Fragen 1-20 Flashcards

1
Q
  1. Was regelt die Nachweis-Richtlinie der EU und durch welche Bestimmungen wurde sie in Ö umgesetzt? (S.84
A

Die Nachweis-Richtlinie regelt die Pflicht des Arbeitgebers, seinen AN über die für dessen Arbeitsvertrag geltenden Bedingungen zu unterrichten.

Das soll AN besser vor Unkenntnis ihrer Rechte schützen und den Arbeitsmarkt transparenter gestalten.
Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zu verstehen, dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend der Pflicht zur schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers über die wesentlichen Bedingungen seines Arbeitsvertrages erheblich voneinander abweichen.

Die Richtlinie sieht hierzu eine Informationspflicht vor, welche die Vielzahl der Arbeitsformen nicht einschränken soll, sondern dem Arbeitnehmer durch die Aushändigung einer schriftlichen Erklärung ein Beweismittel bereitstellt

In Österreich wurde die Nachweisrichtlinie durch § 2 AVRAG (Pflicht zur Ausstellung eines Dienstzettel, Mindestinhalt des Dienstzettels) und durch § 1164a ABGB (Dienstzettel für freie Dienstverhältnisse) umgesetzt.

(Dienstzettel = Schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem AV)

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2
Q
  1. Was versteht man unter sozialen Grundrechten und finden sich solche in der österreichischen Bundesverfassung?
A

Soziale Grundrechte sind keine negativen Rechte gegen den Staat, wie die klassischen Grund- und Freiheitsrechte, sondern sie verschaffen dem Einzelnen ein Recht auf einen bestimmten positiven Eingriff des Staates.
Der Einzelne soll nicht vor staatlichen Eingriffen in bestimmte Bereiche seines Lebens geschützt werden, sondern es werden gezielt positive Maßnahmen zu Gunsten der Bürger gewünscht.
Der österreichischen Verfassung sind sozialen Grundrechte fremd.
Beispiele:
- Recht auf Arbeit (inklusive Berufsberatung, Kündigungsschutz …)
- Recht auf angemessenen Lohn (Mindestlohn, gleicher Lohn für Mann & Frau)
- Recht auf Wohnen, Bildung, soziale Sicherheit …

International:
- Europäische Sozialcharta
Internat. Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (beide nicht im Verfassungsrang, bloß Erfüllungsvorbehalt)
- EU Grundrechte Charta (Vereinbarkeit Familie & Beruf, Soz. Unterstützung)

Klassische GR: Misstrauen gegen den Staat Soziale GR: Vertrauen zur staatlichen Realisierung

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3
Q
  1. Erläutern Sie den Begriff der sog. Zulassungsnormen! Wodurch unterscheiden sich Zulassungsnormen von Rechtsquellen dispositiven Rechts? (S91-92)
A

Bei sogenannten Zulassungsnormen sind drei verschiedene Rechtsquellen auf 3 verschiedenen Stufen angesprochen.

Eine Norm der ersten Ebene ermächtigt eine Rechtsquelle der zweiten Ebene, abweichende Regelungen durch eine weitere Rechtsquelle (der dritten Ebene) zuzulassen.

Norm erster Ebene: ermächtigende Zulassungsnorm Norm zweiter Ebene: regelnde Zulassungsnorm

Regelnde Zulassungsnormen =>lassen abweichende Regelungen zu und können diese aber auch selbst treffen. =>welche Art gegeben? Muss Interpretiert werden!

Beispiel: §5a AZG sieht vor, dass der Kollektivvertrag für Bereitschaftsdienste die Betriebsvereinbarung dazu ermächtigen kann, 3 mal pro Woche eine Ausdehnung der Normalarbeitszeit zuzulassen.

=> §5a AZG: Ermächtigende Zulassungsnorm =>KV: Regelnde Zulassungsnorm =>BV: Norm, die schlussendlich regelt

Der Unterschied zur rechtsquellenspezifisch-dispositiven Wirkung besteht darin, dass bei dieser die angesprochene Rechtsquelle selbst regeln muss. In diesem Fall darf sie diese Regelungsmöglichkeit nicht weiter delegieren.

