebsvereinbarung, kann aber als einzelvertragliche Ergänzung (§863 ABGB) in die Arbeitsverträge der AN eingehen, die dieser (schlüssig) zustimmen können. (Vertragsschablonen-Theorie)

30
Q
  1. Was versteht man unter einem Mindestlohntarif? Welche Voraussetzung muss – im Gegensatz zur Satzung – beim MLT vorliegen? Nennen Sie eine typische Arbeitnehmergruppe, für die Mindestlohntarife zur Anwendung kommen! (S140-142)
A

Mindestlohntarife sind Regelungen betreffend Mindestentgelt und Mindestbeträge für den Auslagenersatz. (§ 22 ArbVG)

Andere Arbeitsbedingungen können nicht vom MLT geregelt werden.

Es handelt sich um eine behördliche Mindestlohnfestsetzung mittels Verordnung vom Bundeseinigungsamt, das auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der AN agiert. Dieses Recht haben Arbeitgeber-Vereinigungen nicht!

Örtlicher Anwendungsbereich: Ganzes Bundesgebiet oder nur bestimmte Bundesländer.

Bemessung der Höhe: In Rücksicht auf verwandte Branchen festzusetzen.

Veröffentlichung: Wie Satzung im BGBl II.

Voraussetzungen:

  • Kein KV möglich, mangels kollektivvertragsfähigen Körperschaften auf Arbeitgeberseite! (Au-pairs, Hausgehilfen, Privatlehrer, Pflegekräften im Privathaushalt)
  • Keine Satzung erfolgt (§22 Abs 3 ArbVG)

Mindestlohntarif ist wie KV und Lehrlingsentschädigung ein KV-Surrogat.
§22 Abs 3 ArbVG schließt Existenz einer kollektiven Berufsvereinigung die Festsetzung eines Mindestlohntarifs aus.
Die Normen des MLT sind unmittelbar-rechtswirksam (Normwirkung) und einseitig-zwingend. Kann im Gegensatz zu KV günstigere Betriebs-oder Einzelvereinbarungen nicht ausschließen! (§24 Abs 1,2 ArbVG)

Auch dem MLT kommt Nachwirkung zu. (§24 Abs 4 ArbVG)

Wenn MLT mit (nachträglichem!) KV oder Satzung kollidiert, geht KV oder Satzung vor, solang der fachliche Geltungsbereich gleich ist.

Kollision von MLT und KV (z.B: bei Mischbetrieben):
unterschiedliche fachliche Geltungsbereiche Grundsätze über fachliche Geltungsbereichskollision beim KV analog anwenden! : MLT kann KV in Analogie zu §9Abs 3 ArbVG verdrängen, wenn der MTL jenen fachlichen Wirtschaftsbereich abdeckt der für den (Misch-)Betrieb die maßgebende wirtschaftliche Bedeutung hat.

31
Q
  1. Um welche Art einer BV handelt es sich bei einer BV über die gleitende Arbeitszeit? (S154)
A

Gleitzeitmodelle sind grundsätzlich mittels Betriebsvereinbarung zu regeln.
Als Grundlagen kommen §97 Absatz 1 Ziffer 2 ArbVG oder §4b AZG in Frage.

Früher wurde §97 Abs. 1 Ziffer 2 angewandt, nun ist 4b AZG als lex posterior und lex specialis dem aber vorzuziehen.

Dem Normtext nach spricht §4b AZG von einer notwendigen Betriebsvereinbarung, obwohl die Gleitzeit-BV zuvor nach 97 Absatz 2 eine Erzwingbare Betriebsvereinbarung war.

Da ein solcher Wegfall der Erzwingbarkeit nicht Ziel des historischen Gesetzgebers war, ist eine notwendige Betriebsvereinbarung mit Zwangsschlichtung vorliegend, man muss die beiden Betriebsvereinbarungstypen nach §97 ArbVG und §4b AZG also kombinieren.

32
Q

Kann ein KV oder eine BV Ansprüche ehemaliger AN verändern, insbesondere kürzen? (S130-132)

A

Während des aufrechten Arbeitsverhältnisses können sowohl die Parteien des Arbeitsvertrages selbst als auch die Kollektivvertragsparteien Regelungen treffen, welche die Ansprüche des AN nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb betreffen. (§2 Abs 2 Z2 ArbVG)

Beispiel: üblich Pensions- oder Ruhegeldleistungen ( können auch durch BV begründet werden.)

Ist das Arbeitsverhältnis des AN jedoch beendet, ist eine Einwirkungsmöglichkeit der generellen Rechtsquellen auf die Ansprüche aus dem früheren Arbeitsvertrag nicht vorstellbar, weil der Arbeitsvertrag, den die Normwirkung unmittelbar trifft, fehlt.
Die BV daher nicht!

Änderungen kollektivvertraglicher Rechtsansprüche ausgeschiedener AN hat das ArbVG aber ausdrücklich der Regelungsbefugnis des Kollektivvertrags unterstellt. § 2 (2) Z. 3

Diese Regelungsbefugnis ist dadurch beschränkt, dass sie sich ausschließlich auf kollektivvertragliche Inhaltsnormen bezieht. Daraus folgt, dass ein durch Individualvereinbarung oder Betriebsvereinbarung begründeter Anspruch der kollektivvertraglichen Regelung entzogen ist.

Kollektivvertragliche Rechtsansprüche sind jedoch in jeder Richtung regelbar. Sie können sowohl verbessert als auch verschlechtert werden. Neu begründen kann der KV Ansprüche für ausgeschiedene AN hingegen nicht! (Außer: Sozialplan!)

Beispiel:
Der Arbeitnehmer A hat laut seinem individuellen Arbeitsvertrag Anspruch auf 70 Euro Zuschusspension pro Monat. Während seines Arbeitsverhältnisses erhöht ein KV dies auf 75 Euro pro Monat. Wenn A nun in Pension erhält er 75 Euro Zuschusspension, wie die anderen AN in seiner Branche auch.(Er muss ja nur mind. 70€ bekommen) Wenn nun ein neuer KV den Anspruch laut KV auf 40 Euro kürzt, erhält A immer noch 70 Euro aus seinem Arbeitsvertrag, während andere pensionierte AN aus dem KV nur noch 40 Euro erhalten.

Ausnahme:
Sozialpläne stellen auf Grund ihrer Funktion als Nachteilsausgleichung für ausgeschiedene Arbeitnehmer eine Ausnahme dar:
Nachträgliche Eingriffe durch Sozialplannormen im KV beschränken sich nicht auf kollektivvertragliche Ansprüche und in diesem Fall kann ein KV auch für bereits ausgeschiedene AN Ansprüche neu begründen.

33
Q
  1. Wer ist in Österreich kollektivvertragsfähig? (S110-113)
A

§ 4 ArbVG

Die Kollektivvertragsfähigkeit beruht entweder unmittelbar auf Gesetz oder auf behördlicher Zuerkennung durch das Bundeseinigungsamt.

In der Praxis zumeist Wirtschaftskammer auf AG Seite und ÖGB auf AN Seite.

Ex lege:

a) Gesetzliche Interessensvertretungen der AG sowie AN („Kammern“)
- Körperschaften des öffentlichen Rechts
- Pflichtmitgliedschaft
- Voraussetzung: Gegnerunabhängigkeit (bei Standeskammern problematisch)
- BSP:
Arbeiterkammer (IV der AN), Wirtschaftskammer (IV der AG), Standeskammern (Kammern der freien Berufe  RAK, Ärztekammer)

b) Juristische Personen des öffentlichen Rechts (§7 ArbVG)
- Ausnahme vom Grundsatz „Keine-Firmen-KV“
- Manchmal Kollektivfähigkeit von gewissen Unternehmen mittels Sondergesetzen ausgedrückt (ORF, AMS)
- KV-fähigkeit auf AG-Seite

c) Sonstige Rechtsträger
- mittels Sondergesetz  muss sich nicht nur auf ein Unternehmen und diesbezüglich auf die AG-Seite beschränken!
- ORF Zentralbetriebsrat (AN-Seite), Dachverband der Universitäten (AG Seite)