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4
Q
  1. Was versteht man unter „positiver“ und was unter „negativer“ Koalitionsfreiheit?
A

Der Koalitionsfreiheit kommt eine tragende Rolle im Berufsverfassungsrecht zu.
Dabei umfasst die positive Koalitionsfreiheit das Recht:

  • Vereinigungen zur Interessenvertretung zu bilden
  • diesen beizutreten
  • zwischen solchen zu wählen
  • sich in diesen zu betätigen

Die negative Koalitionsfreiheit umfasst:

  • das Recht, solchen nicht beizutreten
  • das Recht, aus solchen auszutreten
  • das Recht, sich in solchen nicht zu betätigen
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5
Q
  1. Erläutern Sie die Ansätze, Grundsätze und Rechtsgrundlagen für ein europäisches kollektives Arbeitsrecht. (S80ff)
A

Das kollektive Arbeitsrecht auf Unionsebene kann vom Regelungsumfang her nicht mit dem österreichischen verglichen werden.

Die Grundlage des europäischen kollektiven Arbeitsrechts bilden die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und das Kapitel „Solidarität“ in der EU-GRC (Art. 27, 28).

Die Rolle der europäischen Sozialpartner in der Gesetzgebung wurde seit den Amsterdamer Verträgen stetig aufgewertet. Grundlage dafür sind die Art. 152 ff. AEUV („Die Union fördert und anerkennt die Rolle der Sozialpartner“)

Wichtige Sozialpartner sind der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB), sowie der Europäische Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) und BUSINESSEUROPE (EU AG-Verband). (Diese 3 sind auch die Sozialpartner i.e.S., die auch an Verhandlungen und Anhörungen teilnehmen)

Beispiele für EU-Sozialpartner-Vereinbarungen:

  • Teilzeit-RL
  • Europäischer Betriebsrat - RL
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6
Q
  1. Was versteht man unter General-oder Spitzenkollektivvertrag? Wodurch unterscheidet er sich von einem normalen Kollektivvertrag in der Arbeitsverfassung? S105+45
A

Kollektivverträge sind schriftliche Vereinbarungen zwischen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der AN und der AG.

Generalkollektivverträge / Spitzenkollektivverträge werden vom ÖGB und der Wirtschaftskammer für alle Arbeitnehmer in der überwiegenden Anzahl der Wirtschaftszweige im gesamten Bundesgebiet abgeschlossen.

Sie beschränken sich auf die Regelung von einzelnen Fragen oder Arbeitsbedingungen.

Beispiel: General-KV von ÖGB & WKO darüber, was als Entgelt iSd. Urlaubsgesetzes gilt.

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7
Q
  1. Macht es für den AG Sinn, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Lohnbefriedigungserklärungen bzw Abfindungsklauseln vom AN unterschreiben zu lassen? (S103f)
A

Sogenannte Lohnbefriedigungsklauseln oder Abfertigungsklauseln werden oft vom Arbeitgeber verlangt, damit auf ihn später keinen Geltendmachung von weiteren Ansprüchen des AN zukommt.

Inhaltlich wird erklärt, dass sämtliche Ansprüche befriedigt seinen, oder das auf allfällige weitere Ansprüche verzichtet wird.

Zu prüfen:

  1. Liegen alle Voraussetzungen für eine gültige Willenserklärung im Allgemein vor? (keine Willensmängel!)
  2. Liegen die Voraussetzungen für einen gültigen Verzicht im Speziellen vor? (Weiß der AN, dass ihm noch ein Anspruch zusteht? ).

Mangelt es an diesen Voraussetzungen => laut Rechtsprechung bloß Wissenserklärung, kein rechtswirksamer Verzicht! (AN bringt nur zum Ausdruck, die ihm gebührende Leistung erhalten zu haben.)

Praxisfälle siehe Buch S.103f.

Ausdrückliche Bestimmung => §20 Hausgehilfen & Hausangestellten-Gesetz (HGHAG): Eine während des Dienstverhältnisses oder innerhalb von einer Woche nach Auflösung des Dienstverhältnisses vom AN abgegebene Erklärung über Entgeltansprüche ist rechtsunwirksam!