  1. Kraft Zuerkennung durch das Bundeseinigungsamt auf Antrag der betreffenden Körperschaften (mittels Bescheid):

a) Freiwilligen Berufsvereinigungen (§4(2) ArbVG)
- maßgebliche Bedeutung nötig
- Gegnerunabhängigkeit
- ÖGB, Industriellenvereinigung, Sozialwirtschaft Österreich

b) Vereine (§4 (3) ArbVG)
- auf Arbeitgeberseite
- maßgebliche Bedeutung
- keiner Körperschaft angehörig
- Ausnahme vom Grundsatz „Keine-Firmen-KV“
- z.B. Wiener Symphoniker

Gegnerunabhängigkeit:
Willensbildung in der Vertretung der Arbeitgeberinteressen oder der Arbeitnehmerinteressen erfolgt jeweils unbeeinflusst und unabhängig von der anderen Seite.  schließt Doppelvertretung aus

34
Q
  1. Welche Auslegungsregeln kommen für Kollektivverträge zur Anwendung? Was könnte man unter authentischer Auslegung eines KVs verstehen? (S107f)
A

Generell ist bei dem Kollektivvertrag zwischen dem obligatorischen und dem normativen Teil zu unterscheiden.

Gewisse Vereinbarungen berechtigen und verpflichten nur die Vertragsparteien (Obligatorischer Teil), andere haben echte und unmittelbar wirksame Rechtswirkung (normativer Teil).

Der obligatorische (schuldrechtliche) Teil ist nach den Regeln der §§ 914 ff ABGB auszulegen. Der normative Teil nach den Regeln der Gesetzesauslegung der §§ 6,7 ABGB.

Authentische Auslegung durch den Gesetzgeber (§ 8 ABGB) ist bei einem KV nicht unmittelbar anwendbar!  nur die Kollektivparteien können den KV im Rahmen der geltenden Vorschriften interpretieren und abändern!

Außerdem kann das Bundeseinigungsamt auf Ersuchen eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde ein Gutachten über die KV Auslegung abgeben. (§ 158 ArbVG)

(Authentische Auslegung: Gesetzgeber hat die Macht ein Gesetz auf allgemein verbindliche Art zu klären)

35
Q
  1. In welcher Form muss ein Kollektivvertrag der Öffentlichkeit kundgetan werden, damit er rechtswirksam ist? Bedarf die Rechtswirksamkeit des Kollektivvertrages auch einer betrieblichen Kundmachung? (S108-110)
A

Form-Voraussetzungen:

  • Schriftform (§2 Abs 1 ArbVG)
  • Unterzeichnung durch die Parteien.

Jeder KV ist unverzüglich von der beteiligten Vertretung der AN in 2 gleichlautenden Ausführungen beim BMASK zu hinterlegen. (Auch AG-Vertretung zur Hinterlegung befugt.  §14 Abs 2 ArbVG)

(KV für AN in Land-und Forstwirtschaft: benötigt 3-facher Ausfertigung zur Hinterlegung ->§14 Abs 1 ArbVG  sofern ArbVG für sie gilt!)

Dann hat das BMASK binnen einer Woche die Kundmachung des KV im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu veranlassen. Kosten der Kundmachung sind von den vertragsschließenden Parteien zu gleichen Teilen zu tragen. (§14 Abs 3 ArbVG)

Fehlt es an der Hinterlegung oder der ordnungsgemäßen Kundmachung, kann der KV seine normative Wirkung nicht entfalten, die obligatorische bleibt jedoch aufrecht.

Dann => AG Pflicht:

  • KV im Betrieb allgemein-zugänglich aufzulegen (binnen 3 Tage nach dem Tag der Kundmachung!)
  • Hinweis in Betriebskundmachung darauf hinzuweisen (§15 ArbVG)
  • z.T. im KV die AG-Pflicht, neuen AN den KV auszuhändigen

Die Verletzung einer AG-Pflicht zieht eine Verwaltungsstrafe (Geldstrafe bis 2.180 €) nach sich, die Gültigkeit des KV bleibt aber unberührt! §160 Abs 1 ArbVG

Pflicht zur Auflegung des KV im Beitrieb  reine Ordnungsvorschrift!
Die Vorschriften sind auch einzuhalten, wenn KV verlängert oder abgeändert wird! §16 ArbVG

Möglich: KV bestimmt das AG neu eingestellten Mitarbeitern den KV aushändigen muss.

36
Q
  1. Was versteht man unter einer Satzung im kollektiven Arbeitsrecht?
    Welche Funktion hat die Satzung? (S138ff)
A

Durch die Erklärung eines Kollektivvertrags zur Satzung wird diesem auch außerhalb seines Geltungsbereiches rechtsverbindliche Wirkung zuerkannt. (§ 18 ArbVG)

Das hat den Zweck, das auch jenen Arbeitnehmern, die mangels KV Angehörigkeit ihres Arbeitgebers von keinem KV erfasst sind, die Vorteile einer kollektiven Regelung verschafft werden.

Beispiele:  
BAGS KV (Sozialwesen)
BABE KV (Bildungswesen) 
Redakteure KV (Zeitungsbranche)

Rechtsnatur: Verordnung des Bundeseinigungsamt (!)

Inhalt: Nur die Satzungserklärung (oder auch die zu satzenden Inhalte des Kollektivvertrags strittig)  Richtig ist wohl nur die Satzungserklärung, da das BEA nur dazu die Befugnis hat.  Verfassungskonformität der Satzung wird vom VfGH nicht in Zweifel gezogen.

Formelle Voraussetzung: schriftlicher Antrag einer der KV Parteien  kann alle oder nur einzelne normative Bestimmungen des KV umfassen  darf einzelne Bestimmungen aber nicht aus rechtlichem und sachlichem Zusammenhang lösen (§18 Abs 2 ArbVG)

Materielle Voraussetzungen: (Satzungsfähigkeit eines KV oder Teils davon)

  • zu satzender KV gehörig kundgemacht und in Geltung
  • zu satzender KV oder Teile dessen  überwiegende Bedeutung erlangt
  • gleichartige Arbeitsverhältnisse (von Satzung zu erfassenden Arbeitsverhältnisses und KV)
  • Arbeitsverhältnisse nicht bereits von KV erfasst (außer bloß General-KV) §18 Abs 3 ArbVG

Kundmachung: BGBl II. (§21 Abs 1 ArbVG)
Übermittelung: An BMASK & zuständige Gerichte (§21 Abs 2 ArbVG)

Wirkung:

  • unmittelbar Rechtsverbindlich (Normwirkung!)
  • keine Außenseiterwirkung (mangels Außenseitern)

Zeitliche Geltung:
- Befristung möglich (meist gleich wie gesatzter KV)

Nachwirkung:

  • h.L.: Nein
  • Löschnigg: Ja! (historische & teleologische Gründe  analog zu §13 ArbVG)

Rangordnung: Gleiche Stufe im Stufenbau wie KV, aber subsidiär zum KV! (außer GKV)

Generalkollektivvertrag:
 regelt meist singuläre Arbeitsbedingungen
 trotz Bestimmungen des GKV können die Bestimmungen anderer KV gesatzt werden (§18 Abs 4 ArbVG)
 GKVs können zu Satzungen erklärt werden, selbst wenn Erfordernis der Gleichartigkeit des Arbeitsverhältnisses nicht gegeben ist (§18 Abs 5 ArbVG)
 Stellen Durchbrechung des Subsidiaritätsverhältnisses zwischen Satzung und KV dar!