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8
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich das „Recht auf Arbeit“ vom „Recht auf Beschäftigung“?
A

Das Recht auf Arbeit ist soziales Grundrecht gegen den Staat.Es handelt sich aber um kein erzwingbares, subjektives Recht. Dies wäre schwer machbar, da der Staat Arbeitsplätze in kaum eingrenzbarem Umfang zur Verfügung stellen müsste.

Art 1 ESC und Art 6 IPWSK =>verstehen unter „Recht auf Arbeit“ Programm der Vollbeschäftigung und schützen Recht der Arbeitnehmer, ihren Lebensunterhalt in einem frei eingegangenem Arbeitsverhältnis zu verdienen.

Art 15 Eu-GRC => jede Person Recht zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben. (Recht zu arbeiten,)
Das Recht auf Beschäftigung ist ein privatrechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber.

Beispiele:
§18 Theaterarbeitsgesetz (TAG)
§9 Berufsausbildungsgesetz (BAG) (Der Lehrberechtigte hat für die Ausbildung des Lehrlings zu sorgen.) Nach Ende des Lehrverhältnisses besteht die sogenannte „Behaltepflicht“ des Lehrberechtigten dem Lehrling gegenüber für 3 Monate, während diesen muss der Lehrling weiter beschäftigt werden, nicht bloß weiter bezahlt.

Ein generelles Recht auf tatsächliche Beschäftigung besteht gegenüber dem Arbeitgeber aber nicht. Das sich ein solches eventuell aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben könnte wird vertreten, ist aber eher abzulehnen, da die tatsächliche Beschäftigung keine Fürsorgemaßnahme ist.

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9
Q
  1. Erläutern Sie die Grundsätze der Rom-I-Verordnung! (S.60f)
A

Die ROM-I-Verordnung bestimmt das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht für grenzüberschreitende Sachverhalte. Sie ist auf Verträge anzuwenden, die nach dem 17. Dezember 2009 abgeschlossen wurden.

Grundsätze:
- Vorrang der freien Rechtswahl (im AR bloß eingeschränkt)
- Recht des gew. Aufenthalts des Erbringers der charakteristischen Leistung
- Artikel 8 Rom-I bestimmt das auf Individualarbeitsverträge anzuwendende Recht.
- Rechtswahl (Artikel 3) (Diese ist jedoch nur wirksam, wenn sie dem AN nicht jenen Schutz entzieht, den er ohne Rechtswahl genießen würde.
Auf Grund der vielen einseitig-zwingenden Normen ist Rechtswahl im Arbeitsrecht eher unbedeutend)

  • Recht am gewöhnlichen Arbeitsort
  • Recht am Ort der Niederlassung des AG (wenn AN nicht bloß Arbeitsort in einem Land hat)
  • Offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Land
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10
Q
  1. Erläutern Sie die Begriffe „Arbeitsvertragsstatut“, „Territorialitätsprinzip“ und „Eingriffsnorm“ im Zusammenhang mit Arbeitskollisionsrecht!( S59-62)
A

Arbeitskollisionsrecht: Wenn ein arbeitsrechtlicher Sachverhalt mit Auslandsberührung vorliegt, ist mittels kollisionsrechtlicher Normen an das Sachrecht einer nationalen Rechtsordnung anzuknüpfen. =>Kollisionsnormen können allein in nationaler RO verankert sein oder völkerrechtlich (üblich) zustande kommen.

Arbeitsvertragsstatut: Das Arbeitsvertragsstatut ist in privatrechtlicher Hinsicht das Recht, dem der Arbeitsvertrag unterliegt. Bestimmte sich früher nach IPRG, später nach EVÜ, und seit 2009 nach der ROM-I. Verordnung.

Artikel 8 Rom-I bestimmt das auf Individualarbeitsverträge anzuwendende Recht.
- Rechtswahl (Artikel 3) (Diese ist jedoch nur wirksam, wenn sie dem AN nicht jenen Schutz entzieht, den er ohne Rechtswahl genießen würde. Auf Grund der vielen einseitig-zwingenden Normen ist Rechtswahl im Arbeitsrecht eher unbedeutend)
Wenn keine Rechtswahl dann:
- Recht am gewöhnlichen Arbeitsort
- Recht am Ort der Niederlassung des AG (wenn AN keinen Arbeitsort in einem Land hat)
- Offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Land

EVÜ = Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (=Römisches Schuldvertragsübereinkommen)
Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung) sind grundsätzlich nach dem Arbeitsvertragsstatut zu behandeln.