37
Q
  1. Erläutern Sie die Wirkungsweise und rechtliche Zulässigkeit von Ist-Lohn- Klauseln! Wann spricht man von einer schlichten und wann von einer qualifizierten Ist- Lohn-Klausel? (S127-129)
A

Ist-Lohn-Klausel = Effektiv-Lohn-Klausel

Ist-Lohn-Klauseln haben nicht nur eine Erhöhung des kollektivvertraglichen Mindestlohn-Niveaus zum Ziel, sondern auch eine Erhöhung des tatsächlichen Lohns (ausbezahlten Entgelts).

Bei Ist-Lohn-Klauseln ist zwischen zwei Gestaltungsarten zu unterscheiden:

  1. Nur Erhöhung der Mindestlöhne, aber bei gleichzeitiger Verpflichtung (aus KV), die bisherige Überzahlung betragsmäßig beizubehalten.
  2. Erhöhung der Mindestlöhne und gleichzeitig Erhöhung der Ist-Löhne (Überzahlungen) (nicht unbedingt im gleichen Ausmaß).

Weiters ist zwischen zwei Arten der Verbindlichkeit für die Zukunft zu unterscheiden:

  1. Qualifizierte Ist-Lohn-Klausel (= Ist-Lohn-Garantieklausel)  Bisheriger Ist-Lohn wird erhöht und der neue Ist-Lohn wird zum unabdingbaren Mindestlohn erklärt.
  2. Schlichte Ist-Lohn-Klausel  Ist-Lohn wird per KV erhöht, aber nicht unabdingbar gestellt.

Qualifizierte Ist-Lohn-Klauseln sind wohl als unzulässig anzusehen. Durch sie würde für jedes Arbeitsverhältnis ein individueller Mindestlohn entstehen, womit die vereinheitlichende Wirkung des KV verloren gehen würde.

Schlichte Ist-Lohn-Klauseln sind hingegen zulässig.

38
Q
  1. Erläutern Sie das Wesen der fakultativen BV, insbesondere den Unterschied zur notwendigen BV. (S152f)
A

Fakultative (= Freiwillige) Betriebsvereinbarungen kommen ausschließlich durch Einigung von Betriebsinhaber und Betriebsrat zustande.
Der Unterschied zur notwendigen BV liegt darin, dass der Betriebsinhaber die Maßnahme ohne Zustimmung des BR (wenn sie dem Weisungsrecht unterliegt des AG )oder mit Zustimmung der AN, wenn es deren Arbeitsvertrag ändert, anordnen kann.

Der Unterschied zur Erzwingbaren BV liegt darin, dass keine Schlichtungsstelle angerufen werden kann.

Eine freiwillige Betriebsvereinbarung kann auch dann abgeschlossen werden, wenn die Angelegenheit bereits von einem KV geregelt ist (jedoch nur günstiger!). Ausnahme: Kollektivvertrag sieht absolut-zwingende Wirkung vor.

Fakultative Betriebsvereinbarung können über die Angelegenheiten des §97 Ziffer 7 bis 26 ArbVG abgeschlossen werden.

Auch der KV kann Reglungsbereich der BV erweitern!

39
Q
  1. Ändert sich in der Art der Mitbestimmung nach §96a ArbVG grundsätzliches, wenn über diese Angelegenheit bereits ein KV abgeschlossen wurde? (S150)
A

Ja. (wieder liegt bedingte Mitbestimmung vor!)

Wenn ein Kollektivvertrag bereits eine Angelegenheit des §96a, also der notwendigen Betriebsvereinbarung mit Zwangsschlichtung, regelt, geht sowohl der notwendige als auch der erzwingbare Charakter verloren.

Der Wegfall des notwendigen Charakters ergibt sich aus der Aufzählung des §96a in §97 Abs. 1 Ziffer 24.
Der Wegfall des erzwingbaren Charakters ergibt sich aus §97 Absatz 2 iVm §96a Absatz 2.

In einem solchen Fall ist also bloß noch eine günstigere freiwillige Betriebsvereinbarung im Verhältnis zum KV möglich. (Außer der KV würde zweiseitig-zwingende Normen enthalten.)