Territorialitätsprinzip: Das Territorialitätsprinzip besagt, dass für öffentlichrechtliche Schutzbestimmungen immer das Recht des Beschäftigungsstaates gilt. ACHTUNG: öffentlich-rechtliche Bestimmungen können arbeitsvertragsrechtliche Verpflichtungen nach sich ziehen; diese sind nach Arbeitsvertragsstatut zu behandeln!
Beispielsweise die Betriebsratspflicht sowie der betriebsverfassungsrechtliche Kündigungs- und Entlassungsschutz werden dem Territorialitätsprinzip zugerechnet.

Eingriffsnormen:
Artikel 9 Rom-I. sieht vor, dass Eingriffsnormen unabhängig vom Ergebnis der kollisionsrechtlichen Prüfung zur Anwendung kommen sollen. Dies sind zwingende Normen, deren Durchsetzung für den Staat entscheidend für die Wahrung des öffentlichen Interesses (insb. seiner politischen, wirtschaftlichen und sozialen Organisationen) ist. =>bei solchen Eingriffsnormen durchbricht das öffentliche Durchsetzungsinteresse des rechtsetzenden Staates das überwiegend an privaten Interessenskonstellationen orientierte allgemeine Schuldstatut.
Die Eingriffsnormen verdrängen dann das privatrechtliche Arbeitsvertragsstatut.
Beispiele:
- DHG - Entgeltfortzahlungsgesetzes

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11
Q
  1. Erläutern Sie das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung im europäischen Arbeitsrecht! (S65)
A

Es besteht eine große Fülle an europarechtlichen Bestimmungen im Arbeitsrecht, trotzdem kann nicht von einem europäischen Arbeitsrecht gesprochen werden.

Dies ist auf den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 EUV) zurückzuführen, da die EU nur punktuell tätig werden darf, nämlich nur in den Grenzen der Zuständigkeiten, die ihr von den Mitgliedsstaaten ausdrücklich übertragen werden.

Wichtige arbeitsrechtliche Regelungen auf EU Ebene: =>Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der EU
=> Lohngleichheit von Männern und Frauen

Europäische, arbeitsrechtliche Ziele:
=> Sicherung eines hohen Beschäftigungsniveaus
=>Hoher sozialer Schutz
=> Gewährleistung von AN
=> Freizügigkeit und freiem Warenverkehr
=> Gleichbehandlung
=> Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen

Ursprüngliches Ziel (auch arbeitsrechtlicher Regelungen): => Binnenmarkt und Sicherung der Grundfreiheiten

Erst in den 90er Jahren etablierte sicher der individuelle soziale Schutz der AN als eigenständige Zielsetzung europäischer Normen.

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12
Q
  1. Erläutern Sie die Rechtsgrundlagen der Koalitionsfreiheit in Österreich und der EU! Ist die Koalitionsfreiheit verfassungsrechtlich garantiert? (S.56-57)
A

Die Koalitionsfreiheit ist verfassungsrechtlich mehrfach garantiert.
§12 STGG garantiert die Versammlungs- und Vereinsfreiheit, ausgeführt wird die mit ausführendem Gesetzesvorbehalt verbundene Norm durch das Vereinsgesetz 2002.

Die zweite verfassungsrechtliche Grundlage bildet Art. 11 EMRK. Dieser wollte historisch eine bloße Bestandsgarantie für Gewerkschaften sein (positive Koalitionsfreiheit), wurde aber vom EGMR auch im Sinne der negativen Koalitionsfreiheit judiziert.

Einer verfassungsrechtlichen Grundlage gleichzuhalten ist die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gem. Art. 12 EU Grundrechte-Charta. Diese erfährt eine Ergänzung durch das Recht auf Kollektivmaßnahmen bis hin zum garantierten Recht auf Streik (Art. 28 EU-GRC)

Als einfachgesetzliche Normen sind das Koalitionsgesetz 1870 sowie §235 des Landarbeitsgesetzes zu nennen, welches jede Beeinträchtigung des Koalitionsfreiheit verbietet (Analogien für andere Bereiche möglich).
Kündigungen, die wegen einer Tätigkeit in Gewerkschaften oder wegen einer der in §105 (3) Z1 ArbVG genannten Beweggründe ausgesprochen werden, sind nach Maßgabe des allgemeinen Kündigungsschutzes vor Gericht anfechtbar!

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13
Q
  1. Was versteht man unter der sog. Drucktheorie im Zusammenhang mit dem Verzicht auf arbeitsrechtliche Ansprüche? (S99-104)
A

Angesprochen: Frage, ob der AN auf unabdingbare Rechte verzichten kann. =>Gefahr der Aushöhlung der Unabdingbarkeit.

Fälligkeitstheorie: Verzicht vor Fälligkeit der Forderung (also vor dem Erbringen der Arbeitsleistung) ist unwirksam.

Wenn der Verzicht hingegen erst erfolgt, nachdem die Arbeit geleistet und das Entgelt bereits fällig geworden ist, handelt es sich um eine „bloße Geldforderung“, die der freien Verzichtbarkeit unterliegt.

OGH: Wirtschaftliche Druck kann zum erzwungenem Verzicht nach Fälligkeit führen. = Fälligkeitstheorie abzulehnen.

Drucktheorie: Es ist zu prüfen, ob auf den Arbeitnehmer noch Druck ausgeübt werden kann. Ob das Arbeitsverhältnis noch formell aufrecht ist, ist nicht ausschlaggebend. So kann sich der AN auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einer Drucksituation befinden (z.B. Wettbewerbsabreden, noch ausstehende Ansprüche). Grundsätzlich sollte die rechtliche, nicht die faktische Fundierung des wirtschaftlichen Drucks maßgeblich sein. Besonders kritischer Punkt ist die Abrechnung des AN bei Lösung des Arbeitsverhältnisses.

Zusammenfassung: Unabdingbare Ansprüche sind grundsätzlich unverzichtbar, solange das Arbeitsverhältnis aufrecht ist. Die Abrechnung ist in die Phase der Unabdingbarkeit mit einzubeziehen. Danach ist zu prüfen, ob sich der AN noch immer in einer Drucksituation befindet.

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14
Q
  1. Wann spricht man im kollektiven Arbeitsrecht von Berufsverfassung und wann von Betriebsverfassung?
A

Das Arbeitsrecht besteht aus Individualarbeitsrecht und Kollektivarbeitsrecht.

Das Kollektivarbeitsrecht wird auch als Arbeitsverfassung bezeichnet, obwohl das ArbVG bloß einfachgesetzliches Recht darstellt.

Das Kollektivarbeitsrecht besteht weiters aus überbetrieblichem Kollektivarbeitsrecht und innerbetrieblichem Kollektivarbeitsrecht.

Das innerbetriebliche Kollektivarbeitsrecht wird als Betriebsverfassung bezeichnet
Themen: innerbetriebliche kollektive Phänomene, wie Betriebsvereinbarungen und Betriebsrat.

Das überbetriebliche Kollektivarbeitsrecht als Berufsverfassung
- zentrales Element:Kollektivvertrag.
Buch S. 48

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15
Q
  1. Was versteht man unter „Closed-Shop-Klausel“? (S54f)
A

Closed-Shop-Klauseln sind Organisationsklauseln, die vor allem im angelsächsischen Raum üblich sind.
Closed-Shop-Klauseln, die den AG zwingen, nur AN einzustellen, die in einer bestimmten Gewerkschaft organisiert sind, verstoßen gegen die positive Koalitionsfreiheit.

Closed-Shop-Klauseln, die den AG zwingen, nur AN einzustellen, die in irgendeiner Gewerkschaft organisiert sind, betreffen die negative Seite der Koalitionsfreiheit.

Beides ist in Österreich rechtswidrig, da von §1 Antiterrorgesetz ausdrücklich verboten.Außerdem widersprechen solche Klauseln der verfassungsrechtlich-garantierten Versammlungsfreiheit (Artikel 12 STGG sowie Art. 11 EMRK & Art. 12 EU Grundrechte Charta) (Hinsichtlich EMRK war dies historisch nicht gewollt, wurde vom EGMR aber einmalig so judiziert)

Art 12 StGG => Ausführungsvorbehalt
Art 11 EMRK => restriktiver Gesetztesvorbehalt  unmittelbar anwendbar!

Art 12 EU-GRC wird durch Art 28 EU-GRC in Richtung Betätigungsgarantie ergänzt.
AN, AG und ihre Interessenvertretungen haben ein Recht auf Kollektivverhandlungen (insb. Kollektivvertragsabschlüsse) und bei Interessenskonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen zu ergreifen (insb. Streik).

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16
Q
  1. Wann spricht man von kollektivvertragsdispositivem Recht? Versuchen Sie ein BSP zu formulieren.
A

Grundsätzlich sind verschiedene Rechtswirkungen für Normen möglich, für das Arbeitsrecht sind vier verschiedene Typen wichtig:

  • Absolut zwingend (Abweichung weder zu Gunsten noch zu Ungunsten des AN möglich =>Ordnungsprinzip)
  • Relativ zwingend (Abweichung nur zu Gunsten des AN möglich =>Günstigkeitsprinzip)
  • Dispositiv (Abweichung zu Gunsten wie Ungunsten des AN möglich)
  • Rechtsquellenspezifisch dispositiv (Abweichung nur durch bestimmte Rechtsquelle) =>Kollektivvertrags-dispositives Recht =>Betriebsvereinbarungs-dispositives Recht

Kollektivvertrags-dispositives Recht:
Mittelweg zwischen zweiseitig zwingender und dispositiver Wirkung =>Gesetzgeber ermächtigt den Kollektivvertrag vom zwingenden Recht abzuweichen, und das sowohl zu Gunsten als auch zu Ungunsten des AN.

Beispiele:
- §5 DHG besagt, dass von den §2-4 nur mittels Kollektivvertrag abgewichen werden kann. - Festlegung, welche Leistungen des Arbeitgebers Urlaubsentgelt sind, braucht General-KV.

17
Q
  1. Erläutern Sie den Stufenbau der arbeitsrechtlichen Rechtsquellen! Beschreiben Sie in diesem Zusammenhang das Ordnungsprinzip und das Günstigkeitsprinzip! (S92-96)
A

Die verschiedenen Normenquellen in einem Rechtsstaat stehen zueinander in einer bestimmten Rangordnung, sodass die untergeordnete Norm in ihrer Entfaltung von der übergeordneten Norm abhängig ist

Der Stufenbau der Österreichischen Rechtsordnung:

Baugesetze  
Primäres Unionsrecht  
Sekundäres Unionsrecht  
Verfassungsrecht  
Zwingendes Gesetzesrecht  

Verordnung, Mindestlohntarif, Lehrlingsentschädigung Kollektivvertrag / Satzung
Betriebsvereinbarung
Individualvereinbarung
Dispositives Gesetzesrecht
Weisungen des AG (Direktionsrecht =>konkretisiert den AV im Zuge seiner Infunktionsetzung)

Günstigkeitsprinzip:
Das Günstigkeitsprinzip besagt, dass eine nachgeordnete Rechtsquelle von der übergeordneten zu Gunsten des AN abweichen kann, nicht aber zu Ungunsten (relativ- zwingendes Recht).

Ordnungsprinzip:
Das Ordnungsprinzip besagt, dass eine im Stufenbau der Rechtsordnung weiter unten stehende Rechtsquelle von der übergeordneten weder zu Gunsten noch zu Ungunsten abweichen kann.

18
Q
  1. Wie sieht die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung im privaten Arbeitsrecht und im öffentlichen Dienst aus? S.50-51
A

Privates Arbeitsrecht:
Arbeitsrecht ist in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache (Art. 10 (1) Z. 11 B-VG)

Bezüglich land- und forstwirtschaftlichen Arbeitern steht dem Bund gem. Art. 12 Abs. 1 Z 6 B-VG nur die Grundsatzgesetzgebung zu, das Land erlässt die Ausführungsgesetze und vollzieht diese auch.
Was nicht Art. 12 (1) Z6 B-VG unterstellt werden kann bleibt gem. Art 10 B-VG ausschließlich Bundeskompetenz.

Öffentlicher Dienst:
Das Dienstrecht und das Personalvertretungsrecht Bundesbediensteter ist in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. (Art. 10 (1) Z. 16 B-VG)

Hinsichtlich Landes- und Gemeindebediensteten ist jedoch das Land in Gesetzgebung und Vollziehung zuständig. (Art. 21 Abs. 1 B-VG)

= >In Angelegenheiten des Dienstrechts, des Dienstvertragsrechts und des Personalvertretungsrecht, soweit für diese Angelegenheiten in Sonderbestimmungen nichts anderes genannt ist.

Im Artikel 14 B-VG finden sich Sonderbestimmungen für Lehrer.
Gem. Art 21 (2) B-VG: Länder = Gesetzgebung + Vollziehung => Angelegenheiten des Arbeitsnehmerschutzes der Bediensteten und der Personalvertretung der Bediensteten der Länder, soweit die Bediensteten nicht in Betrieben tätig sind. (sonst Zuständigkeit des Bunds!)

Homogenitätsprinzip = dienstrechtliche Bestimmungen für Arbeitnehmer der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbänden dürfen vom Dienstrecht der Bundesbediensteten nicht so stark abweiche, dass ein Dienstwechsel zwischen Bund und Ländern erschwert wird => durch Novelle abgeschafft, ABER Wechselmöglichkeit zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden muss öffentlich Bediensteten jederzeit gewahrt bleiben (Art 21 (4) B-VG)

Gesetzliche Interessensvertretung:
Kompetenz zur Errichtung der Kammern für Arbeiter und Angestellte Art 10 (1) Z11 B-VG  Bund (Ausnahme land-und forstwirtschaftliche Arbeiter + Angestellte)

Kompetenz zur Errichtung von Landwirtschaftskammern  Art 15 (1) iVm Art 11 (1) Z2 B-VG  jeweilige Land in Gesetzgebung + Vollziehung
Kammer für Handel, Gewerbe + Industrie ( nunmehr Wirtschaftskammer bzw. Bundeswirtschaftskammer)  Bundeskompetenz Art 10 (1) Z8 B-VG

19
Q
  1. Erläutern Sie die Begriffe „Einzelvergleich“, „Gesamtvergleich“ und „Gruppenvergleich“ im Zusammenhang mit dem Günstigkeitsprinzip. (S96-99)
A

Das Günstigkeitsprinzip hängt eng mit der Funktion des relativ zwingenden Rechts zusammen.

Lässt eine Rechtsquelle eine für den AN günstigere Gestaltung durch die nachgeordnete Rechtsquelle zu, dann hat eine Abwägung nach den Kriterien des Günstigkeitsprinzips zu erfolgen.

Grundsätze: Einzelnes Arbeitsverhältnis - nicht die gesamte Belegschaft Vergleich nach objektiven Kriterien, nicht nach Wunsch des AN!

Einzelvergleich: Eine Norm wird allein mit der betreffenden anderen Norm vergleichen.

Gesamtvergleich: Gesamtes Regelwerk der Rechtsquellen wird miteinander verglichen.

Gruppenvergleich: Vergleich der Gruppen der sachlich zusammenhängenden Regelungen.

Der Günstigkeitsvergleich ist in Form eines Gruppenvergleiches durchzuführen.

Beispiele Buch S 97+98

20
Q
  1. Können einseitig zwingende Bestimmungen nur durch günstigere oder auch durch gleich günstige (andres ausgestaltete) nachgeordnete Regelungen ersetzt werden? (S99)
A

Die gesetzliche Formulierung der Unabdingbarkeit lautet: „die dem AN (gesetzlich) zugesicherten Rechte dürfen durch Arbeitsvertrag oder Normen der kollektiven Rechtsgestaltung weder aufgehoben noch beschränkt werden“. (z.B. §16 AVRAG)

Aus dieser gesetzlichen Formulierung ist eher davon auszugehen, dass nicht nur der Umfang und das Ausmaß der Mindestarbeitsbedingungen unabdingbar ist, sondern auch die konkrete Ausgestaltung.

Eine andere Regelung müsste also in der Regel günstiger sein. Dieser generelle Schluss schließt aber nicht aus, dass sich im Einzelfall aus dem Zweck der Mindestnorm die Zulässigkeit abweichender gleich günstiger Regelungen aus deren Spezialität ergibt.